Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 138 II 331



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Urteilskopf

138 II 331

25. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.X. AG
gegen C. AG und Mitb. sowie Einwohnergemeinde Burgdorf und Bau-, Verkehrs- und
Energie- direktion des Kantons Bern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten)
1C_237/2011 vom 6. Juni 2012

Regeste

Art. 11 und 25 USG, Art. 7 und Anhang 6 LSV; Berücksichtigung von nicht ständig
auftretenden Lärmspitzen im Baubewilligungsverfahren.
Eintretensvoraussetzungen (E. 1).
Für die Zulässigkeit des von einer Anlage erzeugten Lärms ist anhand der
Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob auf die effektive Betriebsdauer der
Lärmquelle selbst oder des Gesamtbetriebes abgestellt wird. Eine auch als
"Lärmverdünnung" bezeichnete Umrechnung des Lärms kommt namentlich bei
Verkehrsanlagen in Frage. Damit sind maschinelle Lärmspitzen nicht
vergleichbar. Wenn der während der effektiven Betriebszeit verursachte Lärm den
zulässigen Planungswert und sogar den Immissionsgrenzwert übersteigt, steht
dies der Erteilung einer Baubewilligung grundsätzlich entgegen (E. 2-4).
Eine Ausnahme ist nur zulässig, wenn die Lärmspitzen von der Dauer und
Häufigkeit her zeitlich beschränkt auftreten (E. 5).

Sachverhalt ab Seite 332

BGE 138 II 331 S. 332

A.

A.a Am 17. Januar 2008 stellte die A.X. AG bei der Einwohnergemeinde Burgdorf
ein Baugesuch für die Errichtung und den Betrieb eines
Bauschuttaufbereitungsplatzes im Freien auf der Parzelle Burgdorf
Grundbuchblatt Nr. x. Gemäss dem Zonenplan der Einwohnergemeinde Burgdorf liegt
das Grundstück in der Arbeitszone 18m mit Lärm-Empfindlichkeitsstufe IV und
bildet Teil der Überbauungsordnung Industrie Buchmatt. Auf dem geplanten knapp
eine Hektare grossen, teilweise befestigten Bauschuttaufbereitungsplatz sollen
pro Jahr rund 25'000 m^³ an mineralischen Bauabfällen angenommen, gelagert und
teilweise verarbeitet werden.

A.b Für den Betrieb des Bauschuttaufbereitungsplatzes ist der Einsatz eines
Pneuladers, eines Baggers und eines mobilen Brechers mit Siebanlage vorgesehen.
Welche Maschinentypen eingesetzt werden, ist noch offen. Möglich ist auch, dass
auf den Bagger verzichtet werden kann, indem das Beschicken des Brechers vom
Pneulader aus erfolgt. Der mobile Brecher soll nach Bedarf zugemietet werden,
weshalb verschiedene Modelle zum Einsatz gelangen könnten. In den
Gesuchsunterlagen reichte die A.X. AG einen Umweltverträglichkeitsbericht der
G. AG in Bern vom 20. Dezember 2007 ein. Dieser setzte sich vornehmlich mit der
Lärmbelastung auseinander, welche die für den Betrieb vorgesehenen Maschinen
verursachen, wobei der Brecher am meisten Lärm erzeugt.
BGE 138 II 331 S. 333

B. Gegen das Bauprojekt erhoben erstens gemeinsam die C. AG (Mieterin der
Nachbarparzelle Nr. xy), die D. AG (Baurechtsinhaberin an der Nachbarparzelle
Nr. xy) und die E. AG (Eigentümerin der Nachbarparzellen Nrn. xy und xz) sowie
zweitens F. (Eigentümer der Nachbarparzellen Nrn. yy und yz) Einsprache. Im
Verlauf des Einspracheverfahrens wurde der Umweltverträglichkeitsbericht
zweimal ergänzt. Am 29. April 2010 verweigerte die Bau- und Planungskommission
der Einwohnergemeinde Burgdorf die Gesamtbaubewilligung.

C. Gegen die Verweigerung der Bewilligung reichte die A.X. AG Beschwerde bei
der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern ein. Diese hiess die
Beschwerde am 12. Mai 2010 gut, hob die angefochtene Verfügung in der Sache auf
und erteilte die Gesamtbewilligung für die Errichtung und den Betrieb eines
Bauschuttaufbereitungsplatzes auf der fraglichen Parzelle Nr. x.

D. Dagegen erhoben die C. AG, die D. AG und die E. AG einerseits und F.
andererseits Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons
Bern. Dieses vereinigte die beiden Verfahren. Mit Urteil vom 6. April 2011
hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerden gut, hob den Direktionsentscheid
vom 12. Mai 2010 auf und verweigerte die Gesamtbewilligung für die Errichtung
und den Betrieb des Bauschuttaufbereitungsplatzes auf der Parzelle Burgdorf
Grundbuchblatt Nr. x. Zur Begründung stützte sich das Verwaltungsgericht im
Wesentlichen darauf, dass der vom mobilen Brecher verursachte Lärm die
Immissionsgrenzwerte deutlich übersteige; da dies an mindestens 36 Tagen im
Jahr zutreffe, könne auch nicht ausnahmsweise von den Grenzwerten abgesehen
werden.

E. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 26. Mai 2011 an
das Bundesgericht beantragt die A.X. AG, das Urteil des Verwaltungsgerichts
aufzuheben, die fragliche Baubewilligung zu erteilen und die Sache an das
Verwaltungsgericht zurückzuweisen zur Neuverteilung der Kosten; eventuell sei
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an das
Verwaltungsgericht zurückzuweisen. (...)

F.

F.a Die C. AG, die D. AG und die E. AG schliessen auf Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf eingetreten werden könne. F. stellt Antrag auf Abweisung. Unter
anderem wird dabei von den Gegnern des Projekts neu vorgetragen, die
Schwestergesellschaft der A.X. AG, die B.X. AG, habe am 10. Oktober 2008 für
das gleiche
BGE 138 II 331 S. 334
Grundstück ein nachträgliches Baugesuch für einen bereits betriebenen
Deponieplatz als Zwischenlager für den Gartenbaubetrieb eingereicht; es sei
aber ausgeschlossen, gleichzeitig zwei Baugesuche für dieselbe Parzelle zu
stellen.

F.b Die Bau, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern hat auf eine
Vernehmlassung verzichtet. Die Einwohnergemeinde Burgdorf und das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern ersuchen um Abweisung der Beschwerde. Die
Einwohnergemeinde weist ergänzend darauf hin, am 4. Juli 2011 eine Planungszone
für die Arbeitszone A 18m erlassen zu haben, die für zwei Jahre Gültigkeit hat
und Bauschuttrecyclingplätze, Deponien und ähnliche Anlagen ausschliesst. Das
Bundesamt für Umwelt (BAFU) hält in seiner Stellungnahme fest, dass nach seiner
Einschätzung das Urteil des Verwaltungsgerichts gegen Bundesrecht verstosse, da
es den mobilen Brecher allein und nicht als Teilanlage des
Bauschuttaufbereitungsplatzes beurteile, in welchem Fall die Anforderungen der
lärmschutzrelevanten Bundeserlasse eingehalten wären.

G. Im weiteren Schriftenwechsel halten die Verfahrensbeteiligten im
Wesentlichen an ihren jeweiligen Standpunkten fest. (...)
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
(Auszug)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1.

1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid über die
Erteilung bzw. Verweigerung einer Baubewilligung. Dagegen steht die Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG an das
Bundesgericht offen.

1.2 Die Beschwerdeführerin ist als Baugesuchstellerin und direkte Adressatin
des angefochtenen Entscheids, mit dem ihr die ersuchte Baubewilligung
verweigert wurde, grundsätzlich zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1
BGG).

1.2.1 Die Beschwerdegegner wenden dagegen freilich ein, die
Schwestergesellschaft der Beschwerdeführerin habe inzwischen ebenfalls ein
Bewilligungsgesuch für das gleiche Grundstück eingereicht, mit dem die
bisherige Nutzung nachträglich legalisiert werden solle. Die
Beschwerdegegnerinnen 1-3 schliessen daraus, die Beschwerdeführerin sei nicht
mehr zur Beschwerde legitimiert, weil sie an ihrem ersten, hier strittigen
Gesuch nicht mehr interessiert sei. Der
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Beschwerdegegner 4 leitet daraus die eher inhaltliche Folgerung ab, dem ersten
Baugesuch könne aus diesem Grund nicht stattgegeben werden, stellt aber doch
den Verfahrensantrag, das Bundesgericht solle die Beschwerdeführerin anfragen,
welches Bauprojekt sie nun eigentlich umsetzen wolle.

1.2.2 In materiell-rechtlicher Hinsicht fragt es sich, ob es sich beim Einwand
der Beschwerdegegner nicht um ein unzulässiges Novum gemäss Art. 99 BGG
handelt. Eintretensfragen sind demgegenüber von Amtes wegen zu prüfen (vgl.
Art. 29 Abs. 1 BGG). Wie es sich damit verhält, kann hier aber offenbleiben.
Denn so oder so obliegt es den zuständigen Behörden im zweiten Verfahren, die
rechtlichen Folgerungen aus dem Umstand zu ziehen, dass bereits ein Baugesuch
für dieselbe Parzelle hängig ist, bzw. zu prüfen, ob sich die beiden Projekte
inhaltlich überschneiden und gegenseitig ausschliessen. Im hier strittigen
Verfahren des ersten Baugesuchs spielt die Frage der Zulässigkeit eines zweiten
Bauprojektes keine massgebliche Rolle. Dass das Grundstück allenfalls ohne die
an sich erforderliche Bewilligung bereits genutzt wird, kann zwar unter
Umständen mit gewissen rechtlichen Konsequenzen namentlich baupolizeilicher
Art, wie sie inzwischen ja auch verfügt wurden, verbunden sein. Solche bilden
hier aber nicht Verfahrensgegenstand. Auf die Bedeutung des zweiten Baugesuchs
ist mithin unabhängig von der Frage, wieweit es der Beschwerdeführerin
anzurechnen ist, nicht weiter einzugehen.

1.2.3 Analoges gilt für die inzwischen erlassene Planungszone. Auch hierbei
handelt es sich grundsätzlich um eine neue Tatsache. Abgesehen davon hat die
Planungszone jedoch lediglich eine Gültigkeitsdauer von zwei Jahren. Überdies
ist ihre rechtliche Bedeutung für das hier fragliche, vor ihrem Erlass
eingereichte Baugesuch offen bzw. wäre allenfalls zu prüfen, wenn das Verfahren
fortzusetzen wäre. Der Beschwerdeführerin kann das schutzwürdige Interesse an
einem Entscheid über die fragliche Bewilligung daher schon aus diesem Grunde
nicht abgesprochen werden.

1.2.4 Die Beschwerdeführerin ist demnach zur Beschwerde legitimiert.

1.3 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das
Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht -
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens - gerügt werden
(Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht (mit Ausnahme
der Grundrechte; dazu
BGE 138 II 331 S. 336
Art. 106 Abs. 2 BGG sowie BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen) von
Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist daher nicht an die Begründung der
Parteien gebunden, sondern kann die Beschwerde auch aus andern als den geltend
gemachten Gründen gutheissen oder den Entscheid mit einer Begründung
bestätigen, die von jener der Vorinstanz abweicht (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S.
254 mit Hinweis).

1.4 Nach Art. 105 Abs. 1 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Deren
Sachverhaltsfeststellung kann nur auf Rüge hin oder von Amtes wegen berichtigt
oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
gravierenden Rechtsverletzung (im Sinne von Art. 95 BGG) beruht (Art. 97 Abs. 1
und Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.

2.1 Nach Art. 25 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den
Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, USG; SR 814.01) dürfen ortsfeste Anlagen nur
errichtet werden, wenn die dadurch erzeugten Lärmimmissionen die Planungswerte
in der Umgebung nicht überschreiten. Gemäss Art. 11 USG wird unter anderem Lärm
durch Massnahmen an der Quelle begrenzt (Abs. 1); unabhängig von der
bestehenden Umweltbelastung sind sodann Emissionen im Rahmen der Vorsorge so
weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und
wirtschaftlich tragbar ist (Abs. 2); die Emissionsbegrenzungen werden
verschärft, wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter
Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden
(Abs. 3). Nach Art. 25 Abs. 2 USG können Erleichterungen nur dann gewährt
werden, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Anlage besteht und
die Einhaltung der Planungswerte zu einer unverhältnismässigen Belastung für
das Projekt führen würde und wenn die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten
werden.

2.2 Lärmemissionen neuer ortsfester Anlagen müssen nach Art. 7 Abs. 1 der
Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) soweit begrenzt
werden, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar
ist (lit. a), und die von der Anlage allein erzeugten Lärmimmissionen dürfen
die Planungswerte nicht überschreiten (lit. b). Für den umstrittenen
Bauschuttaufbereitungsplatz in einer Zone mit Empfindlichkeitsstufe IV nach
Art. 43 Abs. 1 lit. d LSV gelten die Belastungsgrenzwerte für
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Industrie- und Gewerbelärm gemäss Anhang 6 zur LSV (vgl. Art. 40 Abs. 1 i.V.m.
Anhang 6 Ziff. 1 Abs. 1 LSV). Dabei ist hier auf die voraussichtliche
Lärmbelastung am Tag abzustellen, da die geplante Anlage in der Nacht nicht
betrieben werden soll (vgl. Anhang 6 Ziff. 2 und 31 Abs. 1 LSV). Nach Anhang 6
Ziff. 2 LSV betragen der massgebliche Planungswert Lr 65 dB(A), der
Immissionsgrenzwert Lr 70 dB(A) und der Alarmwert Lr 75 dB(A).

3.

3.1 Gemäss dem Verwaltungsgericht kennzeichnet sich die geplante Anlage durch
die Lärmeinwirkungen von drei unterschiedlich lauten Maschinen mit je
beschränkter Betriebsdauer, die teilweise einzeln, teilweise aber auch
gemeinsam zum Einsatz gelangen. Dabei erzeuge der mobile Brecher mit einer
Schallleistung von mindestens 112 dB(A) deutlich stärker wahrnehmbaren Lärm als
die beiden anderen Maschinen von jeweils 105 dB(A). Für die Ermittlung des
Beurteilungspegels Lr gemäss Anhang 6 Ziff. 31 Abs. 1 LSV erachtete das
Verwaltungsgericht als massgebliche Lärmphasen im Sinne von Anhang 6 Ziff. 31
Abs. 3 LSV diejenige Zeit, in denen der mobile Brecher als deutlich lauteste
Maschine betrieben wird. Da dieser nicht über das ganze Jahr, sondern lediglich
über 285 Betriebsstunden bzw. umgerechnet an 36 Tagen pro Jahr eingesetzt
werden soll, stellte das Verwaltungsgericht unter Verweis auf Anhang 6 Ziff. 32
LSV und das Urteil des Bundesgerichts 1A.39/2004 vom 11. Oktober 2004 E. 3.4
(in URP 2005 S. 40) nicht auf einen jahresdurchschnittlichen Mittelungspegel,
sondern auf die durchschnittliche Lärmbelastung während der als massgeblich
errechneten beschränkten Anzahl von 36 Tagen ab. Damit ergab sich für das
Verwaltungsgericht während der Betriebszeit des mobilen Brechers ein
Beurteilungspegel Lr von 71 dB(A), womit sowohl der anwendbare Planungswert von
65 dB(A) als auch der Immissionsgrenzwert von 70 dB(A) überschritten würden.
Eine Privilegierung durch ausnahmsweise Zulassung einer zu grossen
Lärmbelastung während kurzer Zeit erachtete das Verwaltungsgericht als für
höchstens rund 18 Tage zulässig. Die im vorliegenden Fall massgeblichen 36 Tage
beurteilte es hingegen als deutlich zu lange.

3.2 Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, der mobile Brecher sei Teil der
gesamten Anlage, weshalb der erzeugte Lärm auf das ganze Jahr bzw. für eine
Betriebsdauer von 200 Tagen zu berechnen sei. Für die Betroffenen mache es
einen wesentlichen Unterschied, ob sie eine Lärmbelastung nur für bestimmte
Phasen oder
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das ganze Jahr über erdulden müssten; besonders lärmige Aktivitäten könnten so
auch auf weniger Zeit beschränkt und der Gewerbe- oder Industriebetrieb für die
Nachbarn verträglicher ausgestaltet werden. Überdies sei es willkürlich, die
Zahl der festgelegten Jahresstunden des Brechers einfach durch acht zu teilen
und damit auf 36 Tage festzusetzen. Es sei nämlich unrealistisch, dass der
Brecher an diesen Tagen ununterbrochen während jeweils acht Stunden in Betrieb
sei. Schliesslich erachtet die Beschwerdeführerin die von der
Bewilligungsbehörde berücksichtigte und vom Verwaltungsgericht nicht in Frage
gestellte Dämmwirkung der an- und abschwellenden Materialhaufen als
offensichtlich falsch. Sie sei mit 5 dB(A) berücksichtigt worden, könne aber
auf 15 dB(A) veranschlagt werden.

4.

4.1 Unter den Verfahrensbeteiligten ist unter anderem die Tragweite der
Richtlinien des Bundesamtes zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des
Vollzugs des Umweltschutzgesetzes und der Lärmschutzverordnung strittig. Als
verwaltungsinterne Weisungen binden diese die Gerichte freilich nicht; ihre
Anwendung im Einzelfall im Interesse einer einheitlichen und rechtsgleichen
Praxis ist immerhin nicht zu beanstanden, soweit dabei das übergeordnete Recht
eingehalten wird (vgl. BGE 119 Ib 33 E. 3c S. 41 f.). Die Richtlinien sind
allerdings für die hier zu beurteilende Sachlage nicht eindeutig und helfen
insofern nicht weiter. So oder so kommt es aber entscheidend auf die Auslegung
der anwendbaren Gesetzesbestimmungen an.

4.2 Gemäss Anhang 6 Ziff. 32 LSV wird die durchschnittliche tägliche Dauer (ti)
der Lärmphase i aus ihrer jährlichen Dauer (Ti) und der Anzahl der jährlichen
Betriebstage (B) nach der Formel ti = Ti/B berechnet, wobei für neue Anlagen
auf eine Prognose über den zu erwartenden Betrieb abzustellen ist. Für die
Auslegung der Bestimmungen des Umweltschutzgesetzes und von dessen
Ausführungserlassen kommt es nicht allein auf den Wortlaut an, sondern sie hat
sich auch an den Hauptzielen des Gesetzes auszurichten. Dieses bezweckt vorab,
Menschen gegen schädliche oder lästige Einwirkungen zu schützen und solche
Einwirkungen im Sinne der Vorsorge frühzeitig zu begrenzen (vgl. Art. 1 USG).
Einem solchen Schutz dienen die Belastungsgrenzwerte. Das gilt es insbesondere
bei der Umrechnung von Lärm bzw. der Anrechnung von die Grenzwerte
überschreitenden Lärmspitzen auf Zeiten ohne oder mit weniger Lärmbelastung zu
beachten. Sodann würde es der Systematik des
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Gesetzes widersprechen, das private oder öffentliche Interesse an der
Errichtung bzw. am wirtschaftlichen Betrieb einer neuen Anlage bereits im
Rahmen von Art. 25 Abs. 1 USG zu berücksichtigen (GRIFFEL/RAUSCH, Kommentar zum
Umweltschutzgesetz, Ergänzungsband, 2011, N. 14 zu Art. 25 USG).

4.3 Die Beschwerdeführerin sowie das Bundesamt für Umwelt sehen den mobilen
Brecher als Teil der Gesamtanlage und verteilen den nur zu gewissen Zeiten
anfallenden Lärm des Brechers unter Verwendung der verordnungsrechtlichen
Berechnungsformel auf das ganze Jahr. Bei der zeitlichen Umrechnung des Lärms
handelt es sich jedoch lediglich um eine theoretische Lärmverteilung, die der
Realität nicht entspricht, wird die Lärmerzeugung und damit -belastung als
solche in den Spitzenzeiten doch nicht reduziert. Es ist daher anhand der
Umstände des Einzelfalles zu prüfen, wie die verordnungsrechtliche
Berechnungsformel anzuwenden ist bzw. ob es sich rechtfertigt, dafür auf die
effektive Betriebsdauer der Lärmquelle selbst oder des Gesamtbetriebs
abzustellen.

4.4 Eine Umrechnung des Lärms, die auch als "Lärmverdünnung" bezeichnet wird,
hat das Bundesgericht dem Prinzip nach namentlich bei der Beurteilung von
Lärmspitzen an Verkehrsachsen geschützt (vgl. etwa BGE 126 II 522 E. 41 und
44-46 S. 573 ff.; Urteil 1C_344/2011 vom 15. März 2012 E. 5.3). Das
rechtfertigt sich schon mit Blick auf die Sonderbestimmung von Art. 25 Abs. 3
USG für solche Anlagen. Den dabei beurteilten Sachverhalten ist im Übrigen
weitgehend gemein, dass es einen dauernden oder regelmässigen
Grundgeräuschpegel gibt und dass die Lärmspitzen praktisch täglich und dabei
mit einiger Regelmässigkeit auftreten. Beides bringt eine gewisse
Gewöhnungswirkung mit sich. Ein solcher Zusammenhang liegt beim Projekt der
Beschwerdeführerin mit seiner im Vergleich zu den meisten Verkehrsanlagen
geografisch begrenzten Ausdehnung und auch in zeitlicher Hinsicht deutlich
anderen Charakteristik indessen nicht vor. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht
darlegt, ist die vorliegende Sachlage eher vergleichbar mit Fällen, in denen
eine Lärmbelastung von vornherein nur während einer beschränkten Dauer anfällt,
wie das etwa bei zeitlich begrenzten Kultur- oder Sportanlässen zutrifft. In
solchen Konstellationen erachtet das Bundesgericht unter Verzicht auf eine
Umrechnung auf das ganze Jahr die durchschnittliche Lärmbelastung während der
eigentlichen Anlassdauer als wesentlich (vgl. Urteil 1A.39/2004 vom 11. Oktober
2004 E. 3.4 in URP 2005 S. 40).
BGE 138 II 331 S. 340

4.5 Das von der Beschwerdeführerin verfolgte Projekt beruht auf ihrem eigenen
unternehmerischen Entscheid, die Bauschuttaufbereitung im Freien durchzuführen.
Dafür hat sie die umweltschutzrechtlichen Konsequenzen in Kauf zu nehmen und zu
tragen. Die hier fraglichen Maschinen lassen sich dabei gar nicht so einsetzen,
dass eine mit Verkehrsachsen vergleichbare Situation entstünde. Es ist daher
nicht zulässig, den Lärm, den die beiden anderen Maschinen erzeugen, als
Grundpegel und die Emissionen des mobilen Brechers lediglich als einzelne
Lärmspitzen zu werten und damit rechnerisch auf das ganze Jahr umzuverteilen.
Das würde nämlich bedeuten, dass gerade die Lärmbelastung, die sich durch den
Einsatz mehrerer Maschinen ergibt, die allenfalls unzulässigen Lärmspitzen des
mobilen Brechers zu rechtfertigen vermöchte. Die Beschwerdeführerin würde
dadurch besser gestellt als wenn sie nur den Brecher einsetzte. Dies erscheint
nicht nur unlogisch, sondern ist auch nicht mit dem Schutzzweck des
Umweltschutzgesetzes vereinbar. Der angefochtene Entscheid, der die
Lärmbelastung einzig auf die vorgesehenen Betriebstage des mobilen Brechers und
nicht auf die Dauer des Gesamtbetriebs verteilt, folgt insofern grundsätzlich
einer Gesetzesinterpretation, die sich am gesetzlichen Schutz- und
Vorsorgezweck ausrichtet, was nicht zu beanstanden ist.

4.6 Das Verwaltungsgericht hat aufgrund der vorgesehenen 285 Betriebsstunden
errechnet, der mobile Brecher werde während 36 Tagen pro Jahr eingesetzt (285 :
8 = 35,6). Es kann hier offenbleiben, ob es sich dabei um eine tatsächliche
Feststellung oder eine rechtliche Würdigung - mit den entsprechenden
Auswirkungen auf die Kognition des Bundesgerichts - handelt. So oder so
erscheint es arbeitstechnisch wenig wahrscheinlich, dass der Brecher an allen
Einsatztagen ununterbrochen genutzt werden kann. Schon aus wirtschaftlichen
Gründen wird die Beschwerdeführerin, die den Brecher ja zumieten will,
allerdings bemüht sein, diesen möglichst optimal zu nutzen und die vorgesehenen
285 Betriebsstunden auf so wenige Einsatztage wie möglich zu verlegen. Da eine
Umverteilung des durch den Brecher verursachten Lärms auf das ganze Jahr bzw.
auf 200 Arbeitstage aus rechtlichen Gründen entfällt, kommt es in diesem
Zusammenhang nicht wesentlich darauf an, ob er nun an 36 Tagen oder ein paar
Tagen mehr zum Einsatz gelangt. Die Beschwerdeführerin kann daher nichts zu
ihren Gunsten aus der behaupteten fehlerhaften Berechnung der 36 Arbeitstage
ableiten.
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4.7 Abstellend auf den während der effektiven Betriebszeit des mobilen Brechers
erzeugten Lärm ging das Verwaltungsgericht von einem Beurteilungspegel Lr von
71 dB(A) aus, wofür es sich auf die im Verfahren vor den unteren Instanzen
erstellten Fachberichte stützen konnte. Die Beschwerdeführerin wendet dagegen
ein, die Vorinstanz habe dadurch den Sachverhalt willkürlich erhoben, dass sie
gestützt auf die Baueingabe und den Umweltverträglichkeitsbericht die
Dämmwirkung der Materialhaufen lediglich mit 5 dB(A) und damit deutlich zu tief
angerechnet habe. Richtigerweise müsse diese mit mindestens 15 dB(A)
berücksichtigt werden, da die von der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des
Kantons Bern erteilte Bewilligung mit der Auflage verknüpft worden sei, die
Materialhaufen während den kritischen Phasen stets auf voller Höhe zu belassen.
Dabei handelt es sich indessen nicht um eine offensichtlich unrichtige
Sachverhaltsfeststellung. Mit gutem Grund konnte das Verwaltungsgericht, obwohl
es dies nicht vertieft ausgeführt hat, davon ausgehen, dass es kaum möglich
sein werde, die Materialhaufen stets auf voller Höhe mit uneingeschränkter
Dämmwirkung zu halten, da der gelagerte Bauschutt gerade zwecks Verarbeitung
benötigt wird und die in der Breite mit zunehmender Höhe naturgemäss enger
werdenden Materialhaufen kaum rundum eine maximale Dämmwirkung zu entfalten
vermöchten. Ganz unberücksichtigt blieb der Schutzeffekt jedoch nicht, brachte
die Vorinstanz doch einen solchen von immerhin nicht unbedeutenden 5 dB(A) in
Anrechnung, wovon auch der Umweltverträglichkeitsbericht ausgegangen war, was
die Beschwerdeführerin selbst zugesteht. Die entsprechenden tatsächlichen
Feststellungen erscheinen nicht sachfremd bzw. unhaltbar. Der gestützt auf
Fachberichte errechnete Beurteilungspegel Lr von 71 dB(A) erweist sich daher
für das Bundesgericht als verbindlich.

4.8 Der für die Lärm-Empfindlichkeitsstufe IV am Tag massgebliche Planungswert
von 65 dB(A) und selbst der Immissionsgrenzwert von 70 dB(A) gemäss Anhang 6
Ziff. 2 LSV werden demnach durch das hier zu beurteilende Projekt nicht
eingehalten. Damit stehen Art. 25 Abs. 1 USG und Art. 7 Abs. 1 LSV der
Erteilung der von der Beschwerdeführerin verlangten Bewilligung entgegen.

5.

5.1 Ist eine Bewilligung dem Grundsatz nach ausgeschlossen, bleibt zu prüfen,
ob deren ausnahmsweise Erteilung gestützt auf Art. 25 Abs. 2 USG bzw. Art. 7
Abs. 2 LSV in Frage käme. Voraussetzung
BGE 138 II 331 S. 342
dafür ist ein überwiegendes öffentliches Interesse sowie dass die
Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden. Massgeblich sind auch hier die
konkreten Umstände des Einzelfalles, wobei grundsätzlich mit zu prüfen ist, ob
die Einhaltung des Planungswertes zu einer unverhältnismässigen Belastung für
das Projekt führen würde (vgl. URSULA BRUNNER UND ANDERE, Kommentar zum
Umweltschutzgesetz, 2. Aufl. 2002, N. 67 ff. zu Art. 25 USG). Entscheidend muss
es aber auch darauf ankommen, wie viele Lärmspitzen über den Grenzwerten den
Menschen auf den umliegenden Grundstücken zumutbar sind.

5.2 Im vorliegenden Fall scheitert eine solche Erleichterung schon am Verbot
der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes. Wie das Verwaltungsgericht
richtig festgehalten hat, werden im Übrigen in der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung stark lärmige Anlässe mit beschränkter Dauer und Häufigkeit in
einem ortsüblichen Umfang allgemein als zumutbar beurteilt. Dabei steht den
Behörden ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, sofern es sich um Brauchtums-
oder Sportanlässe, Freiluftkonzerte, Umzüge, Festanlässe, Fasnacht und
dergleichen mit lokaler Ausprägung oder Tradition handelt (vgl. BGE 126 II 300
E. 4c/dd S. 309; Urteil 1C_169/2008 vom 5. Dezember 2008 E. 11.4.2 in URP 2009
S. 123; THOMAS WIDMER DREIFUSS, Planung und Realisierung von Sportanlagen,
2002, 356 ff.). Die Verarbeitung von Bauschutt dient zwar auch der
Nachhaltigkeit (vgl. Art. 73 BV) und steht überdies unter dem Schutz der
Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV). Das Projekt der Beschwerdeführerin beruht
aber weder auf besonderer Tradition und Ortsüblichkeit noch dient es einem
ausgeprägten öffentlichen Interesse, sondern verfolgt überwiegend ihre eigenen
geschäftlichen Interessen. Es kann hier offenbleiben, bei welcher genauen
Anzahl von Tagen die Voraussetzung der beschränkten Dauer oder Häufigkeit der
überhöhten Lärmerzeugung noch erfüllt wäre. Mit einer vorgesehenen
Betriebstätigkeit des mobilen Brechers an mindestens 36 Tagen übersteigt das
Vorhaben der Beschwerdeführerin jedenfalls eindeutig eine Grössenordnung, bei
der noch von einer begrenzten Dauer im eher unwahrscheinlichen Fall, dass der
Einsatz des Brechers einphasig erfolgen sollte, oder von einer beschränkten
Häufigkeit bei einem wahrscheinlicheren wiederholten bzw. mehrphasigen Einsatz
des Brechers ausgegangen werden könnte. Eine nur schon den Planungswert
übersteigende Lärmbelastung an mindestens 36 Tagen im Jahr
BGE 138 II 331 S. 343
ist den Menschen auf den Nachbarliegenschaften nicht zumutbar. Überdies ist
nicht nachgewiesen oder auch nur ersichtlich, dass die Verweigerung einer
Erleichterung eine unverhältnismässige Belastung des Projekts der
Beschwerdeführerin mit sich brächte.

5.3 Damit verbietet es sich, der Beschwerdeführerin für ihr Baugesuch eine
Erleichterung im Sinne von Art. 25 Abs. 2 USG bzw. Art. 7 Abs. 2 LSV zu
gewähren. Der angefochtene Entscheid hält mithin vor Bundesrecht stand.