Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 138 V 324



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Urteilskopf

138 V 324

40. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Bundesamt
für Sozialversicherungen gegen B. AG und Ausgleichskasse X. (Beschwerde in
öffentlich- rechtlichen Angelegenheiten)
9C_650/2011 vom 18. Juni 2012

Regeste

Art. 1a Abs. 3 EOG und Art. 23 BZG; Anspruch auf Erwerbsausfallentschädigung
bei Zivilschutzeinsätzen zu Gunsten der Gemeinschaft.
Nach dem klaren Wortlaut von Art. 1a Abs. 3 EOG knüpft der Anspruch auf eine
Entschädigung des Erwerbsausfalls ausschliesslich an die Soldberechtigung an
(E. 5.2). Diese kann in der Regel nicht in Abrede gestellt werden mit der
Begründung, die für den fraglichen Dienst erforderliche Bewilligung sei
ungenügend (oder gar nicht vorhanden), aber mit jener, die zulässige Anzahl
Diensttage sei überschritten (E. 5.3).

Sachverhalt ab Seite 324

BGE 138 V 324 S. 324

A. Z. war bei der B. AG angestellt, als er im Jahr 2008 als Kaderangehöriger
der Zivilschutzorganisation Y. insgesamt 29
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Schutzdiensttage leistete; von diesen entfielen elf Tage (3. bis 6. März und
13. bis 21. November 2008, abzüglich ein Wochenende) auf Einsätze für die
Gemeinschaft. Die entsprechende Erwerbsausfallentschädigung wurde der
Arbeitgeberin ausbezahlt. Mit Verfügung vom 3. November 2010 forderte die
Ausgleichskasse X. (nachfolgend: Ausgleichskasse) von der B. AG Fr. 1'320.95
zurück. Die dagegen erhobene Einsprache wies sie mit Entscheid vom 22. Dezember
2010 ab mit der Begründung, von den Einsätzen zu Gunsten der Gemeinschaft
könnten zwei Tage als Wiederholungskurs anerkannt werden, während neun Tage
mangels Dienstbewilligung nicht entschädigungsberechtigt gewesen seien.

B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hiess die Beschwerde der B. AG mit
Entscheid vom 30. Juni 2011 gut und hob den Einspracheentscheid vom 22.
Dezember 2010 auf.

C. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) führt Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt sinngemäss, der Entscheid
vom 30. Juni 2011 sei aufzuheben.
Die B. AG und das kantonale Gericht beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Die Ausgleichskasse verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Personen, die Schutzdienst leisten, haben für jeden ganzen Tag, für den sie
Sold im Sinne von Art. 22 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 2002 über
den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz (Bevölkerungs- und
Zivilschutzgesetz, BZG; SR 520.1) beziehen, Anspruch auf eine Entschädigung
(Art. 1a Abs. 3 EOG [SR 834.1] in Verbindung mit Art. 23 BZG).
Gemäss aArt. 27 Abs. 2 lit. c BZG (in der hier anwendbaren, bis 31. Dezember
2011 geltenden Fassung; heute Art. 27a Abs. 1 lit. b BZG) können die Kantone
Schutzdienstpflichtige u.a. für Einsätze zu Gunsten der Gemeinschaft aufbieten.
Die Kantone regeln das Aufgebotsverfahren (aArt. 27 Abs. 3 BZG; heute Art. 27a
Abs. 4 BZG) sowie die Bewilligungserteilung für die Gemeinschaftseinsätze auf
kantonaler und kommunaler Ebene (Art. 8 Abs. 1 der auf den 1. Juli 2008 in
Kraft getretenen Verordnung über Einsätze des Zivilschutzes zugunsten der
Gemeinschaft [VEZG; SR 520.14]; die Bestimmung ist
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identisch mit Art. 7 aVEZG [AS 2003 5175]). Gemäss Art. 2 VEZG (resp. Art. 2
aVEZG) können diese erbracht werden, wenn die Gesuchsteller oder
Gesuchstellerinnen ihre Aufgaben nicht mit eigenen Mitteln bewältigen können
(lit. a); der Gemeinschaftseinsatz mit dem Zweck und den Aufgaben des
Zivilschutzes übereinstimmt und der Anwendung des in der Ausbildung erworbenen
Wissens und Könnens dient (lit. b); der Gemeinschaftseinsatz private
Unternehmen nicht übermässig konkurrenziert (lit. c); und das unterstützte
Vorhaben nicht überwiegend dem Ziel der Geldmittelbeschaffung dient (lit. d).

2.2 Im Kanton Bern können nach Art. 54 lit. c des kantonalen
Bevölkerungsschutz- und Zivilschutzgesetzes vom 24. Juni 2004 (KBZG/BE; BSG
521.1) sowohl der Kanton als auch die Gemeinden Aufgebote für Einsätze zu
Gunsten der Gemeinschaft erlassen. Diese Dienstleistungen werden gemäss Art. 55
Abs. 2 KBZG/BE auf eine Woche pro Jahr beschränkt. Kader sowie Spezialistinnen
und Spezialisten können nach Art. 55 Abs. 3 KBZG/BE zusätzlich bis zu vier
Tagen aufgeboten werden. Auf freiwilliger Basis und in Absprache mit der
Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber sind länger dauernde Dienstleistungen
möglich (Art. 55 Abs. 4 KBZG/BE; vgl. zur heutigen Rechtslage Art. 27a Abs. 2
BZG). Dementsprechend konnten im Kanton Bern Schutzdienstpflichtige durch die
Gemeinde oder den Kanton grundsätzlich zeitlich unbegrenzt aufgeboten werden.
Gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. h der kantonalen Verordnung vom 27. Oktober 2004 über
den Zivilschutz (KZSV/BE; BSG 521.11; in der bis am 31. Dezember 2011 gültig
gewesenen Fassung) überprüft das Amt für Bevölkerungsschutz, Sport und Militär
(BSM) des Kantons Bern die Bewilligungen der Einsätze der
Zivilschutzorganisation zu Gunsten der Gemeinschaft anhand der VEZG. Weiter
bestimmt Art. 17 KZSV/BE, dass die Einsätze zu Gunsten der Gemeinschaft die
Vorgaben des VEZG erfüllen und vom BSM des Kantons Bern überprüft werden. Auch
wenn in den dargelegten Bestimmungen von einer "Überprüfung" (resp. in der
französischen Fassung "vérifier" und "contrôler") der Einsätze die Rede ist,
steht ausser Frage, dass das BSM des Kantons Bern letztlich die zuständige
Behörde für die Bewilligungserteilung im Sinne von Art. 8 VEZG resp. Art. 7
aVEZG ist. Nichts anderes ergibt sich aus dem vorinstanzlichen Entscheid und
auch von den Parteien wird nichts Gegenteiliges vorgebracht. Die jeweilige
Zivilschutzorganisation hat die Gemeinschaftseinsätze also vom BSM des Kantons
Bern bewilligen zu lassen. Diese Bewilligung stellt eine Verfügung dar, da sie
die Aufgebote für die
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Gemeinschaftseinsätze in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Ordnung erlaubt
(vgl. TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, §
44 Rz. 1).

2.3 Das BSV hat die Wegleitung zur Erwerbsersatzordnung für Dienstleistende und
Mutterschaft erlassen (WEO; hier relevant ist die ab 1. Juli 2005 bis 31.
Dezember 2010 geltende Fassung www.bsv.admin.ch/vollzug/documents/view/1820/
lang:deu/category:97), welche sich an die Verwaltung richtet und zwar das
Gericht nicht bindet, aber bei der Entscheidfindung zu berücksichtigen ist (BGE
133 V 587 E. 6.1 S. 591, BGE 133 V 257 E. 3.2 S. 258 f.; je mit Hinweisen).
Danach ist folgender Verfahrensablauf vorgesehen: Nach Absolvierung des
Dienstes füllt der Rechnungsführer oder die Rechnungsführerin des Zivilschutzes
(vgl. Art. 62 Abs. 3 BZG) ein bestimmtes Anmeldeformular aus und trägt im Feld
"Code der Dienstleistung" für Einsätze zu Gunsten der Gemeinschaft und für
Wiederholungskurse die Codierung "20" ein (Rz. 1030 WEO). Nachdem die Dienst
leistende Person ihre persönlichen Daten und der Arbeitgeber die Lohnangaben
eingetragen hat, erhält die Ausgleichskasse das Anmeldeformular (Rz. 1033 f.,
1045 und 1049 WEO). Diese prüft das Anmeldeformular. Gegebenenfalls sendet sie
es zur Ergänzung zurück oder verlangt weitere Unterlagen. Die Entschädigung
darf nur ausgerichtet werden, wenn der Anspruch vorschriftsgemäss geltend
gemacht wurde, die Diensttage vom Rechnungsführer oder der Rechnungsführerin
bzw. der Vollzugsstelle bescheinigt worden sind und die Voraussetzungen für den
Bezug der zutreffenden Entschädigung erfüllt sind (Rz. 1050 und 6009-6012 WEO).

3.

3.1 Unrechtmässig ausgerichtete Erwerbsausfallentschädigungen können
zurückgefordert werden (Art. 25 Abs. 1 Satz 1 ATSG [SR 830.1] in Verbindung mit
Art. 1 EOG), falls die Voraussetzungen für ein revisions- oder
wiedererwägungsweises Zurückkommen auf die formlos erfolgte (vgl. Art. 18 Abs.
2 EOG) Leistungszusprechung gegeben sind (vgl. Art. 53 Abs. 1 und 2 ATSG; BGE
122 V 367 E. 3 S. 368 f.; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 13 zu
Art. 25 ATSG).

3.2 Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen gemäss
Art. 53 Abs. 1 ATSG in prozessuale Revision gezogen werden, wenn die
versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche
neue Tatsachen entdeckt oder
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Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war.
Ausschlaggebend ist, dass das Beweismittel nicht bloss der
Sachverhaltswürdigung, sondern der Sachverhaltsfeststellung dient. Es bedarf
dazu neuer Elemente tatsächlicher Natur, welche die Entscheidungsgrundlagen als
objektiv mangelhaft erscheinen lassen (BGE 127 V 353 E. 5b S. 358 und SVR 2010
UV Nr. 22 S. 90, 8C_720/2009 E. 5.2; je mit Hinweisen).

3.3 Gemäss Art. 53 Abs. 2 ATSG kann der Versicherungsträger auf formell
rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn die
ursprüngliche Leistungszusprechung nach damaliger Sach- und Rechtslage
zweifellos unrichtig war (vgl. BGE 125 V 383 E. 3 S. 389; BGE 119 V 475 E. 1c
S. 480 mit Hinweisen; Urteil 8C_769/2010 vom 12. November 2010 E. 2.2) und ihre
Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. Vorausgesetzt ist, dass kein
vernünftiger Zweifel an der Unrichtigkeit der Verfügung möglich, also nur
dieser einzige Schluss denkbar ist (Urteile 9C_418/2010 vom 29. August 2011 E.
3.2; 9C_575/2007 vom 18. Oktober 2007 E. 2.2; je mit Hinweisen). Dieses
Erfordernis ist in der Regel erfüllt, wenn eine Leistungszusprache aufgrund
falscher Rechtsregeln erfolgt ist oder wenn massgebliche Bestimmungen nicht
oder unrichtig angewandt wurden.

4. Die Vorinstanz hat eine Verwirkung des Rückforderungsanspruches verneint,
was von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten wird. Sie ist der Auffassung,
mit dem Abstempeln der Dienstpläne durch das zuständige kantonale Amt seien die
Einsätze zu Gunsten der Gemeinschaft bewilligt worden. Somit seien diese
"soldberechtigt", weshalb die Erwerbsausfallentschädigung zu Recht ausgerichtet
worden sei.
Das BSV macht geltend, für die Einsätze zu Gunsten der Gemeinschaft liege keine
gültige Bewilligung vor, da die zuständige kantonale Behörde im Zeitpunkt der
Bewilligungserteilung die materiellen Voraussetzungen gemäss Art. 2 VEZG (E.
2.1) nicht lediglich aufgrund des Dienstkalenders habe beurteilen können.

5.

5.1 Das Beschwerde führende BSV beruft sich nicht auf neue Tatsachen oder
Beweismittel im Sinne von Art. 53 Abs. 1 ATSG. Solche sind auch sonst nicht
ersichtlich, weshalb eine prozessuale Revision ausser Betracht fällt.
Nachfolgend ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung
gegeben sind.
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5.2

5.2.1 Nach dem klaren Wortlaut von Art. 1a Abs. 3 EOG (vgl. E. 2.1) knüpft der
Anspruch auf eine Entschädigung des Erwerbsausfalls ausschliesslich an die
Soldberechtigung gemäss Art. 22 Abs. 1 BZG an. Vom klaren, d.h. eindeutigen und
unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, u.a.
dann nämlich, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den
wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der
Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem
Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben (BGE 134 V 208 E. 2.2 S. 211 mit
Hinweisen).

5.2.2 Ein Anspruch auf Sold bestand u.a. für Einsätze zu Gunsten der
Gemeinschaft nach einem Aufgebot nach aArt. 27 Abs. 2 lit. c BZG (Art. 4 Abs. 1
lit. a der Verordnung vom 5. Dezember 2003 über den Zivilschutz
[Zivilschutzverordnung, ZSV; SR 520.11] in der bis 31. Dezember 2011 geltenden
Fassung; vgl. E. 2.1). Die Schutzdienstpflichtigen haben gemäss den Anordnungen
der aufbietenden Stelle einzurücken (Art. 7 ZSV; vgl. Art. 26 Abs. 1 BZG).
Leisten sie dem Aufgebot nicht Folge, droht ihnen eine Freiheits- oder
Geldstrafe (Art. 68 Abs. 1 lit. a BZG). Personen, die für einen Einsatz zu
Gunsten der Gemeinschaft von der zuständigen Behörde aufgeboten werden und
diesem tatsächlich Folge leisten, wird ein Sold ausgerichtet.

5.2.3 Die Soldausrichtung an den Schutzdienstleistenden bezweckt eine zumindest
teilweise Abgeltung der Kosten, die ihm aus der Erfüllung der Bürgerpflicht
erwachsen. Dies geht jedenfalls für den militärischen Bereich aus der
Marginalie "Versorgung" von Art. 29 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 3. Februar
1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz, MG; SR 510.10)
hervor. Den Materialien zur Zivilschutzgesetzgebung lässt sich hierzu nichts
entnehmen (vgl. Botschaft vom 17. Oktober 2001 zur Totalrevision der
Zivilschutzgesetzgebung, BBl 2002 1685, 1711 zu Art. 22; Botschaft vom 18.
August 1993 zur Revision der Zivilschutzgesetzgebung, BBl 1993 III 825, 855 zu
Art. 22). Mit der Erfüllung der Dienstpflicht ist aber auch ein Erwerbsausfall
zu gewärtigen, den (teilweise) zu kompensieren die Entschädigung nach EOG
bezweckt. Damit besteht ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Sold und
Erwerbsausfallentschädigung.

5.2.4 In systematischer Hinsicht ist die Zusammenarbeit zwischen der
Ausgleichskasse und der Zivilschutzbehörde (Art. 62 Abs. 3 BZG)
BGE 138 V 324 S. 330
vergleichbar mit jener zwischen Ausgleichskasse und kantonaler Steuerbehörde.
Deren Angaben über das Einkommen und im Betrieb investierte Eigenkapital von
Selbstständigerwerbenden bilden Grundlage für die Bemessung von
Sozialversicherungsbeiträgen und sind für die Ausgleichskasse verbindlich (Art.
23 Abs. 4 AHVV [SR 831.101]). Ebenso wie diese damit von spezifisch
steuerlichen Abklärungen befreit ist, muss sie sich auch grundsätzlich auf die
Angaben der zuständigen Organe des Zivilschutzes verlassen können. Diese
Auffassung scheint auch das BSV insofern zu teilen, als die WEO lediglich
kassenspezifische Aufgaben wie die Prüfung des Anmeldeformulars, die Auswahl
der zutreffenden Entschädigungsart und die Bemessung der Entschädigung
konkretisiert. Dass die Ausgleichskasse in zivildienstrechtlicher Hinsicht
nichts anderes als die - vom Rechnungsführer zu bescheinigende -
Soldberechtigung zu prüfen hat, gilt namentlich in Bezug auf die
Dienstbewilligung für Gemeinschaftseinsätze (E. 2.1), zumal eine
Ausgleichskasse für deren Beurteilung in der Regel weder über die notwendigen
Fachkenntnisse verfügt, noch mit den örtlichen Gegebenheiten in allen 26 in
Betracht fallenden Kantonen vertraut ist. Nach dem Gesagten ist kein Grund für
ein Abweichen vom klaren Wortlaut des Art. 1a Abs. 3 EOG ersichtlich.

5.3

5.3.1 Fraglich ist, ob eine ungenügende oder gar fehlende Bewilligung des
Gemeinschaftseinsatzes der Soldberechtigung und damit dem Anspruch auf
Entschädigung des Erwerbsausfalls entgegensteht. Eine Bewilligung dient im
Allgemeinen dazu, eine private Tätigkeit präventiv auf ihre Übereinstimmung mit
dem anwendbaren Recht hin zu überprüfen. Wird eine bestimmte Tätigkeit einer
Bewilligungspflicht unterstellt, darf sie nur unter der Bedingung aufgenommen
werden, dass die Behörde vorweg die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen
geprüft hat (TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., § 44 Rz. 2). Die
Bewilligungspflicht für Einsätze des Zivilschutzes zu Gunsten der Gemeinschaft
(Art. 8 Abs. 1 VEZG) dient - auch wenn sie für die aufbietende Behörde gilt und
keine private Tätigkeit betrifft - der Sicherstellung, dass solche Einsätze den
materiellen Anforderungen von Art. 2 VEZG (E. 2.2) genügen. Zwar hat die
aufbietende Stelle vor dem Aufgebot eine Bewilligung für die
Gemeinschaftseinsätze einzuholen und ist sie verpflichtet, die
Schutzdienstpflichtigen nur im Rahmen der erteilten Bewilligung einzusetzen
(vgl. Art. 8 VEZG). Jedoch ändert selbst das Fehlen der erforderlichen
Dienstbewilligung grundsätzlich nichts am Soldanspruch
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- und am Erwerbsausfall - des Schutzdienstpflichtigen: Die Bewilligungspflicht
beschlägt nicht das Rechtsverhältnis zwischen der aufbietenden Stelle und dem
Dienstpflichtigen; sie betrifft das Zusammenwirken zweier Behörden eines
Kantons. Zudem ist es nicht Sinn und Zweck der Soldberechtigung, die
Rechtmässigkeit des Diensteinsatzes zu garantieren (E. 5.2.3). Ausserdem hat
der Schutzdienstpflichtige in der Regel gar keine Kenntnis vom
Bewilligungsverfahren, und ein Aufgebot für einen unbewilligten
Gemeinschaftseinsatz entbindet ihn für gewöhnlich nicht von der Dienstpflicht.
Namentlich angesichts der Strafdrohung (E. 5.2.2) muss er vielmehr darauf
vertrauen dürfen, dass die aufbietende Stelle rechtmässig vorgegangen ist und
dass die wirtschaftlichen Folgen der Dienstleistung durch Sold- und
Entschädigungszahlungen kompensiert werden.
In anderen, ähnlich gelagerten Fällen verwies das Bundesgericht auf die
Missbrauchsgefahr bei Einsätzen zu Gunsten der Gemeinschaft und hielt
diesbezüglich eine erhöhte Aufmerksamkeit der Ausgleichskasse für geboten
(Urteile 9C_534/2009 vom 4. Februar 2010 E. 3.4.2 und 9C_1057/2008 vom 4. Mai
2009 E. 4.4.2). Diese Erwägungen stehen im Kontext der Frage nach der
Verwirkung der Rückforderung und es lässt sich auch daraus nicht folgern, dass
eine fehlende Dienstbewilligung den Soldanspruch ausschliesst.

5.3.2 Kein Anspruch auf Sold und Erwerbsausfallentschädigung besteht hingegen,
wenn ein Aufgebot für einen Schutzdiensteinsatz erfolgt, für welchen das Gesetz
eine eindeutige Höchstzahl bestimmt (vgl. Art. 35 f. BZG; E. 2.2) und dies für
den Dienstleistenden aus dem Aufgebot erkennbar ist. Zur Leistung eines
solchermassen rechtswidrigen Dienstes ist er nicht verpflichtet (vgl. Art. 14
StGB; STRATHENWERTH/WOHLERS, Schweizerisches Strafgesetzbuch, 2. Aufl. 2009, N.
1 zu Art. 14 StGB und N. 1 zu Art. 333 StGB).

5.3.3 Schutzdienstleistende haben somit grundsätzlich einen Anspruch auf Sold,
wenn sie von der zuständigen Behörde zum Schutzdienst aufgeboten werden, dieser
geleistet wird und die maximal zulässige Anzahl Diensttage nicht überschritten
wird. Das BSV kann sich daher für die Annahme einer zweifellosen Unrichtigkeit
der Entschädigungsausrichtung (E. 3.3) in der Regel nicht auf die ungültige
oder fehlende Bewilligung des Gemeinschaftseinsatzes berufen.

5.4 Im konkreten Fall wurde und wird die Soldberechtigung des Z. für die 2008
geleisteten Schutzdiensteinsätze nicht in Abrede gestellt; insbesondere waren
für ihn als Kaderangehöriger die umstrittenen
BGE 138 V 324 S. 332
Einsätze für die Gemeinschaft nicht limitiert (E. 2.2). Weiter fehlen
Anhaltspunkte dafür, dass die Ausgleichskasse die formellen Vorgaben gemäss WEO
(E. 2.3) nicht befolgt oder die Erwerbsausfallentschädigung aus einem anderen
Grund zu Unrecht ausgerichtet haben soll. Nach dem Gesagten ist die
Rückforderung der Entschädigung mangels eines Rückkommenstitels (E. 3.1)
ausgeschlossen. Die Beschwerde ist unbegründet.

5.5 Dieses Ergebnis bedeutet indessen nicht, dass die Ausgleichskassen in jedem
Fall die finanziellen Folgen von unbewilligten und somit rechtswidrigen
Einsätzen zu Gunsten der Gemeinschaft zu tragen hätten. Ein entsprechender
Anspruch auf Schadenersatz lässt sich gegebenenfalls mit der Staatshaftung
begründen (vgl. Art. 100 ff. des kantonalen Personalgesetzes vom 16. September
2004 [PG/BE; BSG 153.01]).