Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 139 II 489



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Urteilskopf

139 II 489

34. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. AG
gegen Y.-Verband (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_91/2013 vom 23. Juli 2013

Regeste

Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 8 Abs. 1 lit. d, Art. 11 lit. a und Art. 21 Abs. 1 BöB,
§ 17, § 27 lit. a und § 32 Abs. 1 VRöB, Art. 11 lit. g IVöB; Eignungs- und
Zuschlagskriterien im Submissionsrecht; Berücksichtigung der Mehreignung.
Verfassungsrechtliche Mindestansprüche der Anbieter im Falle des Einholens von
Referenzauskünften durch die Vergabebehörde.
Eignungs- und Zuschlagskriterien sind auseinanderzuhalten: In einem ersten
Schritt ist die Eignung zu prüfen und anschliessend sind in einem zweiten
Schritt die zulässigen Offerten zu bewerten. Es ist aber nicht grundsätzlich
unzulässig, eine gewisse Mindestanforderung als Eignungskriterium zu verlangen
und eine darüber hinausgehende Erfüllung als Zuschlagskriterium zu gewichten.
Zumindest dort, wo es auf fachliche Eignung oder Erfahrung ankommt, ist die
Berücksichtigung einer Mehreignung im Rahmen des Zuschlags zulässig (E. 2.1 und
2.2).
Die Vergabebehörde darf Referenzen einholen, die der Anbieter nicht angegeben
hat, doch gelten verfassungsrechtliche Mindestansprüche: Wird darauf zum
Nachteil des Anbieters abgestellt, muss dieser Gelegenheit haben, sich dazu zu
äussern (E. 3.1-3.3).

Sachverhalt ab Seite 490

BGE 139 II 489 S. 490
Der Y.-Verband schrieb im Amtsblatt des Kantons Nidwalden vom 13. Juli 2011 im
offenen Verfahren das Projekt "Erneuerung der Prozesssteuerungen und des
Leitsystems" aus. Unter "Liefertermin" war angegeben:
"Beginn 01.11.2011 und Ende 31.12.2012
Bemerkungen: Beginn Phase 1
01.11.2011 bis ca. Ende 2012
Weitere Phasen bis 2018."
In den Ausschreibungsunterlagen war sodann aufgeführt: "Aktuell wird nur der
Auftrag über den Umfang der 1. Etappe Phase 1 vergeben. Es wird jedoch der
Lieferant für sämtliche Phasen festgelegt."
BGE 139 II 489 S. 491
Die X. AG reichte ein Angebot ein zum Preis von Fr. 136'611.77 für die Phase 1
bzw. Fr. 362'632.01 für den Gesamtumfang, jeweils inkl. MWSt, die B. AG ein
Angebot zum Preis von Fr. 205'456.30 für die Phase 1 bzw. Fr. 480'755.15 für
den Gesamtumfang, jeweils inkl. MWSt.
Mit Zuschlagsverfügung vom 3. Oktober 2011 vergab der Y.-Verband die Arbeiten
an die B. AG zum (revidierten) Preis von Fr. 151'702.24 exkl. MWSt, und stellte
fest, dass später innerhalb des Schwellenwerts im freihändigen Verfahren an die
berücksichtigte Firma zu denselben Konditionen Folgeaufträge erteilt werden
könnten.
Die von der X. AG dagegen erhobene Beschwerde an das Verwaltungsgericht des
Kantons Nidwalden blieb erfolglos.
Die X. AG erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei die
Rechtswidrigkeit der Zuschlagsverfügung vom 3. Oktober 2011 festzustellen.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Die Beschwerdeführerin stösst sich daran, dass die Vergabestelle die
Eignungsmerkmale eines Anbieters bei der Prüfung der Zuschlagskriterien
nochmals anhand der exakt gleichen Merkmale geprüft hat. Daraufhin hat sie dem
obsiegenden Anbieter ausschliesslich aufgrund seiner Mehreignung eine höhere
Punktzahl bei der Beurteilung der Zuschlagskriterien zugesprochen. Ob darin ein
Verstoss gegen die Gleichbehandlung der Anbieter liegt, ist - wie sich aus dem
Folgenden ergibt - eine wesentliche, aber höchstrichterlich in der Schweiz noch
nie entschiedene Grundsatzfrage.

2.2

2.2.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Eignungs- und
Zuschlagskriterium auseinanderzuhalten; diese beziehen sich direkt auf die zu
erbringende Leistung, jene hingegen auf das anbietende Unternehmen und dessen
Eigenschaften; da aber auch diese Kriterien auf die zu erbringende Leistung
bezogen sein müssen, ist die Unterscheidung zwischen Eignungs- und
Zuschlagskriterien manchmal schwierig (BGE 129 I 313 E. 8.1 S. 323 f.; Urteil
2P.322/2006
BGE 139 II 489 S. 492
vom 14. August 2007 E. 3.3.1). Nähere Ausführungen zur Abgrenzung finden sich
in diesen Urteilen nicht. Auch im Urteil 2P.85/2001 vom 6. Mai 2002 E. 4.1
wurde die Frage einer Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien mangels
entsprechender Rüge nicht weiter vertieft. Ohne ausdrückliche Diskussion des
Verhältnisses zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien wurde es im Urteil
2P.141/2002 vom 7. Januar 2003 E. 2 als zulässig erklärt, den Zuschlag für den
Kauf von Fotokopiergeräten einem Anbieter zu erteilen, weil dessen Geräte (zu
einem günstigeren Preis) mehr Leistung erbrachten als in der Ausschreibung
gefordert worden war. Im Urteil 2P.46/2005 vom 16. September 2005 E. 5.1 fragte
sich das Bundesgericht in Bezug auf das Kriterium der Ortskenntnis, ob eine
strenge Trennung zwischen anbieter- und angebotsbezogenen Kriterien überhaupt
sinnvoll und realisierbar ist, wie allgemein bei der Vergabe von
Dienstleistungsaufträgen, wo die Fachkompetenz bzw. die Qualifikation des
Anbieters eine grosse Rolle spiele; die Frage konnte aber offenbleiben. Im
Urteil 2P.225/2005 vom 27. April 2006 E. 3.2 erwog das Bundesgericht, dass nach
der Lehre die Eignungskriterien normalerweise nicht zugleich als
Zuschlagskriterien verwendet werden sollten, dass aber die Rechtsprechung eine
strikte Trennung eher ablehne; die Frage brauchte auch dort nicht weiter
erörtert zu werden, da nicht dargelegt worden war, dass die gleichen Kriterien
doppelt verwendet wurden.

2.2.2 Die frühere eidgenössische Rekurskommission für das öffentliche
Beschaffungswesen war anfänglich der Ansicht, dass Unternehmensaspekte bzw.
Mehreignungen im Rahmen des Zuschlags nicht mehr berücksichtigt werden dürften;
sie hat diese Praxis jedoch im Laufe der Zeit gelockert und
unternehmensbezogene Aspekte zugelassen, wenn sie Einfluss auf die Qualität des
Angebots (als Element der Wirtschaftlichkeit, vgl. Art. 21 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen
[BöB; SR 172.056.1]) haben (s. Darstellung der Praxis bei MARTIN BEYELER, Ziele
und Instrumente des Vergaberechts, 2008, S. 64 ff.; MARC STEINER, Die
Berücksichtigung der Mehreignung aus beschaffungsrechtlicher Sicht - ein
Beitrag aus der Schweiz, European Law Reporter 2010 S. 189 ff.). Das
Bundesverwaltungsgericht schliesst ebenfalls die Berücksichtigung einer
Mehreignung im Rahmen der Zuschlagskriterien nicht grundsätzlich aus, sofern
die Mehreignungskriterien einen Bezug zum Projekt aufweisen, wie z.B. Qualität,
Referenzen, Ausbildung (Urteil B-6082/2011 vom 8. Mai
BGE 139 II 489 S. 493
2012 E. 2.1.3 und 2.1.4; BVGE 2011/58 E. 12.2). Auch die Rechtsprechung der
Kantone lässt mehrheitlich die Berücksichtigung von anbieterbezogenen
Zuschlagskriterien zu, jedenfalls wenn es um Aufträge geht, bei denen die
Fachkompetenz des Anbieters eine grosse Rolle spielt (vgl. die Hinweise bei
GALLI/MOSER/LANG/STEINER, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, 3. Aufl.
2013, S. 270 ff.); HUBERT STÖCKLI, Das Vergaberecht der Schweiz, 7. Aufl. 2008,
S. 471 ff.; BEYELER/STÖCKLI, Rechtsprechung aus den Jahren 2010-2012, in:
Aktuelles Vergaberecht 2012, 2012, S. 110 f.; ELISABETH LANG, Der Grundsatz der
Transparenz im öffentlichen Beschaffungsrecht, in: Festschrift 100 Jahre
Aargauischer Anwaltsverband, 2005, S. 124 f.).

2.2.3 Rechtsvergleichend ist das Urteil des EuGH i.S. Lianakis vom 24. Januar
2008 (C-532/06, Randnrn. 30-32) zu erwähnen, wonach sich die fachliche Eignung
nach den in Art. 31 und 32 der Richtlinie 92/50/EWG vom 18. Juni 1992 über die
Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge
(ABl. L 209 vom 24. Juli 1992 S. 1) genannten Kriterien richte, während sich
die Erteilung des Zuschlags auf die in Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie
aufgezählten Kriterien stütze. Zwar seien dort die Kriterien nicht
abschliessend aufgezählt, doch kämen nur Kriterien in Betracht, die der
Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienten. Daher seien als
Zuschlagskriterien Kriterien ausgeschlossen, die nicht der Ermittlung des
wirtschaftlich günstigsten Angebots dienten, sondern die im Wesentlichen mit
der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des
betreffenden Auftrags zusammenhingen. Die im konkreten Fall vom Auftraggeber
als "Zuschlagskriterien" berücksichtigten Kriterien (nachgewiesene Erfahrung
des Sachverständigen; Personal und Ausstattung des Büros; Fähigkeit, die Studie
durchzuführen) bezögen sich in erster Linie auf die Erfahrung, die
Qualifikationen und die Mittel, die geeignet sind, eine ordnungsgemässe
Ausführung des betreffenden Auftrags zu gewährleisten. Es handle sich dabei um
Kriterien, die die fachliche Eignung der Bieter beträfen und die nicht
Zuschlagskriterien sein könnten. Diese Praxis wurde bestätigt im Urteil
Kommission gegen Hellenische Republik vom 12. November 2009 (C-199/07; vgl.
auch Grünbuch vom 27. Januar 2011 der Europäischen Kommission über die
Modernisierung der europäischen Politik im Bereich des öffentlichen
Auftragswesens; Wege zu einem effizienteren europäischen Markt für öffentliche
Aufträge, S. 18 f.).
BGE 139 II 489 S. 494

2.2.4 Eignungs- und Zuschlagskriterien haben unterschiedliche Funktionen: Die
Nichterfüllung der Eignungskriterien führt zum Ausschluss des Anbieters (§ 27
lit. a der Vergaberichtlinien [VRöB] zur Interkantonalen Vereinbarung über das
öffentliche Beschaffungswesen [IVöB] vom 25. November 1994/15. März 2001 [http:
//www.bpuk.ch/konkordate/IVOEB.aspx]; § 27 lit. a der nidwaldnerischen
Vollzugsverordnung vom 6. Juli 2004 zum Gesetz über das öffentliche
Beschaffungswesen [Submissionsverordnung; NG 612.11]; vgl. im Bund Art. 11 lit.
a BöB; MARTIN BEYELER, Der Geltungsanspruch des Vergaberechts, 2012, S. 1025
ff.); ein fehlendes Eignungskriterium kann somit nicht durch Übererfüllung
anderer Eignungskriterien kompensiert werden. Demgegenüber dienen die
Zuschlagskriterien der Bewertung der zulässigen Angebote, wobei eine
schlechtere Bewertung bei einem Kriterium durch eine bessere bei einem anderen
aufgewogen werden kann. Daraus folgt, dass in einem ersten Schritt die Eignung
zu prüfen ist und anschliessend in einem zweiten Schritt die zulässigen
Offerten zu bewerten sind. Es wäre unzulässig, den ersten Schritt gar nicht
durchzuführen und ein Angebot, das die Eignungskriterien nicht erfüllt,
trotzdem zuzulassen (Urteil 2P.322/2006 vom 14. August 2007 E. 3.3.1; OLIVIER
RODONDI, Les critères d'aptitude et les critères d'adjudication dans les
procédures de marchés publics, RDAF 2001 I S. 387 ff., 412 f.; MARTIN BEYELER,
Öffentliche Beschaffung, Vergaberecht und Schadenersatz, 2004, S. 206 f.).
Daraus folgt aber nicht, dass es unzulässig wäre, im zweiten Schritt die
gleichen Kriterien zu berücksichtigen wie im ersten. Das macht zwar keinen Sinn
bei Eignungskriterien, die nur mit Ja oder Nein beantwortet werden können:
Angebote, welche das Kriterium nicht erfüllen, sind auszuschliessen, alle
anderen würden die gleiche Bewertung erhalten. Bei Kriterien, die graduell
bewertet werden können, ist aber nicht ersichtlich, weshalb es unzulässig sein
sollte, eine gewisse Mindestanforderung als Eignungskriterium zu verlangen,
eine darüber hinausgehende Erfüllung aber als Zuschlagskriterium zu gewichten;
es handelt sich bei dieser Vorgehensweise nicht um eine Doppelprüfung, sondern
um eine Prüfung unter verschiedenen Aspekten (BEYELER, a.a.O., 2004, S. 208
f.). Das gilt in besonderem Mass für das Kriterium der Qualität, die
anerkanntermassen ein zulässiges Kriterium im Rahmen der
Wirtschaftlichkeitsprüfung ist (Art. 21 Abs. 1 BöB; § 32 Abs. 1 VRöB). Es liegt
auf der Hand, dass - jedenfalls bei Aufträgen, bei denen die Fachkompetenz eine
Rolle spielt - die Qualität
BGE 139 II 489 S. 495
nicht getrennt vom Unternehmen und den darin tätigen Personen beurteilt werden
kann. Eine strikte Trennung zwischen unternehmensbezogenen und
Wirtschaftlichkeitsaspekten, wie sie der EuGH vorgenommen hat, kann daher nicht
überzeugen. Zumindest dort, wo es auf fachliche Eignung oder Erfahrung ankommt,
ist die Berücksichtigung einer Mehreignung im Rahmen des Zuschlags zulässig
(ebenso BEYELER, a.a.O., 2008, S. 67 ff.; MATTHIAS HAUSER, Zuschlagskriterien
im Submissionsrecht, AJP 2001 S. 1405 ff., 1414 f.; HERBERT LANG,
Offertenbehandlung und Zuschlag im öffentlichen Beschaffungswesen, ZBl 101/2000
S. 225 ff., 242 f.; MARCO FETZ, Öffentliches Beschaffungsrecht des Bundes, in:
SBVR Bd. XI, 2. Aufl. 2007, S. 461 ff., 538 f.).
(...)

3.

3.1 Weiter wirft die Beschwerdeführerin die Frage auf, ob es rechtswidrig ist,
wenn die Vergabebehörde eigenmächtig (d.h. ohne Zustimmung des Anbieters)
Referenzangaben zu Anlagen eines Anbieters einholt und aufgrund dieser
Referenzangaben einen Anbieter schlechter bewertet. Auch bei dieser Frage
handelt es sich um eine Grundsatzfrage, die sich in der Praxis häufig stellt,
aber vom Bundesgericht noch nie beantwortet wurde; im Urteil 2P.111/2003 vom
21. Januar 2004 E. 4.2.2 konnte diese Frage offenbleiben, weil die vertraulich
eingeholten Referenzauskünfte nicht entscheidwesentlich waren.

3.2 Das Vergaberecht äussert sich nicht ausdrücklich zur Frage, ob und unter
welchen Umständen auch Referenzen eingeholt werden dürfen, die der Anbieter
nicht angegeben hat. Die Antwort muss sich aus allgemeinen Grundsätzen ergeben:
Wie in jedem Verwaltungsverfahren hat auch im Submissionsverfahren die Behörde
grundsätzlich den erheblichen Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären, ohne
dabei an Vorbringen oder Beweisanträge der Beteiligten gebunden zu sein. Sie
wird zwar in der Regel primär auf die von den Anbietern eingereichten
Unterlagen abstellen; insbesondere ist die Behörde nicht verpflichtet, von
Amtes wegen mangelhaft oder unvollständig eingereichte Unterlagen oder Angaben
zu vervollständigen (vgl. Hinweise auf die Praxis bei MANUELA GEBERT,
Stolpersteine im Beschaffungsablauf, in: Aktuelles Vergaberecht 2010, 2010, S.
364 ff.). Es ist aber auch nicht unzulässig, auf vorhandene eigene Kenntnisse
und Erfahrungswerte zurückzugreifen;
BGE 139 II 489 S. 496
insbesondere bei lokalen Projekten mit lokalen Anbietern oder innerhalb einer
Fachwelt, wo man sich gegenseitig kennt, ist solches Wissen unvermeidlich
vorhanden und es ist nicht per se unzulässig, darauf abzustellen (Urteil 2C_549
/2011 vom 27. März 2012 E. 2.4). Ebenso wenig kann es der Behörde verboten
sein, sich solches Wissen noch zu verschaffen, um sich ein Bild über die
Eignung oder Qualität eines Anbieters zu machen. Nach Treu und Glauben wird
zwar die Behörde in erster Linie auf diejenigen Referenzen abstellen, die der
Anbieter angegeben hat; aber es muss ihr grundsätzlich erlaubt sein, im Rahmen
ihrer Sachverhaltsabklärungen auch zusätzlich zu den Angaben, welche die
Anbieter gemacht haben, weitere Informationen einzuholen.

3.3 Allerdings sind dabei verfassungsrechtliche Mindestansprüche zu wahren,
namentlich der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), der
grundsätzlich auch im Submissionsrecht gilt (Urteile 2C_710/2012 vom 7.
Dezember 2012 E. 5; 2C_890/2008 vom 22. April 2009 E. 5.3; 2P.175/2001 vom 12.
Oktober 2001 E. 3, in: ZBl 103/2002 S. 481; 2P.155/1996 vom 4. Dezember 1996 E.
3, in: Pra 1997 Nr. 100 S. 541). Die Parteien eines Verfahrens haben
insbesondere das Recht auf Akteneinsicht sowie das Recht, sich zu
rechtserheblichen Sachverhaltsvorbringen zu äussern, auf welche zu ihrem
Nachteil abgestellt wird (BGE 137 IV 33 E. 9.2 S. 48 f.; BGE 136 V 351 E. 4.4
S. 355 f.; BGE 135 I 279 E. 2.3 S. 282). So muss z.B. einem Anbieter
Gelegenheit gegeben werden sich zu äussern, bevor sein Angebot wegen
ungewöhnlich tiefem Preis ausgeschlossen wird (BGE 130 I 241 E. 7.3 S. 255;
Urteile 2D_34/2010 vom 23. Februar 2011 E. 2.5; 2P.70/2006 vom 23. Februar 2007
E. 4.5; vgl. § 31 VRöB; OLIVIER RODONDI, La gestion de la procédure de
soumission, in: Aktuelles Vergaberecht 2008, 2008, S. 163 ff., 188). Auch in
anderen Konstellationen kann sich eine Pflicht zur Rückfragung beim Anbieter
ergeben (vgl. GALLI/MOSER/LANG/STEINER, a.a.O., S. 198 f.).
Zwar können die Gehörsansprüche mit Rücksicht auf die Besonderheiten des
Submissionsrechts eingeschränkt werden. So sind die Angebote als solche auch
gegenüber den Mitbewerbern vertraulich zu behandeln (Art. XIV Abs. 3 GPA [SR
0.632.231.422]; Art. 11 lit. g der interkantonalen Vereinbarung vom 25.
November 1994/15. März 2001 über das öffentliche Beschaffungswesen [IVöB; NG
612.2]; § 17 VRöB; vgl. im Bund Art. 8 Abs. 1 lit. d BöB), was grundsätzlich
auch im Rechtsmittelverfahren gilt (Urteile 2C_890/2008
BGE 139 II 489 S. 497
vom 22. April 2009 E. 5.3.3; 2P.193/2006 vom 29. November 2006 E. 3.1; 2P.111/
2003 vom 21. Januar 2004 E. 4.1.2; 2P.226/2002 vom 20. Februar 2003 E. 2;
2P.274/1999 vom 2. März 2000 E. 2, in: Pra 2000 Nr. 134; GALLI/MOSER/LANG/
STEINER, a.a.O., S. 559 ff.; 688 f.; FETZ, a.a.O., S. 500 f.). Hingegen sind
nach der kantonalen Gerichtspraxis die Referenzauskünfte, auf welche die
Behörde abstellen will, aktenmässig festzuhalten (Urteile des
Verwaltungsgerichts Zürich VB.2006.00359 vom 20. Dezember 2006 E. 6.2.3;
VB.2005.00514 vom 1. November 2006 E. 5.3; Urteil des Verwaltungsgerichts
Luzern vom 13. August 2002 E. 6, in: Luzerner Gerichts- und
Verwaltungsentscheide 2002 II Nr. 9; vgl. auch PETER RECHSTEINER,
Referenzkontrolle, Baurecht 2003 S. 56) und es ist den Parteien - vorbehältlich
überwiegender entgegenstehender Interessen - darin Einsicht zu gewähren (Urteil
des Verwaltungsgerichts Aargau vom 16. Februar 2000 E. 2, in: Aargauische
Gerichts- und Verwaltungsentscheide 2000 S. 279; dazu ELISABETH LANG, Die
Praxis des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau zum Submissionsrecht, ZBl 103
/2002 S. 453 ff., 477; GALLI/MOSER/LANG/STEINER, a.a.O., S. 694 f.). Dem ist
zuzustimmen: Wenn Referenzen eingeholt werden, auf die entscheiderheblich
abgestellt wird, handelt es sich nicht um behördeninterne Akten, die nicht dem
Einsichtsrecht unterliegen (BGE 125 II 473 E. 4a S. 474; Urteil 1P.324/2005 vom
10. Mai 2006 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 132 I 167), sondern um Auskünfte
Dritter. Wird darauf zum Nachteil eines Anbieters abgestellt, muss dieser
Gelegenheit haben, sich dazu zu äussern.