Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 138 V 32



Urteilskopf

138 V 32

5. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. H. gegen
Stiftung für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (FAR) (Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
9C_347/2011 vom 26. Januar 2012

Regeste

Art. 356 ff. OR; Art. 1 Abs. 2 AVEG; Bundesratsbeschluss über die
Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für den flexiblen
Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR); Beitragspflicht des Arbeitgebers.
Die allgemeinverbindlich erklärte Pflicht des Arbeitgebers zur Entrichtung von
Vorsorgebeiträgen an die Stiftung FAR beruht auf genügenden gesetzlichen
Grundlagen (E. 3).

Sachverhalt ab Seite 33

BGE 138 V 32 S. 33

A. Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV), die GBI Gewerkschaft Bau &
Industrie (heute: Unia) sowie die Gewerkschaft SYNA schlossen am 12. November
2002 einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für den flexiblen Altersrücktritt im
Bauhauptgewerbe (GAV FAR), mit dessen Vollzug die Stiftung für den flexiblen
Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (Stiftung FAR) betraut ist. Durch Beschluss
des Bundesrates vom 5. Juni 2003 wurde der GAV FAR teilweise
allgemeinverbindlich erklärt.

B. H. führte bis 6. April 2010 als Einzelunternehmer eine Bauunternehmung, ohne
dem SBV angeschlossen zu sein. Mit Schreiben vom 5. September 2007 forderte ihn
die Stiftung FAR auf, "Lohnsummenmeldungen und Lohnbescheinigungen
auszufüllen". Am 24. Oktober 2008 wurde ihm ein Zahlungsbefehl zugestellt
betreffend eine Forderung von Fr. 100'000.- nebst Zins zu 5 % seit 1. Juli 2003
für "einmalige Eintrittsbeiträge sowie Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge,
geschuldet für die Zeit vom 1. Juli 2003 bis 31. Dezember 2007 gemäss GAV FAR
und Reglement FAR". H. entrichtete Beiträge für die Zeit ab 1. November 2007,
bestritt aber für den vorangegangenen Zeitraum eine Beitragspflicht und
verweigerte diesbezüglich auch Informationen betreffend Mitarbeiterzahl und
Lohnsummen. Am 17. August 2009 erhob die Stiftung FAR Klage gegen H. und
stellte u.a. folgenden Antrag:
"1. Der Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin die folgenden Beträge zu
bezahlen:
a) Fr. 680.- für jeden am 1. Juli 2003 angestellten Mitarbeiter, der unter den
persönlichen Geltungsbereich des GAV FAR fällt, nebst Zins zu 5 %;
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b) 5,66 % der AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Juli 2003 bis zum 31. Dezember
2004 jedes Mitarbeiters, der unter den persönlichen Geltungsbereich des GAV FAR
fällt, nebst Zins zu 5 %;
c) 5 % der AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Oktober
2007 jedes Mitarbeiters, der unter den persönlichen Geltungsbereich des GAV FAR
fällt, nebst Zins zu 5 %."
Mit Entscheid vom 10. März 2011 hiess das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich die Klage in dem Sinne gut, als es H. verpflichtete, Beiträge
gemäss Antrag Ziff. 1 zu bezahlen.

C. H. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem
Antrag, der Entscheid vom 10. März 2011 sei aufzuheben und die Klage der
Stiftung FAR abzuweisen. Ferner beantragt er, eine mündliche Parteiverhandlung
und Urteilsberatung durchzuführen.
Die Stiftung FAR und das Bundesamt für Sozialversicherungen schliessen auf
Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Gericht verzichtet auf eine
Stellungnahme.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass seine Bauunternehmung
gemäss Art. 2 des Bundesratsbeschlusses vom 5. Juni 2003 über die
Allgemeinverbindlicherklärung des GAV FAR (nachfolgend: AVE GAV FAR; BBl 2003
4039) von dessen räumlichem und betrieblichem Geltungsbereich erfasst wurde. Er
bringt vor, die Beitragserhebung entbehre einer genügenden gesetzlichen
Grundlage, weshalb sie gegen das Legalitätsprinzip im Abgaberecht (Art. 127 BV)
und das Gewaltentrennungsprinzip (Art. 164 Abs. 1 lit. d BV) verstosse. Weiter
hält er durch die Erhebung von Beiträgen "ohne vorgängige persönliche
Benachrichtigung" das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 BV; Art. 2 Ziff. 4 des
Bundesgesetzes vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbindlicherklärung
von Gesamtarbeitsverträgen [AVEG; SR 221.215.311]), das Willkürverbot (Art. 9
BV) und das Legalitätsprinzip (Art. 127 BV) für verletzt. Schliesslich macht er
für die auf das Jahr 2003 entfallenden Beiträge Verjährung geltend.

2.2 Soweit der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe sich inhaltlich nicht
mit den wesentlichen Punkten seiner Auffassung
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auseinandergesetzt und daher in materieller Rechtsverweigerung gegen Art. 9 BV
verstossen, macht er sinngemäss eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) geltend. Davon kann indessen nicht gesprochen werden,
war doch eine sachgerechte Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheides möglich
(vgl. BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88; BGE 133 III 439 E. 3.3 S. 445; BGE 124 V 180
E. 1a S. 181).

3.

3.1

3.1.1 Alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen sind in der Form des
Bundesgesetzes zu erlassen. Dazu gehören insbesondere die grundlegenden
Bestimmungen über den Kreis der Abgabepflichtigen sowie den Gegenstand und die
Bemessung von Abgaben (Art. 164 Abs. 1 lit. d BV). Rechtsetzungsbefugnisse
können durch Bundesgesetz übertragen werden, soweit dies nicht durch die
Bundesverfassung ausgeschlossen wird (Art. 164 Abs. 2 BV). Die Ausgestaltung
der Steuern, namentlich der Kreis der Steuerpflichtigen, der Gegenstand der
Steuer und deren Bemessung, ist in den Grundzügen im Gesetz selbst zu regeln
(Art. 127 Abs. 1 BV). Diese Norm stimmt in ihrem Regelungsgehalt bezüglich
öffentlicher Abgaben des Bundes mit dem genannten Art. 164 Abs. 1 lit. d BV
überein (PIERRE TSCHANNEN, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar,
Bernhard Ehrenzeller und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 23 zu Art. 164 BV).

3.1.2 Der Bund kann Vorschriften erlassen über die
Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (Art. 110 Abs. 1 lit.
d BV). Gesamtarbeitsverträge dürfen nur allgemeinverbindlich erklärt werden,
wenn sie begründeten Minderheitsinteressen und regionalen Verschiedenheiten
angemessen Rechnung tragen und die Rechtsgleichheit sowie die
Koalitionsfreiheit nicht beeinträchtigen (Art. 110 Abs. 2 BV).

3.1.3 Gegenstand der Allgemeinverbindlicherklärung können u.a. Bestimmungen
sein, in Bezug auf welche eine Vereinbarung gemäss Artikel 323^ter des
Obligationenrechts (in der bis 31. Dezember 1971 geltenden Fassung; die Norm
entspricht seither Art. 357b OR [AS1971 1465])getroffen worden ist (Art. 1 Abs.
2 AVEG). In einem zwischen Verbänden abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrag
können die Vertragsparteien vereinbaren, dass ihnen gemeinsam ein Anspruch auf
Einhaltung des Vertrages gegenüber den
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beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern zusteht, soweit es sich namentlich
um Beiträge an Ausgleichskassen und andere das Arbeitsverhältnis betreffende
Einrichtungen handelt (Art. 357b Abs. 1 lit. b OR). Nach Art. 4 Abs. 1 AVEG
gelten die gesamtarbeitsvertraglichen Verpflichtungen der beteiligten
Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegenüber den Vertragsparteien im Sinne von
Artikel 357b OR auch für die am Vertrag nicht beteiligten Arbeitgeber und
Arbeitnehmer, auf die der Geltungsbereich ausgedehnt wird.

3.2 Es trifft zu, dass sozialversicherungsrechtliche Arbeitgeberbeiträge als
öffentlich-rechtliche Abgaben in rechtsdogmatischer Hinsicht (vgl. dazu HÄFELIN
/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, S. 606 ff.) eine
gewisse Ähnlichkeit mit Zweck- oder Kostenanlastungssteuern aufweisen (MAURER/
SCARTAZZINI/HÜRZELER, Bundessozialversicherungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 86 Rz.
54; THOMAS LOCHER, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. 2003, S.
402 Rz. 7). Anderseits können sie insoweit als Kausalabgaben (d.h. Beiträge
resp. Vorzugslasten) aufgefasst werden, als der Arbeitgeber durch deren
Bezahlung ihm im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag obliegende Schutz- und
Fürsorgepflichten erfüllt (vgl. ULRICH MEYER, Allgemeine Einführung, in:
Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 67 Fn. 291). Schliesslich
werden Sozialversicherungsbeiträge mangels genügender Kompatibilität mit den
abgaberechtlichen Begriffen bisweilen auch als "Abgaben sui generis" bezeichnet
(ALFRED MAURER, Bundessozialversicherungsrecht, 2. Aufl. 1994, S. 70; derselbe,
Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Bd. I, 2. Aufl. 1983, S. 378 f.).
Ob es sich bei Arbeitgeberbeiträgen, die gestützt auf eine
Allgemeinverbindlicherklärung zu entrichten sind, um öffentlich-rechtliche
Abgaben handelt (vgl. E. 1.1; zur grundsätzlich privatrechtlichen Natur
allgemeinverbindlicher GAV-Bestimmungen GIACOMO RONCORONI, Art. 1-21 AVEG, in:
Handbuch zum kollektiven Arbeitsrecht, 2009, S. 397 Rz. 12 f. und S. 399 Rz.
20; STEFAN KELLER, Der flexible Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe, 2008, S.
421), die überdies als Steuern zu qualifizieren sind, kann letztlich
offenbleiben: In solchen Fällen sind strengste Anforderungen an die
gesetzlichen Grundlagen nicht gerechtfertigt, zumal ein Schutz der
Beitragspflichtigen vor zu hohen Abgaben (vgl. HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O.,
S. 607 Rz. 2625c und S. 624 Rz. 2703 f.) auf andere Weise gewährleistet wird
(E. 3.5).
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3.3 Die auf einen allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag zurückzuführende
Beitragspflicht trifft Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Art. 1 Abs. 2 und Art. 4
Abs. 1 AVEG; Art. 357b OR). Dieser Kreis der Abgabepflichtigen wird durch die
materiellen Voraussetzungen der Allgemeinverbindlicherklärung von Art. 2 Ziff.
3 AVEG weiter eingeschränkt: Danach werden insbesondere nur jene Arbeitgeber
erfasst, die in einer Branche tätig sind, wo die Beteiligung der Arbeitgeber
und -nehmer an einem Gesamtarbeitsvertrag bestimmte Quoren erfüllt (RONCORONI,
a.a.O., S. 423 ff.). Damit ist der Kreis der Beitragspflichtigen bereits im
formellen Gesetz genügend konkretisiert, auch wenn er durch die Festlegung des
räumlichen und betrieblichen Geltungsbereichs im Rahmen der
Allgemeinverbindlicherklärung zusätzlich eingeengt wird (vgl. Art. 2 f. AVE GAV
FAR). Eine gesetzliche Bezeichnung potentiell betroffener Wirtschaftszweige,
wie sie der Beschwerdeführer im konkreten Fall für das Bauhauptgewerbe
verlangt, ist nicht erforderlich und wäre auch nicht sinnvoll, zumal
kollektives Arbeitsrecht in jeder Branche zum Tragen kommen kann.

3.4 Laut gesetzlicher Vorgabe von Art. 1 Abs. 2 AVEG in Verbindung mit Art.
357b Abs. 1 lit. b OR können Beiträge an Ausgleichskassen und andere das
Arbeitsverhältnis betreffende Einrichtungen erhoben werden. Dass die vom
Arbeitgeber geschuldeten Beiträge an die Stiftung FAR nicht von dieser
Bestimmung erfasst sein sollen, ist nicht ersichtlich (vgl. JEAN-FRITZ STÖCKLI,
Berner Kommentar, Das Obligationenrecht, Bd. VI, 1999, N. 10 zu Art. 357b OR),
steht die Vorsorgeeinrichtung doch - ebenso wie die ihr zu entrichtenden
lohnabhängigen Beiträge - offensichtlich im Zusammenhang mit den jeweiligen
Arbeitsverhältnissen. Damit beruht auch der Gegenstand der Abgabe auf einer
genügenden Grundlage. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers ist es
mit Bezug auf das Legalitätsprinzip im Abgaberecht (E. 3.1.1) nicht notwendig,
den Verwendungszweck der erhobenen Beiträge, mithin die Ermöglichung des
flexiblen Altersrücktritts, in einem formellen Gesetz festzuhalten.

3.5

3.5.1 Es liegt in der Natur der Sache, dass die konkrete Beitragspflicht und
insbesondere die Bemessung von Beiträgen der Art, um die es hier geht, nicht in
einem formellen Gesetz geregelt werden, ist es doch im Zusammenhang mit einer
Allgemeinverbindlicherklärung gerade Sache der Sozialpartner, über allfällige
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Verpflichtungen und deren Umfang eine innerhalb einer bestimmten Branche
tragfähige Einigung zu finden (vgl. Art. 1 AVEG; KELLER, a.a.O., S. 423).
Üblicherweise Gegenstand von Gesamtarbeitsverträgen bildende normative und
indirekt schuldrechtliche Bestimmungen - wie etwa die Festsetzung von
Mindestlöhnen, die Pflicht zum Abschluss einer Krankentaggeldversicherung oder
zur Beitragszahlung für die berufliche Weiterbildung (vgl. RONCORONI, a.a.O.,
S. 402 ff.) - beschränken den finanziellen Handlungsspielraum des Arbeitgebers
im Verhältnis zu seinen Arbeitnehmern und wirken sich auf dessen
wirtschaftliche Vermögenslage aus. Inwiefern sich die genannten Bestimmungen in
abgaberechtlicher Hinsicht von gesamtarbeitsvertraglichen Regelungen der
beruflichen Vorsorge unterscheiden sollen, ist nicht ersichtlich. Diese gelten
denn auch in der Lehre als einer Allgemeinverbindlicherklärung zugänglich
(RONCORONI, a.a.O., S. 403 f. Rz. 35 und 40). Folgte man der Auffassung des
Beschwerdeführers, wonach die Bemessung der Beiträge einer formellgesetzlichen
Grundlage bedürfe, würde in der Konsequenz das Institut der
Allgemeinverbindlichkeit von Gesamtarbeitsverträgen - wie auch jenes des
Gesamtarbeitsvertrages selber - weitgehend seines Gehalts entleert (vgl. zu
deren Sinn und Zweck THOMAS GÄCHTER, in: Die schweizerische Bundesverfassung,
Kommentar, Bernhard Ehrenzeller und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 29 zu
Art. 110 BV; RONCORONI, a.a.O., S. 393 f. und 416), was nicht die Absicht des
Verfassungs- und Gesetzgebers gewesen sein kann. Im Übrigen untersteht die
Allgemeinverbindlichkeit spezifischen Voraussetzungen (vgl. Art. 2 f. AVEG),
welche den berechtigten Interessen der am Gesamtarbeitsvertrag nicht
beteiligten Arbeitgeber Rechnung tragen. Diese haben ausserdem die Möglichkeit,
am Verfahren zur Allgemeinverbindlicherklärung teilzunehmen (vgl. Art. 9 f.
AVEG).

3.5.2 Die Bemessung der Beiträge wird in generell-abstrakter Weise im
allgemeinverbindlich erklärten Art. 8 GAV FAR festgelegt. Dass die Beiträge
wesentlich höher als die entsprechenden Kosten (vgl. zum für die Stiftung FAR
geltenden Rentenwert-Umlageverfahren Art. 7 Abs. 2 GAV FAR; KELLER, a.a.O., S.
439 ff.) oder als der Wert des entsprechenden Sondervorteils (vgl. E. 3.2) sein
sollen, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht. Aufgrund
dieser Gegebenheiten ist in Bezug auf die Höhe der Beiträge von der Wahrung des
Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzips auszugehen. Auch daher rechtfertigt sich
der Verzicht auf eine Regelung der Grundzüge der Bemessung in einem formellen
Gesetz.
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3.6 Nach dem Gesagten steht fest, dass die allgemeinverbindlich erklärte
Pflicht des Arbeitgebers zur Entrichtung von Vorsorgebeiträgen an die Stiftung
FAR insgesamt auf genügenden gesetzlichen Grundlagen beruht und in diesem
Zusammenhang von einer Verletzung des Legalitäts- oder
Gewaltentrennungsprinzips nicht gesprochen werden kann.

4.

4.1 Die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages ist eine
normative Regelung mit Rechtsetzungscharakter (Art. 4 AVEG), welche im
Bundesblatt publiziert wird (Art. 14 Abs. 1 AVEG) und demzufolge als bekannt
vorausgesetzt wird (SVR 2011 BVG Nr. 14 S. 51, 9C_297/2010 E. 4.2.1). Die
Verpflichtung des Arbeitgebers zur Anmeldung und Bezahlung von Beiträgen an die
Stiftung FAR ergibt sich unmittelbar aus der Allgemeinverbindlicherklärung bzw.
dem allgemeinverbindlichen Vertrag mit Gesetzescharakter. Der AVE GAV FAR
umschreibt den räumlichen, betrieblichen und persönlichen Geltungsbereich (Art.
2 f. AVE GAV FAR), der GAV FAR die Finanzierung, worunter in Art. 9 die
Bezugsmodalitäten statuiert werden. Danach ist der Arbeitgeber Schuldner der
Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge (Abs. 1), wobei vierteljährlich
Akontozahlungen abzuliefern sind (Abs. 2). Damit ist hinreichend klar
umschrieben, welche Betriebe dem GAV FAR und damit der Beitragspflicht
unterstehen (Urteil 9C_783/2011 vom 21. November 2011 E. 2.2). Ebenso klar wird
in Art. 8 GAV FAR die Beitragsbemessung geregelt.
Meldet sich ein dem GAV FAR unterstellter Arbeitgeber nicht selber bei der
Stiftung FAR an, ist von einer grobfahrlässigen Verletzung der sich unmittelbar
aus einem allgemeinverbindlichen Vertrag mit Gesetzescharakter ergebenden
Verpflichtung zur Anmeldung und Bezahlung von Beiträgen an die Stiftung FAR
auszugehen (Urteil 9C_783/2011 vom 21. November 2011 E. 2.2). Unter diesen
Umständen beginnt die fünfjährige Verjährungsfrist (Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BVG
[SR 831.40] in Verbindung mit Art. 89^bis Abs. 6 Ziff. 5 ZGB) erst mit der
(zumutbaren) Kenntnis der Stiftung von ihrer Beitragsforderung gegenüber dem
betroffenen Arbeitgeber zu laufen (BGE 136 V 73 E. 4.2 S. 79; Urteil 9C_783/
2011 vom 21. November 2011 E. 2.2).

4.2 Nach dem Gesagten ist die Beitragserhebung bereits gestützt auf die
gesetzeskonforme Publikation der AVE GAV FAR (E. 2.1),
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mithin ohne "vorgängige persönliche Benachrichtigung" der beitragspflichtigen
Arbeitgeber durch die Stiftung FAR, zulässig. Ausserdem ist die Stiftung FAR -
wie auch die in der obligatorischen Vorsorge tätigen, privat- oder
öffentlichrechtlich organisierten Vorsorgeeinrichtungen - nicht befugt,
Verfügungen betreffend Beitragspflicht oder -erhebung zu erlassen (vgl. Art. 73
BVG). Dass dem SBV angeschlossene Arbeitgeber aufgrund dieser Mitgliedschaft
möglicherweise früher als andere Betroffene Kenntnis über ihre Beitragspflicht
erlangt haben, verstösst nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot: Einerseits ist
es dem SBV unbenommen, seinen Mitgliedern Dienstleistungen zu erbringen und
Nichtmitglieder davon auszuschliessen. Anderseits belangt die Stiftung FAR
sämtliche (potentiell) beitragspflichtigen Arbeitgeber, sobald sie ihr bekannt
werden; dass dies bei SBV-Mitgliedern früher als bei (sich nicht selber
meldenden) Nichtmitgliedern der Fall sein kann, liegt in der Natur der Sache.
Dabei ist auch nicht von Belang, dass dem SBV als Vertragspartei des GAV FAR
bestimmte Aufgaben betreffend die Sicherung des Finanzbedarfs der Stiftung
obliegen. Ausserdem verhält sich der Beschwerdeführer wider Treu und Glauben,
wenn er selber in grobfahrlässiger Weise seiner Meldepflicht nicht nachgekommen
ist (E. 4.1) und in der Folge rügt, die Stiftung FAR habe es willkürlich und in
Verletzung des Legalitätsprinzips unterlassen, ihm rechtzeitig Akontorechnungen
zu stellen. Schliesslich ist die Einbringlichkeit der Arbeitnehmerbeiträge
(vgl. Urteil 9C_378/2011 vom 9. Dezember 2011 E. 7.5.2), die Liquidität des
Schuldners und dessen allgemeine wirtschaftliche Lage ohne Bedeutung für die
Beitragspflicht.

4.3 Es besteht kein Anlass für die Annahme, dass es sich bei der Frist von Art.
41 Abs. 2 Satz 1 BVG um eine lediglich durch Klageanhebung zu wahrende
Verwirkungsfrist handelt (vgl. SZS 2008 S. 574, 9C_614/2007 E. 5 in fine). Eine
Verjährung der auf das Jahr 2003 entfallenden Beiträge fällt nur dann in
Betracht, wenn die Stiftung FAR mindestens fünf Jahre vor Einleitung der
Betreibung (vgl. Art. 41 Abs. 2 Satz 2 BVG in Verbindung mit Art. 135 Ziff. 2
OR), mithin spätestens im Oktober 2003, Kenntnis von ihrer Forderung hatte.
Dass die Stiftung FAR im massgeblichen Zeitpunkt vom Betrieb des
Beschwerdeführers und damit dessen Beitragspflicht wusste, ist nicht
ersichtlich und wurde auch nie behauptet. Zwar bleibt unklar, wann sie dieses
Wissen erlangte; hingegen steht fest, dass sie sich
BGE 138 V 32 S. 41
erstmals mit Schreiben vom 5. September 2007 an den Beschwerdeführer wandte und
anschliessend ihre Interessen ohne Verzug verfolgte. Eine (teilweise)
Verjährung der Forderungen kann unter diesen Umständen nicht angenommen werden.
Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet.