Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 139 II 519



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Urteilskopf

139 II 519

36. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S.
Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft gegen X. (Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_321/2013 vom 11. Oktober 2013

Regeste

Art. 17 Abs. 1, Art. 93 Abs. 2 und 3 BV; Art. 4 Abs. 2 und 4, Art. 6 Abs. 2 und
3 RTVG; das Sachgerechtigkeitsgebot bei Diskussionssendungen im Fernsehen.
Bei Sendungen wie der "Arena" muss für das Publikum insgesamt in nicht
manipulativer Weise erkennbar sein, welches die verschiedenen zum Thema
vertretenen Meinungen sind; das Sachgerechtigkeitsgebot ist aber nicht schon
dann verletzt, wenn in der Diskussion gewisse Aspekte nicht erwähnt werden.
Andernfalls wären Diskussionssendungen im Stil der "Arena", wo die eingeladenen
Gäste ihre Positionen und Meinungen zu einem politischen Thema darlegen, gar
nicht mehr möglich. Dies kann nicht der Sinn von Art. 4 Abs. 2 RTVG sein (E. 3
und 4).
In der konkret beanstandeten Sendung zur eidgenössischen Volksinitiative "Für
ein bedingungsloses Grundeinkommen" wurde das Sachgerechtigkeitsgebot durch den
blossen Umstand, dass bestimmte - frauenspezifische, aber auch andere - Aspekte
noch stärker hätten betont werden können, nicht verletzt (E. 5).

Sachverhalt ab Seite 520

BGE 139 II 519 S. 520
Am 11. April 2012 wurde der Text der eidgenössischen Volksinitiative "Für ein
bedingungsloses Grundeinkommen" im Bundesblatt publiziert (BBl 2012 4175).
Diese Initiative war am 27. April 2012 Thema der im Schweizer Fernsehen
ausgestrahlten Diskussionssendung "Arena".
Mit Brief vom 3. Mai 2012 an die Ombudsstelle SRG beanstandete X. die Sendung
als unausgewogen. In ihrem Schlussbericht vom 27. Mai 2012 kam die Ombudsstelle
zum Schluss, das Sachgerechtigkeitsgebot sei nicht verletzt worden. Am 2. Juni
2012 gelangte X. an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen
(UBI) und rügte, in der Sendung sei die Situation der Frauen nicht sachgerecht
dargestellt worden. Zudem beantragte sie die Schaffung einer Stelle für
Gleichstellung in der Darstellung von Mann und Frau im Fernsehen und Radio.
Innert der von der UBI angesetzten Frist reichte sie zahlreiche Unterschriften
nach.
BGE 139 II 519 S. 521
Mit Entscheid vom 19. Oktober 2012, versandt am 28. Februar 2013, hiess die UBI
die Beschwerde gut, soweit darauf einzutreten war, und stellte fest, dass die
Sendung "Arena" des Schweizer Fernsehens vom 27. April 2012 das
Sachgerechtigkeitsgebot von Art. 4 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 24. März 2006
über Radio und Fernsehen (RTVG; SR 784.40) verletzt habe.
Das Bundesgericht heisst die von der SRG hiegegen erhobene Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gut und stellt fest, dass die genannte
Sendung das Sachgerechtigkeitsgebot nicht verletzt hat.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3.

3.1 Die UBI hat zunächst erwogen, die Zusammensetzung der Diskussionsrunde (im
"Arena-Ring" vier Männer) sei bei der Einhaltung des Sachgerechtigkeitsgebots
nicht zu prüfen (Entscheid b. 656 vom 19. Oktober 2012 E. 4.5/4.6). Sodann hat
sie festgestellt, in der beanstandeten Sendung seien im "Arena-Ring" je zwei
Befürworter und Gegner der Initiative präsent gewesen. Diese Vier hätten den
Grossteil der knapp 76 Minuten dauernden Diskussion bestritten. Daneben seien
ein Schriftsteller, Repräsentanten verschiedener Parteien, Verbände, ein
Wissenschafter und Gäste aus dem Publikum zu Wort gekommen. Umstritten in der
Diskussion sei insbesondere gewesen, ob die Initiative die Freiheit und
Selbstverantwortung einschränke oder erweitere, ob sie mit einem liberalen
Staatsverständnis vereinbar sei, ob sie finanzierbar sei, welches Menschenbild
der Initiative zu Grunde liege und welche Auswirkungen sie generell auf die
Erwerbstätigkeit habe (E. 5).
Weiter hielt die Vorinstanz fest, bei der rundfunkrechtlichen Prüfung sei zu
berücksichtigen, dass das Vorwissen des "Arena"-Publikums über die Initiative
vermutlich verhältnismässig gering gewesen sei. Es handle sich überdies um eine
komplexe Initiative, welche in vielerlei Hinsicht grundlegende Änderungen mit
sich bringen würde und weitreichende Auswirkungen auf die öffentliche Hand, die
Unternehmen sowie die ganze Bevölkerung hätte (E. 5.2). Frauen seien in der
Diskussion klar in der Minderheit gewesen (im zentralen Ring ausschliesslich
Männer, in der zweiten Reihe zwei Frauen neben sieben Männern). Eine derart
zusammengestellte Diskussionsrunde habe zwar nicht zwangsläufig zur Folge, dass
ein Thema
BGE 139 II 519 S. 522
unvollständig dargestellt werde und sich das Publikum keine eigene Meinung
bilden könne (E. 5.3). Das durch die Initiative angestrebte bedingungslose
Grundeinkommen betreffe die ganze Schweizer Bevölkerung direkt, Männer, Frauen
und Kinder, ob erwerbstätig oder nicht (E. 5.4). In der Diskussion sei aber
weitgehend ausgeklammert worden, welche Auswirkungen die Initiative auf
Personen habe, welche nicht oder nur teilweise erwerbstätig seien und vor allem
unbezahlte Arbeit leisteten. Solche Tätigkeit werde am meisten und primär von
Frauen geleistet (E. 5.5).
Ferner stellte die UBI fest, in der Sendung sei viel über Arbeit gesprochen
worden; die Debatten hätten aber regelmässig die Erwerbstätigen betroffen.
Mögliche Auswirkungen der Initiative auf die vielen Personen, die unentgeltlich
viel wertvolle Arbeit leisteten, hätten die Beteiligten nicht diskutiert. Die
Diskussion habe weitgehend den Anschein erweckt, dass die Initiative unbezahlte
Arbeit und die in diesem Bereich primär Tätigen gar nicht betreffe. Auch die
möglichen Auswirkungen der Initiative auf die Armutsbekämpfung seien nur ganz
am Rande erwähnt worden, ebenso wie andere Themen ausgelassen worden seien,
welche vorwiegend die weibliche Bevölkerung beträfen (E. 5.6). Angesichts der
Bedeutung von unbezahlter Arbeit stelle dieser Gesichtspunkt im Rahmen des
Themas der beanstandeten Sendung keinen Nebenpunkt dar. Es gehe dabei um einen
zentralen Aspekt der Initiative, welcher die ganze Bevölkerung und besonders
die in diesem Bereich viel stärker engagierten Frauen betreffe. Die weitgehende
Auslassung dieses Aspekts habe die Meinungsbildung des Publikums über die
Initiative erheblich beeinträchtigt. Auch habe sich die fehlende Transparenz
insbesondere angesichts des fehlenden Vorwissens des Publikums zur Initiative
negativ auf die Meinungsbildung ausgewirkt (E. 5.7).
Dem Argument der Veranstalterin, sie habe grosse, aber erfolglose Anstrengungen
unternommen, um eine Frau für die Diskussionsrunde zu gewinnen, hielt die
Vorinstanz entgegen, dass die fehlende Teilnahme einer Fachfrau zum Sendethema
nicht zwingend Ursache für die einseitige, tendenziell auf männliche
Sichtweisen und Haltungen fokussierende Debatte gewesen sei. Die Veranstalterin
hätte andere Möglichkeiten gehabt, um das Thema auch aus einer eher weiblichen
bzw. auf spezifisch weibliche Themen fokussierten Sicht darzustellen (E. 5.8).
Der Redaktion hätte auch genügend Zeit für umfangreichere Recherchen und eine
vertiefte, sachgerechte Aufbereitung des Themas zur Verfügung gestanden (E.
5.9).
BGE 139 II 519 S. 523

3.2 Die Beschwerdeführerin rügt, damit seien die Anforderungen an eine
Diskussionsplattform zu hoch angesetzt. In einer 75-minütigen Ausstrahlung
könnten nicht alle Facetten eines Themas berücksichtigt werden. Das Publikum
habe sich durchaus eine eigene Meinung bilden können; zudem habe die Vorinstanz
gar nicht geprüft, ob die journalistischen Sorgfaltspflichten eingehalten
worden seien. Der angefochtene Entscheid sei willkürlich, indem er einerseits
festhalte, dass das Sendethema nicht geschlechtsspezifisch sei, dann aber doch
das Thema "vergeschlechtliche". Im Rahmen des angekündigten Sendethemas sei der
Aspekt der Erwerbslosigkeit ein Nebenpunkt gewesen. Zudem verletze die UBI die
Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit sowie Art. 4 RTVG, indem sie
versuche, vorzuschreiben, welche Themen die Veranstalterin zu behandeln habe
und welche Aspekte dabei im Vordergrund zu stehen hätten. Ein Anspruch auf
Vollständigkeit bezüglich der Diskussion eines Themas könne nicht bestehen,
zumal ein solches Begehren unmöglich zu erfüllen wäre. Mit dem angefochtenen
Entscheid werde die Programmautonomie der Veranstalterin verletzt, indem die
Vorinstanz Wahl und Bearbeitung des Sendethemas diktieren wolle. Ferner rügt
die Beschwerdeführerin in verschiedener Hinsicht eine Verletzung des Anspruchs
auf rechtliches Gehör.

4.

4.1 Die Beurteilungskriterien, welche die UBI im angefochtenen Entscheid
anwendet, lehnen sich an diejenigen an, welche sie in ihrem Entscheid vom 30.
August 2012 i.S. Erwin Kessler und Mitunterzeichner ("Botox") angewendet hatte,
welcher vom Bundesgericht im Urteil 2C_1246/2012 vom 12. April 2013 geschützt
wurde. Darin führte das Bundesgericht aus, in einer Sendung sollten keine
wesentlichen Aspekte zum Thema unterschlagen werden (E. 2.2.2). Werde über ein
für die Meinungsbildung wichtiges Unterthema in Verletzung des journalistischen
Vollständigkeitsgebots nicht berichtet, sei der entsprechende Beitrag nicht
mehr rundfunkrechtskonform (Art. 4 Abs. 2 RTVG). Nur wenn es sich dabei um
einen Nebenpunkt handle, überwiege das Interesse des öffentlich-rechtlichen,
mit einem Programmauftrag betrauten Veranstalters am Vorrang seiner Medien- und
Programm(gestaltungs)freiheit das Interesse des Publikums bzw. der
Öffentlichkeit an einer alle wesentlichen Aspekte zum von ihm vernünftigerweise
erwarteten Thema abdeckenden Berichterstattung (E. 2.2.5).
BGE 139 II 519 S. 524

4.2 Diese Anforderungen an die Sachgerechtigkeit sind zugeschnitten auf
Informationssendungen, bei denen die Redaktion selber Fakten zu einem Thema
aufarbeitet und dem Publikum präsentiert. Im zitierten Entscheid handelte es
sich im Rahmen eines Gesundheitsmagazins um eine Sondersendung, die einem
einzigen Thema gewidmet war, nämlich der Herkunft sowie dem Einsatz von "Botox"
in Kosmetik und Medizin und den damit verbundenen Nutzen und Gefahren. Die dort
genannten Kriterien lassen sich nicht ohne Weiteres auf eine Diskussionssendung
wie die "Arena" übertragen (vgl. BARRELET/WERLY, Droit de la communication, 2.
Aufl. 2011, S. 224 f. Rz. 731 f.). Die Anforderungen an die Sachgerechtigkeit
hängen auch vom Charakter und den Eigenheiten des Sendegefässes ab (BGE 134 I 2
E. 3.3.1; BGE 132 II 290 E. 2.1; zit. Urteil 2C_1246/2012 E. 2.1). Die "Arena"
zeichnet sich dadurch aus, dass nicht die Redaktion von ihr aufbereitete
Informationen vermittelt, sondern die eingeladenen Gäste ihre Positionen und
Meinungen zu einem politischen Thema darlegen. Die einzelnen vertretenen
Positionen und Meinungen dürfen und sollen auch einseitig sein (vgl. spezifisch
zur ähnlichen Sendung "Rundschau" BGE 131 II 253 E. 3.2). Die Sachgerechtigkeit
im Sinne von Art. 4 Abs. 2 RTVG kann nicht von den Voten, die die einzelnen
Diskussionsteilnehmer abgeben, verlangt werden. Sie muss sich darin äussern,
dass für das Publikum aus der Sendung insgesamt in nicht manipulativer Weise
erkennbar ist, welches die verschiedenen zum Thema vertretenen Meinungen sind;
das Sachgerechtigkeitsgebot ist aber nicht schon dann verletzt, wenn in der
Diskussion gewisse Aspekte, die mit dem behandelten Thema zusammenhängen, nicht
erwähnt werden (Urteil 2C_139/2011 vom 19. Dezember 2011 E. 3.2 und 3.3, in:
sic! 4/2012 S. 251; vgl. auch BGE 138 I 107 E. 3). Die Moderation kann und soll
nicht den Diskussionsteilnehmern vorschreiben, was sie zu äussern haben. Es
sind vielmehr die Diskussionsteilnehmer selber, welche in ihren Voten aus ihrer
Sicht die Schwerpunkte setzen. Die Redaktion kann mit der Themenwahl und
Fragestellung Einfluss auf den Verlauf der Diskussion nehmen, aber sie darf und
soll auch Raum für eine spontane Entwicklung der Diskussion belassen.

4.3 Zu berücksichtigen sind auch Umfang und Komplexität einer Materie in
Relation zu der Dauer der Sendung. Die UBI stellt selber fest, bei der
diskutierten Volksinitiative handle es sich um eine komplexe Initiative, welche
bei einer Annahme in vielerlei Hinsicht grundlegende Änderungen mit sich
bringen würde und
BGE 139 II 519 S. 525
weitreichende Auswirkungen auf die öffentliche Hand, die Unternehmen sowie die
ganze Bevölkerung hätte. Es liegt auf der Hand, dass in einer Sendung von rund
fünf Viertelstunden nicht alle Aspekte, die mit einem solchen Thema verbunden
sind, behandelt oder gar vertieft werden können. Das wäre nicht einmal in einer
wissenschaftlich aufgearbeiteten Informationssendung möglich und erst recht
nicht in einer politischen Diskussionssendung mit einer grösseren Zahl von
Beteiligten mit kontroversen Ansichten. Würde allein darin, dass in einer
solchen Sendung nicht alle wesentlichen Aspekte eines Themas behandelt werden,
ein Verstoss gegen das Sachgerechtigkeitsgebot erblickt, wären
Diskussionssendungen im Stil der "Arena" überhaupt nicht mehr möglich, was
offensichtlich nicht der Sinn von Art. 4 Abs. 2 RTVG sein kann. Diese
Bestimmung ist dann verletzt, wenn in der Sendung nicht zum Ausdruck kommt,
dass und inwiefern die Meinungen zur Initiative kontrovers sind oder wenn in
manipulativer Weise zentrale Aspekte der Initianten oder der Gegenmeinung
unterdrückt werden. Wenn dagegen nicht alle Aspekte diskutiert werden, die von
bestimmten Bevölkerungskreisen im Zusammenhang mit der Initiative als wichtig
erachtet werden, liegt kein Verstoss gegen Art. 4 Abs. 2 RTVG vor, solange
verschiedene, wesentliche Argumente beider Seiten angemessen zur Sprache
kommen.

5. Zu prüfen ist, ob die von der UBI beanstandeten Aspekte zur Folge haben,
dass die streitige Sendung im dargelegten Sinne als nicht sachgerecht zu
bezeichnen ist.

5.1 Wie aus dem Initiativtext klar hervorgeht und auch von der UBI festgestellt
wird, soll das bedingungslose Grundeinkommen der ganzen Bevölkerung zustehen,
also Männern, Frauen und Kindern, ob erwerbstätig oder nicht. Damit wurde für
das Publikum klar, dass auch Personen, die bisher nicht oder nur teilweise
erwerbstätig sind oder eine unbezahlte Arbeit ausführen, ein solches
Grundeinkommen erhalten sollen. Die weitere Beteiligte legt sodann selber dar,
dass in der Sendung präsentiert wurde, wie hoch das bedingungslose
Grundeinkommen nach Vorstellung der Initianten wäre, nämlich pro Monat pro
erwachsene Person Fr. 2'500.- und pro Kind Fr. 625.-. Daraus ergibt sich, wie
viel z.B. eine Frau, die Kinder aufzieht oder sonst eine unentgeltliche Arbeit
verrichtet, nach Vorstellung der Initianten erhalten soll. Die Auswirkungen der
Initiative auf die unbezahlte Arbeit sind insoweit klar dargelegt worden.
BGE 139 II 519 S. 526
Es ist daher nicht nachvollziehbar, wenn die UBI der Sendung vorwirft, es sei
ausgeklammert worden, welche Auswirkungen die Initiative auf Personen habe,
welche nicht oder nur teilweise erwerbstätig sind oder unentgeltliche Arbeit
verrichteten. Ebenso wenig überzeugt der Vorwurf der UBI, die Diskussion habe
den Eindruck erweckt, dass die Initiative die unbezahlte Arbeit und die in
diesem Bereich Tätigen nicht betreffe. Vielmehr war gerade der Umstand, dass
auch Personen, die nicht erwerbstätig sind, ein Einkommen erhalten sollen, der
zentrale Punkt der ganzen Diskussion. Da gemäss dem Text der Volksinitiative
das Gesetz die Höhe des Grundeinkommens regeln soll, war und ist eine präzisere
oder verbindliche Angabe gar nicht möglich. Der von der UBI erhobene Vorwurf
der fehlenden Transparenz ist insoweit unbegründet.

5.2 Die UBI beanstandet insbesondere, die Sendung sei einseitig auf männliche
Sichtweisen und Haltungen und zu wenig auf spezifisch weibliche Themen
fokussiert gewesen. Die unentgeltliche Arbeit werde primär von Frauen erbracht,
so dass dieser Aspekt insbesondere die Frauen betreffe und dessen weitgehende
Auslassung die Meinungsbildung des Publikums über die Initiative erheblich
beeinträchtigt habe. Aber auch die möglichen Auswirkungen der Initiative auf
die Armutsbekämpfung seien nur am Rande erwähnt worden, ebenso wie andere
Themen ausgelassen worden seien, welche vorwiegend die weibliche Bevölkerung
beträfen, wie die finanzielle Situation Alleinerziehender. Die weitere
Beteiligte bringt zudem vor, Männer und Frauen würden geschlechtsspezifisch
leben, hätten unterschiedliche ökonomische Bedingungen und Lebensläufe und
ungleiche Löhne und verschieden hohe Auslagen und Renten. Frauen hätten auch
bezüglich philosophischer Aspekte eine andere Sicht einbringen können; es seien
meist Frauen, die Alte und Kranke pflegten; das Thema sei nur aus männlicher
Sicht dargestellt worden. Sodann sei die Frage der Finanzierbarkeit nicht
sachgerecht dargestellt worden: Man möchte Antworten haben auf die Frage,
welche Sozialleistungen wegfielen bzw. wo noch unbezahlte Care-Funktionen nötig
sein würden; die Rechnung sei ohne den Einbezug der verschiedenen Leistungen,
die durch Männer und Frauen eingebracht würden - und der Sozialkosten, die
durch verschiedene Bedürfnisse von Männern und Frauen entstünden -, gemacht
worden. Es müssten die Leistungen durch unbezahlte Arbeit, die vorwiegend von
Frauen geleistet werde, und auch die anfallenden Sozialleistungen mit
eingerechnet werden.
BGE 139 II 519 S. 527

5.2.1 Wie die UBI selber feststellt, würden gemäss Initiative Frauen und Männer
das Grundeinkommen gleichermassen erhalten. Die Initiative ist damit als solche
nicht geschlechtsspezifisch, wie die Beschwerdeführerin mit Recht darlegt.
Hausmänner oder alleinerziehende Väter sind genau gleich betroffen wie
Hausfrauen oder alleinerziehende Mütter. Zutreffend ist, dass die Erwerbsquote
bei Männern höher ist als bei Frauen oder umgekehrt ausgedrückt, dass Frauen
häufiger als Männer Tätigkeiten ausführen, die nicht als Erwerbstätigkeit
entlöhnt werden. Das gehört jedoch zum Allgemeinwissen, das beim Publikum
vorausgesetzt werden kann, auch wenn das Vorwissen bezüglich der konkreten
Volksinitiative gering gewesen sein mag. Daraus folgt ohne Weiteres, dass
Frauen statistisch häufiger als Männer von einem bedingungslosen Grundeinkommen
profitieren würden. Eine solche Folge ist evident, auch ohne dass sie speziell
thematisiert oder hervorgehoben werden müsste. Gewiss mag bedauert werden, dass
die Hauptbeteiligten der Diskussion ausschliesslich Männer waren und im inneren
"Arena-Ring" keine Frau stand, die den frauenspezifischen Anliegen in der
Sendung deutlicheres Gehör hätte verschaffen können. Dies allein reicht aber
für eine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebotes von Art. 4 Abs. 2 RTVG nicht
aus. Die Visionierung der Sendung ergibt überdies, dass - wenn solche
frauenspezifischen Anliegen angesprochen worden sind - die
Diskussionsteilnehmer dazu auch das Wort erhalten haben. Ferner hat - wie die
UBI feststellt - in der Sendung ein Vertreter der Initianten die Hoffnung
geäussert, die Frauen könnten der Initiative zum Durchbruch verhelfen, worauf
der Moderator drei Frauen aus dem Publikum dazu befragte. Man kann unter diesen
Umständen der Sendung nicht vorwerfen, sie habe in manipulativer Weise
wesentliche Fakten verschwiegen, sondern höchstens, sie hätte dieses Thema mehr
vertiefen können. Die Auswahl und Gewichtung der Themen liegt jedoch in der
Programmautonomie der Veranstalter (nicht publ. E. 2.2).

5.2.2 Zu den Vorwürfen der UBI und der weiteren Beteiligten, verschiedene
weitere frauenspezifische Fragen seien nicht behandelt oder beantwortet worden,
ist zunächst zu bemerken, dass es nicht um eine Informations-, sondern eine
Diskussionssendung ging, von der von vornherein nicht eine umfassende Antwort
auf sämtliche Aspekte verlangt oder erwartet werden kann (oben E. 4.2 und 4.3).
Zudem enthält die Volksinitiative bloss relativ vage Grundsätze und überlässt
die Regelung im Übrigen dem Gesetz. Insbesondere nennt
BGE 139 II 519 S. 528
sie die Höhe des bedingungslosen Grundeinkommens nicht; ebenso wenig äussert
sie sich dazu, ob und in welchem Umfang stattdessen bisherige Leistungen (etwa
der Sozialversicherung oder Sozialhilfe) reduziert würden. Die von der weiteren
Beteiligten vermissten Antworten können daher aktuell gar nicht gegeben werden.
Insbesondere ist es unmöglich, für einzelne Personen vorherzusagen, ob sie mit
dem von der Initiative vorgesehenen System letztlich besser oder schlechter
gestellt würden als bisher. Ebenso können die Auswirkungen der Initiative auf
die Armutsbekämpfung oder auf die finanzielle Situation Alleinerziehender ohne
Kenntnis der Ausführungsgesetzgebung nicht beurteilt werden. Das liegt aber am
Inhalt der Initiative und kann nicht der beanstandeten Sendung angelastet
werden.

5.2.3 Schliesslich zeigen die Vorbehalte der UBI und der weiteren
Mitbeteiligten exemplarisch auf, dass mit der Frage eines bedingungslosen
Grundeinkommens sehr viele Themen mehr oder weniger eng verknüpft werden
können. Mit genau gleichem Recht könnte aber auch beanstandet werden, dass in
der Sendung weitere ebenso wichtige Themen im Zusammenhang mit der Initiative
nicht diskutiert oder vertieft wurden, so z.B. Auswirkungen der Initiative auf
Betagte, Junge, Migranten, Unternehmen, Steuerzahler, Arbeitnehmer, die
öffentliche Hand oder die Volkswirtschaft. Es ist jedoch offensichtlich
schlicht unmöglich, alle diese Fragen in einer politisch kontroversen
Diskussionssendung von fünf Viertelstunden erschöpfend oder auch nur
einigermassen vertiefend abzuhandeln (oben E. 4.3). Wäre die zu wenig
ausführliche Behandlung der frauenspezifischen Aspekte bereits ein Verstoss
gegen das Sachgerechtigkeitsgebot, so wäre dieses ebenso dadurch verletzt, dass
die übrigen Themen nicht oder zu wenig ausführlich behandelt worden sind. Bei
einem solchen Massstab aber wären Sendungen wie die "Arena" a priori nicht mehr
zu realisieren. Das erscheint als offensichtliche Übersteigerung des
Sachgerechtigkeitsgebots.

5.3 Insgesamt kann keine Rede davon sein, dass in der streitigen Sendung in
manipulativer Weise zentrale Aspekte verschwiegen worden wären. Der blosse
Umstand, dass bestimmte - hier frauenspezifische, aber auch andere - Aspekte
auch stärker hätten betont werden können, verletzt Art. 4 Abs. 2 RTVG nicht.