Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 138 I 274



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Urteilskopf

138 I 274

26. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S.
Schweizerische Bundesbahnen SBB gegen A. und APG Allgemeine Plakatgesellschaft
(Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_415/2011 vom 3. Juli 2012

Regeste

Aushängen von Plakaten im Bahnhof: öffentlich-rechtliche Angelegenheit;
Benützung öffentlicher Sachen; Meinungsfreiheit; Zensurverbot; Art. 16 Abs. 2
und Art. 35 Abs. 2 BV; Art. 82 lit. a BGG.
Die Regelung der Zulässigkeit und des Umfangs einer ausserordentlichen Nutzung
der öffentlichen Sachen i.e.S. ist öffentlich-rechtlicher Natur (Art. 82 lit. a
BGG; E. 1.1-1.4).
Aushängen von Plakaten zu aussenpolitischen Themen stellt eine Form der
Meinungsäusserung dar, die in den Schutzbereich der Meinungsäusserungsfreiheit
fällt; die SBB sind grundrechtsgebunden (E. 2.2).
Die SBB sehen vor, dass die öffentliche Sache i.e.S. auch ausserordentlich für
die Plakatierung genutzt werden kann; das Ausscheiden von Plakatanschlagstellen
muss durch die SBB aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung
(einschliesslich der zweckmässigen Nutzung der öffentlichen Anlage) erfolgen.
Sind die Stellen für den Plakataushang bezeichnet, so ist das einzelne Plakat
nur noch unter polizeilichen Gesichtspunkten zu prüfen (E. 2.3).
Ein generelles Verbot von Plakaten mit aussenpolitischen Themen ist nicht
zulässig (E. 3.4). Das konkrete Plakat ist nicht zu beanstanden (E. 3.5).

Sachverhalt ab Seite 275

BGE 138 I 274 S. 275

A. A. beauftragte zu Beginn des Jahres 2009 die Allgemeine Plakatgesellschaft
(APG) im Rahmen einer Aktion der Palästina-Solidarität, Region Zürich, ein
Plakat an zwei verschiedenen Orten im ShopVille-RailCity (d.h. Bahnhof Zürich)
auszuhängen. Dieses richtete sich gegen die israelische Siedlungspolitik. Drei
Tage war das Plakat ausgehängt, bis die SBB am 26. März 2009 die sofortige
Entfernung veranlassten.
Nachdem die SBB weder ihren Entscheid rückgängig gemacht noch eine anfechtbare
Verfügung erlassen hatten, erhob A. eine Rechtsverweigerungsbeschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht. Während des Verfahrens erliessen die SBB am 28.
Oktober 2009 eine Verfügung und verboten den Aushang des Plakats. Dagegen erhob
A. erfolgreich Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht; die SBB wurden
verpflichtet, den Plakataushang zu bewilligen.
BGE 138 I 274 S. 276

B. Vor Bundesgericht beantragen die SBB, das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 29. März 2011 aufzuheben (...).
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
(Auszug)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. Nach Art. 29 BGG prüft das Bundesgericht seine Zuständigkeit von Amtes
wegen.

1.1 Nach Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen
Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Die Vorinstanz hat den
Streitfall als öffentlich-rechtlichen beurteilt. Demgegenüber macht die
Beschwerdeführerin - allerdings in der Sache und nicht unter dem Gesichtspunkt
einer Sachurteilsvoraussetzung, bei welcher sie ohne Weiteres von einer
öffentlich-rechtlichen Angelegenheit ausgeht - geltend, dass es sich nicht um
einen öffentlich-rechtlichen, sondern vielmehr um einen privatrechtlichen
Streitfall handle; sie beruft sich dabei auf die ihr durch die Bahnreform 1
zugestandene Möglichkeit, für gewisse Bereiche unternehmerisch am Markt
teilzunehmen (vgl. Botschaft vom 13. November 1996 zur Bahnreform [nachfolgend:
Botschaft Bahnreform 1], BBl 1997 I 909). Die Vorinstanz hätte deshalb auf die
Streitsache gar nicht eintreten dürfen.

1.2 Für die Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten kommt es nicht darauf an, ob eine gerichtliche Behörde der
öffentlichen Rechtspflege als Vorinstanz entschieden hat. Massgeblich ist
vielmehr, welches Rechtsgebiet die Angelegenheit in der Sache regelt (vgl. BGE
136 II 489 E. 2.3 S. 492 mit weiteren Hinweisen). Ob die Beschwerde in Zivil-
oder in Strafsachen oder in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offensteht,
entscheidet sich nach der rechtlichen Grundlage der Streitsache (vgl. BGE 136
II 489 E. 2.3 S. 492 mit weiteren Hinweisen).
Für die Abgrenzung von Privat- und öffentlichem Recht hat die Lehre mehrere
Methoden (z.B. Interessen-, Funktions-, Subordinationstheorie) entwickelt. Das
Bundesgericht nimmt die Abgrenzung gestützt auf verschiedene Methoden
(Methodenpluralismus: Urteil 4C.382/1995 vom 27. September 1996 E. 1a, in: ZBl
1997 S. 410 ff., 411) vor, wobei keiner a priori ein Vorrang zukommt. Vielmehr
prüft es in jedem Einzelfall, welches Abgrenzungskriterium den konkreten
Gegebenheiten am besten gerecht wird. Damit trägt es
BGE 138 I 274 S. 277
dem Umstand Rechnung, dass der Unterscheidung zwischen privatem und
öffentlichem Recht ganz verschiedene Funktionen zukommen, die sich nicht mit
einem einzigen theoretischen Unterscheidungsmerkmal erfassen lassen (vgl. BGE
138 II 134 E. 4.1; BGE 132 I 270 E. 4.3 S. 273; BGE 132 V 303 E. 4.4.2 S. 307;
je mit Hinweisen).
In der vorliegenden Konstellation drängt sich für die Beantwortung der
Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die
Funktionstheorie auf. Danach gehört eine Norm zum öffentlichen Recht, wenn das
von ihr gesteuerte Verwaltungshandeln unmittelbar der Besorgung von
Verwaltungsaufgaben dient, es sei denn, das einschlägige Gesetz unterstelle
dieses Handeln dem Zivilrecht (vgl. TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines
Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 119 f., siehe auch S. 379 f., 381; PHILIPP
HÄSLER, Geltung der Grundrechte für öffentliche Unternehmen, 2005, S. 109; vgl.
auch BGE 136 II 457 E. 6.2 S. 466, BGE 136 II 489 E. 2.4 S. 493).

1.3 Am 1. Januar 1999 wurde die Bahnreform 1 in Kraft gesetzt (vgl. AS 1998
2835, 2845, 2847, 2856, 2859), mit welcher die Effizienz im öffentlichen
Verkehr bzw. Schienenverkehr gesteigert und das Kosten-Nutzen-Verhältnis für
die öffentliche Hand verbessert werden sollte (vgl. Botschaft Bahnreform 1,
a.a.O., BBl 1997 I 913). Am 1. Januar 2010 wurde die Bahnreform 2 (1.
Teilpaket) in Kraft gesetzt (vgl. AS 2009 5597), mit welcher weiterhin die
Ziele der Bahnreform 1, allerdings mit einer weiteren Effizienzsteigerung und
Verbesserung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses, verfolgt werden sollten (vgl.
Botschaft vom 23. Februar 2005 zur Bahnreform 2, BBl 2005 2415, 2434 f.).
Der strittige Sachverhalt ereignete sich vor Inkrafttreten der Bahnreform 2 (1.
Teilpaket), weshalb (dazu BGE 135 II 384 E. 2.3 S. 390) das Bundesgesetz vom
20. März 1998 über die Schweizerischen Bundesbahnen in der bis zum 31. Dezember
2009 gültigen Fassung (AS 1998 2847, BGE 135 II 2005 4777; SBBG [SR 742.31]),
das Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957 in der bis zum 31. Dezember 2009
gültigen Fassung (BBl 1956 II 1184 mit hier nicht relevanten Änderungen bis
1998, AS 1998 2835 [Bahnreform 1], 1999 2374, 3071, 2000 2355, 2719, 2003 187,
2005 4775, 2006 2197, 5599, 5753, 2007 1411, 5779; EBG [SR 742.101]), das
Personenbeförderungsgesetz vom 18. Juni 1993, welches bis zum 31. Dezember 2009
in Kraft war (AS 1993 3128, 1997 2459, 1998 2859; aPBG) und das auf den 1.
Januar 2010 aufgehobene (AS 2009 5628) Transportgesetz vom 4. Oktober 1985 (AS
1986 1974; aTG) anwendbar sind.
BGE 138 I 274 S. 278

1.4 Nach Art. 87 BV ist u.a. die Gesetzgebung über den Eisenbahnverkehr Sache
des Bundes. Danach sind die Planung, der Bau und der Betrieb von
schienengebundenen öffentlichen Verkehrsmitteln sowie die Regelung und Ausübung
der Bahnpolizei erfasst. Nach Art. 3 Abs. 1 SBBG erbringen die SBB (Art. 2 Abs.
1 SBBG) als Kernaufgabe Dienstleistungen im öffentlichen Verkehr, namentlich in
der Bereitstellung der Infrastruktur, im Personen- und Güterverkehr sowie in
den damit zusammenhängenden Bereichen. Sie können alle Rechtsgeschäfte tätigen,
die mit dem Zweck des Unternehmens direkt oder indirekt im Zusammenhang stehen
oder die geeignet sind, diesen zu fördern (Abs. 2 Satz 1 SBBG). Sie sind nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu führen (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 SBBG). Zur
Stärkung der unternehmerischen Autonomie ist die Anstalt SBB im Rahmen der
Bahnreform 1 in die öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft SBB (Art. 2 Abs. 1
SBBG: "une société anonyme de droit public ") - unter Beibehaltung der Firma
"SBB" (Art. 2 Abs. 1 SBBG) - überführt worden (vgl. Botschaft Bahnreform 1,
a.a.O. BBl 1997 I 909, 944 [Rechtsform], 937 [unternehmerische Autonomie]). Die
SBB sind nach aArt. 5 Abs. 2 EBG berechtigt und verpflichtet, die
Eisenbahninfrastruktur nach den Vorschriften der Eisenbahngesetzgebung und der
Konzession zu bauen. Zum Bau und Betrieb gehören etwa auch Regelungen über die
Bahnpolizei (aArt. 23 EBG) und über Nebenbetriebe (aArt. 39 EBG). Bis zur
Bahnreform 2 bedurften die SBB keiner Konzession nach aArt. 5 EBG (aArt. 4
SBBG). Zudem wurde ihnen nach aArt. 5 SBBG i.V.m. Art. 4 aPBG das Recht
verliehen, Reisende regelmässig zu befördern. Die SBB sind somit grundsätzlich
mit Staats- bzw. Verwaltungsaufgaben (service public) betraut (vgl. BGE 136 II
489 E. 2.4 S. 493; BGE 126 II 54 E. 8 i.f. S. 62; MARTIN LENDI, Verkehr und
Recht, 1998, etwa S. 105 f., 109, 193; ANDRÉ WERNER MOSER, Der öffentliche
Grund und seine Benützung, 2011, S. 185; TSCHANNEN/MÖSCHING, Bauen auf
Bahnarealen, Raum & Umwelt 2009/Nr. 6, S. 2 ff., 16).
Diese Aufgaben bedingen geeignete Sachmittel. Die SBB sind deshalb
verpflichtet, Infrastruktur bereitzustellen (Art. 3 Abs. 1 SBBG). Dazu gehören
Bahnhöfe (aArt. 62 Abs. 3 EBG). Insofern handelt es sich dabei um eine der
unmittelbaren Erfüllung der Verwaltungsaufgabe des öffentlichen Verkehrs
gewidmete öffentliche Sache i.e.S. Verfügungsmacht darüber und deren
Zweckbestimmung richten sich nach dem öffentlichen Recht; dieses regelt u.a.
die konkreten Nutzungsmöglichkeiten und den Schutz der öffentlichen Sachen
i.e.S.
BGE 138 I 274 S. 279
vor Beschädigungen (vgl. HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht,
6. Aufl. 2010, S. 540 Rz. 2365, 2368 f.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S.
452; PIERRE TSCHANNEN, Systeme des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2008, S. 104;
MOSER, a.a.O., S. 24, 36 f., 185 ff., 582 Fn. 651; MARKUS HEER , Die
ausserordentliche Nutzung des Verwaltungsvermögens durch Private, 2006, S. 98
f.; TOBIAS JAAG, Gemeingebrauch und Sondernutzung öffentlicher Sachen, ZBl 1992
S. 145 ff., 148; siehe auch VPB_65.63 E. 5.4). Soll nicht nur eine ordentliche
Nutzung der öffentlichen Sachen i.e.S. möglich sein, so ist es auch Aufgabe des
öffentlichen Rechts, die Zulässigkeit und den Umfang der ausserordentlichen
Nutzung zu regeln (vgl. TSCHANNEN, a.a.O., Rz. 206; MOSER, a.a.O., S. 582 Fn.
651; HEER, a.a.O., S. 98); in der Zulässigkeitsprüfung ist dabei auch der
Schutz der öffentlichen Sachen entsprechend aArt. 23 EBG (so auch Art. 23 EBG)
und Art. 18 Abs. 1 aTG (Vorschriften über die Benützung der Anlagen) zu prüfen
und zu gewährleisten. Die Beschwerdeführerin führt denn in ihrer Verfügung vom
28. Oktober 2009 und in der Beschwerde ausdrücklich Sicherheitsbedenken an.
Auch beim internen Reglement "R Z 700.6" vom 3. April 2006 (nachfolgend:
Reglement) wird auf die Sicherheit Bezug genommen, weshalb die
Beschwerdeführerin zum einen die Werbeflächen selbst ausgeschieden und zum
anderen sich auch ein Vetorecht (vgl. dazu auch BGE 127 I 84 E. 4a S. 87; MOSER
, a.a.O., S. 585) gegenüber der APG vorbehalten hat (Ingress von Ziff. 1.5).
Gestützt auf dieses Vetorecht hat die Beschwerdeführerin den weiteren Aushang
des strittigen Plakats korrekterweise durch Verfügung verboten. Insofern
handelt es sich hier um eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82
lit. a BGG). Anfechtungs- und zugleich Streitgegenstand bildet die Verfügung
vom 28. Oktober 2009.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es sich in der vorliegenden
Streitsache um eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts handelt. Was die
Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, vermag nicht zu überzeugen: Aus der
Möglichkeit kommerziell tätig zu sein, folgt nicht abstrakt, dass es sich um
eine zivilrechtliche Angelegenheit handelt; massgebend ist immer die konkrete
Regelung bzw. Konstellation (vgl. RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/UHLMANN, Öffentliches
Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2011, S. 327 f.). Auch der Hinweis auf BGE 129 III
35 vermag nichts am Resultat zu ändern: Die Beziehung zwischen Post und Kunde
ist - wie im Übrigen auch im Transportrecht (vgl. BGE 136 II 489 E. 2.4 S. 492
f. zu Art. 50 aTG; neurechtlich Art. 56 PBG [SR 745.1]) - ausdrücklich
BGE 138 I 274 S. 280
privatrechtlich geregelt (vgl. Art. 11 i.V.m. Art. 17 PG [SR 783.0]; vgl. auch
JAAG/LIENHARD/TSCHANNEN, Ausgewählte Gebiete des Bundesverwaltungsrechts, 7.
Aufl. 2009), was hier - wie dargelegt - nicht der Fall ist. Dabei ist zu
beachten, dass nicht der Vertrag zwischen der APG und der Beschwerdegegnerin
Streitgegenstand bildet, welcher allenfalls privatrechtlich ausgestaltet sein
kann (vgl. als Beispiel: BGE 127 I 84 E. 4a S. 87), sondern die Intervention
der SBB aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Kompetenz, die korrekte
Verwaltung von öffentlichen Sachen i.e.S. zu regeln.

1.5 Die SBB sind eine spezialgesetzliche öffentlich-rechtliche
Aktiengesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit (vgl. Art. 2 und 25 SBBG;
vgl. auch STÜCKELBERGER/HALDIMANN, Schienenverkehrsrecht, in: Verkehrsrecht,
Georg Müller [Hrsg.], SBVR Bd. IV, 2008, S. 250 ff., 306 Rz. 123 f.). Ihnen
steht nach Art. 89 Abs. 2 BGG i.V.m. SBBG und EBG kein spezielles
Beschwerderecht zu. Die Legitimation der Beschwerdeführerin kann sich deshalb
einzig nach Art. 89 Abs. 1 BGG richten, welche zwar in erster Linie auf
Privatpersonen zugeschnitten ist. Die Beschwerdeführerin kann sich indes darauf
stützen, wenn sie durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie
ein Privater betroffen wird. Darüber hinaus können Gemeinwesen zur Beschwerde
nach Art. 89 Abs. 1 BGG legitimiert sein, soweit sie in schutzwürdigen eigenen
hoheitlichen Interessen berührt sind (vgl. BGE 136 II 274 E. 4.1 und 4.2 S. 278
f.; BGE 135 II 12 E. 1.2.1 S. 15; je mit weiteren Hinweisen). Durch den
angefochtenen Entscheid wird die Beschwerdeführerin in schutzwürdigen eigenen
hoheitlichen Interessen berührt, indem ihre Autonomie der
Bahnhofbewirtschaftung durch die Vorinstanz eingeschränkt wurde. Die
Beschwerdeführerin hat überdies vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen.
Damit sind die SBB in Anwendung von Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde
legitimiert. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.

1.6 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
namentlich eine Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1
S. 254). Hinsichtlich der Verletzung von
BGE 138 I 274 S. 281
Grundrechten, insbesondere des Willkürverbots, gilt eine qualifizierte
Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 136 I 229 E. 4.1 S. 235 mit
Hinweisen).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei
offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.

2.1 Die Beschwerdeführerin hat das Aufhängen eines Plakats zur
israelisch-palästinensischen Politik mit Verfügung vom 28. Oktober 2009
gestützt auf Ziff. 1.5.4 des Reglements verboten, wonach u.a. Werbung/
Botschaften zu aussenpolitisch brisanten Themen für sämtliche Medien
ausgeschlossen sind. Insofern erachtete die Beschwerdeführerin das strittige
Plakat als Botschaft zu einem aussenpolitisch brisanten Thema. Die Vorinstanz
hat demgegenüber die Beschwerdeführerin verpflichtet, den Aushang des
strittigen Plakats zuzulassen.

2.2

2.2.1 Das Aushängen von Plakaten zu aussenpolitischen Themen ist eine Form der
Meinungsäusserung, die in den Schutzbereich der Meinungsäusserungsfreiheit nach
Art. 16 Abs. 2 BV fällt (BGE 127 I 84 E. 4d S. 91; Urteile 1C_440/2007 vom 25.
März 2008 E. 2.2; 1P.336/2005 vom 20. September 2005 E. 5; KLEY/TOPHINKE, in:
Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Ehrenzeller/Schweizer/
Mastronardi/Vallender [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 11 zu Art. 16 BV), wonach jede
Person das Recht hat, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu
äussern und zu verbreiten (vgl. BGE 132 I 256 E. 3 S. 258; BGE 127 I 164 E.
3a-c S. 167 ff.; Urteil 1C_312/2010 vom 8. Dezember 2010 E. 4.1). Auf den
Inhalt einer Meinungsäusserung kommt es grundsätzlich nicht an. Auch inhaltlich
provozierende oder schockierende Äusserungen verdienen grundrechtlichen Schutz
(vgl. Urteil 1P.336/2005 vom 20. September 2005 E. 5.1; vgl. auch die Hinweise
in BGE 124 I 267 E. 3c S. 271; KIENER/KÄLIN, Grundrechte, 2007, S. 184; zu Art.
10 EMRK vgl. GRABENWARTER/PABEL, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Aufl.
2012, S. 308 f.; siehe etwa auch BGE 116 Ib 37 E. 8a S. 48 in Bezug auf
audiovisuelle Medien).
Wie beim Eintreten dargelegt, ist die Verwaltung von öffentlichen Sachen i.e.S.
Wahrnehmung einer Staatsaufgabe. Die Beschwerdeführerin ist deshalb
grundrechtsgebunden (Art. 35 Abs. 2 BV).
BGE 138 I 274 S. 282

2.2.2 Meinungsäusserungen verlangen vielfach die Benützung öffentlicher Sachen.
Sofern die in Frage stehende Grundrechtsausübung nicht eine über den
allgemeinen Zweck hinausgehende Nutzung der öffentlichen Sache darstellt,
besteht ein unbedingter Anspruch auf Nutzung der öffentlichen Sache und diese
ist - unter Vorbehalt von gesetzlich vorgesehenen, im öffentlichen Interesse
liegenden und verhältnismässigen Einschränkungen (Art. 36 BV) - zulässig (vgl.
etwa BGE 135 I 302 E. 3.2 f. S. 307 ff.; dazu auch MOSER , a.a.O., S. 530
m.w.H.). Handelt es sich dagegen um eine intensivere Nutzung, so hat das
Bundesgericht zunächst bei Sachen in Gemeingebrauch festgehalten, dass ein
bedingter Anspruch auf Bewilligung von gesteigertem Gemeingebrauch besteht,
wenn er für die Ausübung von Freiheitsrechten auf öffentlichem Grund
erforderlich ist (vgl. BGE 135 I 302 E. 3.2 S. 308; BGE 132 I 256 E. 3 S. 259;
Urteil 1P.336/2005 vom 20. September 2005 E. 5; siehe auch BGE 127 I 84 E. 4b
S. 88). Das Bundesgericht hat diese Rechtsprechung sodann 1980 (Urteil P.170/
1978 vom 19. März 1980) auch auf Verwaltungsvermögen übertragen, weshalb unter
Umständen ebenfalls ein bedingter Anspruch auf Rand- bzw. ausserordentliche
Nutzung gegeben sein kann (vgl. Urteil 1P.304/1990 vom 18. Februar 1991 E. 3,
in: ZBl 1992 S. 40 ff.; ZBl 1993 S. 320 E. 3 S. 321 f.; BGE 127 I 164 E. 3b S.
170; JAAG , a.a.O., S. 164; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER , a.a.O., S. 456 f.; vgl.
KÄLIN/KIENER , a.a.O., S. 187; HEER , a.a.O., S. 31 ff.).
Der Anspruch ist nur bedingt: Bedingt zum einen, weil grundsätzlich kein
Anspruch besteht, dass der Staat positiv (neue) Einrichtungen schafft, um die
Freiheitsrechtsausübung zu ermöglichen (vgl. GIOVANNI BIAGGINI ,
Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Kommentar, 2007, N. 4
zu Art. 16 BV; MOSER , a.a.O., S. 531; HEER , a.a.O., S. 33, 36; in Bezug auf
die Wirtschaftsfreiheit BURKARD J. WOLF , Wirtschaftsfreiheit und Nutzung
öffentlicher Sachen - Widersprüchliches aus dem Bundesgericht, AJP 2001 S. 430
ff., 434). Der bedingte Anspruch bezieht sich somit jeweils nur auf die Nutzung
bestehender öffentlicher Sachen i.e.S. oder bestehender Infrastruktur (zu
öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch: BGE 127 I 164 E. 5/b/bb S. 179; siehe
auch BGE 122 I 279 E. 2c S. 284; zum Verwaltungsvermögen: Urteil 1P.304/1990
vom 18. Februar 1991 E. 3, in: ZBl 1992 S. 40 ff. in Verbindung mit Urteil
P.170/1978 vom 19. März 1980 E. 3). Daneben besteht kein Recht, den
öffentlichen Grund an einem beliebigen Ort, zu einem beliebigen Zeitpunkt und
in einer beliebigen Weise zu benützen (vgl. BGE 127 I 164
BGE 138 I 274 S. 283
E. 3c S. 171 mit Hinweisen); ausschlaggebend sind genügende Kapazitäten.
Zum anderen sind beim Entscheid über die ausserordentliche Nutzung der
öffentlichen Sache i.e.S. neben dem Gesichtspunkt der polizeilichen
Gefahrenabwehr auch andere öffentliche Interessen zu berücksichtigen,
namentlich dasjenige an einer zweckmässigen Nutzung der vorhandenen
öffentlichen Anlagen im Interesse der Widmung sowie an der rechtsgleichen
Zugänglichkeit der öffentlichen Sache i.e.S. für alle Interessierten. Dabei ist
die Behörde nicht nur an das Willkürverbot und den Grundsatz der
Rechtsgleichheit gebunden, sondern sie hat darüber hinaus den besonderen
ideellen Gehalt der Freiheitsrechte, um deren Ausübung es geht, in die
Interessenabwägung einzubeziehen. Insoweit entfaltet die
Meinungsäusserungsfreiheit ihre Wirkungen auch bei Betätigungsformen, die mit
einer über den allgemeinen Zweck hinausgehenden Nutzung der öffentlichen Sache
verbunden sind. Die Behörde hat demnach die entgegenstehenden Interessen nach
objektiven Gesichtspunkten gegeneinander abzuwägen und dabei dem legitimen
Bedürfnis, Nutzungen mit Appellwirkung an die Öffentlichkeit durchführen zu
können, angemessen Rechnung zu tragen; dabei kann eine dem Grundsatz der
Verhältnismässigkeit genügende Gestaltung die Anordnung von Auflagen und
Bedingungen erfordern. Ob die Auffassungen, die durch die Meinungsäusserung
propagiert werden sollen, der zuständigen Behörde mehr oder weniger wertvoll
oder wichtig erscheinen, kann für den Entscheid über das Gesuch nicht massge
bend sein (BGE 132 I 256 E. 3 S. 259 m.w.H.; BGE 124 I 267 E. 3b S. 269); auch
hier gilt das Verbot der Vorzensur im Sinne einer vorgängigen und allgemeinen
Inhaltskontrolle beabsichtigter Meinungsäusserungen (vgl. KLEY/TOPHINKE,
a.a.O., N. 17 und 27 zu Art. 16 BV). Die Behörde ist zu einer neutralen,
sachlichen Haltung verpflichtet (BGE 127 I 164 E. 3b S. 171 m.w.H.).

2.3

2.3.1 Die Vorinstanz hat die Bahnhofswand einer öffentlichen Sache im
Gemeingebrauch gleichgestellt und einen bedingten grundrechtlichen Anspruch auf
Aushang eines Plakats an der Bahnhofswand (gesteigerter Gemeingebrauch) bejaht.
Die Beschwerdeführerin argumentiert demgegenüber, dass die Bahnhofswand keine
Sache im Gemeingebrauch, sondern Verwaltungsvermögen sei; die Wände würden
lediglich der Abgrenzung dienen und nicht jedermann offenstehen, sie zu
beschriften, zu bemalen oder zu bekleben. Insofern bestünde kein bedingter
Anspruch auf Nutzung der Bahnhofswand.
BGE 138 I 274 S. 284

2.3.2 Rechtsprechung und Lehre unterscheiden innerhalb der öffentlichen Sachen
i.w.S. zwischen dem hier nicht vorliegenden Finanzvermögen, welches nur
mittelbar der Erfüllung von Ver waltungsaufgaben dient, und öffentlichen Sachen
i.e.S. Diese unterteilen sich in Verwaltungsvermögen und öffentliche Sachen im
Gemeingebrauch. Beide dienen unmittelbar durch ihren Gebrauchswert der
Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Sie unterscheiden sich v.a. durch ihren
Benutzerkreis: Im Rahmen ihrer Zweckbestimmung stehen öffentliche Sachen im
Gemeingebrauch der Allgemeinheit, Verwaltungsvermögen einem eingegrenzten
Benutzerkreis offen (BGE 127 I 84 E. 4b S. 88 f.; vgl. auch MOSER , a.a.O., S.
5 ff., 12 ff., 18 ff., 34 ff.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 448 ff.;
HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., S. 532 ff., zur Abgrenzung zwischen
Verwaltungsvermögen und öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch Rz. 2346; JAAG,
a.a.O., S. 151; HEER, a.a.O., S. 8 f.).
Diese Unterscheidung muss hier nicht bis in alle Einzelheiten nachgezeichnet
und geprüft werden. Klar ist jedenfalls, dass es sich bei der Bahnhofswand
weder um Verwaltungsvermögen im Verwaltungsgebrauch (z.B. Dienstfahrzeuge, als
Arbeitsplätze für Beamte dienende Räumlichkeiten und deren Ausrüstung; dazu
HEER, a.a.O., S. 10; JAAG, a.a.O., S. 146) noch um Verwaltungsvermögen im
Einzelgebrauch (z.B. "Sozialwohnungen", Geschäftslokale in Flughäfen und
Bahnhöfen; dazu HEER, a.a.O., S. 11 f.; JAAG, a.a.O., S. 149) handelt. Insofern
verbleibt lediglich die Möglichkeit, dass es sich um eine Sache im
Gemeingebrauch oder um Verwaltungsvermögen im Anstaltsgebrauch handelt. Diese
beiden Arten unterscheiden sich nur aufgrund des Benutzerkreises (vgl. HÄFELIN/
MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 2346; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 449
[Rz. 15]; Ausnahme: gemischte Nutzung [vgl. BGE 100 Ia 287 : Kleinhallenbad
einerseits für die Schulen der Gemeinde, andererseits für die Öffentlichkeit]).
Selbst wenn man mit der Beschwerdeführerin davon ausgehen würde, dass es sich
um Verwaltungsvermögen im Anstaltsgebrauch handeln würde, ist nicht zu
übersehen, dass angesichts des mit der Bahnreform angestrebten (siehe z.B. die
Webseite: "Shopping & Gastro": http://www.sbb.ch/bahnhof-services/am-bahnhof/
shopping-gastronomie.html) Benutzerkreises einer "City in the City" (RailCity
bzw. ShopVille-RailCity; siehe rechtsvergleichend auch Entscheid des
Bundesverfassungsgerichts 1BvR 699/06 vom 22. Februar 2011 zum Flughafen
Frankfurt, in: EuGRZ 2011 S. 152 ff., 160 Rz. 72) und der Befriedigung
ähnlicher Bedürfnisse wie in
BGE 138 I 274 S. 285
einer Fussgängerzone (Treffpunkt, Kommunikationszone, Einkaufsmöglichkeiten,
Flanieren, Fast-Food-Imbissecken, bessere Restaurants) Verwaltungsvermögen im
Anstaltsgebrauch und öffentliche Sache im Gemeingebrauch fast identisch sind
oder doch jenes einer öffentlichen Sache im Gemeingebrauch sehr nahekommt. Wie
noch darzulegen sein wird, kann in concreto offengelassen werden, um welche Art
von öffentlicher Sache i.e.S. es sich handelt.

2.3.3 Zirkulationsflächen in Bahnhöfen entfalten als Scharnier zwischen dem
öffentlichen Raum ausserhalb des Bahnhofs und den Zügen eine Art
"Trichterfunktion"; Wände bilden dabei die Begrenzungen und sind somit
integrierender Bestandteil der Flächen. Darin besteht ihre ordentliche Nutzung
und dafür sind sie auch gewidmet.
Die Beschwerdeführerin bekennt sich allerdings in ihrem Reglement, welches die
Grundsätze für die Werbeflächen (Fremd- und Eigenwerbung) regelt, zur Nutzung
ihrer Grundstücke, Anlagen, Produkte und des Rollmaterials für Werbung (Ziff.
1.1). Die Eigenwerbung der Division Personenverkehr steht dabei im Vordergrund,
die Fremdwerbung soll aber einen wichtigen Beitrag zur Ertragsverbesserung der
SBB leisten (Ziff. 1.2). Insofern sieht die Beschwerdeführerin selber vor, dass
die öffentliche Sache i.e.S. auch ausserordentlich für die Plakatierung genutzt
werden kann.

2.3.4 Angesichts der Verantwortung der Beschwerdeführerin für das reibungslose
Funktionieren des Bahnhofs ist es auch ihre Aufgabe, die verschiedenen
Plakatanschlagstellen und sonstigen Standorte zu bestimmen. Dabei hat sie sich
von der bereits oben dargelegten umfassenden Interessenabwägung leiten zu
lassen, wo neben den polizeilichen Interessen auch die Interessen an einer
zweckmässigen und rechtsgleichen Nutzung der vorhandenen öffentlichen Anlagen
im Interesse der Widmung zu berücksichtigen sind. Sind aber - wie im
vorliegenden Fall - die Plakatanschlagstellen und -standorte einmal bestimmt,
so ist das einzelne Plakat nur noch unter polizeilichen Gesichtspunkten zu
prüfen.

3.

3.1 Die Beschwerdeführerin hat in Ziff. 1.5 des Reglements den Umgang mit
Werbebotschaften geregelt: Zugelassen ist grundsätzlich ideelle und
nicht-ideelle Werbung; Einschränkungen bzw. Verbote sind vorgesehen für
politische Werbung in bestimmten Medien und bei Werbung für Genussmittel (Ziff.
1.5.1 und 1.5.2). Verboten sind u.a die bereits erwähnten Werbungen/Botschaften
zu aussenpolitisch
BGE 138 I 274 S. 286
brisanten Themen (Ziff. 1.5.4) und die religiöse Werbung (Ziff. 1.5.3). In
unklaren Fällen müssen die Werbepartner mit den SBB Rücksprache nehmen; zudem
sind diese berechtigt, jederzeit den Rückzug bereits ausgehängter bzw.
ausgestrahlter Werbung zu verlangen und weitere Einschränkungen zu erlassen.

3.2 Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin den Aushang des
strittigen Plakats verboten, da es sich um eine Botschaft zu einem
aussenpolitisch brisanten Thema handle. Insofern hat sie damit in das
Grundrecht der Meinungsfreiheit der Beschwerdegegnerin eingegriffen. Ob der
Aushang verboten werden kann, ergibt sich anhand der Voraussetzungen der
Grundrechtseinschränkungen nach Art. 36 BV.

3.3 Bei der Frage der gesetzlichen Grundlage, welche auch in Bezug auf das
Anschlagen der Plakate in der Sachherrschaft des Gemeinwesens über den
öffentlichen Grund gründet, hat sich die Vorinstanz an die Rechtsprechung des
Bundesgerichts gehalten; die Beschwerdeführerin macht diesbezüglich keine
Verletzung geltend. Weitere Ausführungen erübrigen sich daher (siehe oben E.
1.6).

3.4

3.4.1 Nach Ziff. 1.5.4 des Reglements sind die bereits erwähnten Werbungen/
Botschaften zu aussenpolitisch brisanten Themen verboten. Meinungsäusserungen
zu aussenpolitisch heiklen Themen sollen - wie zu innenpolitischen - Bürger
aufrütteln und veranlassen, sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen und eine
politische Position zu beziehen. Ein generelles Verbot von solchen Themen würde
der ideellen Funktion der Meinungsäusserungsfreiheit nicht Rechnung tragen und
käme einer verbotenen Zensur gleich (vgl. oben E. 2.2) und lässt sich mit
keinem öffentlichen Interesse rechtfertigen. Darf die Behörde in einem
konkreten Einzelfall nur unter ausserordentlichen Umständen zu einem Verbot
greifen (vgl. Urteil 1P.304/1990 vom 18. Februar 1991 E. 7 i.i., in: ZBl 1992
S. 40 ff., 47; BGE 127 I 164 E. 6a S. 183), so muss dies umso mehr bei einer
generell-abstrakten Regelung ohne Kenntnis einer konkreten Sachlage gelten.
Insofern schiesst dieses generell-abstrakt geregelte Verbot in jedem Fall über
das Ziel hinaus.
Es ist zudem auch in Rechnung zu stellen, dass der Bahnhof in seiner Funktion
als "City in the City" selbst auch als Forum der politischen Kommunikation
dienen will. Bahnhöfe stellen Abstimmungs- und Wahllokale zu Verfügung; es gibt
Treffpunkte, Flaniermeilen,
BGE 138 I 274 S. 287
Buchläden, Restaurants, wo miteinander kommuniziert wird oder sich
Kommunikation anbietet. Neueste Tagesinformationen flimmern über
überdimensionale elektronische Bildschirme, welche auch aussenpolitisch
brisante Themen umfassen können, und Plakate zu innenpolitisch brisanten Themen
hängen an den Wänden (Pelztragen, "Todesfalle AKW"). Plakate zu aussenpolitisch
(brisanten) Themen passen deshalb nahtlos in dieses Bild. Angesichts dieses
breiten Kommunikationsforums ist nicht erkennbar, inwiefern Plakate oder andere
Botschaften zu aussenpolitisch brisanten Themen Polizeigüter oder
Grundrechtspositionen Dritter mehr gefährden bzw. beeinträchtigen könnten als
innenpolitisch brisante Themen. Insofern stellt ein generelles Verbot für
aussenpolitisch brisante Themen auch eine ungeeignete Massnahme (i.S. des
Untermassverbots: vgl. TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 153 f.) sowie eine
Ungleichbehandlung dar.

3.4.2 Die Beschwerdeführerin macht indessen geltend, dass generelle Verbote von
Tabak- oder Alkoholwerbung zulässig seien. Dies müsse somit auch für
aussenpolitisch heikle Botschaften gelten.
Bei den von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Werbebereichen handelt es
sich um wirtschaftliche Tätigkeiten. Sie geniessen den Schutz der
Wirtschaftsfreiheit, können aber aus polizeilichen Motiven und zum Schutz von
Grundrechten Dritter eingeschränkt werden. Der Gesetzgeber hat die Alkohol- und
Tabakwerbung in bestimmten Bereichen beschränkt und entsprechende Verbote
erlassen (vgl. Art. 42b AlkG [SR 680]; Art. 60 LMG [SR 817.0] i.V.m. TabV [SR
817.06]; Art. 10 RTVG [SR 784.40]). Er konnte dabei davon ausgehen, dass in
typisierten Lebenslagen regelmässig mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
Schäden entstehen können, weshalb er einschlägige Werbung als abstrakt
gefährlich eingestuft hat. Für aussenpolitische Themen lassen sich solche
Gefährdungslagen demgemäss nicht generell abstrakt formulieren, wie die
Vorinstanz zutreffend herausgestrichen hat.

3.5

3.5.1 In Bezug auf das konkrete Plakat ist festzuhalten: Das Plakat hat einen
dunklen Hintergrund und ist betitelt mit "61 Jahre Israel - 61 Jahre Unrecht an
den Palästinensern". Der Text endet mit "Israel: mit Gewalt errichtet auf dem
Boden der Palästinenser" - und etwas abgesetzt - "Unrecht verlangt Widerstand".
Unterzeichnet ist der Text mit Palästina-Solidarität, Region Zürich. Mit der
letzten
BGE 138 I 274 S. 288
Passage (Unrecht verlangt Widerstand) wird zwar eine kämpferische Aussage
gemacht, der Text enthält aber weder strafbare Äusserungen, noch verstösst er
sonst wie gegen Gesetzesvorschriften, namentlich wird darin weder zu Gewalt
noch zu sonstigen strafrechtlich relevanten Aktionen aufgerufen;
Grundrechtspositionen Dritter werden nicht beeinträchtigt (dazu MÜLLER/SCHEFER,
Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 378 ff., 383 ff.). Das Gleiche
gilt auch für das Plakat als solches. Eine weitergehende Überprüfung des
Inhalts bzw. des Plakats ist nicht zulässig, anderenfalls sie einer unerlaubten
Vorzensur gleichkäme (vgl. KLEY/TOPHINKE, a.a.O., N. 27 zu Art. 16 BV).
Insofern ist auch unbeachtlich, ob die auf dem Plakat geäusserten Auffassungen
und Anliegen der Beschwerdeführerin mehr oder weniger wertvoll erscheinen,
insbesondere ob sie dem "Brand" oder der "Corporate Identity bzw. Design SBB"
(Ziff. 1.3 Reglement) abträglich sind.

3.5.2 Die Beschwerdeführerin führt keine weiteren stichhaltigen Grün de an,
welche einen Präventiveingriff in die Meinungsäusserungsfreiheit, der nur unter
ausserordentlichen restriktiven Bedingungen zulässig wäre, rechtfertigen
könnten. Dass einige Passanten - wie die verschiedenen von der
Beschwerdeführerin angeführten Online-Kommentare (NZZ und Tagesschau) belegen -
die Aussage des strittigen Plakats (teilweise heftig) nicht teilen, berechtigt
nicht, ideelle, unter dem Schutz der Meinungsäusserungsfreiheit stehende
Aussagen vom Bahnhofsareal zu verbannen. Insbesondere besteht auch kein Anlass
zur Annahme, dass Grundrechte Dritter gefährdet würden. Im Übrigen geht die
Beschwerdeführerin auch nicht davon aus, dass ein in einer am Bahnhof
erhältlichen Tageszeitung geschaltetes Inserat nämlichen Inhalts die
Zugpassagiere zu Gewalt animieren würde. Unbeachtlich ist schliesslich, dass
das Plakat israelkritisch ist; die Beschwerdeführerin wäre unter den
aufgeführten Voraussetzungen auch verpflichtet, einen palästinakritischen
Aushang zuzulassen.
Der Möglichkeit, dass Plakate abgerissen bzw. verschmiert oder Sachen demoliert
würden oder gewalttätige Auseinandersetzungen zu befürchten wären, ist mit
geeigneten Massnahmen, wie etwa einer erhöhten Präsenz der Bahnpolizei,
gebührend Rechnung zu tragen.