Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 138 II 281



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Urteilskopf

138 II 281

22. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S.
Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz und Mitb. gegen Regierungsrat des
Kantons Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
1C_71/2011 und andere vom 12. Juni 2012

Regeste

Lückenschliessung Zürcher Oberlandautobahn (ZOA); zwingende Begutachtung durch
die ENHK (Art. 7 Abs. 2 NHG).
Obwohl die Strassenplanung im kantonalen Verfahren erfolgte, handelt es sich um
eine Bundesaufgabe (geplante Finanzierung durch den Bund, Rodungsbewilligungen,
Moorschutz). Da das Projekt das BLN-Gebiet "Drumlinlandschaft Zürcher Oberland"
erheblich beeinträchtigen kann, hätte zwingend eine Begutachtung durch die ENHK
erfolgen müssen (E. 4).

Regeste

Abgrenzung des Perimeters der Moorlandschaft von nationaler Bedeutung Nr. 106
Wetzikon/Hinwil (Art. 78 Abs. 5 BV; Art. 23b NHG).
Im Bereich Hellberg entspricht der vom Bundesrat festgelegte
Moorlandschaftsperimeter nicht den Vorgaben des Bundesrechts: Er muss
mindestens das gesamte Oberhöflerriet und das Chliriet mitsamt dem dazwischen
liegenden Drumlin umfassen (E. 5).

Regeste

Unterquerung der Moorlandschaft in Tagbautunneln (Art. 78 Abs. 5 BV; Art. 23d
NHG; Art. 5 Abs. 2 lit. d Moorlandschaftsverordnung).
Infrastrukturanlagen, die nicht unter Art. 23d Abs. 2 lit. d NHG fallen, sind
innerhalb der Moorlandschaft unzulässig (E. 6.3). Dies gilt auch für im Tagbau
erstellte Tunnel; diese widersprechen den Zielen des Moorlandschaftsschutzes
(E. 6.4).

Sachverhalt ab Seite 283

BGE 138 II 281 S. 283

A. Der Kanton Zürich plant als Staatsstrasse K 53.3 die Erstellung einer
Hochleistungs-Strassenverbindung vom Anschluss Uster-Ost (km 40,100) bis zum
Kreisel Betzholz (km 50,300). Damit soll eine ca. 10 km lange Lücke der
kantonalen Autobahn K 53 (Zürcher Oberlandautobahn, ZOA) zwischen Brüttisellen
und Rapperswil geschlossen und der heute bestehende Engpass auf der
Ortsdurchfahrt Wetzikon beseitigt werden (Lückenschliessung Zürcher
Oberlandautobahn).
1995 legte der Kantonsrat im Richtplan Verkehr eine behördenverbindliche
Linienführung fest. Am 19. Dezember 2001 genehmigte der Regierungsrat das
generelle Projekt.
(...)

C. Die projektierte Verkehrsanlage liegt im Bereich mehrerer Schutzobjekte des
Moor-, Moorlandschafts- und Landschaftsschutzes:
- Die Hochmoore von nationaler Bedeutung Nr. 104 Ambitzgi/Böhnlerriet und Nr.
105 Oberhöfler Riet (Anh. 1 der Verordnung vom 21. Januar 1991 über den Schutz
der Hoch- und Übergangsmoore von nationaler Bedeutung [Hochmoorverordnung; SR
451.32]) sowie die Flachmoore von nationaler Bedeutung Nr. 57 Ambitzgi und Nr.
58 Wetziker Riet/Oberhöfler Riet/Schwändi/Hiwiler Riet (Anh. 1 der Verordnung
vom 7. September 1994 über den Schutz der Flachmoore von nationaler Bedetung
[Flachmoorverordnung; SR 451.33]) erstrecken sich an manchen Stellen bis in
unmittelbare Nähe der geplanten Verkehrsanlage.
- Die Moorlandschaft von nationaler Bedeutung Nr. 106 Wetzikon/Hinwil (Anh. 1
der Verordnung vom 1. Mai 1996 über den Schutz der Moorlandschaften von
besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung [Moorlandschaftsverordnung;
SR 451.35]) liegt nördlich des geplanten Tunnels Alt Hellberg. Sie reicht im
Nordwesten nahe an den Halbanschluss Wetzikon-Ost und im Südosten an den
Kreisel Betzholz heran. Der westlichste Abschnitt der Moorlandschaft (zwischen
Allenberg und Alt Hellberg) soll von der Autobahn in einem Tunnel unterquert
werden.
- Die Drumlinlandschaft Zürcher Oberland ist als Objekt Nr. 1401 im
Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (Anh. 1 der Verordnung vom
10. August 1977 über das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler
[VBLN; SR 451.11]) verzeichnet. Der Perimeter des BLN-Gebiets ragt lediglich im
Bereich Schwändiriet und am Waldrand "Jungholz" über denjenigen
BGE 138 II 281 S. 284
der Moorlandschaft Nr. 106 hinaus. In diesem Bereich soll das BLN-Gebiet von
der zum Halbanschluss Wetzikon-Ost gehörenden Brücke Schwändi überspannt
werden, mit einem Brückenpfeiler innerhalb des BLN-Perimeters.
Im Zusammenhang mit der Projektierung der ZOA liessen die kantonalen Behörden
zwei Rechtsgutachten zu Fragen des Moor- und Moorlandschaftsschutzes
ausarbeiten: Dr. Peter M. Keller erstattete am 7. September 2000 ein
Rechtsgutachten zur Linienführung im Bereich der Moorlandschaft Wetzikon/Hinwil
(im Folgenden: Gutachten Keller). Prof. Dr. Bernhard Waldmann erstellte im Mai
2007 das Gutachten "Rechtliche Beurteilung der Relevanz von Stickstoff-
Depositionen in Mooren von nationaler Bedeutung" (im Folgenden: Gutachten
Waldmann).

D. (...)
Mit Beschluss vom 5. März 2008 setzte der Regierungsrat des Kantons Zürich das
bereinigte Ausführungsprojekt gemäss den in den Akten liegenden Plänen und
Unterlagen fest und entschied über die Einsprachen.

E. Gegen den Beschluss des Regierungsrats erhoben mehrere Einsprecher
Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses führte einen
Augenschein durch. Am 1. Dezember 2010 wies es die Beschwerden im Wesentlichen
ab.

F. Dagegen haben der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz sowie dessen
Zürcher Sektion (ZVS/BirdLife Zürich) (Verfahren 1C_71/2011), A. (Verfahren
1C_73/2011) sowie B. und die D. AG (Verfahren 1C_77/2011) am 14. Februar 2011
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben.
(...)

H. Am 25. April 2012 führte das Bundesgericht einen Augenschein durch. (...)
Das Bundesgericht heisst die Beschwerden gut, hebt den angefochtenen Entscheid
auf und weist die Sache zu neuer Beurteilung an den Regierungsrat des Kantons
Zürich zurück.
(Auszug)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

4. Im Folgenden ist zunächst zu prüfen, ob ein Gutachten der ENHK
(Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission) eingeholt werden muss.
BGE 138 II 281 S. 285

4.1 Das Verwaltungsgericht ging davon aus, eine Begutachtung durch die ENHK
wäre nach Art. 7 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und
Heimatschutz (NHG; SR 451) geboten, wenn die ZOA als Nationalstrasse
projektiert würde, weil der Bau einer Nationalstrasse als Erfüllung einer
Bundesaufgabe gelte. Die Autobahn werde indessen nach kantonalem Recht als
kantonale Verkehrsanlage projektiert; die Übernahme ins Nationalstrassennetz
sei zwar vorgesehen, aber bis heute weder definitiv beschlossen noch vollzogen.
Insofern fehle es an einer Bundesaufgabe, weshalb keine obligatorische
Begutachtung nach Art. 7 NHG vorzunehmen sei. Denkbar wäre hingegen eine
freiwillige Begutachtung gemäss Art. 17a NHG in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1
lit. e der Verordnung vom 16. Januar 1991 über den Natur- und Heimatschutz
(NHV; SR 451.1); hierzu sei der Kanton jedoch nicht verpflichtet gewesen. Ob
das Gutachten der ENHK eine Voraussetzung für die spätere Übernahme des
Strassenprojekts ins Nationalstrassennetz darstelle, sei im vorliegenden
Verfahren nicht zu entscheiden.
(...)

4.3 Gemäss Art. 7 Abs. 2 NHG ist eine Begutachtung durch eine eidgenössische
Kommission i.S. von Art. 25 Abs. 1 NHG obligatorisch, wenn bei der Erfüllung
einer Bundesaufgabe ein Objekt, das in einem Inventar des Bundes nach Art. 5
NHG aufgeführt ist, erheblich beeinträchtigt werden kann oder sich in diesem
Zusammenhang grundsätzliche Fragen stellen. In diesem Fall verfasst die
Kommission zuhanden der Entscheidbehörde ein Gutachten, in dem sie angibt, ob
das Objekt ungeschmälert zu erhalten oder wie es zu schonen ist.

4.3.1 Das BLN-Objekt Nr. 1401 ist ein Inventarobjekt gemäss Art. 5 NHG.
Es kann insbesondere durch den Halbanschluss Wetzikon-Ost (samt
Zubringerstrasse und Brücke Schwändi) beeinträchtigt werden, dessen Bauwerke
z.T. knapp ausserhalb und z.T. sogar innerhalb des BLN-Perimeters liegen
(Zubringerstrasse durch den Wald, Pfeiler der Brücke Schwändi). Der
Umweltverträglichkeitsbericht (UVB) und die kantonalen Fachstellen
qualifizierten die Auswirkungen aus Sicht des Landschafts- und Naturschutzes in
der Bau- und Betriebsphase als erheblich; das Amt für Landschaft und Natur,
Fachstelle Naturschutz (ALN) und das Amt für Raumordnung und Vermessung,
Abteilung Orts- und Regionalplanung (ARV) beantragten deshalb ausdrücklich eine
Begutachtung durch die ENHK.
BGE 138 II 281 S. 286
Im Abschnitt Hellberg-Betzholz liegt die ZOA zwar ausserhalb des
BLN-Perimeters. Das ARV beurteilte jedoch den beabsichtigten, rund 7 m hohen
Abluftkamin mit einem Durchmesser von 7 bis 8 m als grossen Eingriff in die
geschützte Landschaft: Das Bauwerk liege auf einer Drumlinkrete und wirke weit
in die umgebende Landschaft; die Beeinträchtigung sei als gross zu bezeichnen.
Das ALN beantragte in diesem Abschnitt eine Begutachtung durch die ENHK wegen
erheblicher Beeinträchtigung der (überwiegend im BLN-Perimeter befindlichen)
Moorlebensräume: Es befürchtete negative Auswirkungen auf die Vegetation,
namentlich durch erhöhte Nährstoffeinträge, als auch auf die Fauna durch Lärm,
Licht sowie die Isolation bzw. Zerschneidung von Lebensräumen.
Es ist deshalb davon auszugehen, dass das Strassenprojekt zumindest in den
Abschnitten Halbanschluss Wetzikon-Ost (einschliesslich Zubringerstrasse und
Brücke Schwändi) und im Abschnitt Hellberg-Betzholz das BLN-Objekt Nr. 1401
erheblich beeinträchtigen kann oder sich in diesem Zusammenhang grundsätzliche
Fragen stellen.

4.3.2 Da sich das BLN-Gebiet weitgehend mit demjenigen der Moorlandschaft von
nationaler Bedeutung Nr. 106 deckt, kann offenbleiben, ob auch diese ein
Inventarobjekt i.S. von Art. 5 und 7 NHG ist, wie die Beschwerdeführer geltend
machen (ablehnend JÖRG LEIMBACHER, in: Kommentar NHG, 1997, N. 2 zu Art. 7 und
N. 6 zu Art. 5 NHG; SEITZ/ZIMMERMANN, Bundesgesetz über den Natur- und
Heimatschutz NHG: Bundesgerichtliche Rechtsprechung 1997-2007, URP 2008 S. 124
f.).

4.4 Näher zu prüfen ist, ob eine Bundesaufgabe vorliegt.
Gemäss Art. 78 Abs. 1 BV sind für den Natur- und Heimatschutz grundsätzlich die
Kantone zuständig (vgl. allerdings Abs. 4 und 5 zum Biotopschutz und zum Schutz
von Mooren und Moorlandschaften von nationaler Bedeutung). Der Bund nimmt bei
der Erfüllung seiner Aufgaben Rücksicht auf die Anliegen des Natur- und
Heimatschutzes und schont Landschaften, Ortsbilder, geschichtliche Stätten
sowie Natur- und Kunstdenkmäler; er erhält sie ungeschmälert, wenn das
öffentliche Interesse es gebietet (Art. 78 Abs. 2 BV).
Was unter der Erfüllung einer Bundesaufgabe im Sinne von Art. 78 Abs. 2 BV zu
verstehen ist, führt Art. 2 Abs. 1 NHG in nicht abschliessender Weise aus: Dazu
gehören insbesondere die Planung, Errichtung und Veränderung von Werken und
Anlagen durch den Bund,
BGE 138 II 281 S. 287
seine Anstalten und Betriebe, wie z.B. Nationalstrassen (lit. a), die Erteilung
von Konzessionen und Bewilligungen wie zum Bau und Betrieb von Verkehrsanlagen
und Transportanstalten (mit Einschluss der Plangenehmigung) sowie Bewilligungen
zur Vornahme von Rodungen (lit. b) sowie die Gewährung von Beiträgen an
Planungen, Werke und Anlagen wie u.a. Verkehrsanlagen (lit. c). Entscheide
kantonaler Behörden über Vorhaben, die voraussichtlich nur mit Beiträgen nach
Absatz 1 Buchstabe c verwirklicht werden, sind der Erfüllung von Bundesaufgaben
gleichgestellt (Art. 2 Abs. 2 NHG).
Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Bundesaufgabe auch dann vorliegen, wenn
eine kantonale Behörde eine bundesrechtliche Aufgabe wahrnimmt. Dies ist
beispielsweise zu bejahen bei der Erteilung einer raumplanungsrechtlichen
Ausnahmebewilligung (grundlegend BGE 112 Ib 70 E. 4b S. 75 ff.). Ausdrücklich
in Art. 2 Abs. 1 lit. b NHG erwähnt ist die Erteilung einer Rodungsbewilligung:
Muss für ein Projekt eine Rodung in einem koordinierten Verfahren bewilligt
werden oder wird die Rodungsbewilligung gemäss Art. 21 Abs. 3 UVPV (SR 814.011)
verbindlich in Aussicht gestellt, liegt nach ständiger Rechtsprechung eine
Bundesaufgabe vor (BGE 121 II 190 E. 3c/cc S. 197; BGE 120 Ib 27 E. 2c/aa S.
31). Auch der Biotopschutz gemäss Art. 18 ff. NHG ist eine den Kantonen
übertragene Bundesaufgabe (BGE 133 II 220 E. 2.2. S. 223; BGE 121 II 161 E. 2b/
bb S. 164 f.). Gleiches gilt für den Schutz von Mooren und Moorlandschaften von
besonderer Schönheit und nationaler Bedeutung (BGE 120 Ib 27 E. 2c/aa S. 31;
BGE 118 Ib 11 E. 2e S. 15 f.).

4.4.1 Vorliegend liegt eine Bundesaufgabe vor, weil die ZOA voraussichtlich in
das Nationalstrassennetz aufgenommen und deshalb mit Bundesmitteln finanziert
werden soll (Art. 2 Abs. 2 NHG). Wie die Beschwerdeführer zutreffend darlegen,
muss die Anhörung der ENHK in einem Verfahrensstadium erfolgen, in dem ihre
Stellungnahme noch effektiv (z.B. durch Projektänderungen oder Auflagen)
berücksichtigt werden kann (Urteil 1C_361/2008 vom 27. April 2009 E. 7.5, in:
URP 2009 S. 877, Pra 2010 Nr. 26 S. 180). Würde sie erst zum Beschluss des
Bundes um Übernahme des rechtskräftigen Ausführungsprojekts angehört, könnte
dieses nicht mehr abgeändert, sondern höchstens noch die Übernahme abgelehnt
werden.

4.4.2 Hinzu kommt, dass das Projekt auf Rodungsbewilligungen angewiesen ist,
namentlich in den Gebieten Jungholz (Schwändi) und Betzholz. Überdies verläuft
die Strecke z.T. (wenn auch unterirdisch)
BGE 138 II 281 S. 288
im Perimeter der Moorlandschaft von nationaler Bedeutung Nr. 106 und kann
erhebliche Auswirkungen auf die geschützten Hoch- und Flachmoore von nationaler
Bedeutung haben (vgl. oben, E. 4.3.1).

4.5 Liegt somit eine Bundesaufgabe vor, hätte ein Gutachten zur
Beeinträchtigung des BLN-Objekts Nr. 1401 zwingend eingeholt werden müssen.
Solange dieses Gutachten nicht vorliegt, kann das Bundesgericht diejenigen
Rügen, welche die Beeinträchtigung des BLN-Objekts betreffen oder damit in
engem Zusammenhang stehen, nicht beurteilen. Dies betrifft nicht nur die
visuelle Beeinträchtigung des BLN-Gebiets durch den Halbanschluss Wetzikon-Ost
samt Zubringer und Schwändi-Brücke und die Tunnelluftabsaugung Hellberg,
sondern auch die Beeinträchtigung von Fauna und Flora des BLN-Gebiets und
namentlich der sich darin befindlichen Moorgebiete durch Bau und Betrieb der
ZOA.
Dagegen rechtfertigt es sich aus prozessökonomischen Gründen, diejenigen Fragen
des Moorlandschaftsperimeters und -schutzes zu behandeln, die schon heute,
unabhängig vom möglichen Ausgang einer ENHK-Begutachtung, beurteilt werden
können und deren Beantwortung zwingend zur Aufhebung bzw. Änderung des
angefochtenen Projekts führen könnte.

5. Streitig ist vor allem die Abgrenzung des Perimeters der Moorlandschaft von
nationaler Bedeutung Nr. 106.

5.1 Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, der Moorlandschaftsperimeter sei
im Nordwesten, an der Grenze zu Wetzikon und Grüt (Schwändiriet, Waldrand
"Jungholz" und Allenberg) sowie im Bereich Hellberg zu eng gefasst. Sie stützen
sich auf den im Auftrag des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) und
des Bundesamts für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) im Jahre 1991 erstellten
Entwurf des Inventarblatts Nr. 106 Wetzikon/Hinwil. Dieser sei von Fachleuten
ausgearbeitet worden und habe eine landschaftlich logische Abgrenzung
vorgenommen. Der darin vorgeschlagene Perimeter sei 1993, bei Verhandlungen
zwischen dem BUWAL und dem Zürcher Regierungsrat, einzig zur Ermöglichung der
bereits geplanten ZOA reduziert worden. Dies sei unzulässig.

5.2 (Zusammenfassung der Erwägungen des Verwaltungsgerichts)

5.3 Gemäss Art. 78 Abs. 5 BV sind Moore und Moorlandschaften von besonderer
Schönheit und gesamtschweizerischer Bedeutung
BGE 138 II 281 S. 289
geschützt. Die Verfassung definiert jedoch nicht, was unter einer
Moorlandschaft zu verstehen ist. Anders als bei den Mooren ergibt sich dies
auch nicht (oder zumindest nicht allein) aus naturwissenschaftlichen Kriterien.
Der Gesetzgeber hat in Art. 23b NHG Kriterien für die Umschreibung der
Moorlandschaften aufgenommen: Danach ist eine Moorlandschaft eine in besonderem
Masse durch Moore geprägte, naturnahe Landschaft, deren moorfreier Teil zu den
Mooren in enger ökologischer, visueller, kultureller oder geschichtlicher
Beziehung steht (Abs. 1). Um von besonderer Schönheit und nationaler Bedeutung
zu sein, muss die Moorlandschaft zudem in ihrer Art einmalig sein oder in einer
Gruppe von vergleichbaren Moorlandschaften zu den wertvollsten gehören (Abs.
2). Der Bundesrat bezeichnet die schützenswerten Moorlandschaften von
besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung unter Berücksichtigung der
bestehenden Besiedlung und Nutzung und bestimmt ihre Lage. Er arbeitet dabei
eng mit den Kantonen zusammen, welche ihrerseits die betroffenen
Grundeigentümer anhören (Abs. 3).

5.4 Gestützt darauf hat der Bundesrat am 1. Mai 1996 die
Moorlandschaftsverordnung erlassen. Die Moorlandschaften von besonderer
Schönheit und nationaler Bedeutung werden in Anhang 1 aufgeführt und in Anhang
2 näher umschrieben (Art. 2 Abs. 1 Moorlandschaftsverordnung).
Das Bundesinventar der Moorlandschaften ist eine Verordnung des Bundesrats, die
von den Gerichten akzessorisch auf ihre Verfassungs- und Gesetzeskonformität
überprüft werden kann (BGE 127 II 184 E. 5a S. 190 mit Hinweisen). Allerdings
verfügt der Bundesrat bei der Konkretisierung der unbestimmten Gesetzesbegriffe
von Art. 23b NHG über einen gewissen Beurteilungsspielraum: Wohl hat sich der
Bundesrat an die gesetzlichen Kriterien zu halten; diese sind jedoch nicht so
präzis gefasst, dass sie in jedem Einzelfall zu klaren und eindeutigen
Ergebnissen führen. Dies gilt vor allem für die Abgrenzung des Perimeters am
Rande einer Moorlandschaft: Die Frage, ob ein bestimmter Landschaftsteil noch
eine hinreichend enge Beziehung zu den Mooren hat, lässt sich oft nicht
eindeutig beantworten, so dass es mehrere mit dem Gesetz vereinbare,
vertretbare Lösungen geben kann. Hat sich der Bundesrat im Einvernehmen mit dem
betroffenen Kanton für eine - mit dem Gesetz vereinbare - Grenzziehung
entschieden, ist diese Abgrenzung von den kantonalen Behörden und Gerichten zu
respektieren. Sie dürfen die Grenzziehung nur
BGE 138 II 281 S. 290
korrigieren, wenn der Bundesrat seinen Beurteilungsspielraum überschritten oder
missbraucht hat (BGE 127 II 184 E. 5a/bb S. 191 f. mit Hinweisen).
Der Beurteilungsspielraum darf aber nicht so weit gefasst werden, dass eine
effektive gerichtliche Kontrolle nicht mehr möglich ist: Die Gerichte müssen
und dürfen prüfen, ob der Bundesrat sich an die gesetzlichen Vorgaben in Art.
23b NHG gehalten und seinen Beurteilungsspielraum dem Zweck des Gesetzes
entsprechend, im Sinne des verfassungsrechtlichen Moorlandschaftsschutzes,
ausgeübt hat. Sie dürften auch einschreiten, wenn der Bundesrat von einem
falschen Sachverhalt ausgegangen ist. Dagegen dürfen sie nicht eine vertretbare
Abgrenzung der Moorlandschaft durch eine andere ersetzen (BGE 127 II 184 E. 5a/
cc S. 192).

5.5 Das Bundesgericht hat die streitigen Gebiete in Augenschein genommen. Dabei
ist es zum Ergebnis gekommen, dass die vom Bundesrat vorgenommene Abgrenzung
der Moorlandschaft bei Hellberg den Vorgaben von Art. 23b NHG klarerweise nicht
entspricht. Dies ist im Folgenden (E. 5.6) näher darzulegen.
Dagegen ist die Abgrenzung des Moorlandschaftsperimeters an der Grenze zum
Industriegebiet Wetzikon-Ost heikel: Ursprünglich gehörten diese Gebiete sicher
zu der durch den Wechsel von Drumlins und Mooren geprägten Moorlandschaft
Wetzikon/Hinwil. Dafür spricht auch der Verlauf des (1977 festgelegten)
BLN-Perimeters, der den gesamten Eisenbahnspickel sowie den Waldrand "Jungholz"
einschliesst. Durch den Bau des Industriegebiets Wetzikon (mit Industriebauten,
Zufahrtsstrasse und Parkplätzen unmittelbar an der Waldgrenze) und der
Hochspannungsleitung mit Unterwerk wurde die Landschaft jedoch stark
beeinträchtigt und die Moorvegetation z.T. beseitigt. Ob diese Gebiete dennoch
aus ökologischen Gründen, als Lebensraum moortypischer und gefährdeter Arten,
zwingend zur Moorlandschaft gehören, wie die Beschwerdeführer geltend machen,
wird erst nach Vorliegen der Stellungnahme der ENHK abschliessend beurteilt
werden können.

5.6 Im Gebiet Hellberg sah der Inventar-Entwurf vor, die Grenze der
Moorlandschaft am Rand des Sennwalds und der Siedlung Hellberg zu ziehen;
anschliessend folgte sie dem Flurweg bei Zil bis zum Waldrand "Langriemenholz".
Damit befanden sich sämtliche Flachmoore von nationaler Bedeutung
(Oberhöflerriet und Chliriet [Letzteres wird auch als Hellbergriet bezeichnet])
innerhalb des Moorlandschaftsperimeters.
BGE 138 II 281 S. 291
Auf Antrag des Kantons Zürich wurde der Moorlandschaftsperimeter zurückverlegt:
Er folgt nunmehr (ausgehend vom Waldrand "Langriemenholz") dem Flurweg auf der
Krete des Drumlins zwischen dem Oberhöflerriet (im Norden) und dem Chliriet (im
Süden); an der Hinwilerstrasse überquert er die Bahnlinie und führt von dort
aus in Richtung Betzholz.
Im Schreiben des BUWAL vom 4. November 1993 findet sich dazu folgende
Ausführung:
"Die verlangte Änderung im Südteil der Moorlandschaft (Hellberg) ist eher
bescheiden. Sie schliesst eine Landschaftskammer vom Kerngebiet der
Moorlandschaft aus; beide gehören sicher insgesamt zur Moorlandschaft, sind
jedoch durch einen Drumlin voneinander getrennt. Trotz des vorgeschlagenen
Ausschlusses ist die nationale Bedeutung des restlichen Teils der
Moorlandschaft immer noch gegeben, so dass wir der Änderung zustimmen können.
(...)
Falls die Variante 'Mitte + 9.93' nicht realisiert wird, ist der Kanton zur
Diskussion über eine Wiederanpassung des Perimeters im Raum Hellberg bereit."

5.6.1 Der Gutachter Keller hielt die im Inventar-Entwurf genannten Gründe
(Einbezug des Flachmoors Chliriet, Rand des Sennwalds als Sichthorizont,
herkömmliche landwirtschaftliche Nutzung und Bauweise ausserhalb der Siedlung
Hellberg, Einbezug des unbewaldeten Drumlins Zil) für wichtig. Die
Landschaftskammer bei Hellberg sei durch einen Drumlin sowie durch das
gemeinsame hydrologische Einzugsgebiet der Moore Hellbergriet und Oberhöfler
Riet mit dem geltenden Perimeter der Moorlandschaft verbunden. Es sei daher
mehr als fraglich, ob dieser Bereich zu Recht aus dem Perimeter der
Moorlandschaft ausgeklammert worden sei. Der Gutachter schlug vor, die Frage
durch eine Fachperson des Moorlandschaftsschutzes vertieft beurteilen zu
lassen.

5.6.2 Das Verwaltungsgericht erachtete die Ausführungen des Gutachters als
zutreffend. Es hob hervor, dass die fragliche Landschaftskammer auch nach
Auffassung des BUWAL im Prinzip zur Moorlandschaft gehöre. Dass der restliche
Teil der Moorlandschaft auch mit dem reduzierten Perimeter noch von nationaler
Bedeutung bleibe, sei kein zulässiges Abgrenzungskriterium; der von Verfassung
und Gesetz gewährleistete integrale Schutz gelte für alle Teile einer
Moorlandschaft und untersage nicht nur Beeinträchtigungen, die dazu führten,
dass die Moorlandschaft geradezu ihre Schutzwürdigkeit verliere. Auch die am
Ende des Schreibens vom 4. November
BGE 138 II 281 S. 292
1993 enthaltene Feststellung, wonach der Kanton bereit sei, eine
Wiederanpassung des Perimeters im Raum Hellberg zu diskutieren, falls die
Autobahn nicht gemäss der vorgesehenen Variante realisiert werde, lasse
erkennen, dass das fragliche Gebiet nach Auffassung des BUWAL zur
schützenswerten Moorlandschaft gehöre und das Amt dem Verzicht auf die
Unterschutzstellung nur mit Rücksicht auf den beabsichtigten Bau der Autobahn
zugestimmt habe. Die Qualifikation eines Gebiets als Moorlandschaft dürfe
jedoch nicht von einer Interessenabwägung abhängig gemacht werden, welche
entgegenstehende Nutzungsinteressen mitberücksichtige. Die Interessen des
Strassenbaus stellten daher kein zulässiges Kriterium für die Festlegung des
Perimeters dar. Es handle sich beim fraglichen Bereich um eine praktisch
intakte, nur zurückhaltend landwirtschaftlich genutzte Landschaft. Die
bestehende Bahnlinie füge sich durch ihre niedrige Lage gut ins Landschaftsbild
ein und trete kaum störend in Erscheinung. Die Geländekammer sei in sich
geschlossen; durch den erhöht gelegenen Sennwald werde sie auch gegenüber dem
Verkehrskreisel Betzholz (optisch wie auch bezüglich der Immissionen)
abgeschirmt, und im Westen bildeten die Bauten des Weilers Hellberg einen
passenden Abschluss.
Trotz der geäusserten Bedenken gelangte die Mehrheit des Verwaltungsgerichts
zum Ergebnis, die vom Bundesrat vorgenommene Abgrenzung des Perimeters sei noch
vertretbar und damit gesetzeskonform. Dagegen vertrat eine Minderheit des
Verwaltungsgerichts in einem abweichenden Votum die Auffassung, die im Raum
Hellberg vorgenommene Abgrenzung sei schlechterdings nicht vertretbar. Das
Flachmoor bei Hellberg und das umgebende Gebiet zwischen dem Sennwald und dem
Weiler Hellberg müssten vielmehr als Teil der nordöstlich angrenzenden
Moorlandschaft betrachtet werden.
(...)

5.6.5 Wie der Augenschein des Bundesgerichts bestätigt hat, zerschneidet der
vom Bundesrat festgelegte Perimeter das Flachmoor von nationaler Bedeutung
Oberhöflerriet (an der Kreuzung Hinwilerstrasse/Bahnlinie) und schliesst das
Chliriet - ein Flachmoorgebiet von nationaler Bedeutung und besonderer
Schönheit - aus der Moorlandschaft aus. Abgesehen von den Interessen des
Strassenbaus, die nicht berücksichtigt werden dürfen (BGE 127 II 184 E. 5b/aa
S. 193), sind keine sachlichen Gründe für diesen Perimeterverlauf ersichtlich:
Zwischen dem Chliriet und dem Oberhöfleriet liegt ein Drumlin, der
landwirtschaftlich genutzt wird und auf dem lediglich ein Feldweg
BGE 138 II 281 S. 293
verläuft. Dieser Hügel ist aber kein trennendes Element, sondern gerade
Bestandteil der Moorlandschaft, die im Bereich Wetzikon/Hinwil durch den
Wechsel von Drumlins (d.h. während der letzten Eiszeit abgelagerten,
langgezogenen Moränenhügeln) und dazwischenliegenden streifenförmigen Mooren in
den Senken charakterisiert wird. Das Moorbiotop Chliriet ist als Flachmoor von
nationaler Bedeutung und besonderer Schönheit (Nr. 58) inventarisiert. Die das
Chliriet umgebende Landschaft ist durch die landwirtschaftliche Nutzung geprägt
und wird durch den Weiler Hellberg nicht beeinträchtigt. Die Hinwilerstrasse
zerschneidet zwar das Oberhöflerriet im Bereich des Bahnübergangs und trennt
das Chliriet von den vernässten Flächen am Sennwald, die früher ebenfalls zum
Moorbiotop gehörten. Es handelt sich jedoch um eine Strasse von nur lokaler
Bedeutung, die landschaftlich wenig in Erscheinung tritt. Gleiches gilt für die
Bahnlinie; hierfür kann auf die Feststellungen des Verwaltungsgerichts
verwiesen werden.

5.7 Nach dem Gesagten entspricht der Moorlandschaftsperimeter im Bereich
Hellberg nicht den Vorgaben des Bundesgesetzes- und -verfassungsrechts und muss
erweitert werden. Zwar verbleibt ein gewisses Ermessen des Bundesrats bei der
genauen Abgrenzung der Moorlandschaft; diese muss jedoch mindestens das gesamte
Oberhöflerriet und das Chliriet mitsamt dem dazwischen liegenden Drumlin
umfassen.
Dies hat zur Folge, dass ein Teil des Tagbautunnels Brüschweid-Hellberg (samt
der oberirdisch sichtbaren Tunnelluftabsaugung Hellberg), das Tunnelportal bei
Hellberg mit den dafür vorgesehenen Aufschüttungen auf einer Länge von ca. 220
m und ein Teil der oberirdischen Strecke in Richtung Betzholz in die
Moorlandschaft Nr. 106 zu liegen kommen.

6. Im Folgenden ist zu prüfen, inwiefern der Schutz der Moorlandschaft von
nationaler Bedeutung dem projektierten Strassenbau zwingend entgegensteht.
Dabei beschränkt sich die Prüfung auf die Abschnitte, die innerhalb der
geschützten Moorlandschaft liegen.
Für die Abschnitte ausserhalb des Moorlandschaftsperimeters erscheint es
sinnvoll, zunächst das Gutachten der ENHK abzuwarten, da sich die Frage,
inwieweit sie negative Auswirkungen auf die geschützte Landschaft und ihre
Fauna und Flora haben können, in gleicher Weise für das BLN-Gebiet stellt.
BGE 138 II 281 S. 294

6.1 Die Parteien sind sich einig, dass zumindest oberirdische Autobahnstrecken
und -anlagen (Tunnelportale, Aufschüttungen, Abluftkamine) innerhalb der
geschützten Moorlandschaft nicht bewilligt werden können. Dagegen ist streitig,
inwieweit die unterirdischen Strecken der ZOA mit dem Moorlandschaftsschutz
vereinbar sind.
Zwischen dem Halbanschluss Wetzikon-Ost und dem Tunnelportal bei Hellberg
verläuft die ZOA im Tunnel Alt-Hellberg. Dabei sollen die Drumlins Allenberg
und Alt Hellberg bergmännisch unterquert werden; die übrige Strecke (ca. 400 m
im Bereich Bönler und ca. 1'250 m zwischen Brüschweid und dem Tunnelportal bei
Hellberg) sollen im Tagbau erstellt werden.
Die Vorinstanzen und das BAFU äusserten sich nur zum Tagbautunnel Bönler, der
innerhalb des vom Bundesrat festgelegten Moorlandschaftsperimeters liegt. Nach
dem oben Gesagten verläuft jedoch auch ein Teil des Tagbautunnels
Brüschweid-Hellberg innerhalb der Moorlandschaft von nationaler Bedeutung und
besonderer Schönheit.

6.1.1 Das Verwaltungsgericht ging mit dem Gutachten Keller davon aus, dass das
Schutzziel des Moorlandschaftsschutzes durch einen Tunnel im Tagbau
längerfristig nicht beeinträchtigt werde, wenn die Landschaft nach der Bauphase
in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt werde. Die vorübergehende
Beeinträchtigung der Landschaft während der Bauphase sei zulässig, wenn der
Eingriff mit grösstmöglicher Schonung durchgeführt werde und eine in
landschaftlicher Hinsicht einwandfreie Wiederherstellung des betroffenen
Projektperimeters innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit erfolge. Mit Blick auf
die geplante rund 14-monatige Bauzeit erachtete es den Tagbautunnel Bönler noch
als zulässig.
Diese Auffassung wird auch vom Kanton Zürich vertreten.

6.1.2 Die Beschwerdeführer sind dagegen der Auffassung, innerhalb der
Moorlandschaft dürften nach Art. 23d Abs. 2 lit. d NHG nur solche
Infrastrukturanlagen gebaut werden, die für eine nachhaltige Nutzung der
Moorlandschaft erforderlich seien. Zudem seien zumindest die im Tagbau
errichteten Tunnel auch nicht schutzverträglich. Sie rügen, das
Verwaltungsgericht habe das Schutzziel zu Unrecht auf den Landschaftsschutz
beschränkt und ökologische Zusammenhänge missachtet. Die Moorlandschaft Nr. 106
sei Lebensraum seltener, geschützter und bedrohter Tier- und Pflanzenarten, die
durch die Immissionen der Baustelle und der Transportpisten beeinträchtigt
BGE 138 II 281 S. 295
würden. Art. 23c Abs. 1 NHG verlange die Erhaltung der natürlichen Eigenheiten
der Moorlandschaft; diese seien jedoch nach einem Totalumbau der
Landschaftskammer mit anschliessender künstlicher Wiederherstellung nicht mehr
vorhanden.
Die Beschwerdeführer erachten auch die bergmännisch erstellten Tunnel innerhalb
der Moorlandschaft als unzulässige Bodenveränderungen i.S. von Art. 78 Abs. 5
BV und Art. 23d NHG. Sie rügen in diesem Zusammenhang eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs, weil sich das Verwaltungsgericht mit dieser Frage nicht
auseinandergesetzt habe.

6.1.3 Das BAFU hält die bergmännisch erstellten Tunnel für mit dem Schutz der
Moorlandschaft verträglich. Dagegen stelle der ca. 400 m lange Tagbautunnel
Bönler einen unzulässigen Eingriff in das Moorlandschaftsgebiet dar. Durch den
Tagebau werde in schwerwiegender Weise in die Eigenheit der Moorlandschaft und
in die Schutzziele i.S. von Art. 5 Abs. 2 lit. d der Moorlandschaftsverordnung
eingegriffen. Eine integrale Unversehrtheit der Moorlandschaft könne nur
garantiert werden, wenn der Tunnelbau bergmännisch vorgenommen werde.

6.2 Gemäss Art. 78 Abs. 5 BV (früher Art. 24^sexies Abs. 5 aBV) sind Moore und
Moorlandschaften von besonderer Schönheit und gesamtschweizerischer Bedeutung
geschützt. Es dürfen darin weder Anlagen gebaut noch Bodenveränderungen
vorgenommen werden. Ausgenommen sind Einrichtungen, die dem Schutz oder der
bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung der Moore und Moorlandschaften dienen.
Art. 78 Abs. 5 BV sieht somit ein absolutes Veränderungsverbot sowohl für Moore
als auch für Moorlandschaften vor und lässt Ausnahmen nur zu, wenn sie dem
Schutz oder der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung dienen. Art. 78 Abs. 5
BV räumt dem Schutz von Mooren und Moorlandschaften absoluten Vorrang ein und
belässt keinen Raum für eine Abwägung mit anderen Interessen im Einzelfall (BGE
117 Ib 243 E. 3b S. 247; Urteil 1A.124/2003 vom 23. September 2003 E. 5.6, in:
URP 2003 S. 731, ZBl 106/2005 S. 167, RDAF 2004 I S. 749; PETER M. KELLER,
Kommentar NHG, 1997, Vorbem. 7 zu Art. 23a-23d NHG; BERNHARD WALDMANN, Der
Schutz von Mooren und Moorlandschaften: Inhalt, Tragweite und Umsetzung des
"Rothenthurmartikels": [Art. 24^sexies Abs. 5 BV], 1997 , S. 90, 251 ff.).
Im Gegensatz zu Art. 78 Abs. 5 BV differenzierten das NHG und das darauf
beruhende Verordnungsrecht zwischen Moorbiotopen und
BGE 138 II 281 S. 296
Moorlandschaften. Art. 23d Abs. 1 NHG lässt die Gestaltung und Nutzung von
Moorlandschaften zu, soweit dies der Erhaltung der für die Moorlandschaften
typischen Eigenheiten nicht widerspricht. Damit wird das Kriterium der
Schutzzieldienlichkeit durch dasjenige der Schutzzielverträglichkeit ersetzt (
BGE 124 II 19 E. 5c S. 27; BGE 123 II 248 E. 3a/cc S. 252). Unter dieser
Voraussetzung erklärt Art. 23d Abs. 2 NHG insbesondere folgende Nutzungen für
zulässig:
a) die land- und forstwirtschaftliche Nutzung;
b) den Unterhalt und die Erneuerung rechtmässig erstellter Bauten und Anlagen;
c) Massnahmen zum Schutz von Menschen vor Naturereignissen;
d) die für die Anwendung der Buchstaben a-c notwendigen Infrastrukturanlagen.
Insofern gilt in Moorlandschaften kein absolutes Veränderungsverbot, sondern es
ist jeweils zu prüfen, ob ein Vorhaben mit den Schutzzielen vereinbar ist. Eine
Interessenabwägung ist aber auch hier nicht zulässig: Widerspricht ein Vorhaben
den Schutzzielen, so ist es unzulässig, unabhängig vom Gewicht der übrigen auf
dem Spiele stehenden Interessen (KELLER, a.a.O., Vorbem. 9 zu Art. 23a-23d
NHG).
Der Regelung in Art. 23d NHG liegt die Überlegung zugrunde, dass es sich bei
Moorlandschaften - im Gegensatz zu den Moorbiotopen - um Kulturlandschaften
handelt, die durch Menschen gestaltet wurden und die weiterhin von Menschen
bewohnt und genutzt werden (Voten Bundesrätin Dreifuss, AB 1993 N 2078 und
2105). Die Räte wollten die Beibehaltung der traditionellen Besiedlung und
Nutzung dieser Gebiete und deren angepasste und nachhaltige Weiterentwicklung
ermöglichen (Voten Frick, AB 1992 S 602 f.; Baumberger, AB 1993 N 2104 und
2106), in der Erkenntnis, dass Moorlandschaftsschutz als
Kulturlandschaftsschutz nur mit und nicht gegen die betroffene Bevölkerung
durchgesetzt werden könne (Voten Blatter, AB 1993 N 2073; Baumberger, AB 1993 N
2104).
Zur Klarstellung, welche Nutzungen auch künftig - unter dem Vorbehalt der
Schutzzielverträglichkeit - möglich sein sollen, wurde die Aufzählung in Art.
23d Abs. 2 NHG beschlossen (Voten Schallberger, AB 1992 S 619; Frick, AB 1992 S
620; Wyss, AB 1993 N 2103), bei der es sich allerdings, wie das Wort
"insbesondere" zeigt, nicht um eine abschliessende Aufzählung handelt. Aus den
Debatten geht hervor, dass neben den ausdrücklich genannten Nutzungen auch
BGE 138 II 281 S. 297
militärische Nutzungen und eine sanfte touristische Nutzung möglichsein sollten
(Votum Schallberger, AB 1992 S 619). Abgelehnt wurden dagegen die Anträge von
Ständerat Küchler, in Art. 23d Abs. 2 auch die Erweiterung rechtmässig
erstellter Bauten und Anlagen sowie den Neubau notwendiger
Erschliessungsanlagen zu erwähnen: Die Zulassung von Erweiterungen würde den
verfassungsrechtlichen Rahmen sprengen (Voten Jagmetti, Frick und Bundesrat
Cotti, AB 1992 S 621); Erschliessungsanlagen seien nur zulässig, soweit sie für
die in lit. a-c aufgezählten Nutzungen unerlässlich (VotumJagmetti, AB 1992 S
622) bzw. für die nachhaltige Nutzung derMoorlandschaft erforderlich seien
(Votum Baumberger, AB 1993 N 2106).

6.3 Art. 23d NHG ist für das Bundesgericht massgebend (Art. 190 BV). Dabei ist
eine Auslegung zu wählen, die sich vom Wortlaut und Sinn der
Verfassungsbestimmung möglichst wenig entfernt (BGE 128 II 23 E. 3.3 S. 28; BGE
123 II 248 E. 3a/cc S. 253). Für weitere als die in Art. 23d Abs. 2 NHG
umschriebenen Nutzungen bleibt daher nur ein sehr enger Raum (Urteile des
Bundesgerichts 1A.14/1999 vom 7. März 2000 E. 3b, in: URP 2001 S. 437; 1A.124/
2003 vom 23. September 2003 E. 4.4, in: URP 2003 S. 731, ZBl 106/2005 S. 167,
RDAF 2004 I S. 749; so auch KELLER, a.a.O., N. 11 zu Art. 23d NHG:
"ausserordentlich strenger Massstab").
In BGE 138 II 23 E. 3.3 S. 28 f. hielt das Bundesgericht fest, dass Art. 23d
Abs. 2 lit. b NHG bei rechtmässig erstellten Bauten und Anlagen nur den
Unterhalt und die Erneuerung, nicht aber eine Erweiterung zulasse; dies
schliesse a fortiori den Bau neuer Gebäude aus, ohne dass die
Schutzzielverträglichkeit näher geprüft werden müsse. Vorbehalten blieben nur
Anlagen oder Bauten, die dem Schutz der Moorlandschaft - direkt oder indirekt -
dienen und damit schon nach Art. 78 Abs. 5 BV zulässig seien.
Diese Erwägungen gelten analog für Infrastrukturanlagen: Fällt eine solche
Anlage nicht unter Art. 23d Abs. 2 lit. d NHG, weil sie nicht für die in lit.
a-c aufgezählten Nutzungen notwendig ist, so ist sie innerhalb der
Moorlandschaft unzulässig und kann auch nicht gestützt auf Art. 23d Abs. 1 NHG
i.V.m. Art. 5 Abs. 2 lit. d Moorlandschaftsverordnung bewilligt werden. Wie
sich aus den oben zitierten Materialien ergibt, wurde der weitergehende Antrag,
den Neubau notwendiger Erschliessungsanlagen zuzulassen, vom Gesetzgeber
ausdrücklich abgelehnt.
BGE 138 II 281 S. 298
Vorliegend dient die ZOA offensichtlich nicht der nachhaltigen Nutzung der
Moorlandschaft, sondern überregionalen Verkehrsinteressen. Der Bau einer
solchen Anlagen ist daher innerhalb der Moorlandschaft von nationaler Bedeutung
unzulässig.

6.4 Dies gilt nicht nur für die oberirdischen Anlagen (oberirdische
Strassenabschnitte, Tunnelportale, Abluftkamine), sondern auch für die im
Tagbau erstellten Tunnel: Diese widersprechen den Zielen des
Moorlandschaftsschutzes, wie im Folgenden darzulegen ist.

6.4.1 Art. 4 Abs. 1 Moorlandschaftsverordnung umschreibt die für alle Objekte
geltenden Schutzziele. Danach ist die Landschaft vor Veränderungen zu schützen,
welche die Schönheit oder die nationale Bedeutung der Moorlandschaft
beeinträchtigen (lit. a). Die für Moorlandschaften charakteristischen Elemente
und Strukturen sind zu erhalten, namentlich geomorphologische Elemente,
Biotope, Kulturelemente sowie die vorhandenen traditionellen Bauten und
Siedlungsmuster (lit. b). Besondere Rücksicht ist auf geschützte Pflanzen- und
Tierarten sowie die in den Roten Listen aufgeführten, gefährdeten und seltenen
Pflanzen- und Tierarten zu nehmen (lit. c). Die nachhaltige moor- und
moorlandschaftstypische Nutzung ist zu unterstützen, damit sie so weit als
möglich erhalten bleibt (lit. d). Diese Schutzziele sind für die einzelnen
Objekte durch die Kantone zu konkretisieren, auf der Grundlage der
Objektbeschreibungen des Inventars (Art. 4 Abs. 2 Moorlandschaftsverordnung).

6.4.2 Die Moorlandschaft Nr. 106 Wetzikon/Hinwil wird im Bundesinventar als
charakteristische Drumlin-Moorlandschaft umschrieben, deren Relief von
Drumlins, während der letzten Eiszeit abgelagerten, langgezogenen
Moränenhügeln, geprägt wird, welche in Fliessrichtung des Gletschereises
orientiert sind. Sie gliedern die Landschaft in Kammern verschiedener Grösse.
Das BAFU führt in seiner Vernehmlassung aus, dass mit der Zerstörung eines
solchen Drumlins sein naturgeschichtlicher Eigenwert unwiderruflich verloren
gehe. Das Moorlandschaftsrecht erlaube Erdbewegungen im geplanten Ausmass nicht
und sehe deshalb auch keine Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen für
derartige Eingriffe vor. Eine integrale Unversehrtheit der Moorlandschaft könne
deshalb nur mit einem bergmännischen Tunnelvortrieb garantiert werden.
Diesen Ausführungen ist zuzustimmen: Für die Errichtung der Tagbautunnel sind
Baustellen beträchtlichen Ausmasses und gewaltige Erdbewegungen erforderlich.
Allein die Tagbaustelle Bönler weist
BGE 138 II 281 S. 299
eine Länge von 420 m, eine Breite von 75 bis 80 m (inkl. Transportpisten) und
eine Tiefe von 12 bis 19 m auf. Gemäss UVB wird sie den flachen Drumlin im
Gebiet Fägswilerweid und die ausgedehnte Senke in der Verlängerung des
Bönlerriets durchschneiden; betroffen sind auch die Flanken der Drumlins Alt
Hellberg und Allenberg. Damit werden für die Moorlandschaft charakteristische
geomorphologische Elemente (zumindest teilweise) zerstört. Selbst wenn das
ursprüngliche Relief wiederhergestellt wird, würde es sich um eine künstliche
Aufschüttung und nicht mehr um die vom Gletschereis geschaffenen
Landschaftselemente handeln.
Analoges gilt für die Tagbaustrecke im Bereich Hellberg.
Hinzu kommen die erheblichen (wenn auch vorübergehenden) Eingriffe in die
Moorlandschaft und ihre Fauna und Flora während der Bauphase (Immissionen;
Isolation und Zerschneidung von Lebensräumen). In der Betriebsphase wirken sich
die Luftschad- und -nährstoffimmissionen der Tunnelstrecke Alt Hellberg negativ
auf die Moorbiotope aus, soweit sie am Tunnelportal Hellberg austreten. Soweit
sie abgesaugt werden, beeinträchtigt der hierfür erforderliche Kamin die
Moorlandschaft visuell.

6.5 Wie die Vertreter des Kantons am Augenschein überzeugend dargelegt haben,
ist eine bergmännische Erstellung der Tunnel in den Bereichen Bönler und
Hellberg nicht möglich: Für den bergmännischen Vortrieb müsste die
Strassenachse erheblich tiefer gelegt werden und würde damit in den
grundwasserführenden Aathal-Schotter zu liegen kommen, d.h. den
Grundwasserstrom beeinträchtigen.
Kann somit der Tunnel Alt Hellberg bereits in den Bereichen Bönler und Hellberg
nicht wie geplant realisiert werden, kann offenbleiben, ob die bergmännisch
vorgetriebenen Tunnel unter dem Allenberg und dem Drumlin Alt Hellberg mit dem
Moorlandschaftsschutz vereinbar sind.
Zwar ist unstreitig, dass ein erhebliches öffentliches Interesse an der
Schliessung der Autobahnlücke und an der Entlastung der Ortsdurchfahrt von
Wetzikon besteht. Wie dargelegt wurde, lässt jedoch der bundesrechtliche
Moorlandschaftsschutz keine Abwägung mit entgegenstehenden Interessen zu.
Insofern müssen die von den Beschwerdeführern vorgeschlagenen alternativen
Streckenführungen nicht näher geprüft werden.