Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 139 II 373



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Urteilskopf

139 II 373

27. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.X.
und Mitb. gegen Steueramt des Kantons Aargau, Kantonales Steueramt Zürich und
Mitb. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_243/2011 vom 1. Mai 2013

Regeste

Art. 127 Abs. 3 BV; Art. 97 Abs. 1, Art. 99 Abs. 1, Art. 100 Abs. 5, Art. 105
Abs. 1 BGG, Art. 12 Abs. 4 StHG; interkantonale Doppelbesteuerung;
Liegenschaftenhändler; Verrechnung eines Geschäftsverlustes mit
Liegenschaftsgewinnen.
Anforderungen an das kantonale Verfahren, wenn eine interkantonale
Doppelbesteuerung gerügt wird (E. 1.4-1.7).
Den Kantonen mit monistischem System der Grundstückgewinnbesteuerung steht es
nach Art. 12 Abs. 4 StHG frei, ob sie einen innerkantonalen Geschäftsverlust
bei der Grundstückgewinnsteuer berücksichtigen wollen oder nicht. Gegen die
Verweigerung einer solchen Verlustverrechnung steht die Beschwerde wegen
interkantonaler Doppelbesteuerung nicht offen (E. 3.5). Zwecks Schaffung
vergleichbarer Verhältnisse im interkantonalen Verhältnis hat aber der Kanton
in seiner Steuerausscheidung die Grundstückgewinne und Geschäftsverluste
vollumfänglich zu berücksichtigen (E. 4).

Sachverhalt ab Seite 374

BGE 139 II 373 S. 374
A.X. mit Wohnsitz in L., Kanton Zürich, ist als Liegenschaftenhändler in
mehreren Kantonen tätig. Im Jahr 2003 erzielte er aus der Veräusserung von
Liegenschaften im Kanton Zürich Grundstückgewinne, die durch die zuständigen
kommunalen Grundsteuerkommissionen mit der zürcherischen Grundstückgewinnsteuer
erfasst worden sind. Die entsprechenden Veranlagungsverfügungen ergingen in den
Jahren 2003-2007 und sind rechtskräftig. Im Jahr 2003 veräusserte A.X. zudem
seinen Anteil von einem Drittel an einer Überbauung in M., Kanton Aargau, für
Fr. 51'474'056.- an seine Mitgesellschafter.
Mit Taxationsprotokoll des Kantonalen Steueramtes Zürich vom 30. April 2007
wurden A.X. und B.X. für die zürcherischen Staats- und Gemeindesteuern 2003
eingeschätzt. In der interkantonalen Steuerausscheidung anerkannte das
Kantonale Steueramt Zürich von den geltend gemachten Vorjahresverlusten von
insgesamt Fr. 4'099'151.- (100 %) einen Anteil von Fr. 740'723.- (18,07 %) zu
Lasten des Hauptsteuerdomizils L., den überwiegenden Verlustanteil von Fr.
3'197'599.- (78,01 %) wies es dem Kanton Aargau zu. Diese Verlustausscheidung
beruht auf einer quotalen Ausscheidung entsprechend den
Netto-Liegenschaftserträgen, wobei die Zürcher Grundstückgewinne
unberücksichtigt blieben. Die Veranlagung ist rechtskräftig.
Am 2. Oktober 2008 erfolgte die Veranlagung für die aargauischen Kantons- und
Gemeindesteuern 2003 durch die Steuerkommission der Gemeinde M., Kanton Aargau.
In der interkantonalen Steuerausscheidung wies sie den Erlös aus der
Veräusserung der Beteiligung an der Überbauung in M. dem Kanton Aargau zur
Besteuerung zu. Von den im Kanton Zürich geltend gemachten Vorjahresverlusten
von insgesamt Fr. 3'998'900.- (100 %) berücksichtigte sie einen Betrag von Fr.
1'566'823.- (39,18 %), entsprechend der Quote der
BGE 139 II 373 S. 375
Gemeinde M. am gesamten Reineinkommen, zu Lasten des Kantons Aargau.
Mit Urteil vom 2. Februar 2011 bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons
Aargau kantonal letztinstanzlich diese Veranlagung und wies eine Beschwerde der
Steuerpflichtigen ab. Die Steuerpflichtigen hatten beanstandet, dass der Kanton
Aargau die im Kanton Zürich angefallenen Grundstückgewinne für die
Satzbestimmung vollumfänglich berücksichtige und den im Kanton Zürich
verbleibenden Vorjahresverlust nur quotal übernommen habe. Eine
Doppelbesteuerung könne zurzeit nur so vermieden werden, dass der Kanton Aargau
auf den Einbezug der Zürcher Grundstückgewinne für die Satzbestimmung verzichte
und zudem alle noch nicht verrechneten Verluste übernehme.
Die Steuerpflichtigen führen beim Bundesgericht Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wegen Verletzung des Verbots der
interkantonalen Doppelbesteuerung gegen die Kantone Zürich und Aargau sowie
gegen die Zürcher Gemeinden mit Grundstückgewinnen im Jahr 2003. Sie verlangen
(u.a.), dass der Kanton Zürich und die zürcherischen Gemeinden mit
Grundstückgewinnen Vorjahresverluste in der Höhe von Fr. 4'099'151.- zu
übernehmen habe. Eventualiter habe der Kanton Aargau ohne Berücksichtigung der
Zürcher Grundstückgewinne in seiner Steuerausscheidung Vorjahresverluste von
Fr. 3'998'900.- anzuerkennen.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gegenüber dem Kanton Zürich gut. Auf
die Beschwerde gegen die Zürcher Gemeinden mit Grundstückgewinnen tritt das
Bundesgericht nicht ein. Die Beschwerde gegenüber dem Kanton Aargau weist das
Bundesgericht ab, soweit darauf einzutreten ist.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1.

1.4 Bei Beschwerden wegen interkantonaler Kompetenzkonflikte beginnt die
Beschwerdefrist spätestens dann zu laufen, wenn in beiden Kantonen Entscheide
getroffen worden sind, gegen welche beim Bundesgericht Beschwerde geführt
werden kann (Art. 100 Abs. 5 BGG). Es kann daher auch eine bereits ergangene
rechtskräftige Veranlagung eines konkurrierenden Kantons in die Beschwerde
wegen interkantonaler Doppelbesteuerung einbezogen werden.
BGE 139 II 373 S. 376
Während das Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der
Bundesrechtspflege (OG; BS 3 531) mit den seitherigen Änderungen noch eine
Ausnahme vom Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges bei
Beschwerden auf dem Gebiet der interkantonalen Doppelbesteuerung vorsah (Art.
86 Abs. 2 OG), lässt das BGG keine derartige Ausnahme mehr zu (BGE 133 I 300 E.
2.3 S. 305 f., BGE 133 I 308 E. 2.3 S. 312; Urteil 2C_708/2012 vom 21. Dezember
2012 E. 1.3, nicht publ. in: BGE 139 I 64). Immerhin ist der mehrfach
Besteuerte - entgegen dem in dieser Hinsicht nicht ganz klaren Wortlaut des
Art. 100 Abs. 5 BGG - nicht verpflichtet, in jedem Kanton den Instanzenzug zu
durchlaufen. Es genügt, wenn er das in demjenigen Kanton tut, dessen Entscheid
er schliesslich beim Bundesgericht anfechten will (vgl. Botschaft vom 28.
Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4326 ad Art. 80
Abs. 2 E-BGG; BGE 133 I 300 E. 2.4 S. 306 f., BGE 133 I 308 E. 2.4 S. 313).
Nach wie vor ist es auch möglich, eine unzulässige interkantonale
Doppelbesteuerung sofort geltend zu machen, ohne dass bereits ein zweiter
Kanton entschieden hat (virtuelle Doppelbesteuerung). Art. 100 Abs. 5 BGG, der
bestimmt, dass die Beschwerdefrist spätestens (au plus tard) zu laufen beginnt,
wenn in beiden Kantonen Verfügungen getroffen worden sind, bringt das besser
zum Ausdruck als der frühere Art. 89 Abs. 3 OG, wonach bei Beschwerden wegen
interkantonaler Kompetenzkonflikte die Frist erst (seulement après) zu laufen
begann, wenn in beiden Kantonen Entscheide getroffen worden waren (BGE 133 I
308 E. 2.3 i.f. S. 312).
Es folgt daraus, dass die Beschwerdeführer im Anschluss an den Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau mit Beschwerde wegen interkantonaler
Doppelbesteuerung (Art. 127 Abs. 3 BV) grundsätzlich auch die bereits
rechtskräftige Veranlagung des Kantons Zürich für die Kantons- und
Gemeindesteuern 2003 sowie die zürcherischen
Grundstückgewinnsteuerveranlagungen mit einbeziehen konnten.

1.5 Die Beschwerdeführer bringen vor, sie hätten aufgrund der durch die
Veranlagung im Kanton Aargau verursachten Aktualisierung der Doppelbesteuerung
allenfalls auch revisionsweise die Aufhebung der Veranlagungen im Kanton Zürich
beantragen können.
Es trifft zu, dass einige Kantone in ihren steuerrechtlichen Bestimmungen für
den Fall der Doppelbesteuerung ausdrücklich eine Revision vorsehen (so
beispielsweise Art. 189 Abs. 1 lit. d StG/AR, § 168
BGE 139 II 373 S. 377
Abs. 1 lit. d StG/LU, Art. 197 Abs. 1 lit. d StG/SG, § 165 Abs. 1 lit. e StG/SO
und Art. 232 Abs.1 lit. d StG/TI; vgl. HUGO CASANOVA, in: Interkantonales
Steuerrecht, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, 2011, § 45 N. 10 S.
522; KLAUS A. VALLENDER: Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG], Kommentar zum Schweizerischen
Steuerrecht, 2. Aufl. 2002, N. 23 zu Art. 51 StHG). In Rechtsprechung und
Literatur wird postuliert, dass im Falle einer - sich nachträglich ergebenden
aktuellen - Doppelbesteuerung ein solcher Revisionsanspruch auch ohne einen
entsprechenden expliziten Revisionsgrund im Steuergesetz, gestützt auf Art. 127
Abs. 3 BV, besteht (in diesem Sinne die Steuerrekurskommission II des Kantons
Zürich, in: StE 2010 B 97.11 Nr. 25 E. 3a/bb und 3b, mit Hinweis auf PETER
LOCHER, Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wegen
Verletzung des Doppelbesteuerungsverbots von Art. 127 Abs. 3 BV, ASA 77 S. 502
f.; ebenso PETER LOCHER, Einführung in das interkantonale Steuerrecht, 3. Aufl.
2009, S. 141; s. auch DANIEL DE VRIES REILINGH, Steiniger Weg ans Bundesgericht
in Doppelbesteuerungssachen [...], Entwicklungen im Steuerrecht 2009, 2009, S.
252, der von Wiedererwägung spricht). Es wird dazu ausgeführt, dieses
Rechtsmittel sei am besten geeignet, wenn ein Steuerpflichtiger die Veranlagung
im zweitveranlagenden Kanton akzeptieren wolle und lediglich diejenige im
erstveranlagenden Kanton als unrichtig erachte (vgl. LOCHER, Interkantonales
Steuerrecht, a.a.O., S. 140 f. mit Nachweisen; CASANOVA, a.a.O., § 45 N. 10 f.
S. 522).
Wie es sich damit verhält, kann aber offenbleiben. Die Frage stellt sich nicht,
nachdem die Beschwerdeführer den kantonal instanzabschliessenden Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau beim Bundesgericht mit
Doppelbesteuerungsbeschwerde angefochten und in diese Beschwerde auch die
Veranlagungen des Kantons Zürich mit einbezogen haben.

1.6 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des
Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (
Art. 97 Abs. 1 BGG). Unter diesen Voraussetzungen kann das Bundesgericht nach
Art. 105 Abs. 2 BGG die vorinstanzliche
BGE 139 II 373 S. 378
Sachverhaltsfeststellung auch von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen (BGE
137 V 57 E. 1.3).
Gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur soweit
vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
Neue Begehren sind unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG).

1.7 Diese Bindung an den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt (Art. 97
Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 BGG) und das Novenverbot (Art. 99 Abs. 1 BGG) gelten
auch für Beschwerden in Sachen der interkantonalen Doppelbesteuerung. Wie
erwähnt (vgl. E. 1.4) schreibt das Bundesgerichtsgesetz auf dem Gebiet der
interkantonalen Doppelbesteuerung neuerdings vor, dass der kantonale
Instanzenzug zumindest in einem Kanton durchlaufen werden muss (Art. 86 Abs. 1
lit. d BGG). Dieses Erfordernis hätte keinen Sinn, wenn der Beschwerdeführer
alle seine Behauptungen und Beweismittel auch noch im bundesgerichtlichen
Verfahren vorbringen könnte (vgl. zum Ganzen Urteil 2C_514/2008 vom 8.
September 2009 E. 3.1, in: StR 65/2010 S. 138; LOCHER/LOCHER, Die Praxis der
Bundessteuern, Teil III: Das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht, § 12, IV
B, 3 Nr. 3; a.M. DE VRIES REILINGH, a.a.O., S. 251; kritisch zum Novenverbot
auch STÄHLIN/KÖNIG, Doppelbesteuerungsbeschwerden unter dem neuen
Verfahrensrecht: Klarstellung des Bundesgerichts, Der Schweizer Treuhänder 2009
S. 375 f.). Anders verhält es sich nur dann, wenn der Kanton, dessen
Veranlagung bereits rechtskräftig ist und für den die Bindungswirkung nicht
gilt, diese Feststellungen bestreitet. Nur in diesem Fall kommt das
Bundesgericht nicht umhin, den Sachverhalt frei zu prüfen, und ist auch das
Novenverbot zu relativieren. Zu denken ist vor allem an den Fall, dass der
andere Kanton den Sachverhalt bestreitet und eigene Beweismittel vorlegt, zu
denen sich der Beschwerdeführer noch nicht äussern konnte (BGE 133 I 300 E. 2.3
S. 306; Urteile 2C_514/2008 vom 8. September 2009 E. 3.1, in: StR 65/2010 S.
138; LOCHER/LOCHER, a.a.O., § 12, IV A, 2 Nr. 8; 2C_230/2008 vom 27. August
2008 E. 1.3, in: StR 64/2009 S. 302).
Konsequenz des dargestellten Novenverbots ist, dass die Vorinstanz bei
Geltendmachung einer interkantonalen Doppelbesteuerung die Vorbringen des
Beschwerdeführers zu prüfen hat, auch wenn dieser die Veranlagung des Kantons,
in dem er das Verfahren führt, als richtig und die Veranlagung eines anderen
Kantons als unzutreffend erachtet. Sie hat somit im Rahmen der Überprüfung der
BGE 139 II 373 S. 379
Veranlagung des eigenen Kantons den massgebenden Sachverhalt festzustellen und
die erforderliche rechtliche Würdigung vorzunehmen. Sie kann sich insbesondere
nicht auf die Feststellung beschränken, mangels Beschwer im eigenen Kanton
fehle es dem Beschwerdeführer an einem Rechtsschutzinteresse (zur Problematik
bei Nichteintretensentscheiden in Doppelbsteuerungsfragen, s. auch Urteil
2C_702/2008 vom 15. Mai 2009 E. 4 mit Hinweisen, in: StE 2010 A 24.5 Nr. 6, StR
64/2009 S. 816; LOCHER/LOCHER, a.a.O., § 12, IV A, 2 Nr. 8; MEIER/
CLAVADETSCHER, Prozessuale Klippen bei der Durchsetzung des interkantonalen
Doppelbesteuerungsverbots, IFF Forum für Steuerrecht 2007 S. 140; MADELEINE
SIMONEK, Unternehmenssteuerrecht, Entwicklungen 2007, 2008, S. 121; DE VRIES
REILINGH, a.a.O., S. 252). Das folgt aus dem in Art. 111 Abs. 5 BGG enthaltenen
Grundsatz, dass die kantonale Rechtsmittelbehörde die Rechtsmittelbefugnis
nicht enger fassen darf, als dies für die Beschwerde an das Bundesgericht
vorgesehen ist (BGE 138 II 162 E. 2.1.1; BGE 136 II 281 E. 2.1; BGE 135 II 145
E. 5), in Verbindung mit der sich aus Art. 100 Abs. 5 BGG ergebenden Befugnis
des Steuerpflichtigen, im Rahmen einer Doppelbesteuerungsbeschwerde an das
Bundesgericht auch die bereits rechtskräftige Veranlagung eines anderen Kantons
mit anzufechten.
(...)

3. (...)

3.5 In die Doppelbesteuerungsbeschwerde gegen den Kanton Zürich können nach
Art. 100 Abs. 5 BGG auch die Grundstückgewinnsteuerveranlagungen der Zürcher
Gemeinden mit Grundstückgewinnen einbezogen werden (Urteile 2C_689/2010 vom 4.
April 2011 E. 1.2 in: ASA 80 S. 361; 2C_375/2010 vom 22. März 2011 E. 6, in:
StE 2011 A 24.43.1 Nr. 21, RDAF 2011 II S. 494). Es kann damit geltend gemacht
werden, die Zürcher Grundstückgewinnsteuerveranlagungen würden gegen das
interkantonale Doppelbesteuerungsrecht verstossen.
Vorliegend geht es indessen um eine innerkantonale Angelegenheit. Streitig ist
die Übernahme eines Verlustes (Vorjahresverluste) des Hauptsteuerdomizils im
Kanton Zürich durch mehrere Spezialsteuerdomizile im gleichen Kanton
(Beschwerdeantrag 1c). Unerheblich ist, dass im Rahmen der interkantonalen
Steuerausscheidung ein Teil der Vorjahresverluste des Hauptsteuerdomizils auf
ausserkantonale Nebensteuerdomizile zu verlegen sind und dass in diesem Rahmen
auch die im Kanton Zürich realisierten Grundstückgewinne
BGE 139 II 373 S. 380
zu berücksichtigen sind (vgl. dazu E. 4 nachfolgend). Massgebend ist, dass im
vorliegenden Kontext lediglich die innerkantonale Verlegung noch verbleibender
Verlustvorträge zur Diskussion steht. Der Kanton Zürich erhebt die
Grundstückgewinnsteuer nach dem monistischen System auch auf den
Grundstückgewinnen aus der Veräusserung von Geschäftsliegenschaften, was nach
Art. 12 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern
der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG; SR 642.14) zulässig ist.
Es handelt sich bei der Grundstückgewinnsteuer um eine Spezialeinkommenssteuer,
die im Umfang ihres Steuerobjekts an die Stelle der ordentlichen Einkommens-
und Gewinnbesteuerung tritt. Die Verrechnung von Geschäftsverlusten mit dem
Grundstückgewinn ist dem Wesen der Grundstückgewinnsteuer als Objektsteuer aber
grundsätzlich fremd. Ob der Kanton Zürich im Rahmen der
Grundstückgewinnsteuerveranlagungen seiner Gemeinden einer Verlustsituation
Rechnung tragen muss und inwieweit, bestimmt daher das kantonale Recht. Das
Steuerharmonisierungsgesetz stellt diesbezüglich keine Vorschriften auf. Es
verpflichtet den Kanton auch nicht, solche Verluste bei der
Grundstückgewinnbesteuerung zu berücksichtigen. Sofern der Kanton solche
Verrechnungen zulässt, erfolgt dies aufgrund des ihm im Rahmen der
Steuerharmonisierung verbliebenen Spielraums nach kantonalem Recht (vgl. Art.
12 StHG; Urteile 2C_747/2010 vom 7. Oktober 2011 E. 5.2 f., in: ASA 80 S. 609,
StR 67/2012 S. 48, StE 2012 B 44.13.7 Nr. 25; 2C_375/2010 vom 22. März 2011 E.
5, in: StE 2011 A 24.43.1 Nr. 21; 2C_799/2008 vom 9. April 2009 E. 3.3, in: StE
2009 B 44.13.7 Nr. 24 mit Hinweisen). Die Frage kann folglich auch nicht zum
Gegenstand der Doppelbesteuerungsbeschwerde gemacht werden.
Das Bundesgericht hat zwar in seiner jüngeren Rechtsprechung in verschiedenen
Konstellationen die Kantone mit Liegenschaften verpflichtet, solche Verluste
anzurechnen (BGE 131 I 249, BGE 131 I 285 E. 4.1 f.; BGE 132 I 220 E. 4; Urteil
2C_689/2010 vom 4. April 2011 E. 3, in: ASA 80 S. 361; s. auch LOCHER,
Interkantonales Steuerrecht, a.a.O., S. 87 ff.; RENÉ MATTEOTTI, in:
Interkantonales Steuerrecht, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, 2011, §
34 Rz. 25 ff. S. 398 f.). Diese Rechtsprechung bezieht sich aber nur auf die
Besteuerung im interkantonalen Verhältnis. Es kann daraus nicht geschlossen
werden, dass die Verlustverrechnung im monistischen System von Bundesrechts
wegen auch innerkantonal zugelassen
BGE 139 II 373 S. 381
werden muss (so bereits das Urteil 2C_747/2010 vom 7. Oktober 2011 E. 5.4 für
den Kanton Zürich, in: ASA 80 S. 609, StR 67/2012 S. 48, StE 2012 B 44.13.7 Nr.
25). Insofern als sich die Beschwerdeführer direkt auf das Gebot der
rechtsgleichen Behandlung nach Art. 8 Abs. 1 BV berufen, steht hierfür die
Doppelbesteuerungsbeschwerde nicht offen. Auf die Beschwerde ist daher nicht
einzutreten, soweit sie sich gegen die zürcherischen
Grundstückgewinnsteuerveranlagungen richtet und die Verluste resp.
Vorjahresverluste am Hauptsteuerdomizil betrifft.
(...)

4. Die Beschwerdeführer verlangen, dass der Kanton Zürich (resp. die Gemeinden
mit Grundstückgewinnen) Vorjahresverluste in der Höhe von Fr. 4'099'151.-
übernehmen. Eventualiter habe der Kanton Aargau ohne Berücksichtigung der
Zürcher Grundstückgewinne Vorjahresverluste von Fr. 3'998'900.- anzuerkennen.

4.1 Vorliegend haben beide Kantone Aargau und Zürich in ihren
Steuerausscheidungen die Geschäftsverluste (Vorjahresverluste) am
Hauptsteuerdomizil im Kanton Zürich quotenmässig im Verhältnis der auf sie
entfallenden Reineinkommen verlegt. Ein nicht verrechenbarer Verlust
(Ausscheidungsverlust) ergibt sich aber daraus, dass der Kanton Zürich in
seiner Steuerausscheidung die zürcherischen Liegenschaftsgewinne nicht
berücksichtigt hat und dadurch eine kleinere Quote am Verlust übernimmt. Er
beruft sich hierfür auf das im Kanton Zürich geltende monistische System der
Grundstückgewinnbesteuerung.

4.2 Der Kanton Zürich erhebt die Grundstückgewinnsteuer nach dem monistischen
System auch auf den Geschäftsliegenschaften, während der Kanton Aargau nach dem
dualistischen System Grundstückgewinne auf Geschäftsliegenschaften mit der
Einkommens- oder Gewinnsteuer erfasst. Im monistischen System gilt der
Grundsatz der getrennten Gewinnermittlung. Das heisst, eine
einzelsteuerübergreifende Verlustverrechnung und -anrechnung findet nicht statt
(mit Ausnahme bei der Teilveräusserung nach § 224 Abs. 3 StG/ZH; LS 631.1).
Trifft in der Steuerausscheidung über Einkommen und Vermögen ein Kanton mit
monistischem System auf einen Kanton mit dualistischem System, müssen daher zum
Zweck vergleichbarer Verhältnisse alle Grundstückgewinne (Wertzuwachsgewinne)
in die Steuerausscheidung einbezogen werden. Das gilt auch für die
BGE 139 II 373 S. 382
Wertzuwachsgewinne auf den zürcherischen Liegenschaften. Die Kantone sind zwar
frei, ob sie Kapitalgewinne auf Liegenschaften des Geschäftsvermögens nach dem
dualistischen System mit der allgemeinen Einkommens- und Gewinnsteuer oder nach
dem monistischen System mit der besonderen Grundstückgewinnsteuer erfassen
wollen. Das Steuerharmonisierungsgesetz lässt den Kantonen diesbezüglich die
Wahl (Art. 12 Abs. 1 und 4 StHG). Doch darf sich die Wahl des
Besteuerungssystems nicht zu Ungunsten der übrigen Kantone und des
Steuerpflichtigen, der in mehreren Kantonen steuerpflichtig ist, auswirken (BGE
131 I 249 E. 6.3 S. 261; so bereits BGE 92 I 198 E. 3b).

4.3 Das Kantonale Steueramt Zürich hat in seiner interkantonalen
Steuerausscheidung die mit der zürcherischen Grundstückgewinnsteuer erfassten
Wertzuwachsgewinne nicht berücksichtigt, sondern nur den Erlös aus dem Verkauf
der Liegenschaftsbeteiligung in M., Kanton Aargau. Das führt dazu, dass in der
zürcherischen Ausscheidung der Vorjahresverluste quotal nach Massgabe der
Liegenschaftserträge auf den Kanton Aargau ein Anteil von 78,01 % (Fr.
3'197'599.-) entfällt, während der Kanton Zürich einen solchen von nur 18,07 %
(Fr. 740'723.-) zu übernehmen hat. Würde der Kanton Zürich die zürcherischen
Liegenschaftsgewinne ebenfalls berücksichtigen, ergäbe sich für diesen Kanton
eine erheblich höhere Quote von rund 60 %, wie die aargauische
Steuerausscheidung zeigt.
Zwar ist der Kanton Zürich aufgrund seines monistischen Systems nicht
verpflichtet, Grundstückgewinne mit Geschäftsverlusten zu verrechnen (vorn E.
3.5 in fine). Für die Zwecke der Steuerausscheidung sind aber dennoch die
zürcherischen Grundstückgewinne (Wertzuwachsgewinne) zu berücksichtigen. Ob die
dem Kanton Zürich auf diese Weise zugewiesenen Geschäftsverluste
(Vorjahresverluste) mit zürcherischen Grundstückgewinnen verrechnet werden
können oder ob sie dem Hauptsteuerdomizil definitiv verhaftet bleiben und die
zürcherischen Grundstückgewinnsteuerveranlagungen allenfalls in Revision
gezogen werden können, ist keine Frage der interkantonalen Steuerausscheidung,
sondern des anwendbaren internen (kantonalen) Rechts (Urteil 2C_747/2010 vom 7.
Oktober 2011 E. 5.4 und 6, in: ASA 80 S. 609, StR 67/2012 S. 48, StE 2012 B
44.13.7 Nr. 2). Mit der Nichtberücksichtigung des gesamten im Kanton Zürich zur
Verfügung stehenden Nettoeinkommens für die Verlustverrechnung im Rahmen der
Steuerausscheidung hat der
BGE 139 II 373 S. 383
Kanton Zürich daher das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung im Sinne
von Art. 127 Abs. 3 BV verletzt.

4.4 Der Kanton Aargau berücksichtigt im Rahmen seiner vom Verwaltungsgericht
bestätigten interkantonalen Steuerausscheidung die Zürcher Grundstückgewinne in
der Höhe der Wertzuwachsgewinne. Darin liegt keine Doppelbesteuerung, wie die
Beschwerdeführer rügen, weil die ausserkantonalen Gewinne lediglich für die
Kapitalausscheidung und zur Satzbestimmung herangezogen werden. Auch das
Schlechterstellungsverbot ist nicht verletzt, da der Kanton Aargau damit die
Beschwerdeführer nicht stärker besteuert als einen kantonalen
Liegenschaftenhändler. Das Vorgehen entspricht auch dem Kreisschreiben Nr. 27
der Schweizerischen Steuerkonferenz zur Vermeidung von Ausscheidungsverlusten
(Ziff. 3.1.4).
Die besondere Ausgestaltung der zürcherischen Grundstückgewinnsteuer kann für
den Kanton Aargau nicht bindend sein (BGE 92 I 198 E. 3b; ferner BGE 131 I 249
E. 6.3 S. 261). Zwar kann nach einer neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts
ein Liegenschaftskanton verpflichtet werden, einen allfälligen Geschäftsverlust
am Hauptsteuerdomizil und allenfalls in weiteren Kantonen bei der
Gewinnermittlung anzurechnen (BGE 131 I 249, 285; BGE 132 I 229). Dies aber
erst, wenn im Sitzkanton mangels Einkommen keine Verluste mehr verrechnet
werden können: Die erwähnte Rechtsprechung bezieht sich ausdrücklich auf
"Ausscheidungsverluste" (BGE 131 I 249 E. 6, BGE 131 I 285 E. 4.1; BGE 132 I
229 E. 5). Ein Ausscheidungsverlust liegt hier indessen nicht vor. Immerhin
betragen die Zürcher Wertzuwachsgewinne rund Fr. 14 Mio., womit der Kanton
Zürich über genügend Einkommenssubstrat verfügen würde, um die
Vorjahresverluste auszugleichen.