Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 139 II 185



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Urteilskopf

139 II 185

14. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. BKW FMB
Energie AG und Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und
Kommunikation (UVEK) gegen X. und Mitb. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten)
2C_347/2012 / 2C_357/2012 vom 28. März 2013

Regeste

Art. 4, 5, 19, 20, 21, 22, 65, 67, 70, 71 und 72 KEG, Art. 2 und 21 ENSIG, Art.
49 VwVG, KEV, ENSIV, VKNS, Art. 94 StSV, Gefährdungsannahmen- und
Ausserbetriebnahmeverordnung.
Bewilligungspflicht für den Betrieb von Kernanlagen, Voraussetzungen für
Erteilung, Inhalt und Entzug der Betriebsbewilligung, allgemeine Pflichten des
Bewilligungsinhabers, Aufsichtsbehörden und deren Aufgaben und Befugnisse (E.
4).
Zuständigkeiten von Bewilligungs-, Aufsichts- und Rechtsmittelbehörden (E. 9).
Verhältnis von Bewilligungs-, Aufsichts- und Bewilligungsentzugsverfahren;
Voraussetzungen für die Befristung einer Betriebsbewilligung (E. 10).
Anforderungen (zweistufiger Ansatz) an die nukleare Sicherheit im Normal- und
Auslegungs- und auslegungsüberschreitendem Störfall sowie an Nachrüstungen (E.
11).
Überprüfung des Vorwurfs der ungenügenden Prüfung durch das UVEK (E. 12).
Zulässigkeit der Forderung eines Instandhaltungskonzepts durch die Vorinstanz
(E. 13).
Überprüfung einzelner Sicherheitsfragen: Kernmantel (E. 14.2),
Erdbebengefährdung (E. 14.3), Kühlung (E. 14.4).

Sachverhalt ab Seite 187

BGE 139 II 185 S. 187

A.

A.a Das im Eigentum der BKW FMB Energie AG (im Folgenden: BKW) stehende
Kernkraftwerk (KKW) Mühleberg wurde 1972 in Betrieb genommen und verfügte
jeweils über befristete Betriebsbewilligungen. Letztmals verlängerte der
Bundesrat am 28. Oktober 1998 die Betriebsbewilligung bis zum 31. Dezember
2012. Die BKW reichte am 25. Januar 2005 beim Bundesrat ein Gesuch um Aufhebung
dieser Befristung ein, auf welches dieser am 10. Juni 2005 mangels
Zuständigkeit nicht eintrat und es dem Eidgenössischen Departement für Umwelt,
Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) zur weiteren Behandlung überwies. Am
13. Juni 2006 wies das UVEK das Hauptbegehren der BKW um Feststellung, dass sie
mit Inkrafttreten des Kernenergiegesetzes vom 21. März 2003 (KEG; SR 732.1)
über eine unbefristete Betriebsbewilligung für das KKW Mühleberg verfüge, ab.
Auf das Eventualbegehren um Aufhebung der Befristung ohne Durchführung eines
Verfahrens nach KEG trat es nicht ein.

A.b Die BKW erhob gegen diese Verfügung am 13. Juli 2006 Beschwerde mit den
inhaltlich gleichen Rechtsbegehren wie schon vor dem UVEK. Das
Bundesverwaltungsgericht wies mit Urteil A-2089/2006 vom 8. März 2007
(BVGE_2008/8) den Hauptantrag der BKW ebenfalls ab. Hingegen wurde das
Eventualbegehren insofern gutgeheissen, als die Sache an das UVEK
zurückgewiesen wurde mit der Anweisung, das Gesuch um Aufhebung der Befristung
nach den Regeln der Wiedererwägung bzw. des Widerrufs zu behandeln. (...)

A.c Gegen dieses Urteil erhob das UVEK am 26. April 2007 Beschwerde beim
Bundesgericht; im Wesentlichen mit dem Begehren, es sei im betreffenden Fall
ein Verfahren nach Art. 61 KEG bzw. ein förmliches Bewilligungsverfahren (nach
Art. 65 KEG) durchzuführen. Das Bundesgericht wies die Beschwerde mit Urteil
2C_170/2007 vom 21. Januar 2008 ab und bestätigte den Standpunkt des
Bundesverwaltungsgerichts, dass die BKW Anspruch auf Prüfung ihres Gesuchs nach
den Regeln über die Wiedererwägung oder den Widerruf von Verfügungen habe.
(...)

A.d In der Folge nahm das UVEK das entsprechende Gesuch der BKW an die Hand,
publizierte es in den amtlichen Publikationsorganen der betroffenen Kantone und
Gemeinden sowie im Bundesblatt und legte die Gesuchsunterlagen vom 13. Juni bis
zum 14. Juli
BGE 139 II 185 S. 188
2008 öffentlich auf. Während der Auflagefrist gingen rund 1'900 Einsprachen
ein, darunter mit Datum vom 14. Juli 2008 diejenige von X. und zahlreichen
Mitbeteiligten (...). Diese verlangten - wie die meisten Einsprechenden -, auf
das Gesuch vom 25. Januar 2005 sei nicht einzutreten, eventualiter sei es
abzuweisen, wobei zur Begründung in erster Linie sicherheitstechnische Aspekte
vorgebracht wurden. Im Verfahren vor dem UVEK reichte das Eidgenössische
Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) am 10. Februar 2009 eine Stellungnahme ein
(...). Diese sowie die Stellungnahme der BKW vom 13. Februar 2009 zu den
Einsprachen konnten durch die Einsprecher eingesehen werden mit der Möglichkeit
zur anschliessenden Stellungnahme. Davon machten rund 350 Einsprecher Gebrauch.
Das ENSI reichte am 24. Oktober 2009 eine ergänzende Stellungnahme ein (...).

A.e Mit Verfügung vom 17. Dezember 2009 hob das UVEK in Gutheissung des Gesuchs
der BKW vom 25. Januar 2005 die Befristung der Betriebsbewilligung für das KKW
Mühleberg vom 14. Dezember 1992 bzw. vom 28. Oktober 1998 auf und wies alle
dagegen gerichteten Einsprachen ab.

B.

B.a X. und ca. hundert Mitbeteiligte (...) erhoben dagegen am 1. Februar 2010
Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (Verfahren A-667/2010). Am 12.
Februar 2010 erhoben Y. und 5 Mitbeteiligte (...) eine gleichlautende
Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (Verfahren A-863/2010). Dieses
vereinigte die beiden Verfahren unter der Nummer A-667/2010. Die identischen
Rechtsbegehren der Beschwerdeführenden lauteten primär auf Aufhebung der
angefochtenen Verfügung und Rückweisung an die Vorinstanz zur Feststellung der
Einspracheberechtigung der Beschwerdeführenden sowie zur Gewährung der
Akteneinsicht und Einräumung des Rechts zur Stellungnahme mit Bezug auf
aufgelistete - vom UVEK angeblich vorenthaltene - Aktenstücke. (...)
(...)

B.c Mit Urteil vom 1. März 2012 erkannte das Bundesverwaltungsgericht:
"1. Die Beschwerden werden im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen,
soweit darauf eingetreten wird.
2. Die bisherige Befristung wird aufgehoben.
3. Die Betriebsbewilligung wird bis zum 28. Juni 2013 befristet.
BGE 139 II 185 S. 189
4. Zusammen mit einem allfälligen neuen Verlängerungsgesuch für die
Betriebsbewilligung hat die Beschwerdegegnerin dem UVEK ein umfassendes
Instandhaltungskonzept einzureichen.
[5.-8. Kosten/Eröffnung]."

C.

C.a Die BKW erhob dagegen am 20. April 2012 Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht (Verfahren 2C_347/
2012) mit dem Antrag, die Ziff. 1, 3, 4, 5, 6 und 7 des angefochtenen Urteils
seien aufzuheben. Eventuell seien die Ziff. 1, 3, 4, 5, 6 und 7 des
angefochtenen Urteils aufzuheben und die Betriebsbewilligung des KKW Mühleberg
sei bis zum 31. Dezember 2022 zu befristen. Zudem beantragt sie Erteilung der
aufschiebenden Wirkung.

C.b Am 23. April 2012 erhob sodann das UVEK Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Verfahren 2C_357/2012) mit dem Antrag,
die Ziff. 1, 3 und 4 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts seien
aufzuheben. (...)

D. Das Bundesgericht hat die Angelegenheit am 28. März 2013 öffentlich beraten;
es heisst die Beschwerden gut.
(Auszug)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

4. Rechtliche Ausgangslage

4.1 Für das KKW Mühleberg waren die früheren Betriebsbewilligungen gestützt auf
das damals geltende Bundesgesetz vom 23. Dezember 1959 über die friedliche
Verwendung der Atomenergie und den Strahlenschutz (AtG; AS 1960 541) erteilt
worden. Nach dessen Art. 4 Abs. 1 lit. a bedurfte u.a. der Betrieb einer
Atomanlage einer Betriebsbewilligung. Nach Art. 5 Abs. 1 AtG war die
Bewilligung zu verweigern oder von der Erfüllung geeigneter Bedingungen oder
Auflagen abhängig zu machen, wenn dies notwendig war zur Wahrung der äusseren
Sicherheit der Schweiz, zur Einhaltung der von ihr übernommenen
völkerrechtlichen Verpflichtungen oder zum Schutz von Menschen, fremden Sachen
oder wichtigen Rechtsgütern. Die Möglichkeit einer Befristung war im Gesetz
nicht ausdrücklich genannt. Die Betriebsbewilligung für das KKW Mühleberg war
jedoch jeweils befristet worden, zuletzt am 28. Oktober 1998 bis zum 31.
Dezember 2012. Die Frage, ob diese Befristung wiedererwägungs- bzw.
widerrufsweise aufzuheben oder zu verlängern ist, beurteilt sich gemäss Urteil
2C_170/2007 vom 21. Januar
BGE 139 II 185 S. 190
2008 (E. 3.2 und 3.3) nach dem am 1. Februar 2005 in Kraft getretenen
Kernenergiegesetz.

4.2 Wer eine Kernanlage betreiben will, braucht eine Betriebsbewilligung des
Departements (Art. 19 KEG). Die Betriebsbewilligung wird nach Art. 20 Abs. 1
KEG erteilt, wenn der Gesuchsteller Eigentümer der Kernanlage ist (lit. a), die
Bestimmungen der Rahmen- und der Baubewilligung eingehalten sind (lit. b), der
Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet wird (lit. c), die Anlage und der
vorgesehene Betrieb den Anforderungen der nuklearen Sicherheit und Sicherung
entsprechen (lit. d), die Anforderungen an Personal und Organisation erfüllt
werden können (lit. e), qualitätssichernde Massnahmen für sämtliche im Betrieb
ausgeübten Tätigkeiten (lit. f) und die Notfallschutzmassnahmen vorbereitet
sind (lit. g) sowie der vorgeschriebene Versicherungsschutz nach dem
Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 18. März 1983 (SR 732.44) besteht (lit. h).
Die Betriebsbewilligung legt gemäss Art. 21 Abs. 1 KEG fest: den
Bewilligungsinhaber (lit. a), die zulässige Reaktorleistung oder Kapazität der
Anlage (lit. b), die Limiten für die Abgabe von radioaktiven Stoffen an die
Umwelt (lit. c), die Massnahmen zur Überwachung der Umgebung (lit. d), die
Sicherheits-, Sicherungs- und Notfallschutzmassnahmen, die der
Bewilligungsinhaber während des Betriebs zu treffen hat (lit. e), und die
Stufen der Inbetriebnahme, deren Beginn einer vorgängigen Freigabe durch die
Aufsichtsbehörden bedarf (lit. f). Die Betriebsbewilligung ist eine reine
Polizeibewilligung; es besteht Anspruch auf Erteilung, wenn die Voraussetzungen
erfüllt sind (Botschaft vom 28. Februar 2001 zu den Volksinitiativen
"MoratoriumPlus" und "Strom ohne Atom" sowie zu einem Kernenergiegesetz [im
Folgenden: Botschaft KEG], BBl 2001 2665, 2769; RICCARDO JAGMETTI,
Energierecht, SBVR Bd. VII, 2005, S. 603 Rz. 5414, S. 635 Rz. 5467; WEBER/
KRATZ, Elektrizitätswirtschaftsrecht, 2005, S. 182 f.; JOHANNES REICH,
Energierecht, [Bemerkungen zum hier angefochtenen Urteil], ZBl 2012 S. 366 ff.,
369; so bereits die Bewilligungen nach AtG, vgl. Urteil 2A.297/1990 vom 4.
November 1994 E. 2a).

4.3 Die Betriebsbewilligung kann befristet werden (Art. 21 Abs. 2 KEG). Das
Gesetz nennt keine ausdrücklichen Voraussetzungen, unter denen eine Befristung
der Bewilligung zulässig ist. Aus der polizeilichen Natur der
Betriebsbewilligung ergibt sich, dass diese Befristung keine generelle
Begrenzung der Lebensdauer darstellt, sondern nur aus polizeilichen Gründen
zulässig ist (Botschaft KEG, BBl 2001 2770; AB 2002 N 1111 [Sommaruga]). Der
Gesetzgeber
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hat es bewusst abgelehnt, von Gesetzes wegen die Bewilligungen zu befristen
(BBl 2001 2739 f., 2770; AB 2001 S 1019 f.). Wenn die Voraussetzungen erfüllt
sind, wird die Betriebsbewilligung grundsätzlich unbefristet erteilt; eine
Befristung kommt in Betracht für Situationen, in denen bestimmte Fragen
offenbleiben, die für den Betrieb nicht von elementarer Bedeutung sind, aber
abgeklärt werden müssen. In diesem Fall wäre die Nichterteilung der
Betriebsbewilligung unverhältnismässig und eine Befristung, verbunden mit der
Auflage, das Erforderliche zu tun, genügt für den Zweck, die vollumfängliche
Einhaltung der Voraussetzungen für die Erteilung der Betriebsbewilligung zu
erwirken (BBl 2001 2770 f.; AB 2001 S 1019 f. [Kommissionssprecherin
Forster-Vanini, Bundesrat Leuenberger]).

4.4 Während des Betriebs ist der Bewilligungsinhaber für die Sicherheit der
Anlage verantwortlich (Art. 22 Abs. 1 KEG). Er muss namentlich Massnahmen
treffen, um die Anlage in einem guten Zustand zu erhalten, Nachprüfungen sowie
systematische Sicherheits- und Sicherungsbewertungen während der ganzen
Lebensdauer der Anlage durchführen, für ein Kernkraftwerk periodisch eine
umfassende Sicherheitsüberprüfung vornehmen, den Aufsichtsbehörden periodisch
über den Zustand und den Betrieb der Anlage berichten und ihnen Ereignisse
unverzüglich melden und die Anlage so weit nachrüsten, als dies nach der
Erfahrung und dem Stand der Nachrüstungstechnik notwendig ist, und darüber
hinaus, soweit dies zu einer weiteren Verminderung der Gefährdung beiträgt und
angemessen ist (Art. 22 Abs. 2 lit. c-g KEG). Die Aufsichtsbehörde - d.h. in
erster Linie das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI; Art. 70
Abs. 1 lit. a KEG; Art. 2 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 2007 über das
Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat [ENSIG; SR 732.2]) - wacht
darüber, dass die Bewilligungsinhaber ihre Pflichten einhalten (Art. 72 Abs. 1
KEG); sie ordnet alle zur Einhaltung der nuklearen Sicherheit und Sicherung
notwendigen und verhältnismässigen Massnahmen an (Art. 72 Abs. 2 KEG). Droht
eine unmittelbare Gefahr, so kann sie umgehend Massnahmen anordnen, die von der
erteilten Bewilligung abweichen (Art. 72 Abs. 3 KEG). Die Bewilligungsbehörde
entzieht nach Art. 67 Abs. 1 KEG die Bewilligung, wenn die Voraussetzungen für
die Erteilung nicht oder nicht mehr erfüllt sind (lit. a) oder der
Bewilligungsinhaber eine Auflage oder eine verfügte Massnahme trotz Mahnung
nicht erfüllt (lit. b).
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5. Beurteilung durch die Vorinstanz

5.1 Die Vorinstanz erkannte (angefochtenes Urteil Sachverhalt lit. G.c, E. 4
und Dispositiv Ziff. 2), das UVEK habe zu Recht die frühere, politisch
motivierte Befristung aufgehoben, da das KEG eine Befristung nur aus
polizeilichen Gründen zulasse. In der Tat ergibt sich aus dem Entscheid des
Bundesrates vom 28. Oktober 1998, dass nach der Beurteilung durch die
Fachbehörden die früher noch offenen Fragen beantwortet und die Sicherheit des
KKW Mühleberg gewährleistet seien und kein Grund mehr für eine Befristung
bestehe; der Bundesrat befristete die Bewilligung aber weiterhin, um der in
einer kantonalen Konsultativabstimmung geäusserten negativen Stellungnahme
Rechnung zu tragen, somit aus rein politischen und (jedenfalls heute) rechtlich
nicht zulässigen Gründen. Insoweit ist der vorinstanzliche Entscheid nicht
angefochten. Damit steht fest, dass die bisher geltende Befristung auf den 31.
Dezember 2012 nicht mehr gilt; die Anlage kann unbefristet betrieben werden,
wenn nicht mit anderer Begründung eine neue Befristung festgelegt wird.

5.2 Die Vorinstanz legte sodann mit polizeilicher Begründung eine neue
Befristung auf den 28. Juni 2013 fest (E. 5 und Dispositiv Ziff. 3).

5.2.1 Zur Begründung erwog sie zunächst, der Wortlaut des Gesetzes kläre das
Verhältnis zwischen Bewilligungserteilung und Aufsicht nicht; aus der
Systematik des Gesetzes ergebe sich, dass das UVEK im Zeitpunkt der
Bewilligungserteilung die Verantwortung für die Einhaltung der Anforderungen
trage; erst in der folgenden Betriebsphase gewährleiste das ENSI durch seine
laufende Aufsicht die Sicherheit; diese laufende Aufsicht dürfe aber nicht dazu
führen, dass die Bewilligungsbehörde ihre Aufgabe weniger umfassend wahrnehme,
als das KEG vorsehe; das gelte auch bei einer Anpassung der Bewilligung an das
neue Recht; es seien die im Zeitpunkt der Anpassung bekannten offenen Aspekte
zu berücksichtigen; es würde der Aufgabenteilung zwischen Bewilligungsbehörde
und laufender Aufsicht widersprechen, wenn mit Hinweis auf die laufende
Aufsicht auf eine Befristung der Bewilligung verzichtet würde, obwohl eine
solche sich aus polizeilichen Gründen aufdränge. Dies ergebe sich auch aus der
Rechtsweggarantie (Art. 29a BV), weil im Verfahren der Anpassung der
Betriebsbewilligung die Mitwirkungsrechte Dritter in einem formalisierten
Verfahren gewährleistet seien, während es bei der laufenden Aufsicht für Dritte
umständlich sei, auf prozessrechtlichem Weg auf die Handhabung von
Sicherheitsfragen einzuwirken (E. 5.2.2). Das UVEK habe zwar
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Sicherheitsaspekte aufgegriffen, aber nicht im Einzelnen geprüft, ob die
Voraussetzungen für eine Befristung aus Sicherheitsgründen erfüllt seien,
sondern bezüglich der offenen Sicherheitsfragen auf die laufende Kontrolle
durch das ENSI verwiesen; das genüge nicht, sondern das UVEK hätte die erneute
Befristung selbständig prüfen müssen. Zwar dürfe es sich auf die Aufbereitung
von sich stellenden Fragen durch die Aufsichtsbehörde stützen; doch komme das
UVEK, das mit dem Bundesamt für Energie (BFE) ebenfalls über eine Fachbehörde
mit technischem Spezialwissen verfüge, nicht umhin, sich kritisch und
eigenständig mit den aufgeworfenen Fragen auseinanderzusetzen. Es genüge nicht,
lediglich auf die laufende Aufsicht zu verweisen, weshalb sich die Beschwerden
als begründet erwiesen und gutzuheissen seien (E. 5.2.3).

5.2.2 Sodann prüfte die Vorinstanz selber, ob die Betriebsbewilligung zu
befristen sei (E. 5.3): Sie erwog, das UVEK und das ENSI gingen davon aus, dass
das KKW Mühleberg für den aktuellen Betrieb hinreichend sicher sei. Es sei aber
unbestritten, dass es erhebliche offene sicherheitsrelevante Fragen gebe; im
Wesentlichen seien drei Hauptprobleme auszumachen (E. 5.3.1):

5.2.2.1 Der Kernmantel weise Risse auf, die mit Zugankern gesichert worden
seien. Gemäss dem im Auftrag der Hauptabteilung für die Sicherheit der
Kernanlagen (HSK) erstellten Gutachten der TÜVNORD EnSys GmbH vom Dezember 2006
könne der Erhalt der Integrität der Zugankerkonstruktion im Betrieb und bei
Störfällen nicht uneingeschränkt vorausgesetzt werden und das Versagen eines
oder mehrerer der Zuganker sei nicht auszuschliessen. Es bestünden somit
erhebliche Zweifel an der Sicherheit des heutigen Zustandes des Kernmantels
bzw. dessen Sicherung und diese Mängel liessen sich nicht ohne grösseren
Aufwand beheben (E. 5.3.1.1).

5.2.2.2 Bedeutsam sei sodann die Erdbebensicherheit, vor allem bezüglich des
Risikos eines Bruchs der Wohlenseestaumauer und einer dadurch ausgelösten
Flutwelle. Aus einem von den Beschwerdeführern eingereichten Bericht ergebe
sich, dass die Staumauer einem anzunehmenden 10'000-jährlichen Erdbeben nur mit
einer Wahrscheinlichkeit von 1:15 standhalte. Die HSK habe 2007 eine
Überarbeitung der probabilistischen Sicherheitsanalyse unter Berücksichtigung
neuester erdwissenschaftlicher Erkenntnisse gefordert. Seit den Ereignissen in
Fukushima habe das Thema Erdbebensicherheit wieder an Bedeutung gewonnen. Das
ENSI habe die BKW aufgefordert, verschiedene Nachweise zur Erdbebensicherheit
einzureichen. Gemäss Homepage des ENSI vom 1. Februar 2012 habe die
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BKW die geforderten Nachweise eingereicht; das ENSI werde dazu bis Mitte 2012
Stellung nehmen. Aus diesen Darlegungen ergebe sich, dass auch bedeutsame
sicherheitsrelevante Fragen bezüglich der Erdbebensicherheit noch offen seien;
es sei offenbar nicht bekannt, in welchem Umfang allenfalls erforderliche
Nachrüstungen nötig seien (E. 5.3.1.2).

5.2.2.3 Weiter bestehe gemäss Beurteilung durch das ENSI keine alternative
Kühlmöglichkeit, falls die Kühlung durch die Aare versage; die
Brennelementbeckenkühlung sei nicht genügend vor Erdbeben und Überflutung
geschützt. Ausserdem seien die Notfallmassnahmen zur Wiederherstellung der
Kühlung nach Erdbeben oder Überflutung unvollständig. Zurzeit sei somit die
Kühlung des KKW Mühleberg ungenügend abgesichert (E. 5.3.1.3).

5.2.3 Die Vorinstanz folgerte, es seien bedeutsame Sicherheitsaspekte nicht
geklärt, die einen Weiterbetrieb des KKW Mühleberg in Frage stellten. Diese
offenen Sicherheitsaspekte seien entgegen der Auffassung des ENSI und des UVEK
zu gewichtig, als dass ihre Behebung bloss durch die laufende Aufsicht
gesichert werden könne. Sie stellten vielmehr polizeiliche Gründe für eine
Befristung der Bewilligung dar (E. 5.3.2). Es könne offenbleiben, ob die Mängel
überhaupt behoben werden könnten, ohne dass dies faktisch zum Neubau eines KKW
am gleichen Ort führen würde. Es könne jedenfalls davon ausgegangen werden,
dass für die Behebung der genannten Mängel grosse Investitionen erforderlich
seien, die nur bei erheblicher Verlängerung der Laufzeit wirtschaftlich sein
dürften. Im Interesse der Rechts- und Investitionssicherheit sowie um eine
gesamthafte Beurteilung der Situation überhaupt erst zu ermöglichen, sei ein
umfassendes Instandhaltungskonzept erforderlich, das eine gesamthafte
Beurteilung zulasse. Es gehe nicht an, ein KKW, das bereits so lange in Betrieb
sei, auf Zusehen weiter zu betreiben und hierbei allein auf die laufende
Aufsicht zu vertrauen. Die bisherige schrittweise Nachrüstung der Anlage ohne
Gesamtkonzept sei weder bezüglich der Rechtssicherheit noch der
Wirtschaftlichkeit noch der Gewährleistung der Sicherheit befriedigend. Die
heute bekannten offenen bedeutsamen sicherheitsrelevanten Aspekte
rechtfertigten eine erneute Befristung der Betriebsbewilligung gestützt auf
Art. 21 Abs. 2 KEG bis zum 28. Juni 2013. Wenn die Betreiberin das KKW
Mühleberg über diesen Zeitpunkt hinaus betreiben möchte, so müsste sie dem UVEK
frühzeitig ein Verlängerungsgesuch für die Betriebsbewilligung einreichen,
welches ein umfassendes Instandhaltungskonzept enthalte. Darin hätte sie
darzulegen, welche
BGE 139 II 185 S. 195
Massnahmen sie in welchem Zeitraum ergreifen möchte, damit die heute bekannten
und allenfalls neu auftretenden Mängel behoben werden und der Betrieb auch
längerfristig den Sicherheitsanforderungen genüge, welche Kosten damit
verbunden wären und für welchen Zeitraum sie den Weiterbetrieb des KKW
Mühleberg beantrage. Sollte sie kein Verlängerungsgesuch mit einem umfassenden
Instandhaltungskonzept einreichen, erlösche die Betriebsbewilligung am 28. Juni
2013. Falls sie ein Instandhaltungskonzept einreiche, werde das UVEK als
verantwortliche Behörde dieses zu prüfen und mittels anfechtbarer Verfügung
über die Frage zu befinden haben, ob für das KKW Mühleberg eine unbefristete
oder erneut eine befristete Betriebsbewilligung erteilt werden könne oder ob es
stillzulegen sei (E. 5.3.3).

6. Rügen der Beschwerdeführer
Die BKW rügt, die Vorinstanz habe in bundesrechtswidriger Weise den
Streitgegenstand ausgedehnt: Streitgegenstand sei nur die ursprüngliche,
politisch motivierte Befristung auf Ende 2012 gewesen. Indem die Vorinstanz
einerseits diese Befristung aufgehoben, andererseits aber neu und erstmals eine
sicherheitspolizeilich motivierte Befristung verfügt habe, habe sie den
Gegenstand über das Anfechtungsobjekt hinaus ausgedehnt. Zudem sei es in sich
widersprüchlich und damit willkürlich, einerseits die Befristung aufzuheben und
eine neue Befristung festzulegen; das stelle im Ergebnis eine
Stilllegungsverfügung dar. Mit der Anordnung, ein umfassendes
Instandhaltungskonzept vorzulegen, vermische die Vorinstanz das Verhältnis von
Bewilligungs- und Aufsichtsverfahren und die gesetzlichen Zuständigkeiten von
Bewilligungs- und Aufsichtsbehörde: Nach der gesetzlichen Regelung sei es nicht
Sache der Bewilligungs-, sondern der Aufsichtsbehörde, nach erteilter
Betriebsbewilligung auf diese zurückzukommen und sie nachträglich aus
polizeilichen Gründen zu befristen; diese neue Befristung sei eine typisch
aufsichtsrechtliche Anordnung, die ausserhalb eines förmlichen
Entzugsverfahrens (Art. 67 KEG) in der Zuständigkeit des ENSI stehe. Das UVEK
sei dazu weder gesetzlich zuständig noch fachlich kompetent. Auch die
Vorinstanz habe ihre Zuständigkeit überschritten, indem sie selber eine neue
polizeiliche Befristung angeordnet habe.
Das UVEK ist ebenfalls der Auffassung, die vorinstanzliche Betrachtung verletze
die gesetzliche Aufgabenteilung zwischen Bewilligungs- und Aufsichtsbehörde;
es, das UVEK, sei für eine
BGE 139 II 185 S. 196
umfassende eigene Prüfung sicherheitstechnischer Fragen, wie die Vorinstanz sie
verlange, personell und fachlich nicht gerüstet.
Sowohl BKW wie UVEK rügen sodann auch in materieller Hinsicht eine unrichtige
Anwendung von Art. 21 Abs. 2 KEG durch die Vorinstanz, indem diese aufgrund
angeblich offener Sicherheitsfragen die Bewilligung befriste. In diesem
Zusammenhang rügen sie offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellungen
durch die Vorinstanz. Die BKW rügt zudem eine Verletzung ihrer
Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) und der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV), des
Verhältnismässigkeitsprinzips (Art. 5 Abs. 2 und 36 Abs. 3 BV), der
Rechtsgleichheit (Art. 8 BV), der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen (Art. 27
BV) sowie des Willkürverbots und des Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 9
BV). Ferner rügen BKW und UVEK eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, indem
die Vorinstanz ohne vorherige Anhörung zu diesem Punkt und ohne zulängliche
Begründung die Bewilligung auf den 28. Juni 2013 befristet habe und indem sie
sich nicht mit der sicherheitstechnischen Beurteilung durch UVEK und ENSI
auseinandergesetzt habe.
(...)

9. Zuständigkeiten von Bewilligungs-, Aufsichts- und Rechtsmittelbehörden

9.1 Da die bisherige Betriebsbewilligung befristet war und diese Befristung
nach den Vorgaben im Urteil 2C_170/2007 vom 21. Januar 2008 auf dem Wege der
Wiedererwägung oder des Widerrufs, aber nach den Kriterien des neuen KEG, neu
zu beurteilen ist (vgl. oben E. 4.1), hatten die Vorinstanzen zu prüfen, ob die
gesetzlichen Voraussetzungen für einen nunmehr unbefristeten Betrieb erfüllt
sind. Wenn das Gesetz als Voraussetzung für die Erteilung der
Betriebsbewilligung u.a. verlangt, dass die Anlage und der vorgesehene Betrieb
den Anforderungen der nuklearen Sicherheit und Sicherung entsprechen müssen
(Art. 20 Abs. 1 lit. d KEG), dann folgt daraus zwangsläufig, dass diese Fragen
im Rahmen des Bewilligungsverfahrens durch die dafür zuständige
Bewilligungsbehörde, d.h. das UVEK (Art. 19 KEG), zu prüfen sind (ebenso REICH,
a.a.O., S. 368 f.). Entgegen der Auffassung der BKW ist auch im Rahmen einer
wiedererwägungs- oder widerrufsweisen Neuüberprüfung der Bewilligung eine
Befristung durch die Bewilligungsbehörde - bzw. im Rechtsmittelverfahren durch
das Gericht - nicht ausgeschlossen: Wenn Art. 21 Abs. 2 KEG der
Bewilligungsbehörde erlaubt, die Bewilligung zu befristen, muss dies unter den
Voraussetzungen einer
BGE 139 II 185 S. 197
Wiedererwägung oder eines Widerrufs auch nachträglich zulässig sein (ebenso
WEBER/KRATZ, a.a.O., S. 182), so insbesondere - analog zu einer ursprünglichen
Befristung - als mildere Massnahme gegenüber einer Verweigerung bzw. einem
Entzug der Bewilligung (Art. 67 Abs. 1 KEG), der ebenfalls in der Zuständigkeit
der Bewilligungsbehörde wäre.

9.2 Gesetzlich vorgesehen ist aber auch, dass die Prüfung der eingereichten
Projekte durch die Aufsichtsbehörden erfolgt (Art. 72 Abs. 1 KEG). Diese haben
damit die Stellung einer gesetzlich vorgesehenen Fachinstanz, von deren
Beurteilung namentlich dort, wo das Gesetz mit Rücksicht auf den technischen
oder wissenschaftlichen Charakter der Sache eine offene Normierung enthält, die
entscheidende Behörde wie auch die gerichtlichen Rechtsmittelinstanzen, auch
wenn ihnen freie Beweiswürdigung zusteht, nur aus triftigen Gründen abweichen
dürfen (vgl. zu den Gutachten der Eidg. Natur- und Heimatschutzkommission BGE
136 II 214 E. 5 S. 223; BGE 127 II 273 E. 4b S. 281; BGE 125 II 591 E. 7a S.
602; zu den Beurteilungen von Umweltverträglichkeitsberichten durch die
Umweltschutz-Fachstellen BGE 131 II 470 E. 3 S. 476 ff.; BGE 119 Ib 254 E. 8a
S. 275; zu den Stellungnahmen der Tierversuchskommission BGE 135 II 384 E.
3.4.1 S. 395; zu den Schiedskommissionen nach URG BGE 133 II 263 E. 8.2 S. 278;
zur Kommunikationskommission BGE 132 II 257 E. 3.2 und 3.3. S. 262 ff.; vgl.
BENJAMIN SCHINDLER, Verwaltungsermessen, 2010, S. 341 ff., 350 ff.). Das gilt
namentlich dann, wenn die entscheidende Behörde nicht über die erforderliche
Fachkompetenz verfügt, wie das insbesondere im Verhältnis zwischen dem UVEK als
Bewilligungsbehörde und dem ENSI zutrifft: Bis Ende 2008 war die HSK
Aufsichtsbehörde in Bezug auf die nukleare Sicherheit und den Strahlenschutz
von Kernanlagen (Art. 1 der Verordnung vom 14. März 1983 betreffend die
Aufsicht über die Kernanlagen [AS 1983 283]). Die HSK gehörte als Teil des
Bundesamtes für Energie organisatorisch zum UVEK. Mit dem Inkrafttreten des
ENSIG am 1. Januar 2009 wurden die Aufgaben der HSK auf das ENSI übertragen
(Art. 21 ENSIG; Art. 15 Abs. 2 der Verordnung vom 12. November 2008 über das
Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat [ENSIV; SR 732.21]), bzw. die
bisherige HSK (samt Personal) zum ENSI umgewandelt (YVONNE SCHEIWILLER,
Nukleare Aufsicht in der Schweiz, Sicherheit und Recht 2009 S. 125 ff.). Dies
erfolgte hauptsächlich, um die völkerrechtlich geforderte Unabhängigkeit der
Nuklearaufsicht von anderen Stellen zu gewährleisten, welche mit der Förderung
oder Nutzung der Kernenergie befasst
BGE 139 II 185 S. 198
sind (Art. 8 Abs. 2 des Übereinkommens vom 17. Juni 1994 über nukleare
Sicherheit [nachfolgend: Übereinkommen über nukleare Sicherheit; SR 0.732.020];
vgl. Botschaft vom 18. Oktober 2006 zum ENSIG [nachfolgend: Botschaft ENSIG],
BBl 2008 8831, 8832, 8834 f.; Botschaft vom 18. Oktober 1995 zum Übereinkommen
über nukleare Sicherheit [nachfolgend: Botschaft nukleare Sicherheit], BBl 1995
IV 1343, 1351 f.; REICH, a.a.O., S. 367 f.; SCHEIWILLER, a.a.O., S. 129;
SCHINDLER, a.a.O., S. 345 f.). Mit der Ausgliederung der HSK aus dem UVEK bzw.
dem Bundesamt für Energie ist die technische Fachkompetenz für Fragen der
nuklearen Sicherheit und Sicherung grundsätzlich nicht mehr im Departement,
sondern im davon unabhängigen ENSI angesiedelt. Die Aussage der Vorinstanz,
wonach das UVEK mit dem BFE ebenfalls über eine Fachbehörde mit technischem
Spezialwissen verfüge, ist deshalb offensichtlich unrichtig, wie das UVEK mit
Recht rügt. Das entbindet das UVEK als Bewilligungsbehörde zwar nicht davon,
die Beurteilung des ENSI kritisch zu überprüfen und namentlich mit den
Einwendungen von Gegenparteien zu konfrontieren; trotzdem darf und soll es auf
diese Beurteilung abstellen, solange nicht triftige Gründe dagegen sprechen.
Zur Beurteilung der Frage, ob Gründe triftig sind, muss die Bewilligungsbehörde
als verantwortliche Behörde insofern ebenfalls über ein gewisses Wissen
verfügen. Dabei wird sie allerdings von der Kommission für nukleare Sicherheit
(Art. 71 KEG) unterstützt. Nach Art. 5 der Verordnung vom 12. November 2008
über die Eidgenössische Kommission für nukleare Sicherheit (VKNS; SR 732. 16)
kann die Kommission Stellung nehmen zu Gutachten des ENSI betreffend
Betriebsbewilligung u.a. zuhanden des Departements (Art. 71 Abs. 3 KEG; Art. 5
Abs. 1 VKNS) und spricht sich insbesondere darüber aus, ob die vorgesehenen
Vorkehren zum Schutz von Mensch und Umwelt ausreichen (Art. 5 Abs. 3 VKNS). Zu
diesem Zweck kann sie von der Aufsichtsbehörde oder direkt bei den potentiellen
Bewilligungsinhabern Informationen einholen (Art. 6 VKNS). Der Bundesrat wollte
zwar mit dem Erlass des ENSIG die ehemalige Kommission für die Sicherheit von
Kernanlagen (KSA) ersatzlos streichen (vgl. Botschaft ENSIG, BBl 2006 8851;
Kommissionssprecher Schmid-Sutter, AB 2007 S 65), doch das Parlament folgte dem
Rat "nuklearenergiekritische[r] Kreise" (Kommissionssprecher Schmid-Sutter, AB
2007 S 65) und implementierte die Kommission für nukleare Sicherheit als
"Zweitmeinungsorgan", als "Second-Opinion-Organ" mit Beratungsaufgaben
(Kommissionssprecher Schmid-Sutter, AB 2007 S 65).
BGE 139 II 185 S. 199

9.3 Die genannten Grundsätze in Bezug auf die Berücksichtigung von Fachwissen
gelten auch für das Bundesverwaltungsgericht: Zwar steht ihm eine
uneingeschränkte Rechts-, Sachverhalts- und Ermessenskontrolle zu (Art. 49 VwVG
[SR 172.021]). Hat jedoch die Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts oder ein
besonderes unabhängiges Fachgremium eine besondere Fachkompetenz, die dem
Gericht selber abgeht, so kann und soll das Gericht dieses technische Ermessen
respektieren (BGE 135 II 356 E. 3.1 i.f. S. 360, BGE 135 II 384 E. 2.2.2 S.
390; BGE 133 II 35 E. 3 S. 39; BGE 130 II 449 E. 4.1 S. 451 f.; Urteil 2C_527/
2007 vom 13. Mai 2008 E. 8.3, in: sic! 2008 S. 717 ff.), jedenfalls soweit die
Fachinstanz die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte geprüft und die
erforderlichen Abklärungen sorgfältig und umfassend durchgeführt hat (BGE 138
II 77 E. 6.4 S. 89; BGE 131 II 680 E. 2.3.2 S. 683 f.). Das Gericht soll nicht
aus eigenem Gutdünken, sondern nur aus triftigen Gründen von der Beurteilung
durch die zuständige Fachbehörde abweichen. Insbesondere ist es nicht Sache der
Gerichte, Energiepolitik zu betreiben oder die Rolle von Aufsichtsbehörden zu
übernehmen; das Bundesverwaltungsgericht hat auch nicht den Massstab für
sicherheitsrelevante Bedenken selber zu definieren. Dies obliegt in erster
Linie dem Bundesrat, dem Departement und den nachgeordneten
Verwaltungsbehörden. Die Gerichte sollen zusätzliche Betriebseinschränkungen,
welche von der Fachbehörde selber nicht verlangt worden sind, nur anordnen,
wenn diese vom Bundesrecht klar verlangt werden, keine fachtechnischen
Abklärungen mehr nötig sind und kein Spielraum des (Verwaltungs-)Ermessens
besteht, sondern nur eine Lösung als möglich und rechtmässig erscheint (BGE 131
II 81 E. 6.6 i.f. S. 97; BGE 129 II 331 E. 3.2 S. 342; Urteil 8C_788/2011 vom
2. Mai 2012 E. 5.1.2).

10. Verhältnis von Bewilligungs- und Aufsichtsverfahren

10.1 Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil die Befristung massgeblich
damit begründet, es bestünden offene Sicherheitsaspekte, die nicht bloss durch
die übliche laufende Aufsicht gesichert werden könnten. Die Beschwerdeführer
rügen, die Vorinstanz habe damit die Rollenverteilung zwischen Bewilligungs-
und Aufsichtsverfahren verkannt. Es ist daher zunächst das Verhältnis zwischen
Bewilligungsverfahren und Aufsichtstätigkeit zu untersuchen.

10.1.1 Die Betriebsbewilligung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen
erfüllt sind (Art. 20 KE G; oben E. 4.2). Nach Erteilung der Bewilligung ist
der Bewilligungsinhaber für die Sicherheit der
BGE 139 II 185 S. 200
Anlage und des Betriebs verantwortlich (Art. 22 Abs. 1 KEG). Er muss u.a.
Massnahmen treffen, um die Anlage in einem guten Zustand zu erhalten (Art. 22
Abs. 2 lit. c KEG). Er muss zudem die Anlage so weit nachrüsten, als dies nach
der Erfahrung und dem Stand der Nachrüstungstechnik notwendig ist, und darüber
hinaus, soweit dies zu einer weiteren Verminderung der Gefährdung beiträgt und
angemessen ist (Art. 22 Abs. 2 lit. g KEG). Er muss zu diesem Zweck nicht nur
Nachprüfungen sowie systematische Sicherheits- und Sicherungsbewertungen
während der ganzen Lebensdauer der Anlage durchführen und für ein Kernkraftwerk
periodisch eine umfassende Sicherheitsüberprüfung vornehmen (Art. 22 Abs. 2
lit. d und e KEG), sondern auch die Entwicklung von Wissenschaft und Technik
sowie die Betriebserfahrungen vergleichbarer Anlagen verfolgen (Art. 22 Abs. 2
lit. h KEG). Diese Pflichten sind bei Bedarf durch Anordnung der
Aufsichtsbehörden durchzusetzen (Art. 72 Abs. 2 KEG).

10.1.2 Der Grund für diese Regelung liegt darin, dass der Stand von
Wissenschaft und Technik einer ständigen Weiterentwicklung unterliegt. Ältere
Anlagen wurden nach dem seinerzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik
gebaut und können nicht in jedem Punkt die heutigen Anforderungen an neue
Anlagen erfüllen. Mit Nachrüstmassnahmen kann aber gewährleistet werden, dass
auch ältere Anlagen den gestellten Sicherheitsanforderungen entsprechen
(Botschaft KEG, BBl 2001 2685 f.). Ältere Anlagen müssen aber nicht immer an
den Stand der Sicherheit von Neuanlagen angepasst werden; vielmehr ist bei
einer Fortentwicklung des Standes von Wissenschaft und Technik von Fall zu Fall
zu entscheiden, ob diese sicherheitstechnisch relevant ist. Wenn ja, ist zu
prüfen, ob für bestehende Anlagen die dadurch zu ergreifenden Massnahmen unter
Wahrung der Verhältnismässigkeit zu realisieren sind oder ob durch andere
Massnahmen das übergeordnete Schutzziel ebenfalls erreicht werden kann (Art. 22
Abs. 2 lit. g KEG; Botschaft KEG, BBl 2001 2711). Ein bestehender Reaktor kann
nicht vollständig auf den Stand neuer Reaktortypen nachgerüstet werden. Die
Sicherheit eines bestehenden Kernkraftwerks muss aber in jedem Fall
entsprechend der internationalen Praxis bezüglich der Nachrüstung verbessert
werden (Botschaft KEG, BBl 2001 2771).

10.1.3 Die gesetzliche Regelung beruht somit nicht darauf, dass mit der
Betriebsbewilligung ein für alle Mal für die ganze künftige Betriebszeit alle
Sicherheitsfragen definitiv beantwortet werden, die sich im Laufe des Betriebs
stellen werden. Die
BGE 139 II 185 S. 201
Sicherheitsbeurteilung eines Kernkraftwerks ist vielmehr ein laufender Prozess:
Sowohl der Bewilligungsinhaber als auch die Aufsichtsbehörde haben ständig die
Sicherheit neu zu beurteilen, die Anlage neuen Entwicklungen anzupassen und
gegebenenfalls zusätzliche Sicherheits- oder Nachrüstmassnahmen vorzunehmen
bzw. anzuordnen. Die Sicherheit der Anlage muss nicht nur auf dem anfänglichen
Stand gehalten, sondern im Laufe der Zeit verbessert werden. Das ist
nötigenfalls durch Anordnungen der Aufsichtsbehörde durchzusetzen (Art. 72 Abs.
2 KEG). Im Rahmen ihrer Überprüfungen erstellen deshalb die Aufsichtsbehörden
jeweils Pendenzenlisten mit Punkten, welche die Bewilligungsinhaber zu prüfen
oder zu verbessern haben (SCHMOCKER/MEYER, Risikoorientierte Aufsicht in der
Kernenergie, 2000, S. 12 ff.). In diesem Sinne ist jede Sicherheitsbeurteilung,
die zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgenommen wird, zwangsläufig gewissermassen
provisorisch, beruhend auf dem aktuellen Stand des Wissens.

10.2 Diese gesetzliche Konzeption hat Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen
Betriebsbewilligungs-, Aufsichts- und Entzugsverfahren:

10.2.1 Im Bewilligungsverfahren beurteilt die Bewilligungsbehörde unter Beizug
der Fachbehörden, ob im Bewilligungszeitpunkt die Bewilligungsvoraussetzungen
erfüllt sind (E. 9.1 und 9.2), wozu auch die Aspekte der nuklearen Sicherheit
(Art. 20 Abs. 1 lit. d KEG) gehören. Ist dies der Fall, ist die
Betriebsbewilligung zu erteilen (Art. 20 KEG; oben E. 4.2), und zwar
grundsätzlich unbefristet (oben E. 4.3).

10.2.2 Durch die laufende Aufsicht ist zu gewährleisten, dass die Sicherheit
während der ganzen Laufzeit gewährleistet bleibt und gegebenenfalls durch
nachträgliche Nachrüstungen verbessert wird. Die laufende Aufsicht ist das
gesetzlich vorgesehene Instrument, um nach der Bewilligungserteilung die
Sicherheit fortdauernd zu gewährleisten bzw. zu verbessern. Die
Bewilligungsbehörde kann sich nicht mit Hinweis auf die spätere Aufsicht davon
dispensieren, die Voraussetzungen im Bewilligungszeitpunkt zu überprüfen; sie
kann aber ergänzend zu ihrer Überprüfung grundsätzlich davon ausgehen, dass die
Aufsichtsbehörde während des nachfolgenden Betriebs ihre Aufgabe wahrnehmen
wird. Dass nach der Bewilligungserteilung ständig neue Fragen gestellt, laufend
die Sicherheit überprüft und gegebenenfalls Nachrüstungen vorgenommen bzw.
angeordnet werden und demzufolge die Sicherheit im Laufe der Zeit
BGE 139 II 185 S. 202
voraussichtlich verbessert wird, ist der gesetzliche Normalfall; dies kann
nicht dazu führen, dass im Zeitpunkt des Bewilligungsverfahrens die Bewilligung
verweigert wird mit der Begründung, die Anlage entspreche heute noch nicht dem
Stand, der voraussichtlich in Zukunft verlangt werden wird. Ebenso wenig kann
rückblickend aus dem Umstand, dass im Laufe der Zeit die Sicherheit der Anlage
verbessert wurde oder die Aufsichtsbehörde nachträglich zusätzliche Prüfungen
oder Massnahmen angeordnet hat, gefolgert werden, dass die Anlage im
Bewilligungszeitpunkt die Anforderungen nicht erfüllt habe und seinerzeit gar
nicht hätte bewilligt werden dürfen.

10.2.3 Die Bewilligung ist nach Art. 67 Abs. 1 KEG zu entziehen, wenn die
Voraussetzungen für die Erteilung nicht oder nicht mehr erfüllt sind (lit. a)
oder wenn der Bewilligungsinhaber eine Auflage oder eine verfügte Massnahme
trotz Mahnung nicht erfüllt (lit. b). Die erste Tatbestandsvariante
(Voraussetzungen nicht oder nicht mehr erfüllt) ist zugeschnitten auf die
klassischen Fälle, wonach eine Dauerbewilligung entzogen wird, wenn die
Voraussetzungen, die bei ihrer Erteilung erfüllt waren, nicht mehr gegeben sind
(MOOR/POLTIER, Droit administratif, Bd. II, 3. Aufl. 2011, S. 386 f.; TSCHANNEN
/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 293 f.;
THIERRY TANQUEREL, Manuel de droit administratif, 2011, S. 324 Rz. 950). In
Bezug auf die Voraussetzungen der nuklearen Sicherheit (Art. 20 Abs. 1 lit. d
KEG) bedeutet das, dass sich der Anlagezustand gegenüber dem Anfangszustand
sicherheitsmässig verschlechtert hat. Gemäss den Grundsätzen des allgemeinen
Verwaltungsrechts kann eine Dauerverfügung unter bestimmten Voraussetzungen
auch an nachträgliche Änderungen der Rechtslage oder allenfalls der Praxis
angepasst bzw. nötigenfalls widerrufen werden (BGE 135 V 201 E. 6.1 und 6.2 S.
205 ff.; BGE 127 II 306 E. 7a S. 313 f.; BGE 106 Ib 252 E. 2 S. 254 ff.; MOOR/
POLTIER, a.a.O., S. 386; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht,
6. Aufl. 2010, S. 221 f.). So kann unter Umständen auch eine Anpassung einer
Anlage an einen nachträglich erhöhten Sicherheitsstand verlangt werden
(TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 294; vgl. Urteil 1C_43/2007 vom 9. April
2008 E. 5.3 und 5.4, nicht publ. in: BGE 134 II 142 aber in: URP 2008 S. 576
ff., BGE 134 II 587 f.; vgl. zur Medikamentensicherheit Urteil 2A.287/2006 vom
22. Dezember 2006 E. 3.3.3). Dabei ist aber nicht sofort die Bewilligung zu
entziehen, sondern es ist dem Inhaber - vorbehalten Fälle unmittelbarer Gefahr
(Art. 72 Abs. 3 KEG) - zunächst in verhältnismässiger Weise (Art. 5 Abs. 2
BGE 139 II 185 S. 203
bzw. Art. 36 Abs. 3 BV) Gelegenheit zu geben, eine erneute Prüfung vorzunehmen
oder die Anlage an die geänderten Vorschriften anzupassen (vgl. Urteile 1C_43/
2007 vom 9. April 2008 E. 5.5 und 5.6, nicht publiziert in BGE 134 II 142 aber
in: URP 2008, S. 576 ff., 588 f.; 2A.287/2006 vom 22. Dezember 2006 E. 3.3.6
f.); die Bewilligung kann erst widerrufen werden, wenn dies nicht erfolgt ist
(Urteil 2A.287/2006 vom 22. Dezember 2006 E. 3.6). Diesem Zweck dient in der
spezialgesetzlichen Regelung des KEG das dargelegte Institut der Nachrüstung,
die durch die Aufsichtsbehörde durchzusetzen ist. Dies erlaubt, die Sicherheit
der Anlage auch an nachträglich erhöhte Anforderungen anzupassen, ohne die
Bewilligung zu entziehen (vgl. oben E. 10.2.2). Der Umstand, dass sich der
Stand von Wissenschaft und Technik gewandelt hat und aktuell höhere
Anforderungen gestellt werden als im Zeitpunkt der Bewilligungserteilung, führt
grundsätzlich nicht dazu, dass die Bewilligung sofort entzogen wird; in aller
Regel ist dem Betreiber zuerst Frist zu setzen, um die Anlage nachzurüsten.
Erst wenn behördlich angeordnete Nachrüstmassnahmen nicht erfüllt werden, ist
die Bewilligung gemäss Art. 67 Abs. 1 lit. b KEG nach erfolgter Mahnung zu
entziehen.

10.2.4 Auch in Bezug auf Zuständigkeit und Verfahren ist das Verhältnis
zwischen der Bewilligungs- und der Aufsichtsbehörde gesetzlich geregelt: Für
Erteilung und Entzug der Bewilligung ist die Bewilligungsbehörde zuständig, für
aufsichtsrechtliche Anordnungen die Aufsichtsbehörde, und zwar grundsätzlich
auch für die Anordnung, bestimmte Nachrüstungsmassnahmen vorzunehmen (vgl. oben
E. 10.1.3 und 10.2.2). Weicht allerdings die Änderung oder Anpassung, welche
die Aufsichtsbehörde als notwendig erachtet, wesentlich von der
Betriebsbewilligung (d.h. von dem nach Art. 21 KEG in der Betriebsbewilligung
festzulegenden Inhalt) ab, so ist eine Änderung dieser Bewilligung erforderlich
(Art. 65 Abs. 2 KEG), wofür das gleiche Verfahren gilt wie für deren Erteilung;
es ist also eine öffentliche Auflage des Gesuchs mit Einsprachemöglichkeit und
eine Anhörung der betroffenen Kantone vorzunehmen (Art. 49 ff. i.V.m. Art. 61
KEG). Für Änderungen, die nicht wesentlich von der Bewilligung abweichen, aber
einen Einfluss auf die nukleare Sicherheit haben können, braucht der Inhaber
eine Freigabe durch die Aufsichtsbehörde (Art. 65 Abs. 3 KEG; Art. 40 Abs. 1
der Kernenergieverordnung vom 10. Dezember 2004 [KEV; SR 732.11]; Urteil 2C_170
/2007 vom 21. Januar 2008 E. 2.2), wofür das Verfahren nach Art. 64 KEG
anwendbar ist.
BGE 139 II 185 S. 204

10.3 Aus dieser gesetzlichen Regelung ergeben sich Folgerungen für die Frage,
unter welchen Voraussetzungen eine Betriebsbewilligung nach Art. 21 Abs. 2 KEG
befristet werden kann. Eine Befristung führt dazu, dass nach Ablauf der Frist
der Betrieb eingestellt werden muss, und rechtfertigt sich deshalb nur aus den
gleichen Gründen, die im Zeitpunkt des Fristablaufs auch zu einer
Bewilligungsverweigerung oder einem Entzug führen könnten. Eine Bewilligung ist
dann zu befristen, wenn zwar im Zeitpunkt der Erteilung die Voraussetzungen
erfüllt sind, aber aktuell schon absehbar ist, dass sie nach einiger Zeit
möglicherweise nicht mehr erfüllt sein werden und ihre Aufrechterhaltung auch
mit den Mitteln der laufenden Aufsicht nicht sichergestellt werden kann. Zu
denken ist insbesondere an Fälle, in denen das Langzeitverhalten wesentlicher
Anlagekomponenten, deren Änderung einer Betriebsbewilligung bedarf (Art. 65
Abs. 2 KEG), nicht bekannt ist. Hier kann die Bewilligung befristet werden: Um
eine Verlängerung der Frist zu erreichen, muss der Anlageinhaber entweder das
sichere Langzeitverhalten nachweisen oder ein Gesuch für die Bewilligung einer
anderen Komponente einreichen. Hingegen kann daraus, dass der
Bewilligungsinhaber und die Aufsichtsbehörden in Befolgung ihrer gesetzlichen
Pflichten laufend die Sicherheit der Anlage überprüfen und neue Fragen
aufwerfen, nicht geschlossen werden, dass die Bewilligung nur befristet erteilt
werden kann, bis alle zukünftigen offenen Fragen bereinigt sind. Da diese im
Zeitpunkt der Bewilligungserteilung nie definitiv bereinigt sein werden (vgl.
oben E. 10.1.3), hätte eine solche Betrachtung zur Konsequenz, dass entgegen
dem gesetzlichen Grundsatz (oben E. 4.3) nie eine unbefristete Bewilligung
möglich wäre. Ebenso wenig kann der Umstand, dass infolge der gesetzlichen
Nachrüstungspflicht (oben E. 10.1.1 und 10.1.2) die Sicherheit der Anlage in
Zukunft voraussichtlich besser sein wird als im Bewilligungszeitpunkt, für sich
allein eine Befristung nicht rechtfertigen. Denn diese Nachrüstung kann durch
die laufende Aufsicht sichergestellt werden (oben E. 10.1.3 und 10.2.2),
jedenfalls solange die möglicherweise notwendig werdenden Nachrüstmassnahmen
bloss der Freigabe- und nicht der Bewilligungspflicht unterliegen (oben E.
10.2.4).
An der Sache vorbei geht die Auffassung der Beschwerdegegner,
aufsichtsrechtliche Massnahmen seien kein adäquater Ersatz für die Befristung
der Bewilligung, weil nach Art. 72 Abs. 3 KEG nur bei unmittelbarer Gefahr eine
sofortige Ausserbetriebnahme angeordnet werden könne, nicht aber schon bei
begründetem Verdacht, dass
BGE 139 II 185 S. 205
Nachweise nicht erbracht werden können. Denn die Bewilligung kann - auch wenn
sie unbefristet ist - unter den dargelegten Voraussetzungen von Art. 67 Abs. 1
KEG entzogen werden (E. 10.2.3), auch ohne dass eine unmittelbare Gefahr droht.
Zuständig dafür ist zwar nicht die Aufsichts-, sondern die Bewilligungsbehörde,
aber diese hat sich dabei auf die Beurteilung durch die Aufsichtsbehörden zu
stützen (Art. 72 KEG; oben E. 9.2).

10.4 Die dargelegten Grundsätze gelten auch für die hier zu beurteilende
Situation. Nach den verbindlichen Vorgaben im Urteil 2C_170/2007 vom 21. Januar
2008 E. 3.1 ist das Gesuch der BKW um eine unbefristete Bewilligung nicht wie
ein Gesuch für eine neue Bewilligung, sondern auf dem Weg der Wiedererwägung
oder des Widerrufs der bisherigen Bewilligung zu prüfen (oben lit. A.c). Das
KKW Mühleberg ist daher nicht als neue Anlage zu behandeln, für welche erstmals
um eine Bewilligung nachgesucht wird, sondern als eine bestehende (JAGMETTI,
a.a.O., S. 604). Es ist davon auszugehen, dass sie im Zeitpunkt, als die
bisherige Bewilligung erteilt wurde (1998), den damaligen
Sicherheitsanforderungen entsprach (oben E. 5.1). Dass nachträglich im Rahmen
des Betriebs und der laufenden Aufsicht dauernd Sicherheitsabklärungen und
Verbesserungen vorgenommen wurden und weiterhin werden, ändert daran nichts (E.
10.2.2). Es ist somit zu prüfen, ob wiedererwägungs- bzw. widerrufsweise
nachträglich eine sicherheitspolizeilich motivierte Befristung anzuordnen ist.
Dies beurteilt sich grundsätzlich nach den analogen Kriterien wie bei einer
anfänglichen Befristung (vgl. oben E. 10.3). Zusätzlich ist dem Umstand, dass
es um einen Widerruf einer bestehenden Bewilligung geht, Rechnung zu tragen,
indem für Anpassungen an nachträglich erhöhte Sicherheitsanforderungen die
dafür geltenden Grundsätze (oben E. 10.2.2 und 10.2.3) zu beachten sind.

10.5 Mit der Befristung hat die Vorinstanz nicht nur erkannt, dass ihres
Erachtens erhebliche Sicherheitsfragen offen sind, sondern zugleich
verfahrensmässig festgelegt, dass eine Verlängerung des Betriebs über den 28.
Juni 2013 hinaus nur auf dem Weg des Bewilligungsverfahrens, also durch die
Bewilligungsbehörde, möglich ist. Wie dargelegt, können jedoch nach der
gesetzlichen Konzeption Verbesserungen der Anlage, die nicht von den in der
Bewilligung festgelegten Sicherheitsmassnahmen abweichen, von der
Aufsichtsbehörde freigegeben werden und bedürfen nicht einer Änderung der
Bewilligung im Bewilligungsverfahren (Art. 65 Abs. 3 KEG; Art. 40
BGE 139 II 185 S. 206
Abs. 1 lit. a KEV; oben E. 10.2.4). Soweit die von der Vorinstanz
identifizierten Sicherheitsprobleme im Rahmen der laufenden Aufsicht bzw. durch
Freigaben der Aufsichtsbehörde gelöst werden können, ist die Befristung nicht
nur materiell unbegründet (E. 10.3), sondern greift sie auch in die gesetzliche
Aufgabenteilung zwischen Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden ein.

10.6 Vorliegend ist zudem der zeitliche Aspekt zu berücksichtigen: Die
Vorinstanz hat in ihrem Urteil vom 1. März 2012 die Befristung auf den 28. Juni
2013 festgelegt. Sie verlangt als Voraussetzung für eine darüber hinausgehende
Bewilligung, dass die BKW ein umfassendes Instandhaltungskonzept vorlegt und
das UVEK gestützt darauf mittels anfechtbarer Verfügung zu befinden haben wird,
ob eine weitere Bewilligung zu erteilen ist. Es ist davon auszugehen, dass in
diesem Verfahren nebst den vorgeschriebenen fachlichen Begutachtungen (Art. 72
Abs. 1 KEG) und den Anhörungen der Kantone (Art. 53 KEG) wiederum Einsprachen
erhoben werden (Art. 55 KEG) und entsprechende Verfahrensschritte vorzunehmen
sind. Prozessuale Weiterungen sind nicht ausgeschlossen. Schon das vorliegende
Gesuchsverfahren um Aufhebung der Befristung hat bis zum Entscheid des UVEK ab
Gesuchseinreichung fast fünf Jahre und ab der öffentlichen Auflage rund
eineinhalb Jahre gedauert sowie zusätzlich vor dem Bundesverwaltungsgericht
mehr als zwei Jahre. Angesichts dessen erscheint es praktisch ausgeschlossen,
dass das UVEK bis Ende Juni 2013 über die Bewilligung neu entscheidet, selbst
wenn die BKW ohne Verzug die verlangten Unterlagen einreichen würde. Die
Beschwerdegegner weisen selber darauf hin, dass z.B. die von ihnen beantragte
abschliessende Beurteilung der Erdbebensicherheit frühestens Ende Juni 2013
vorliegen werde. Sodann wird der Entscheid des UVEK beim
Bundesverwaltungsgericht anfechtbar sein, wobei die Beschwerde grundsätzlich
aufschiebende Wirkung hat (Art. 55 Abs. 1 VwVG). Das Bundesgericht hat in
seinem Urteil 2C_170/2007 vom 21. Januar 2008 E. 3.2 erwogen, die BKW könne
verlangen, dass im Blick auf künftige Investitionen rechtzeitig vor Ablauf der
Befristung über die Zulässigkeit des Weiterbetriebs ihres KKW entschieden
werde. Mit der von der Vorinstanz festgesetzten Frist wird dies faktisch
verunmöglicht. In der praktischen Konsequenz führt somit die Befristung zu
einer zumindest vorübergehenden Ausserbetriebnahme des KKW Mühleberg und damit
im Ergebnis zu einer behördlich angeordneten Stilllegung, die einem
(vorübergehenden) Bewilligungsentzug
BGE 139 II 185 S. 207
gleichkommt. Die Befristung ist daher auch nach den Grundsätzen des
Bewilligungsentzugs zu beurteilen (oben E. 10.2.3).

10.7 Insgesamt rechtfertigt sich die streitige Befristung nicht schon damit,
dass die Aufsichtsbehörden laufend die Sicherheit der Anlage überprüfen, neue
Fragen aufwerfen und neue Massnahmen anordnen. Das ist vielmehr der gesetzliche
Normalfall (vgl. oben E. 10.1.3 und 10.2.2). Insbesondere dann, wenn die zu
prüfenden oder anzuordnenden Massnahmen dazu dienen, die Anlage an nachträglich
erhöhte Sicherheitsanforderungen anzupassen, ist durch die Aufsichtsbehörde
eine angemessene Frist für eine Nachrüstung zu setzen (oben E. 10.2.3) und
nicht die Bewilligung zu befristen (E. 10.3). Die Befristung rechtfertigt sich
hingegen dann, wenn begründeter Anlass zur Annahme besteht, dass im Zeitpunkt
des Fristablaufs (Ende Juni 2013) die gesetzlichen Bewilligungsvoraussetzungen
nicht mehr erfüllt sind und ihre Aufrechterhaltung auch mit den Mitteln der
laufenden Aufsicht (oben E. 10.2.2 und 10.2.4) nicht sichergestellt werden kann
(oben E. 10.3), namentlich wenn für notwendige Sicherheitsmassnahmen eine
Änderung der Betriebsbewilligung erforderlich ist (vgl. oben E. 10.2.4 und
10.5).

11. Anforderungen an die nukleare Sicherheit
Von den gesetzlichen Bewilligungsvoraussetzungen (Art. 20 Abs. 1 KEG) ist nur
die nukleare Sicherheit (lit. d) umstritten. Im Folgenden sind daher zunächst
die entsprechenden gesetzlichen Anforderungen darzulegen.

11.1 Die Grundsätze der nuklearen Sicherheit sind in allgemeiner Form in Art. 4
KEG enthalten: Bei der Nutzung der Kernenergie sind Mensch und Umwelt vor
Gefährdungen durch ionisierende Strahlen zu schützen. Radioaktive Stoffe dürfen
nur in nicht gefährdendem Umfang freigesetzt werden. Es muss insbesondere
Vorsorge getroffen werden gegen eine unzulässige Freisetzung radioaktiver
Stoffe sowie gegen eine unzulässige Bestrahlung von Personen im Normalbetrieb
und bei Störfällen (Art. 4 Abs. 1 KEG). Im Sinne der Vorsorge sind gemäss Art.
4 Abs. 3 KEG alle Vorkehren zu treffen, die nach der Erfahrung und dem Stand
von Wissenschaft und Technik notwendig sind (lit. a) und zu einer weiteren
Verminderung der Gefährdung beitragen, soweit sie angemessen sind (lit. b).

11.2 Mit den beiden Bedingungen von Art. 4 Abs. 3 KEG wird ausgedrückt, dass
das Schutzkonzept des Kernenergiegesetzes entsprechend den international
üblichen Ansätzen im Strahlenschutz- und
BGE 139 II 185 S. 208
Kernenergierecht (vgl. Art. 15 des Übereinkommens über nukleare Sicherheit;
Botschaft nukleare Sicherheit, BBl 1995 1343, 1355; Art. 24 des Gemeinsamen
Übereinkommens vom 5. September 1997 über die Sicherheit der Behandlung
abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver
Abfälle [nachfolgend: Gemeinsames Übereinkommen; SR 0.732.11]; Botschaft vom
31. März 1999 betreffend das Gemeinsame Übereinkommen über die Sicherheit der
Behandlung abgebrannter Brennelementeund über die Sicherheit der Behandlung
radioaktiver Abfälle [nachfolgend: Botschaft Gemeinsames Übereinkommen], BBl
1999 4409, 4429) auf einem zweistufigen Ansatz beruht: Als erste Stufe werden
Sicherheitsanforderungen festgelegt, die zwingend und unabhängig von
finanziellen Überlegungen eingehalten werden müssen; es handelt sich um
diejenigen, die nach der Erfahrung und dem Stand von Wissenschaft und Technik
notwendig sind (Art. 4 Abs. 3 lit. a KEG; Botschaft KEG, BBl 2001 2759). Auf
der zweiten Stufe sind weitere risikoreduzierende Massnahmen zu treffen, soweit
sie unter allen, auch finanziellen Aspekten, angemessen sind (Art. 4 Abs. 3
lit. b KEG; ALARA-Prinzip [As Low As Reasonably Achievable]; Botschaft KEG, BBl
2001 2759; vgl. Botschaft vom 17. Februar 1988 zu einem Strahlenschutzgesetz,
BBl 1988 II 181, 192 f.; Massnahmen nach Tschernobyl, Stellungnahme des
Bundesrates vom 11. Januar 1989 zum Bericht der GPK vom 10. November 1988, BBl
1989 I 716, 724 f.; JAGMETTI, a.a.O., S. 598 f.; HANSJÖRG SEILER, Recht und
technische Risiken, 1997, S. 167 f., 323 f.; die deutsche Literatur
unterscheidet diese beiden Bereiche mit den Begriffen der Gefahrenabwehr und
der Risikovorsorge: dazu grundlegend bereits statt vieler ANDREAS REICH,
Gefahr, Risiko, Restrisiko, das Vorsorgeprinzip am Beispiel des
Immissionsschutzrechts, 1989; siehe auch RÜDIGER BREUER, Anlagensicherheit und
Störfälle - Vergleichende Risikobewertung im Atom- und Immissionsschutzrecht,
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht [NVwZ] 1990 S. 211, 213 f.;FRITZ
OSSENBÜHL, Bestandesschutz und Nachrüstung von Kernkraftwerken, 1994, S. 52
ff.; aus der neueren Literatur sind etwa zu erwähnen: ALFRED G. DEBUS,
Strategien zum Umgang mit sagenhaften Risikotypen, insbesondere am Beispiel der
Kernenergie, in: Risiko im Recht - Recht im Risiko, 2011, S. 11 ff.; LIV
JAECKEL, Gefahrenabwehrrecht und Risikodogmatik, 2010).

11.3 Dies entspricht dem Vorsorgeprinzip, wie es im Umwelt- und Technikrecht
allgemein Anwendung findet: Bestimmte
BGE 139 II 185 S. 209
Einwirkungen oder Risiken sind absolut unzulässig und können nicht bewilligt
werden (grenzwertüberschreitende Emissionen oder Immissionen; Risiken im nicht
akzeptablen Bereich im Rahmen der Störfallvorsorge nach Art. 10 USG [SR
814.01]). Darüber hinaus sind im Rahmen der Vorsorge weitere immissions- oder
risikoreduzierende Massnahmen zu treffen, allerdings nur so lange, als sie mit
dem Betrieb der Anlage unter allen Aspekten (technisch, betrieblich und
wirtschaftlich) vereinbar sind (vorsorgliche Emissionsbegrenzung nach Art. 11
Abs. 2 USG; risikoreduzierende Massnahmen im Übergangsbereich im Rahmen der
Störfallvorsorge nach Art. 10 USG und dazu BGE 127 II 18; CHRISTOPH ERRASS,
Katastrophenschutz, 1998, S. 268 f.; URSULA MARTI, Das Vorsorgeprinzip im
Umweltrecht, 2011, S. 172 f.; HANSJÖRG SEILER, in: Kommentar zum
Umweltschutzgesetz, 2. Aufl., Stand: 2001, N. 58 zu Art. 10 USG). Das
Vorsorgeprinzip in diesem Sinne erlaubt in der Regel keine Verweigerung der
Bewilligung, sondern nur Optimierungen, die mit dem Betrieb der konkret zu
beurteilenden Anlage vereinbar sind (BGE 133 II 169 E. 3.2 S. 175; BGE 131 II
431 E. 4.1 und 4.2 S. 438 f.; BGE 126 II 300 E. 4c/dd S. 309; ALEXANDER
ZÜRCHER, Die vorsorgliche Emissionsbegrenzung nach dem Umweltschutzgesetz,
1996, S. 69, 259, 282). Insbesondere bedeutet das Vorsorge- bzw. ALARA-Prinzip
nicht, dass alle hypothetischen Risiken unzulässig wären oder ein Null-Risiko
geboten wäre; verlangt ist, die Risiken auf ein akzeptables Mass zu reduzieren
(BGE 131 II 431 E. 4.1 und 4.2 S. 438 f.; BGE 126 II 300 E. 4e/aa S. 311 f.;
Urteil 2C_905/2010 vom 22. März 2011 E. 3.2.1; FABIA JUNGO, Le principe de
précaution en droit de l'environnement suisse, 2012, S. 200 ff., 269 ff.;
ERRASS, a.a.O., S. 46, 53, 95 f.; MARTI, a.a.O., S. 170; SEILER, a.a.O., S. 362
ff.; CHRISTOPH ERRASS, Öffentliches Recht der Gentechnologie im
Ausserhumanbereich, 2006, S. 98, 168, 173). Gewisse Risiken können namentlich
dann in Kauf genommen werden, wenn Massnahmen möglich sind, welche die
Gefährdungen, sollten sie sich dereinst realisieren, wirksam begrenzen können (
BGE 131 II 431 E. 4.4.4 und 4.5 S. 442 ff.).

11.4 Auch im Kernenergierecht könnte ein Null-Risiko nur erreicht werden, wenn
der Betrieb von Kernanlagen generell verboten wäre, was nicht der heute
geltenden und hier anzuwendenden Rechtslage entspricht (Art. 20 KEG). Ob und
mit welchem Zeithorizont diese gesetzliche Regelung in Zukunft allenfalls
geändert werden wird, kann keinen Einfluss auf die heutige rechtliche
Beurteilung haben
BGE 139 II 185 S. 210
(vgl. zu gesetzgeberischen Vorschlägen zum Atomausstieg die von der
Bundesversammlung überwiesene Motion 11.3144, welche aber den Weiterbetrieb
bisheriger Kernkraftwerke nicht ausschliesst, solange sie sicher sind [AB 2011
S 974 f.; 2011 N 1903 ff.]; Volksinitiative "für den geordneten Ausstieg aus
der Atomenergie", [BBl 2011 3981, 2013 615], die für das KKW Mühleberg einen
Betrieb bis 45 Jahre nach Inbetriebnahme vorsieht, solange die nukleare
Sicherheit gewahrt bleibt). Entsprechend dem sehr grossen Gefährdungspotential
von Kernkraftwerken sind die absolut zu erfüllenden Anforderungen (Art. 4 Abs.
3 lit. a KEG) sehr hoch, aber im darüber hinausgehenden ALARA-Bereich müssen
nicht alle denkbaren, sondern nur die angemessenen zusätzlichen
Sicherheitsmassnahmen getroffen werden (Art. 4 Abs. 3 lit. b KEG), d.h.
Massnahmen, die mit dem Betrieb der Anlage noch vereinbar sind; sie vermögen
daher eine Verweigerung oder einen Entzug der Bewilligung nicht zu
rechtfertigen. Demzufolge kann auch der Umstand, dass im ALARA-Bereich noch
Fragen offen sind, Abklärungen getroffen werden oder von den Aufsichtsbehörden
zusätzliche Massnahmen angeordnet worden sind, die aber noch nicht umgesetzt
wurden, kein Grund für eine Verweigerung der Bewilligung sein, auch nicht für
eine aufgeschobene Verweigerung bzw. Befristung (vgl. oben E. 10.3 und 10.7).

11.5 Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 3 KEG muss Vorsorge gegen eine unzulässige
Freisetzung radioaktiver Stoffe und Bestrahlung von Personen nicht nur im
Normalfall, sondern auch bei Störfällen getroffen werden. Auch für die
Störfallvorsorge gilt das in Art. 4 Abs. 3 KEG festgelegte zweistufige Konzept:

11.5.1 Bei Kernanlagen wird zwischen Auslegungsstörfällen und
auslegungsüberschreitenden Störfällen unterschieden (Art. 7 lit. c und d KEV;
Art. 1 lit. a und b der Verordnung des UVEK vom 17. Juni 2009 über die
Gefährdungsannahmen und die Bewertung des Schutzes gegen Störfälle in
Kernanlagen [Gefährdungsannahmenverordnung; SR 732.112.2]; dazu auch SCHMOCKER/
MEYER, a.a.O., S. 20 ff. mit der auf S. 21 sehr anschaulichen Figur). Bei der
Auslegung, beim Bau und beim Betrieb der Kernanlagen sind Schutzmassnahmen nach
international anerkannten Grundsätzen zu treffen. Die Schutzmassnahmen umfassen
insbesondere den Einsatz qualitativ hochwertiger Bauteile, gestaffelte
Sicherheitsbarrieren, die mehrfache Ausführung und die Automation von
Sicherheitssystemen, den Aufbau einer geeigneten Organisation mit
qualifiziertem Personal
BGE 139 II 185 S. 211
sowie die Förderung eines ausgeprägten Sicherheitsbewusstseins (Art. 5 Abs. 1
KEG). Diese Anforderungen werden für Kernkraftwerke in den Art. 7-10 KEV
konkretisiert. Die Anlage muss so ausgelegt werden, dass nicht nur im
Normalbetrieb, sondern auch bei Störfällen mit Ursachen innerhalb und
ausserhalb der Anlage keine unzulässigen radiologischen Auswirkungen in der
Umgebung der Anlage entstehen (Art. 7 lit. c sowie Art. 8 Abs. 1-3 KEV).
Auslegungsstörfälle müssen deterministisch beherrscht werden in dem Sinne, dass
dabei maximal die quellenbezogenen Dosisrichtwerte nach Art. 94 der
Strahlenschutzverordnung vom 22. Juni 1994 (StSV; SR 814.501) resultieren (Art.
7 lit. c KEV). Dabei sind die Störfälle nach ihrer Häufigkeit in die
Störfallkategorien 1, 2 oder 3 einzuteilen, für welche unterschiedliche
Dosisrichtwerte gelten; für nichtberuflich strahlenexponierte Personen beträgt
dieser Wert bei Störfällen der Kategorie 2 (Häufigkeit zwischen 10^-2 und 10^-4
pro Jahr) 1 mSv, für Kategorie 3 (Häufigkeit zwischen 10^-4 und 10^-6 pro Jahr)
100 mSv (Art. 8 Abs. 4 KEV; Art. 1 lit. a Gefährdungsannahmenverordnung; Art.
94 Abs. 2-5 StSV). Nebst diesen radiologischen Kriterien gelten allgemeine
technische Kriterien (Art. 8 Gefährdungsannahmenverordnung) und zusätzlich für
Kernkraftwerke mit Leichtwasserreaktoren besondere, je nach Störfallkategorie
unterschiedliche technische Kriterien (Art. 9-11
Gefährdungsannahmenverordnung). Der Inhaber einer Betriebsbewilligung für einen
Kernreaktor muss diesen ausser Betrieb nehmen und nachrüsten, wenn eines oder
mehrere der folgenden technischen Kriterien erfüllt sind: Ereignisse oder
Befunde zeigen, dass die Kernkühlung bei Störfällen nach Artikel 8, die
Integrität des Primärkreislaufes oder des Containments nicht mehr gewährleistet
ist (Art. 44 Abs. 1 KEV). Das Departement legt die Methodik und die
Randbedingungen zur Überprüfung der Kriterien in einer Verordnung fest (Art. 44
Abs. 2 KEV). Das UVEK hat gestützt darauf die Verordnung vom 16. April 2008
über die Methodik und die Randbedingungen zur Überprüfung der Kriterien für die
vorläufige Ausserbetriebnahme von Kernkraftwerken
(Ausserbetriebnahmeverordnung; SR 732.114. 5) erlassen. Darin sind bestimmte
Kriterien festgelegt, die zur Ausserbetriebnahme führen, insbesondere auch
infolge von Alterungsschäden (Art. 4-8 Ausserbetriebnahmeverordnung).

11.5.2 Auslegungsüberschreitende Störfälle, d.h. Störfälle, bei denen
radioaktive Stoffe in gefährdendem Umfang freigesetzt werden können (Art. 7
lit. d KEV; Art. 1 lit. b Gefährdungsannahmenverordnung), müssen nicht
deterministisch beherrscht, sondern
BGE 139 II 185 S. 212
probabilistisch bewertet werden (Botschaft KEG, BBl 2001 2767; Art. 8 Abs. 5
KEV; Art. 12 Gefährdungsannahmenverordnung; vgl. auch SCHMOCKER/MEYER, a.a.O.,
S. 24 ff.). Dazu gehören durch Naturereignisse ausgelöste Störfälle mit einer
Häufigkeit von weniger als 10^-4 pro Jahr (Art. 5 Abs. 3 und 4 [e contrario]
Gefährdungsannahmenverordnung). Mit probabilistischen Sicherheitsanalysen muss
der Nachweis erbracht werden, dass die mittlere Kernschadenshäufigkeit gewisse
festgelegte Werte nicht überschreitet: Bei neuen Kernkraftwerken darf sie
höchstens 10^-5 pro Jahr betragen (Art. 24 Abs. 1 lit. b KEV), bei bestehenden
Kernkraftwerken 10^-4 pro Jahr (Art. 12 Abs. 1 lit. a
Gefährdungsannahmenverordnung).

11.5.3 Die dargelegten Anforderungen gewährleisten ein hohes Mass an
Sicherheit, aber nicht ein Null-Risiko: Die Rechtsordnung schreibt Massnahmen
vor, um die Folgen von auslegungsüberschreitenden Störfällen zu lindern (Art. 5
Abs. 2 und Art. 20 Abs. 1 lit. g KEG; Art. 7 lit. d KEV; Verordnung vom 20.
Oktober 2010 über den Notfallschutz in der Umgebung von Kernanlagen
[Notfallschutzverordnung, NFSV; SR 732.33]) und geht somit davon aus, dass
solche vorkommen können; das Gesetz nimmt insoweit ein minimales Risiko
auslegungsüberschreitender Störfälle in Kauf. Entsprechend dem ALARA-Prinzip
ist indes dieses Risiko weiter zu reduzieren, aber nur soweit die Massnahmen
angemessen sind (Art. 4 Abs. 3 lit. b KEG). Zusätzliche Sicherheitsmassnahmen
sind immer denkbar, aber auch mit ihnen wäre ein Null-Risiko nie erreichbar.
Dass Unfälle, bei denen radioaktive Stoffe freigesetzt werden, nicht mit
absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden können, kann somit entsprechend den
dargelegten Rechtsgrundlagen kein Grund sein, um eine Bewilligung zu verweigern
oder zu befristen. Soweit die Beschwerdegegner anzunehmen scheinen, dass jeder
denkbare Störfall deterministisch beherrscht werden müsse und dass eine
Bewilligung immer schon dann verweigert oder zumindest befristet werden müsse,
wenn im ALARA-Bereich zusätzliche Sicherheitsmassnahmen zur Diskussion gestellt
oder geprüft werden, läuft ihre Argumentation darauf hinaus, dass überhaupt nie
(unbefristete) Bewilligungen für Kernkraftwerke erteilt werden könnten, was
nicht der gesetzlichen Lage entspricht.

11.6 Eine analoge zweistufige Regelung gilt auch für die Anforderungen an
Nachrüstungen (vgl. oben E. 10.1.1):

11.6.1 Nach Art. 22 Abs. 2 lit. g KEG ist eine Anlage einerseits so weit
nachzurüsten, als dies nach der Erfahrung und dem Stand der
BGE 139 II 185 S. 213
Nachrüstungstechnik notwendig ist, und andererseits darüber hinaus, soweit dies
zu einer weiteren Verminderung der Gefährdung beiträgt und angemessen ist. In
der ersten Tatbestandsvariante sind Nachrüstungen zwingend; unterbleiben sie,
ist der Stand von Wissenschaft und Technik (Art. 4 Abs. 3 lit. a KEG) und damit
die nukleare Sicherheit als Bewilligungsvoraussetzung (Art. 20 Abs. 1 lit. d
KEG) nicht mehr gegeben. Die zweite Tatbestandsvariante entspricht dem
ALARA-Bereich (Art. 4 Abs. 3 lit. b KEG; oben E. 11.2): Darin sind Massnahmen
anzuordnen, die über die zwingenden Sicherheitsanforderungen hinausgehen,
allerdings nur, soweit sie angemessen, d.h. verhältnismässig, sind (vgl. oben
E. 11.4 und 11.5.3). Diese Regelung steht entgegen der Auffassung der
Beschwerdegegner auch im Einklang mit Art. 6 des Übereinkommens über nukleare
Sicherheit, wonach vorhandene Kernanlagen dann abzuschalten sind, wenn dies
notwendig ist und mit zumutbaren und praktisch möglichen Massnahmen eine
Verbesserung nicht erreicht werden kann (vgl. Botschaft nukleare Sicherheit,
BBl 1995 1350 f.).

11.6.2 Im Einzelnen sind verschiedene Fälle des Nachrüstens zu unterscheiden:
Zustand und Sicherheit einer Anlage können sich im Laufe der Zeit gegenüber dem
Anfangszustand verschlechtern (z.B. durch Alterung). In diesem Fall dienen
Nachrüstmassnahmen dazu, die Verschlechterung zu kompensieren und das
ursprüngliche Sicherheitsniveau beizubehalten oder wieder herzustellen.
Unterbleiben solche Massnahmen und werden dadurch zwingende Anforderungen
unterschritten, ist die Bewilligung zu entziehen (Art. 67 Abs. 1 lit. a KEG).
Es kann aber auch sein, dass der Anlagezustand gleich geblieben ist, aber
aufgrund neuer Erkenntnisse das Risiko höher ist als bisher angenommen, oder
dass höhere Anforderungen an die Sicherheit gestellt werden, so dass auch ein
bisher akzeptiertes Risiko als nicht mehr akzeptabel beurteilt wird (eingehend
bereits OSSENBÜHL, a.a.O., S. 59 ff.). In diesen Fällen hat sich nicht der
Zustand der Anlage verschlechtert, sondern der bisher genehmigte Anlagezustand
wird als nicht mehr genügend eingestuft. Durch Nachrüstungen wird dann eine
Verbesserung der Anlage bzw. ein gegenüber den ursprünglichen Anforderungen
höherer Sicherheitsstandard erreicht (vgl. E. 10.1.2). In diesen Fällen kann
nicht argumentiert werden, die Anlage habe bisher die
Bewilligungsvoraussetzungen nicht erfüllt und werde widerrechtlich betrieben
(oben E. 10.2.2). Vielmehr haben die Voraussetzungen geändert, und die
Nachrüstungsanordnung ist eine nachträgliche neue
BGE 139 II 185 S. 214
Sicherheitsauflage. Deshalb kann nicht sogleich die Bewilligung entzogen
werden, sobald die neuen Erkenntnisse oder Anforderungen vorliegen. Sofern
nicht infolge unmittelbarer Gefahr die notwendigen Massnahmen sofort anzuordnen
sind (Art. 72 Abs. 3 KEG), hat die Aufsichtsbehörde vielmehr im Rahmen ihrer
Anordnungen (Art. 72 Abs. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 2 lit. g KEG) nach
pflichtgemässem Ermessen für die Nachrüstung angemessene Fristen zu setzen
(oben E. 10.2.3). Das gilt auch dann, wenn es um zwingende Nachrüstungen geht,
und erst recht bei Nachrüstungsmassnahmen im ALARA-Bereich (vgl. E. 11.6.1).

11.7 Zusammenfassend rechtfertigt sich die streitige Befristung dann, wenn
begründeter Anlass zur Annahme besteht, dass im Zeitpunkt des Fristablaufs
(Ende Juni 2013) die Sicherheitsanforderungen (oben E. 11.2, 11.5.1 und 11.5.2)
nicht mehr erfüllt sind und ihre Aufrechterhaltung auch mit den Mitteln der
laufenden Aufsicht und mit Nachrüstungsmassnahmen (oben E. 10.2.2, 10.2.4 und
11.6) nicht sichergestellt werden kann (oben E. 10.3). Hingegen ist die
Befristung nicht begründet, solange die Sicherheitsanforderungen erfüllt sind
und angenommen werden kann, dass ihre Einhaltung durch die laufende Aufsicht
oder durch Nachrüstungsmassnahmen gewährleistet bleibt (oben E. 10.3 und 10.4).
Der Umstand, dass offene Fragen diskutiert, die Sicherheit dauernd überprüft
und zusätzliche Massnahmen in Betracht gezogen oder angeordnet werden,
rechtfertigt eine Befristung nicht (oben E. 10.7), wenn die zu prüfenden und
allenfalls vorzunehmenden Massnahmen in der Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden
liegen (oben E. 10.2.4 und 10.5) und es dabei um Verbesserungen im
ALARA-Bereich (oben E. 11.5.3) oder um eine Anpassung des Sicherheitsstandes an
neue Erkenntnisse oder an nachträglich erhöhte Sicherheitsanforderungen geht
(oben E. 11.6): Erfolgt die Nachrüstung innert der angesetzten Frist und kann
damit den Sicherheitsanforderungen genügt werden, so besteht kein Grund für
eine Befristung (oben E. 10.3). Werden die von der Behörde angeordneten
Massnahmen trotz Mahnung nicht befolgt, so wird die Bewilligung entzogen, auch
wenn sie nicht befristet war (Art. 67 Abs. 1 lit. b KEG). Die Befristung ist in
diesen Fällen weder notwendig noch geeignet, um die Sicherheit zu
gewährleisten. Das gilt auch in Bezug auf die Überprüfung, welche das ENSI nach
den Ereignissen von Fukushima angeordnet hat: Aufgrund dieser Ereignisse musste
die Auslegung der Kernkraftwerke überprüft werden (Art. 2 Abs. 1 lit. c
Ausserbetriebnahmeverordnung). Das bedeutet
BGE 139 II 185 S. 215
aber nicht zwingend, dass die Grenze zwischen Auslegungsstörfällen und
auslegungsüberschreitenden Störfällen neu gezogen werden müsste, wie die
Beschwerdegegner geltend machen. Es liegt auf der Hand, dass bestimmte (Teil-)
Ursachen, welche die Ereignisse in Fukushima bewirkt haben, in der Schweiz in
dieser Form nicht vorkommen können (Tsunami). Andere Fragen werden
möglicherweise zu weiteren Nachrüstanforderungen führen. Das kann aber aus den
dargelegten Gründen nicht per se bedeuten, dass die Bewilligungsvoraussetzungen
Mitte 2013 nicht mehr erfüllt sein werden, so dass die Bewilligung auf diesen
Zeitpunkt hin zu befristen wäre.
Im Folgenden ist zu prüfen, ob sich die Vorinstanz bei ihrer Prüfung an die
dargelegten Grundsätze gehalten hat.

12. Vorwurf der ungenügenden Prüfung durch das UVEK
Die Vorinstanz wirft dem UVEK vor, die Voraussetzungen für eine Befristung
nicht selbständig geprüft zu haben.

12.1 Das UVEK prüfte im materiellen Teil seiner Verfügung vom 17. Dezember 2009
zunächst die Relevanz der Sicherheit und die Rolle der laufenden Aufsicht.
Weiter führte es aus, es bestünden Gründe, um die politisch motivierte
bisherige Befristung der Bewilligung wiedererwägungsweise aufzuheben, und
prüfte, ob Gründe bestünden für eine erneute, sicherheitspolizeilich motivierte
Befristung. Es legte zunächst die rechtlichen Anforderungen für eine Befristung
dar und führte aus, die Aufsichtsbehörden hätten keine Einwände gegen die
Erteilung einer unbefristeten Betriebsbewilligung, da nach ihrer Beurteilung
die Voraussetzungen für einen sicheren Weiterbetrieb erfüllt seien; zudem könne
das Ziel, langfristig den sicheren Betrieb zu gewährleisten, durch die laufende
Aufsicht erreicht werden; es seien daher keine sachlichen Gründe für eine
Befristung ersichtlich. Sodann führte das UVEK aus, es sei weiter zu prüfen, ob
die Einsprechenden neue Aspekte vorbringen, die nicht bereits im Rahmen der
laufenden Aufsicht geprüft wurden; sollte sich daraus ergeben, dass
sicherheitsrelevante Aspekte vom ENSI nicht erkannt wurden und die sich daraus
ergebenden Problemstellungen nicht im Rahmen der laufenden Aufsicht bewältigt
werden können, wäre weiter die Frage der Befristung zu prüfen. Danach äusserte
sich das UVEK auf rund zwanzig Seiten zu den Vorbringen der Einsprecher,
namentlich auch zu den Aspekten, welche das Bundesverwaltungsgericht
beanstandet hat: Zu den Rissen im Kernmantel erwog es gestützt auf die
Beurteilungen durch die HSK und
BGE 139 II 185 S. 216
das ENSI, die Sicherheitsfunktion des Kernmantels sei trotz der Risse im
Normalbetrieb und bei Auslegungsstörfällen gewährleistet. Zur Frage der
Erdbebensicherheit wies es darauf hin, dass das ENSI aufgrund der verschärften
Erdbebengefährdungsannahmen gefordert habe, die Probabilistische
Sicherheitsanalyse in Bezug auf die Erdbebengefährdung zu überarbeiten und eine
radiologische Störfallanalyse für das Sicherheitserdbeben ohne Unterstellung
eines Einzelfehlers vorzunehmen. Die BKW habe inzwischen die verlangte Analyse
eingereicht, wonach für das Sicherheitserdbeben eine Dosis von 0,63 mSv
ausgewiesen werde. Das ENSI habe diese Analyse noch nicht abschliessend
beurteilt, sei aber mit dem Vorgehen der Gesuchstellerin grundsätzlich
einverstanden. Das Sicherheitserdbeben falle in die Störfallkategorie 3, womit
eine Störfalldosis von 100 mSv zulässig sei. Die Dosis von 0,63 mSv erfülle
zudem auch die Anforderung für Störfälle der Kategorie 2; das ALARA-Prinzip sei
damit eingehalten. Sodann sei das Notfallsystem SUSAN gegen die Einwirkung
eines Sicherheitserdbebens vollständig geschützt. Zusammenfassend folgerte das
UVEK, die HSK sei in ihrer Sicherheitstechnischen Stellungnahme vom November
2007 zum Schluss gekommen, dass im KKW Mühleberg die Voraussetzungen für einen
sicheren Weiterbetrieb erfüllt seien; im vorliegenden Verfahren sei das ENSI
nach umfassender Beurteilung der vorgebrachten Argumente zum Schluss gekommen,
dass die Einsprecher keine neuen Aspekte bezüglich der sicherheitstechnischen
Beurteilung vorbringen. Eine erneute Befristung der Betriebsbewilligung
erscheine daher weder erforderlich noch geeignet, um das Ziel eines sicheren
Betriebs zu gewährleisten.

12.2 In der vom UVEK zu Grunde gelegten, rund 500-seitigen Stellungnahme der
HSK von 2007 war diese zu folgendem Ergebnis gelangt (Sicherheitstechnische
Stellungnahme zur Periodischen Sicherheitsüberprüfung des Kernkraftwerks
Mühleberg, Zusammenfassungen, Ergebnisse und Bewertung, Würenlingen, November
2007 [HSK 11/1100], S. 11-13):
"Zusammenfassend kommt die HSK zum Ergebnis, dass im Kernkraftwerk Mühleberg
ein hohes Mass an technischer und organisatorischer Sicherheitsvorsorge
getroffen ist, dass die Anlage während der vergangenen 15 Jahre zuverlässig
betrieben wurde und die Voraussetzungen für einen sicheren Weiterbetrieb
erfüllt sind. Damit das [KKW Mühleberg] der Erfahrung und dem aktuellen Stand
von Wissenschaft und Technik
noch besser entspricht, hat die HSK vom Betreiber sowohl in ihrer
sicherheitstechnischen Stellungnahme 2002 wie in der vorliegenden
BGE 139 II 185 S. 217
Stellungnahme zur PSÜ 2005 verschiedene Verbesserungsmassnahmen (in der
Stellungnahme 2002 als PSÜ-Pendenzen, in der vorliegenden Stellungnahme als
HSK-Forderungen) gefordert. Die PSÜ-Pendenzen aus der sicherheitstechnischen
Stellungnahme 2002 konnten inzwischen alle erledigt werden, soweit es sich um
terminierte, nicht wiederkehrende Pendenzen handelt. Die Gründe für die in der
vorliegenden Stellungnahme zur PSÜ 2005 geforderten Verbesserungsmassnahmen
(siehe Zusammenstellung der Forderungen im Kapitel 11.3), die in den jeweiligen
Kapiteln ausführlich dargelegt sind, stellen den sicheren Betrieb der Anlage
nicht in Frage. Viele Verbesserungsmassnahmen betreffen die Vervollständigung
von Nachweisen. Der Betreiber hat alle von der HSK geforderten
Verbesserungsmassnahmen akzeptiert. Sie werden bis zu deren Abschluss durch die
HSK im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit verfolgt."
Im Verfahren vor dem UVEK hatte das ENSI eine 58-seitige Stellungnahme
abgegeben (ENSI 11/1245), worin es zu den von den Einsprechern vorgebrachten
Argumenten Stellung nahm (oben lit. A.d) und zusammenfassend zur Bewertung kam:
"Aufgrund seiner sicherheitstechnischen Stellungnahme kommt das ENSI zum
Ergebnis, dass die Einsprachen keine neuen Gesichtspunkte bei der
sicherheitstechnischen Beurteilung des Kernkraftwerks Mühleberg zeigen. Die in
der Stellungnahme aus dem Jahr 2007 /31/(HSK 11/1100) festgehaltene
Sicherheitsbewertung, dass im [KKW Mühleberg] ein hohes Mass an technischer und
organisatorischer Sicherheitsvorsorge getroffen ist, bleibt unverändert gültig.
Ebenso weiterhin unverändert gültig bleibt die Schlussfolgerung, dass die in /
31/geforderten Verbesserungsmassnahmen den sicheren Betrieb der Anlage nicht in
Frage stellen."
Diese Schlussfolgerung bestätigte das ENSI in seiner 36-seitigen Stellungnahme
(ENSI 11/1286 Rev. 1), nachdem es die erneuten Eingaben der Einsprecher geprüft
hatte.

12.3 Angesichts dieser Erwägungen in der Verfügung des UVEK vom 17. Dezember
2009 und der Stellungnahmen der fachtechnischen Aufsichtsbehörden ist der
Vorwurf der Vorinstanz, das UVEK habe nicht hinreichend geprüft, ob die
Voraussetzungen für eine Befristung erfüllt seien, offensichtlich unbegründet:
Das UVEK hat vielmehr - wie auch die Beschwerdegegner anerkennen - die
massgebenden Aspekte im Einzelnen und umfassend geprüft und die Vorbringen der
Einsprecher mit der Beurteilung durch die Aufsichtsbehörden konfrontiert; es
ist zu einem begründeten Ergebnis gekommen, dass und weshalb die
Voraussetzungen für einen sicheren Weiterbetrieb erfüllt seien. Dass es sich
dabei in Begründung und Ergebnis dem ENSI anschliesst, das sich seinerseits -
wie die Beschwerdegegner ebenfalls anerkennen - umfassend mit den vorgebrachten
Aspekten auseinandergesetzt hat, ist zulässig und angebracht
BGE 139 II 185 S. 218
(vgl. oben E. 9.2). Auf der Grundlage dieser Beurteilung ergab sich die
Konsequenz einer grundsätzlich unbefristeten Betriebsbewilligung aus der vom
UVEK zutreffend dargelegten Rechtslage, ohne dass es dazu einer noch
ausführlicheren Begründung bedurft hätte. Offensichtlich unrichtig ist auch,
wenn die Vorinstanz dem UVEK vorwirft, "allein auf die laufende Aufsicht zu
vertrauen". Das UVEK hat die Sicherheitsfragen als Bewilligungsvoraussetzungen
im aktuellen Zustand der Anlage beurteilt und darauf hingewiesen, dass
zusätzlich der sichere Betrieb mit der laufenden Aufsicht "langfristig"
gewährleistet werden könne (Verfügung des UVEK vom 17. Dezember 2009 [vgl. dazu
BBl 2009 8874], Rz. 47, m.H. aufRz. 28 ff.). Das entspricht der gesetzlichen
Konzeption (oben E. 10.2.2). Die Folgerung der Vorinstanz, die Beschwerden
seien schon deshalb gutzuheissen, weil das UVEK die Befristung nicht
eigenständig geprüft habe, ist rechtswidrig.

12.4 Daran ändert auch der Hinweis der Vorinstanz auf Art. 29a BV nichts: Die
Rechtsweggarantie setzt voraus, dass eine Rechtsstreitigkeit vorliegt, d.h.
eine Streitigkeit, die im Zusammenhang mit einer individuellen schützenswerten
Rechtsposition steht; sie gibt aber keinen Anspruch darauf, dass jedermann
jedes staatliche Handeln ungeachtet prozessualer Vorschriften auf seine
Rechtmässigkeit hin überprüfen lassen kann (BGE 136 I 323 E. 4.3 S. 328 f.;
Urteil 2C_348/2011 vom 22. August 2011 E. 3.4, in: sic! 2011 S. 673 ff.). So
wenig wie bei allen anderen bewilligungspflichtigen Tätigkeiten kann beim
Betrieb einer Kernanlage jedes spätere Handeln der Aufsichtsbehörden zum Thema
der Betriebsbewilligung gemacht werden mit dem Argument, Dritte möchten darauf
einwirken (vgl. Urteile 2C_122/2009 vom 22. September 2009 E. 3; 2C_803/2008
vom 21. Juli 2009 E. 4.3 und 4.4). Nicht im vorliegenden Verfahren zu
überprüfen ist die Frage, ob und unter welchen Umständen Dritte aufgrund von
Art. 25a VwVG ein aufsichtsrechtliches Handeln zum Thema eines Rechtsstreits
machen oder gestützt auf Art. 67 KEG den Entzug einer Bewilligung beantragen
können.

12.5 Zu prüfen bleibt, ob in der Sache die Voraussetzungen für eine Befristung
erfüllt sind, d.h. ob die von der Vorinstanz beanstandeten Punkte ausreichend
sind, um die Befristung zu rechtfertigen. Die Vorinstanz hat sich nicht im
Einzelnen und konkret mit den technischen Fragen, mit der Beurteilung der
Aufsichtsbehörden und des UVEK und den Argumenten der damaligen
Beschwerdeführer auseinandergesetzt. Sie hat insoweit auch den Sachverhalt
BGE 139 II 185 S. 219
unvollständig festgestellt. Dieser kann jedoch durch das Bundesgericht - soweit
notwendig - aufgrund der Akten vervollständigt werden (Art. 105 Abs. 2 BGG).

13. Instandhaltungskonzept

13.1 Die Vorinstanz vermisst ein umfassendes Instandhaltungskonzept. Sie
begründet dies damit, es könne "jedenfalls davon ausgegangen werden, dass für
die Behebung der genannten Mängel grosse Investitionen erforderlich [seien],
die nur bei einer erheblichen Laufzeit des KKW wirtschaftlich sinnvoll sein
dürften". Um eine gesamthafte Beurteilung der Situation überhaupt erst zu
ermöglichen, sei ein umfassendes Instandhaltungskonzept erforderlich, das eine
gesamthafte Beurteilung zulasse. Nach den Vorgaben der Vorinstanz hätte die BKW
darin darzulegen, welche Massnahmen sie in welchem Zeitraum ergreifen möchte,
damit die heute bekannten und allenfalls neu auftretenden Mängel behoben werden
und der Betrieb auch längerfristig den Sicherheitsanforderungen genügt, welche
Kosten damit verbunden wären und für welchen Zeitraum sie den Weiterbetrieb des
KKW Mühleberg beantragt.

13.2 Die Vorinstanz nennt keine gesetzliche Grundlage, auf welche sie ihre
Anforderungen stützt, und präzisiert nicht näher, was sie unter dem verlangten
umfassenden Instandhaltungskonzept versteht. Auch die Beschwerdegegner
beanstanden durchwegs, dass im Hinblick auf den beabsichtigten Langzeitbetrieb
kein umfassendes Instandhaltungskonzept vorliege, legen aber nicht dar,
gestützt auf welche Rechtsnormen ein solches Konzept vorgelegt werden soll bzw.
inwiefern die bisherige Situation und Praxis den massgebenden Rechtsnormen
widersprechen.

13.3 Wie dargelegt (vgl. oben E. 10.1.1), muss der Bewilligungsinhaber u.a.
Massnahmen treffen, um seine Anlage in einem guten Zustand zu halten (Art. 22
Abs. 2 lit. c KEG). Dazu gehört die Instandhaltung aller sicherheitsrelevanten
Teile. Art. 32 KEV konkretisiert diese Pflicht: Der Bewilligungsinhaber hat
systematische Programme für die Instandhaltung der sicherheits- und
sicherungsrelevanten Ausrüstungen zu erstellen und die festgelegten Massnahmen
durchzuführen, insbesondere für die Wartung, die wiederkehrenden
zerstörungsfreien Prüfungen und die wiederkehrenden Funktionsprüfungen (Abs.
1). Er hat bei festgestellten Abweichungen vom Sollzustand entsprechende
Instandsetzungsarbeiten durchzuführen (Abs. 2). Für die Instandhaltung sind
qualifizierte Verfahren, Ausrüstungen und qualifiziertes Personal einzusetzen
(Abs. 3).
BGE 139 II 185 S. 220
Er hat die Ergebnisse der Instandhaltung zu dokumentieren und periodisch zu
bewerten. Nötigenfalls hat er die Programme zu ergänzen (Abs. 4). Sodann muss
der Bewilligungsinhaber während der ganzen Lebensdauer der Anlage systematische
Sicherheits- und Sicherungsbewertungen durchführen (Art. 22 Abs. 2 lit. d KEG)
und periodisch eine umfassende Sicherheitsüberprüfung vornehmen (lit. e). Art.
33 und 34 KEV konkretisieren die systematischen Sicherheits- und
Sicherungsbewertungen sowie die umfassende Sicherheitsüberprüfung (Periodische
Sicherheitsüberprüfung, PSÜ), wozu u.a. eine Gesamtbewertung des
Sicherheitsstatus gehört (Art. 34 Abs. 2 lit. e KEV).

13.4 Die BKW hatte im Jahre 2005 eine Periodische Sicherheitsüberprüfung
vorgelegt, welche von der damaligen HSK im Jahre 2007 überprüft wurde mit der
Folgerung, dass die Anlage hinreichend sicher sei (HSK 11/1100; vgl. oben E.
12.2). In diesem Rahmen prüfte die HSK - wie bereits früher - auch
Instandhaltungsmassnahmen (vgl. Art. 32 KEV) sowie die Konzepte und Ergebnisse
der Instandhaltung und Alterungsüberwachung (HSK 11/1100 Kap. 5.5; vgl. auch
SCHMOCKER/MEYER, a.a.O., S. 15) und beurteilte die Schlüsselkomponenten der
Anlage im Hinblick auf ihre Alterungsmechanismen und den Langzeitbetrieb, d.h.
den über eine Betriebsdauer von 40 Jahren hinausgehenden Betrieb (HSK 11/1100
Kap. 10); sie ordnete ferner die Erarbeitung weiterer Instandhaltungskonzepte
für einzelne Bereiche an, namentlich für den Kernmantel (HSK 11/1100 S. 10-11
und 11-19). Wie die Beschwerdegegner selber vorbringen, hat die BKW dem ENSI
Ende 2010 eine weitere Sicherheitsüberprüfung (PSÜ 2010) eingereicht, die
erneut durch das ENSI geprüft wird. Weder die Vorinstanz noch die
Beschwerdegegner legen dar, dass und inwiefern diese von der Aufsichtsbehörde
angeordneten Instandhaltungsmassnahmen und Sicherheitsüberprüfungen den
gesetzlichen Anforderungen nicht genügen sollen. Soweit die Vorinstanz Bezug
auf die "heute bekannten" Mängel nimmt, legt sie nicht dar, welche Mängel nicht
bereits mit den genannten aufsichtsrechtlichen Massnahmen abgedeckt sind
(abgesehen von drei konkreten Punkten, dazu hinten E. 14).

13.5 Soweit die Vorinstanz auf allenfalls neu auftretende Mängel Bezug nimmt,
ist zu bemerken, dass ein Instandhaltungskonzept naturgemäss nur in Bezug auf
Mängel erfolgen kann, die zumindest in ihrer Potenzialität heute bereits
erkannt sind. Hingegen kann vernünftigerweise nicht verlangt werden, dass heute
bereits alle
BGE 139 II 185 S. 221
zukünftigen Mängel bekannt sind und dagegen Massnahmen getroffen werden. Eine
solche Anforderung ist aufgrund der naturgemässen Begrenztheit jeglichen
menschlichen Wissens erkenntnistheoretisch unmöglich zu erfüllen und kann daher
auch nicht verlangt werden. Möglich ist nur, nach dem besten verfügbaren
aktuellen Wissen eine Beurteilung vorzunehmen und diese laufend aufgrund
allfälliger neuer Erkenntnisse zu überprüfen. Gerade aus diesem Grund ist es
nach der gesetzlichen Regelung Aufgabe der laufenden Aufsicht und der
periodischen Sicherheitsüberprüfung, sicherzustellen, dass die jeweils neu
auftretenden oder erkannten Umstände berücksichtigt werden (vgl. oben E.
10.2.2). Die dauernde Überprüfung und schrittweise Nachrüstung, welche die
Vorinstanz als unbefriedigend betrachtet, ist der gesetzliche Normalzustand.
Soweit die vorinstanzliche Betrachtung darauf hinausläuft, dass für die gesamte
(verbleibende) Lebensdauer ein abschliessendes Sicherheits-Gesamtkonzept
verlangt wird, das alle zukünftigen Sicherheitsfragen ein für allemal
beantwortet, entspricht dies nicht der gesetzlichen Regelung (vgl. E. 10.1.3
und 10.2.2). Dass die Überprüfung der PSÜ 2010 durch das ENSI noch nicht
vorliegt, ist kein Grund für eine Befristung (oben E. 10.3, 10.7 und 11.7).

13.6 Die Vorinstanz begründet ferner nicht, wie sie zur Annahme kommt, dass für
die Behebung der (nicht näher bezeichneten) genannten Mängel grosse
Investitionen erforderlich seien, die nur bei einer erheblichen Verlängerung
der Laufzeit wirtschaftlich interessant sein dürften. Im angefochtenen
Entscheid wird nicht einmal eine ungefähre Grössenordnung dieser Investitionen
angegeben. Zudem ist es nicht eine von der Nuklearaufsicht oder der
Bewilligungsbehörde zu beurteilende Frage, ob der Betrieb eines KKW
wirtschaftlich interessant sei. Es liegt - vorbehältlich von Anordnungen der
Behörden - in der Autonomie des Anlagebetreibers, ob und wann er seine Anlage
ausser Betrieb nehmen will (Art. 27 BV). Dieser Entscheid hängt nicht nur von
sicherheitstechnischen Aspekten ab, sondern auch von anderen, namentlich von
wirtschaftlichen oder allenfalls politischen; diese Aspekte sind nicht durch
die Nuklearaufsichtsbehörden zu überprüfen. Zwar hat die Aufsichtsbehörde bei
der Anordnung von zusätzlichen Sicherheitsmassnahmen im ALARA-Bereich dem
Verhältnismässigkeitsprinzip und mithin auch der wirtschaftlichen Tragbarkeit
Rechnung zu tragen (Art. 22 Abs. 2 lit. g KEG; oben E. 11.2 und 11.6.1). Doch
es ist Sache des Betreibers zu entscheiden, ob er die finanziellen Mittel
aufbringen
BGE 139 II 185 S. 222
will, die für die Ausführung angeordneter Massnahmen erforderlich sind, oder ob
er auf die Vornahme dieser Massnahmen verzichten und stattdessen die Anlage
ausser Betrieb nehmen will, wenn er die dazu erforderlichen finanziellen
Aufwendungen als wirtschaftlich nicht lohnend empfindet. Dieser Entscheid kann
nicht Thema der kernenergierechtlichen Aufsicht sein. Ebenso wenig kann die
Bewilligungsbehörde eine Bewilligung verweigern oder befristen mit der
Begründung, die für die Sicherheit notwendigen Aufwendungen könnten
möglicherweise für den Bewilligungsinhaber nicht lohnend sein. Unzutreffend ist
deshalb auch die Auffassung der Beschwerdegegner, das gesamthafte
Instandhaltungskonzept habe darzulegen, dass der Betreiber den unbefristeten
Langzeitbetrieb mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln und einer erreichbaren
Amortisation sicherstellen könne und wolle.

13.7 Unerfindlich ist schliesslich, inwiefern die Befristung, verbunden mit der
Forderung nach einem gesamthaften Instandhaltungskonzept zur Rechts- und
Investitionssicherheit beitragen soll, wie die Vorinstanz annimmt. Da die
Befristung einerseits praktisch zu einer Betriebseinstellung auf Ende Juni 2013
führen würde und andererseits unklar ist, was mit dem umfassenden
Instandhaltungskonzept genau gemeint ist, was mit hoher Wahrscheinlichkeit in
Zukunft zu weiteren Rechtsstreitigkeiten führen wird, ergibt sich eine mehr
oder weniger lange Phase, in welcher ungewiss ist, ob und wann das KKW
Mühleberg wieder in Betrieb genommen werden kann. Das ist weder der Rechts-
noch der Investitionssicherheit förderlich.

13.8 Soweit die Anforderungen der Vorinstanz über das hinausgehen, was die
Aufsichtsbehörden im Rahmen der laufenden Aufsicht ohnehin schon verlangen (E.
13.4), haben sie keine gesetzliche Grundlage und vermögen die Befristung nicht
zu rechtfertigen.

14. Einzelne Sicherheitsfragen

14.1 Zu prüfen bleibt, ob die von der Vorinstanz genannten drei konkreten
offenen Sicherheitsfragen (vgl. oben E. 5.2.2) eine Befristung auf Mitte 2013
rechtfertigen. Es ist unbestritten, dass die Aufsichtsbehörde zu diesen drei
Fragekreisen offene Fragen identifiziert und von der BKW dazu weitere Prüfungen
und Massnahmen verlangt hat. Wie dargelegt (E. 11.7), rechtfertigt dies allein
eine Befristung aber nicht. Die Vorinstanz hat sich nicht ansatzweise
inhaltlich mit der Beurteilung durch das ENSI bzw. das UVEK auseinandergesetzt
BGE 139 II 185 S. 223
und nicht begründet, weshalb sie von dieser Beurteilung abweicht. Dies
entspricht nicht dem Grundsatz, wonach ein Gericht von der Beurteilung einer
fachkompetenten Fachstelle nur aus triftigen Gründen abweichen soll (vgl. oben
E. 9.3). Die Vorinstanz hat insbesondere nicht begründet, weshalb die offenen
Sicherheitsaspekte derart gewichtig sein sollen, dass ihre Behebung nicht durch
die laufende Aufsicht gesichert werden könnte. Sie hat nicht geprüft, ob die
angeordneten oder allenfalls noch anzuordnenden Massnahmen in den
Zuständigkeitsbereich der Bewilligungs- oder der Aufsichtsbehörde fallen, ob
sie zwingende Sicherheitsanforderungen oder den ALARA-Bereich betreffen und ob
es sich um Massnahmen handelt, mit denen eine Verschlechterung der Anlage
kompensiert werden, oder um solche, mit denen die Anlage an erhöhte
Anforderungen angepasst werden soll. Diese Aspekte sind im Folgenden zu
diskutieren, wobei auch die Rügen der Beschwerdeführer bezüglich
Gehörsverletzung und offensichtlich unrichtiger Sachverhaltsfeststellung zu
prüfen sind.

14.2 Kernmantel

14.2.1 Hinsichtlich der Kernmantelrisse hat sich die Vorinstanz auf das
Gutachten der TÜVNORD EnSys GmbH vom Dezember 2006 gestützt und daraus
gefolgert, es bestünden erhebliche Zweifel an der Sicherheit des heutigen
Zustands des Kernmantels und diese Mängel liessen sich nicht ohne grösseren
Aufwand beheben. Die Beschwerdeführer rügen, die gutachterliche Stellungnahme,
auf welche sich die Vorinstanz stütze, basiere auf einem Szenario, welches
nicht der Realität entspreche.

14.2.2 Die Rüge ist begründet: Das Gutachten führt aus:
"Für die in diesem Gutachten durchzuführende Bewertung sollen ein vollständiger
Durchriss der horizontalen Schweissnähte am Kernmantel unterstellt sowie die
Anforderungen an die Zugankerkonstruktion im Sinne einer abschliessenden
Reparaturmassnahme beurteilt werden. Der Zustand, Zugankerkonstruktion und
durchgerissene horizontale Schweissnähte, wird als Szenario lV bezeichnet."
In der Zusammenfassung wird unter "Begutachtungsumfang und Vorgehensweise"
dargelegt:
"Erst beim Szenario IV ersetzen die Zuganker die Funktion der horizontalen
Schweissnähte."
Die von der Vorinstanz zugrunde gelegte abschliessende Bewertung des Gutachtens
führt einleitend aus:
BGE 139 II 185 S. 224
"Durch den Kernmantel sind Sicherheitsfunktionen zu erfüllen. Die
Sicherheitsfunktionen, die zurzeit durch den Kernmantel gewährleistet werden,
sind bei Szenario lV durch die Kernmantel-Zugankerkonstruktion zu erfüllen."
Die von der Vorinstanz zitierte gutachterliche Folgerung, die Integrität der
Zugankerkonstruktion könne nicht uneingeschränkt vorausgesetzt werden, beruht
somit auf der Prämisse eines vollständigen Durchrisses der horizontalen
Schweissnähte am Kernmantel und auf der Annahme, dass die Zuganker im Sinne
einer abschliessenden Reparaturmassnahme für solche Durchrisse beurteilt
werden. Die Vorinstanz hat selber auf die Mitteilung des ENSI vom 26. September
2011 auf dessen Homepage hingewiesen, wonach die zusätzlichen
Sicherheitsnachweise für die Zuganker nur für den Fall angeordnet werden, dass
die Gesamtrisslänge oder Einzelrisse so lang würden, dass die
Zugankerkonstruktionen für den Erhalt der Sicherheitsfunktion notwendig wird.
In dieser Stellungnahme wird auch - was die Vorinstanz nicht wiedergibt -
ausgeführt, dass die Risse weniger tief als bisher angenommen und definitiv
nicht wanddurchdringend sind und dass der Kernmantel trotz der vorhandenen
Risse seine Funktion weiterhin erfüllt. Auch das Gutachten TÜVNORD, auf welches
sich die Vorinstanz stützt, bezeichnet den gegenwärtigen Zustand
(Zugankerkonstruktion und Risse) als Szenario III (vgl. dazu auch HSK 11/1100
S. 10-6 - 10-11) und führt aus:
"Im Szenario III, das den angerissenen Kernmantel mit eingebauter
Zugankerkonstruktion beschreibt, dient diese als zusätzliche lastabtragende
Konstruktion. Ein vollständiger Durchriss einer Schwei[ss]naht als Postulat ist
im Szenario lll jedoch nicht zu unterstellen, da durch die wiederkehrenden
Prüfungen an den Schwei[ss]nähten das Risswachstum verfolgt und die Annäherung
an eine kritische Risslänge erkannt wird, so dass rechtzeitig betriebliche Ma
[ss]nahmen eingeleitet werden können. Die Zugankerkonstruktion ist daher eine
zusätzliche absichernde Ma[ss] nahme. Nach Aussage der Betreiberin /S 1-61/und
der Expertise des TÜV Energie Consult /S 1-7/wurde in der Vergangenheit für die
ungestörte Zugankerkonstruktion der Nachweis des Lastabtrages für das
Lastkollektiv aus betrieblichen Lasten und Störfalllasten selbst bei einem
Durchriss der mittleren Schwei[ss]naht geführt. lm Szenario III kann der
Kernmantel noch alle zu betrachtenden Lastfälle ohne die Zugankerkonstruktion
abtragen, so dass ein Versagen einer Zugankerkonstruktion aus diesem Grunde
ebenfalls ohne signifikante Auswirkungen bleibt."
Diese gutachterliche Beurteilung des aktuellen Zustands entspricht derjenigen,
welche die HSK in HSK 11/1100 (S. 10-4 ff.) gegeben hatte. Weder die Vorinstanz
noch die Beschwerdegegner nennen Gründe, welche es rechtfertigen würden, von
dieser fachlich
BGE 139 II 185 S. 225
abgestützten gutachterlichen Beurteilung abzuweichen. Die Zuganker erfüllen
somit aktuell keine Sicherheitsfunktion; die Prämisse, auf welcher die von der
Vorinstanz zitierte Schlussfolgerung des Gutachtens TÜVNORD beruht, ist damit
nicht erfüllt.

14.2.3 Die Beschwerdegegner bestreiten die Angaben zur aktuellen Risslänge, die
in der Beschwerde des UVEK wiederholt werden, als solche nicht, sondern
basieren ihre ausführliche Kritik an der Zugankerkonstruktion auf Umstände,
welche für das Szenario IV zutreffen mögen, aber nichts über den aktuellen
Zustand aussagen. Soweit sie sich auf die Kriterien für die vorläufige
Ausserbetriebnahme gemäss Art. 44 KEV bzw. der Ausserbetriebnahmeverordnung
berufen, legen sie nicht dar, dass und inwiefern eines dieser Kriterien erfüllt
sein soll. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass der Kernmantel zu den
druckführenden mechanischen Ausrüstungen der Sicherheitsklasse 1 gehört (was
nach der Darlegung des ENSI nicht zutrifft), wäre das
Ausserbetriebnahmekriterium von Art. 5 Abs. 2 Ausserbetriebnahmeverordnung
(wanddurchdringende Risse) nach der dargelegten fachlichen Beurteilung nicht
erfüllt.

14.2.4 Fehl geht die Argumentation der Beschwerdegegner, es wäre unerklärlich,
weshalb das ENSI denn überhaupt ein Gutachten zum Szenario IV eingeholt habe,
wenn es irrelevant sein soll. Es ist sinnvoll, Szenarien zu prüfen für den (in
Zukunft eventuell eintreffenden) Fall, dass die Risse wanddurchdringend werden.
Das heisst aber nicht, dass die für dieses Szenario zutreffenden Folgerungen
auch bereits in einem Zustand massgebend sind, in dem dies nicht zutrifft.
Deshalb muss dieses Szenario, das aktuell nicht vorliegt, auch nicht
deterministisch beherrscht werden. Das ENSI bzw. bereits die frühere HSK hat
zwar die Zuganker nicht als Lösung für den Langzeitbetrieb akzeptiert (HSK 11/
1100 S. 10-8 ff.). Solange die Zuganker noch keine Sicherheitsfunktion
wahrnehmen, ist dies eine zusätzliche Vorsorgemassnahme im ALARA-Bereich und
vermag eine Befristung auf Ende Juni 2013 nicht zu rechtfertigen (vgl. oben E.
11.5.3 und 11.6.2). Es genügt, mittels der laufenden Aufsicht die Situation zu
beurteilen und gegebenenfalls aufsichtsrechtlich zu intervenieren, falls die
Zuganker dereinst eine Sicherheitsfunktion zu übernehmen haben sollten, der sie
nicht gewachsen sind. Nötigenfalls wäre allenfalls der Kernmantel zu ersetzen.
Ob dies durch Freigabe der Aufsichtsbehörde angeordnet werden kann oder ob dazu
eine Bewilligung nötig wäre, braucht nicht jetzt entschieden zu werden.
Offensichtlich unbegründet ist jedenfalls das
BGE 139 II 185 S. 226
Vorbringen der Beschwerdegegner, dafür wäre eine erneute Rahmenbewilligung
erforderlich, werden doch durch den Austausch des Kernmantels die im
Rahmenbewilligungsgesuch festzulegenden Elemente von Kernreaktoren, deren
Änderung einer Rahmenbewilligung bedürfte (Art. 14 Abs. 2 lit. a und Art. 65
Abs. 1 KEG), nicht geändert.

14.2.5 Es ist willkürlich, wenn die Vorinstanz ihre Folgerung, wonach
erhebliche Zweifel an der Sicherheit "des heutigen Zustandes" des Kernmantels
bestehen, auf gutachterliche Schlussfolgerungen abstellt, welche auf Prämissen
beruhen, die aktuell unbestritten nicht vorliegen. Der Kernmantel und die
Zugankerkonstruktion stellten somit entgegen der Auffassung der Vorinstanz im
heutigen Zustand keine offene Sicherheitsfrage dar, die nicht mit der laufenden
Aufsicht kontrolliert werden könnte, und es besteht kein Grund zur Annahme,
dass sich dies ab Mitte 2013 ändert. Die Befristung der Bewilligung lässt sich
damit nicht begründen (vgl. E. 11.7).

14.3 Erdbebengefährdung

14.3.1 Die Vorinstanz begründet ihre Annahme, es seien bezüglich der
Erdbebengefährdung bedeutsame sicherheitsrelevante Fragen offen, einerseits mit
einem von den heutigen Beschwerdegegnern am 5. Dezember 2011 eingereichten
Bericht zur Erdbebensicherheit aus dem Jahre 2011 (GHANAAT/HASHIMOT/ZUCHUAT/
KENNEDY, Seismic fragility of Mühleberg dam using nonlinear analysis with latin
hypercube simulation, publiziert im Rahmen einer Konferenz der U.S. Society on
Dams, 21^st Century Dam Design - Advances and Adaptations, 31^st Annual USSD
Conference, San Diego, California, April 11-15, 2011), andererseits damit, dass
die HSK in ihrem Bericht von 2007 (HSK 11/1100) sowie das ENSI nach den
Ereignissen von Fukushima Überarbeitungen der seismischen Beurteilung verlangt
hätten, dass aber die vom ENSI geforderten Nachweise von diesem noch nicht
beurteilt seien.

14.3.2 Vorab ist dazu festzuhalten, dass mit der damit angesprochenen
Erdbebengefährdung das KKW Mühleberg nicht direkt bedroht wird, sondern
dadurch, dass die oberhalb des KKW Mühleberg gelegene Staumauer des Wohlensees
brechen könnte und dadurch das KKW Mühleberg überflutet würde. Die Stauanlagen
unterliegen ebenfalls einer Sicherheitsaufsicht und müssen gegen
Erdbebengefährdung ausgelegt sein (Art. 3^bis Wasserbaupolizeigesetz [AS 1953
950 f.]; Stauanlagenverordnung [SR 721.101.1], v.a. Art. 3 Abs. 1 und
BGE 139 II 185 S. 227
Art. 17 Abs. 1 sowie Art. 21). Sollte die Erdbebensicherheit der
Wohlenseestaumauer ungenügend sein, so hätten aufgrund des Störerprinzips (BGE
136 I 1 E. 4.4.3 S. 11; BGE 122 II 65 E. 6a S. 70; BGE 118 Ib 407 E. 4c S. 414
f.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 523 f.) die Sicherheitsmassnahmen in
erster Linie beim Wasserkraftwerk anzusetzen. Dessen ungeachtet wurde die
Erdbebensicherheit der Stauanlage Wohlensee seit je in die
Sicherheitsbeurteilung des KKW Mühleberg einbezogen.
Die Vorinstanz geht - mit Recht - nicht davon aus, es seien tatsächliche
Veränderungen eingetreten, welche das Erdbebenrisiko objektiv erhöht hätten.
Fraglich ist bloss, ob dieses Risiko nach heutigen Erkenntnissen höher ist als
früher angenommen. Anders als in Bezug auf die Frage des Kernmantels geht es
hier somit nicht um Aspekte der Anlagenalterung, sondern um einen Fall der
nachträglichen Anpassung der Anlage an geänderte Erkenntnisse (vgl. E. 11.6.2).
Es ist unbestritten, dass das ENSI im Nachgang der Ereignisse in Fukushima
zusätzliche Nachweise zur Erdbebensicherheit verlangt hat, dass aber im
Zeitpunkt des angefochtenen Urteils diese Nachweise noch nicht vorlagen und vom
ENSI deshalb auch nicht geprüft worden sind. Dies kann aber für sich allein
eine Befristung nicht rechtfertigen. Massgebend ist, ob ohne diese Nachweise
die Sicherheitsanforderungen (E. 11.5.1 und 11.5.2) erfüllt sind oder nicht.

14.3.3 In der von der Vorinstanz nur sehr selektiv zitierten Stellungnahme der
HSK vom November 2007 (HSK 11/1100) war diese zur Gesamtbeurteilung gekommen,
dass die Voraussetzungen für einen sicheren Weiterbetrieb erfüllt seien; damit
die Anlage der Erfahrung und dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik
noch besser entspreche, habe sie aber vom Betreiber verschiedene
Verbesserungsmassnahmen gefordert. Die Gründe für diese Forderungen stellten
aber den sicheren Betrieb der Anlage nicht in Frage (S. 11-13). Diese
Verbesserungsvorschläge betrafen u.a. die Erdbebensicherheit. Die HSK war zum
Ergebnis gekommen, der deterministische Sicherheitsnachweis (d.h. die
Einhaltung der Dosisgrenzwerte gemäss StSV) für alle Auslegungsstörfälle sei
erbracht, auch für das bisher geltende Sicherheitserdbeben, wobei dieses in die
Störfallkategorie 3 klassiert wurde, sodass der Grenzwert von 100 mSv galt (S.
7-75 ff., 11-11; vgl. oben E. 11.5.1). Mit dem Projekt PEGASOS seien neue
Grundlagen zur standortspezifischen Erdbebengefährdung erarbeitet worden (S.
6-4), womit sich ergebe, dass das der Auslegung zugrunde gelegte Erdbeben mit
einer höheren
BGE 139 II 185 S. 228
Häufigkeit auftrete als bisher angenommen. Auch mit diesen verschärften
Annahmen sei aber die Einordnung des Sicherheitserdbebens in die
Störfallkategorie 3 unter Berücksichtigung eines Einzelfehlers korrekt. Für den
Störfall ohne Berücksichtigung eines Einzelfehlers sei der Nachweis noch zu
erbringen (S. 7-43 f., 11-11, 11-14 Forderung 11).

14.3.4 Das UVEK hat in seiner Verfügung vom 17. Dezember 2009 erwogen, die
geforderte Analyse sei inzwischen eingereicht und ergebe eine Dosis von 0,63
mSv, womit die Anforderungen auch für die Störfallkategorie 2 eingehalten
seien. Das ENSI habe diese Analyse noch nicht abschliessend beurteilt, sei aber
mit dem Vorgehen der BKW grundsätzlich einverstanden. Da der Betriebszustand,
der zu höheren Dosen als 1 mSv führen könnte, nur an 10 Tagen pro Jahr zulässig
sei, sei die Eintretenswahrscheinlichkeit kleiner als 10^-4 /J, womit das
Szenario in die Störfallkategorie 3 gehöre. Diese Beurteilung ist einleuchtend.
Auf dieser Grundlage ist mit der von der BKW errechneten Dosis von 0,63 mSv der
massgebende Grenzwerte von 100 mSv (Art. 94 Abs. 5 StSV) mit einer sehr hohen
Sicherheitsmarge eingehalten; er würde nur überschritten, wenn die Analyse der
BKW um ca. Faktor 160 zu tief wäre. Solches wird von keiner Seite dargelegt.

14.3.5 In Bezug auf auslegungsüberschreitende Störfälle ist der Stellungnahme
der HSK von 2007 zu entnehmen, dass die von der BKW ermittelte
Kernschmelzhäufigkeit bei ca. 1,2 x 10^-5 /J liegt, wovon der Anteil des
Erdbebens 4,77 x 10^-6 /J oder 40,2 % beträgt (S. 8-28). Diese PSA
(Probabilistische Sicherheitsanalyse [vgl. Art. 33 Abs. 1lit. a KEV]) vermochte
jedoch die HSK namentlich in Bezug auf die seismische Komponente nicht zu
überzeugen, weshalb sie eineÜberarbeitung bis 31. Dezember 2008 verlangte (HSK
11/1100 S. 8-22 - 8-25, 8-28 - 8-31, 8-54 f., 11-12, 11-17 lit. h). Dabei ist
allerdings zu bemerken, dass eine erhebliche Sicherheitsmarge besteht: Selbst
wenn die Wahrscheinlichkeit einer seismisch verursachten Kernschmelzhäufigkeit
zehnmal höher wäre als von der BKW angenommen (sie also 4,77 x 10^-5 /J wäre),
wäre die gesamte Kernschmelzhäufigkeit mit rund 5,5 x 10^-5 /J immer noch unter
dem Grenzwert von Art. 12 Abs. 1 lit. a Gefährdungsannahmenverordnung. Die
heutigen Beschwerdegegner haben selber im Verfahren vor dem UVEK eine
Kernschmelzhäufigkeit infolge Erdbebens von 4,8 x 10^-6 /J geltend gemacht; im
Verfahren vor der Vorinstanz haben sie eine Studie eingelegt, wonach sich die
Erdbebenkernschadenshäufigkeit
BGE 139 II 185 S. 229
gegenüber den früheren Annahmen ungefähr verdreifacht habe und die
Gesamtkernschadenshäufigkeit 2,48 x 10^-5 /J betrage. Auch damit wäre der
Grenzwert deutlich eingehalten. Die Kritik der Beschwerdegegner beruht auf der
unzutreffenden (vorne E. 11.5.3) Annahme, dass für jeden denkbaren Fall ein
deterministischer Sicherheitsnachweis erbracht werden müsse.

14.3.6 In Bezug auf die Überflutung ergibt sich aus der PSÜ, dass die Anlage
auf eine Überflutung von 6 Metern ausgelegt sei (HSK 11/1100 S. 7-45 f.). Im
Rahmen der Prüfung auslegungsüberschreitender Störfälle war die BKW davon
ausgegangen, dass bei einem Bruch der Wohlenseestaumauer eine Überflutung des
Kraftwerkareals von 3,8 m erfolgen könne, wobei davon ausgegangen wurde, dass
ein komplettes Versagen der Staumauer ausgeschlossen werden könne. Diese
Annahme erschien der HSK zu optimistisch, weshalb sie die Forderung aufstellte,
die verschiedenen Versagensmechanismen seien mit modernen Mechanismen zu
analysieren und die Unfallablaufmodellierung detailliert im PSA-Modell zu
implementieren (HSK 11/1100 S. 8-27, 11-17 Forderung j).

14.3.7 Die Vorinstanz zitiert den erwähnten Bericht zur Erdbebensicherheit
(vgl. E. 14.3.1) mit der Aussage, die Wohlenseestaumauer halte einem
10'000-jährlichen Erdbeben nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 15 stand
(angefochtener Entscheid E. 5.3.1.2). Das UVEK rügt, die Vorinstanz habe diesen
Bericht falsch zitiert. Der Vorwurf trifft zu: In Wirklichkeit sagt der Bericht
das Gegenteil, nämlich dass die Staumauer dem 10'000-jährlichen Erdbeben mit
einer Wahrscheinlichkeit von 14 zu 15 standhält. Dies ist entgegen der
Auffassung der Beschwerdegegner nicht irrelevant: Es bedeutet nämlich, dass das
Szenario "Bruch der Staumauer infolge eines 10'000-jährlichen Erdbebens" nur
mit einer Wahrscheinlichkeit von 6,7 x 10^-6 (1/15 x 10^-4 /J) pro Jahr zu
erwarten ist. Das Szenario muss damit probabilistisch bewertet werden, während
es für den (deterministischen) Nachweis des ausreichenden Schutzes nicht
berücksichtigt werden muss (Art. 5 Abs. 3 und 4 Gefährdungsannahmenverordnung;
oben E. 11.5.2).

14.3.8 Im Gefolge von Fukushima wurden weitere Überprüfungen vorgenommen, wie
das rechtlich vorgeschrieben ist (Art. 2 Abs. 1 lit. c
Ausserbetriebnahmeverordnung). Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, der
bisherige Zustand der Anlage erfülle die Bewilligungsvoraussetzungen nicht.
Wird sich aufgrund dieser
BGE 139 II 185 S. 230
Überprüfung erweisen, dass die Anforderungen an die Erdbebensicherheit aufgrund
neuer Erkenntnisse nicht erfüllt sind, so wird eine angemessene Frist für die
Nachrüstung anzuordnen sein (vgl. E. 11.6.2). Kann oder will der Betreiber
diese Nachrüstung nicht vornehmen, so wird die Bewilligung zu entziehen sein,
unabhängig davon, ob sie jetzt befristet ist oder nicht. Wird sich hingegen
erweisen, dass die Anforderungen erfüllt sind oder mit Nachrüstungen erfüllt
werden können, so besteht kein Grund für eine Befristung. Die allfälligen
Mängel können somit durch aufsichtsrechtliche Mittel behoben werden, so dass
sich eine Befristung nicht rechtfertigt.

14.4 Kühlung

14.4.1 Die Vorinstanz führt aus, die Kühlung des KKW Mühleberg sei zurzeit
ungenügend abgesichert; also lägen auch diesbezüglich ungeklärte
sicherheitsrelevante Aspekte vor, deren Behebung nicht durch die laufende
Aufsicht gesichert werden könne. Zur Begründung führt sie aus, es sei schon
seit 1990/1991 bekannt, dass keine alternative Kühlung bestehe, falls die
Kühlung durch die Aare versage. Das ENSI habe dies nach den Ereignissen von
Fukushima beanstandet und alle KKW aufgefordert, bis zum 31. August 2011
Massnahmen vorzuschlagen, wie die genannten Schwachstellen behoben werden
sollen. Die BKW rechne damit, nach Freigabe des Konzepts 36 Monate für dessen
Realisierung zu benötigen.

14.4.2 Es ist unbestritten, dass das KKW Mühleberg über das Notstandssystem
SUSAN verfügt, welches nach einer Betriebsstörung oder einem Störfall die
Wärmeabfuhr sicherstellen soll, und dass auch für das Notstandssystem die Aare
als Kühlmittelversorgung dient. In der von der Vorinstanz erwähnten, aber nur
sehr selektiv wiedergegebenen Verfügung des ENSI vom 5. Mai 2011 führt dieses
aus, die Kühlmittelversorgung für das Notstandssystem sei infolge der
Konstruktion und der grossen räumlichen Verteilung der Ein- und Auslaufwerke
genügend gegen Verstopfung oder Verunreinigung geschützt. Es kommt zum
Ergebnis, dass keine kurzfristige Massnahme notwendig sei, da das KKW Mühleberg
mit dem Notstandssystem über eine Sicherheitseinrichtung verfüge, die für die
Auslegungsstörfälle Erdbeben und Überflutungen einen ausreichenden Schutz
böten. Im Sinne der Vorsorge seien jedoch Vorkehren zu treffen, die zu einer
weiteren Verminderung der Gefährdung beitragen könnten, soweit sie angemessen
seien. Deshalb sei die Forderung nach einer von der Aare diversitären und
verstopfungssicheren Kühlwasserversorgung entsprechend Art. 4 Abs. 3 lit. b KEG
BGE 139 II 185 S. 231
gerechtfertigt. Nach der Beurteilung des ENSI, auf welche die Vorinstanz
abstellt, ist somit die diversitäre Kühlwasserversorgung nicht eine zwingende
Sicherheitsanforderung, sondern ein Element der Vorsorge im ALARA-Bereich. Die
Vorinstanz nennt kein Argument, welches eine Abweichung von dieser Beurteilung
durch die Fachbehörde begründen könnte. Der Bericht von Dipl.-Ing. A., auf den
sich die Beschwerdegegner berufen, befürchtet einen Ausfall der Notsysteme für
den Fall eines Bruchs der Wohlenseestaumauer. Das befürchtete Szenario kann
daher keine höhere Wahrscheinlichkeit haben als dieser Staumauerbruch und es
gilt dasselbe wie für diesen (dazu E. 14.3.7). Die Vorinstanz legt nicht dar,
dass und inwiefern bei der bisherigen Konfiguration der Anlage die
grundlegenden Schutzziele (Art. 1 lit. d sowie Art. 2 der
Gefährdungsannahmenverordnung) oder der Stand der Nachrüsttechnik (Art. 22 Abs.
2 lit. g KEG) nicht eingehalten sein sollen. Das wird auch von den
Beschwerdegegnern nicht belegt.

14.4.3 Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könnte damit eine
Bewilligungsbefristung bzw. Ausserbetriebnahme des KKW Mühleberg auf Ende Juni
2013 nicht begründet werden. Wie mehrfach dargelegt, kann aus dem Umstand
allein, dass die Aufsichtsbehörde die Prüfung oder Vornahme zusätzlicher
Massnahmen anordnet, noch nicht gefolgert werden, dass die Anlage bisher die
Sicherheitsanforderungen nicht erfüllt hätte. Nachdem gemäss den Feststellungen
der Vorinstanz der angebliche Mangel seit mehr als zwanzig Jahren bekannt ist,
geht es bei den angeordneten Massnahmen nicht darum, eine Verschlechterung des
Sicherheitszustands zu beheben oder die Anlage neuen Erkenntnissen anzupassen,
sondern darum, dass die Behörden einen bisher als genügend sicher beurteilten
Zustand heute anders bewerten und deshalb eine Nachrüstung anordnen. Dafür ist
eine angemessene Frist einzuräumen, sofern nicht unmittelbare Gefahr droht
(dazu E. 10.2.3 und 11.6.2). Wie die Vorinstanz selber festgestellt hat und
auch seitens der Beschwerdegegner nicht bestritten ist, hat das ENSI eine von
der Aare unabhängige Kühlmittelversorgung bereits verlangt. Das belegt, dass
die laufende Aufsicht durch das ENSI ein geeignetes Instrument ist, um die
verschärfte Sicherheitsanforderung durchzusetzen. Es gibt keinen Grund zur
Annahme, dass die BKW diesen Anforderungen nicht nachleben wird. Es ist
unerfindlich, wie die Vorinstanz zur Auffassung kommt, der Mangel könne nicht
durch die laufende Aufsicht behoben werden.
BGE 139 II 185 S. 232

14.4.4 Die Beschwerdegegner kritisieren, dass das ENSI für die provisorischen
Nachrüstmassnahmen Accident Management Massnahmen berücksichtigt habe. Dies ist
jedoch nicht unzulässig: Art. 8 Abs. 5 i.V.m. Art. 7 lit. d KEV sieht im
Gegenteil ausdrücklich vor, dass für die probabilistische Beurteilung
auslegungsüberschreitender Störfälle auch vorbeugende und lindernde Vorkehren
im technischen, organisatorischen und administrativen Bereich berücksichtigt
werden können. Nach Art. 10 Abs. 1 lit. f KEV müssen Sicherheitsfunktionen
derart automatisiert werden, dass bei Störfällen keine sicherheitsrelevanten
Eingriffe des Personals innerhalb der ersten 30 Minuten nach dem auslösenden
Ereignis erforderlich werden. E contrario darf zur Beherrschung von Störfällen
auf spätere Eingriffe des Personals abgestellt werden.

14.5 Weitere Aspekte
Die Beschwerdegegner führen in ihrer Vernehmlassung eine Anzahl weiterer
angeblicher Mängel auf, die sie teilweise bereits vor der Vorinstanz erwähnt
hatten. Die Vorinstanz ist auf diese Vorbringen nicht im Detail eingegangen. Es
erübrigt sich auch im Verfahren vor Bundesgericht, im Einzelnen darauf
einzugehen: Die Beschwerdegegner legen nämlich nicht dar, dass und inwiefern
diese gerügten Mängel nach den dargelegten Grundsätzen (E. 11.7) eine
Befristung rechtfertigen würden.