Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 138 III 593



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Urteilskopf

138 III 593

88. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen
Bezirksamt A. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_607/2012 vom 5. September 2012

Regeste

Fürsorgerische Freiheitsentziehung im Anschluss an Massnahmen des
Jugendstrafrechts.
Anordnung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung (Art. 397a Abs. 1 ZGB) zur
Behandlung der Geisteskrankheit mit Blick auf den Wegfall einer entsprechenden
Massnahme des Jugendstrafrechts (Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG i.V.m.
Art. 19 Abs. 2 und 3 JStG). Überprüfung der Rechts- und Verhältnismässigkeit
der fürsorgerischen Freiheitsentziehung bei sexuellem Sadismus und einer
Persönlichkeitsstörung vom antisozialen Typus (E. 2-9).

Sachverhalt ab Seite 594

BGE 138 III 593 S. 594

A.

A.a X. (geb. 17. August 1990) erkletterte am 10. Februar 2008 den
Flachdachvorbau eines Solariums und gelangte durch ein Dachflächenfenster in
das Innere der Liegenschaft. Dort verging er sich mehrmals an einer
Prostituierten und tötete sie.

A.b Wegen dieser Taten erkannte das Jugendgericht X. namentlich des Mordes
(Art. 112 StGB), der sexuellen Nötigung (Art. 189 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB)
und der Vergewaltigung (Art. 190 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB) für schuldig und
verurteilte ihn zu einem Freiheitsentzug von vier Jahren. Ferner ordnete das
Gericht gestützt auf Art. 10 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom
20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG; SR 311.1)
eine Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt sowie gestützt auf Art. 10
Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 JStG eine in der Anstalt durchzuführende "ambulante
Behandlung" der bei X. bestehenden psychischen Störung an.

B.

B.a Am 7. Mai 2012 beantragte die Jugendanwaltschaft Aargau dem Bezirksamt A.,
X. nach Vollendung des 22. Altersjahres am 17. August 2012 in einer geeigneten
und insbesondere gesicherten Einrichtung unterzubringen und ihn dort zu
behandeln.

B.b Am 20. Juni 2012 verfügte das Bezirksamt über X. eine fürsorgerische
Freiheitsentziehung gestützt auf Art. 397a ff. ZGB und ordnete die Überweisung
des Betroffenen vom Massnahmenzentrum für junge Erwachsene in die
Jugendvollzugsanstalt (JVA) A., Sicherheitstrakt (SITRAK) II sowie die dortige
Zurückbehaltung an (Ziff. 1 und 2). Die Anstaltsleitung wurde angewiesen, X.
seiner psychischen Beeinträchtigung entsprechend zu behandeln, resp. die
bereits im Massnahmenzentrum für junge Erwachsene laufende intensive
persönlichkeitszentrierte und deliktorientierte forensische Psychotherapie
weiterzuführen.

B.c Mit Urteil vom 6. August 2012 wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Aargau die gegen die fürsorgerische Freiheitsentziehung erhobene Beschwerde von
X. ab.

C. X. (Beschwerdeführer) hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beim
Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Er beantragt, das angefochtene
Urteil sei aufzuheben und die JVA A. anzuweisen, ihn aus der Anstalt zu
entlassen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
(Zusammenfassung)
BGE 138 III 593 S. 595

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Im vorliegenden Fall hat das Jugendgericht am 24. November 2011 gestützt auf
Art. 10 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 JStG die Unterbringung des Beschwerdeführers
in einer geschlossenen Anstalt sowie gestützt auf Art. 10 Abs. 1 und Art. 14
Abs. 1 JStG eine in der Anstalt durchzuführende "ambulante Behandlung" der beim
Beschwerdeführer bestehenden psychischen Störung angeordnet. Nach Art. 19 Abs.
2 JStG enden diese Massnahmen mit der Vollendung des 22. Altersjahres des
Betroffenen. Ist der Wegfall einer Schutzmassnahme für den Betroffenen selbst
oder für die Sicherheit Dritter mit schwer wiegenden Nachteilen verbunden und
kann diesen nicht auf andere Weise begegnet werden, so beantragt die
Vollzugsbehörde rechtzeitig die Anordnung geeigneter vormundschaftlicher
Massnahmen (Art. 19 Abs. 3 JStG). Die Jugendanwaltschaft hat um Anordnung
entsprechender Massnahmen gegenüber dem Beschwerdeführer ersucht, das
Bezirksamt hat eine fürsorgerische Freiheitsentziehung gestützt auf Art. 397a
Abs. 1 ZGB verfügt und das Verwaltungsgericht hat diesen Akt mit dem
angefochtenen Urteil geschützt. Im Folgenden gilt es somit zu prüfen, ob die
Voraussetzungen für eine fürsorgerische Freiheitsentziehung gegeben sind.

3. Eine mündige oder entmündigte Person darf wegen Geisteskrankheit,
Geistesschwäche, Trunksucht, anderen Suchterkrankungen oder schwerer
Verwahrlosung in einer geeigneten Anstalt untergebracht oder zurückbehalten
werden, wenn ihr die nötige persönliche Fürsorge nicht anders erwiesen werden
kann (Art. 397a Abs. 1 ZGB). Die Einweisung bzw. die Zurückbehaltung in einer
Anstalt gestützt auf Art. 397a Abs. 1 ZGB erfordert, dass die betroffene Person
infolge der im Gesetz umschriebenen Schwächezustände persönlicher Fürsorge
bedarf, die ihr nur in einer Anstalt gewährt werden kann (BGE 114 II 213 E. 5
S. 217 f.; siehe zum Ganzen: BGE 134 III 289 E. 4 S. 292 ff.). Die in Art. 397a
Abs. 1 ZGB enthaltene Aufzählung der Schwächezustände ist abschliessend
(Botschaft vom 17. August 1977 über die Änderung des Schweizerischen
Zivilgesetzbuches [Fürsorgerische Freiheitsentziehung] und den Rückzug des
Vorbehaltes zu Artikel 5 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten, BBl 1977 III 1, 26 Ziff. 212.2). Insbesondere sieht das Gesetz
keine fürsorgerische Freiheitsentziehung allein wegen Fremdgefährdung vor (vgl.
dazu insbesondere auch EUGEN SPIRIG, Zürcher Kommentar, 1995, N. 340 zu Art.
397a ZGB; THOMAS GEISER, in:
BGE 138 III 593 S. 596
Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 4. Aufl. 2010, N. 26 zu Art. 397a
ZGB). Zu berücksichtigen ist ferner die Belastung, welche die Person für ihre
Umgebung bedeutet (Art. 397a Abs. 2 ZGB). Nach der ausdrücklichen Vorschrift
des Art. 397a Abs. 3 ZGB muss die von der fürsorgerischen Freiheitsentziehung
betroffene Person entlassen werden, sobald ihr Zustand es erlaubt.

4.

4.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, laut den verbindlichen vorinstanzlichen
Feststellungen könne er selbst für sich sorgen; er sei damit nicht
fürsorgebedürftig, respektive leide nicht an einem Schwächezustand im Sinn von
Art. 397a Abs. 1 ZGB. Vorliegend werde der Schutz der Allgemeinheit vor seiner
Fremdgefährlichkeit als Hauptgrund für die fürsorgerische Freiheitsentziehung
betrachtet, was indes mit Art. 397a Abs. 1 ZGB nicht zu vereinbaren sei. Die
angeordnete Massnahme verletze damit Art. 31 BV und Art. 5 EMRK.

4.2 Das Verwaltungsgericht hält in der Tat dafür, mit der fürsorgerischen
Freiheitsentziehung solle die Allgemeinheit vor dem Beschwerdeführer geschützt
werden, von dem weiterhin ein erhebliches Rückfallrisiko ausgehe. Diese
Ausführungen beziehen sich indes auf das Fürsorgebedürfnis des
Beschwerdeführers. Mit Bezug auf das Erfordernis des Schwächezustandes gelangt
das Verwaltungsgericht an anderer Stelle aufgrund der Akten, insbesondere des
psychiatrischen Gutachtens von Dr. med. E. vom 15. Juli 2010 und des
Ergänzungsgutachtens von Dr. med. F. vom 29. September 2011, des
Verlaufsberichts des Massnahmenzentrums für junge Erwachsene vom 6. Juni 2012
und der Aussagen des behandelnden Therapeuten in tatsächlicher Hinsicht zum
Schluss, der Beschwerdeführer leide an einer psychischen Erkrankung, nämlich an
einem sexuellen Sadismus (DSM-IV: 302.84 und ICD-10: F65.5) sowie an einer
Persönlichkeitsstörung vom antisozialen Typus (DSM-IV: 301.6 und ICD-10:
F60.2). Laut Verwaltungsgericht wird dieser Befund von den Angaben des
Beschwerdeführers bestätigt, wonach er sich nach wie vor von seinen
sadistischen Phantasien befangen zeigt und auf Befragen hin das Rückfallrisiko
für vergleichbare Taten wie jene vom 10. Februar 2008 mit 40 % bezeichnet. Das
Verwaltungsgericht schliesst aus den berücksichtigten tatsächlichen Angaben in
rechtlicher Hinsicht, das Verhalten des Beschwerdeführers sei nach wie vor als
abwegig und grob befremdend zu werten, womit eine Geisteskrankheit gemäss ZGB
zu bejahen sei (zum Begriff: BGE 118 II 254 E. 4a S. 260 f.). Der
Beschwerdeführer bringt nichts vor, was
BGE 138 III 593 S. 597
die tatsächlichen Feststellungen bzw. die rechtliche Schlussfolgerung der
Vorinstanz infrage stellte. Damit aber ist entgegen der Behauptung des
Beschwerdeführers ein Schwächezustand im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB
erstellt.

5.

5.1 Das Verwaltungsgericht geht wie erwähnt von einem erheblichen
Rückfallrisiko (negative Legalprognose) aus. Der Beschwerdeführer bringt gegen
diese Feststellung, die namentlich auf einer Beurteilung des behandelnden
Arztes gründet, nichts vor, was diese Schlussfolgerung als willkürlich bzw.
sonst wie gegen Bundesrecht verstossend erscheinen liesse. Wie bereits erwähnt
(E. 4.2 hiervor) hält das Verwaltungsgericht aufgrund dieser Feststellung
dafür, mit der fürsorgerischen Freiheitsentziehung solle die Allgemeinheit vor
dem Beschwerdeführer geschützt werden, indem er die für die Reduktion des
Rückfallrisikos erforderliche Behandlung in einer geeigneten Institution
erhalte.

5.2 Es sei an dieser Stelle auf die Ausführungen des aktualisierten
Massnahmeberichts vom 6. Juni 2012 des Massnahmenzentrums für junge Erwachsene
verwiesen, wonach das Rückfallrisiko im Fall des geisteskranken
Beschwerdeführers unverändert "als deutlich bis sehr hoch" eingestuft wird.
Tatsächlich ergibt sich aus dem Fremdgefährdungspotenzial eines Geisteskranken
fast zwangsläufig ein Beistands- und Fürsorgebedürfnis: Wer die Sicherheit
anderer bedroht, ist persönlich schutzbedürftig (SCHNYDER/MURER, Berner
Kommentar, 1984, N. 95 zu Art. 369 ZGB). Dieser Auffassung ist jedenfalls im
vorliegenden Fall zuzustimmen, indem vom Beschwerdeführer nach wie vor eine
schwere Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgeht. Nichts anderes ergibt sich
grundsätzlich aus nArt. 426 ZGB, der ab dem 1. Januar 2013 die Voraussetzungen
der fürsorgerischen Unterbringung umschreibt. Auch diese Bestimmung kennt den
Einweisungsgrund der Fremdgefährdung nicht. Dennoch darf der Schutz Dritter in
die Beurteilung einbezogen werden, zumal es letztlich ebenfalls zum
Schutzauftrag gehört, eine kranke bzw. verwirrte Person davon abzuhalten, eine
schwere Straftat zu begehen (vgl. dazu Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Änderung
des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und
Kindesrecht], BBl 2006 7001, 7062 f. Ziff. 2.2.11). Insoweit ist die Auffassung
des Verwaltungsgerichts nicht bundesrechtswidrig, der Beschwerdeführer sei zur
Reduktion des erheblichen Rückfallrisikos in einer geeigneten Institution zu
behandeln. Da ausgewiesenermassen weiterhin eine vom
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Beschwerdeführer ausgehende hohe Gefahr für eine Straftat gegen Leib und Leben
besteht, ist es nicht in seinem Interesse, ihn ohne psychiatrische Behandlung
seinem Schicksal zu überlassen. Insoweit ist demnach ein Fürsorgebedarf in Form
der Behandlung der Geisteskrankheit gegeben.

6. Zu berücksichtigen ist sodann, dass angesichts der zurzeit vom
Beschwerdeführer ausgehenden erheblichen Rückfallgefahr und der damit
verbundenen Gefährdung Dritter eine ambulante Therapie nicht infrage kommen
kann.

7. Der Beschwerdeführer erachtet die fürsorgerische Freiheitsentziehung in
zeitlicher Hinsicht als unverhältnismässig. Gemäss den verbindlichen
Feststellungen der Vorinstanz sei ein Therapieerfolg bei ihm allenfalls innert
fünf bis zehn oder zwölf Jahren zu verzeichnen. Es sei schlicht offen, ob die
Behandlung überhaupt jemals erfolgreich sein werde, zumal er als schwer
therapierbar gelte. Unter diesen Umständen laufe die Einweisung auf eine
Verwahrung in einer Strafanstalt hinaus, was mit Art. 31 BV und Art. 5 EMRK
nicht zu vereinbaren sei.

7.1 Aus dem Massnahmebericht vom 6. Juni 2012 des Massnahmenzentrums für junge
Erwachsene ergibt sich, dass die bisher erzielten deliktpräventiven Effekte als
gering eingestuft werden. Anlässlich der Verhandlung vom 13. Juli 2012
bestätigte der behandelnde Therapeut, dass seit der Erstellung des Gutachtens
keine wesentliche Veränderung der Situation eingetreten sei. Immerhin wird die
Behandelbarkeit der Krankheit des Beschwerdeführers nicht grundsätzlich infrage
gestellt. Zum zeitlichen Horizont zur Erreichung einer Verbesserung des
Krankheitsbildes des Beschwerdeführers äussert sich der Therapeut
zurückhaltend, erwähnt aber, es brauche noch einen intensiven
Behandlungsprozess. Unter Hinweis auf vergleichbare Fälle meint er, dass die
Behandlung fünf bis zehn Jahre, eventuell zwölf Jahre betragen könnte.

7.2 Entscheidend ist vorerst, dass ein Behandlungserfolg durch den behandelnden
Arzt nicht von vornherein ausgeschlossen wird. Mitzuberücksichtigen gilt es
überdies, dass die erforderliche Behandlung des Beschwerdeführers noch nicht
sehr lange andauert. Angesichts des Schweregrades der bei ihm festgestellten
Krankheit und der kurzen verstrichenen Zeitspanne, in der eine Behandlung
durchgeführt worden ist, lässt sich nicht sagen, der Therapie werde kein Erfolg
beschieden sein. Angaben von Experten, die kategorisch
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jegliche Erfolgsaussicht verneinen, sind nicht auszumachen. Was den zeitlichen
Horizont der Behandlung anbelangt, so lässt sich unter den erwähnten
tatsächlichen Gegebenheiten nichts Konkretes über die Dauer der Behandlung
aussagen. Der befragte Therapeut machte jedenfalls keine verbindlichen
Aussagen, auch wenn er sich zum zeitlichen Horizont ähnlich gelagerter Fälle
äusserte. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer
entlassen werden muss, sobald sein Zustand es erlaubt (Art. 397a Abs. 3 ZGB).
Die Rüge des Beschwerdeführers beruht im Wesentlichen auf Spekulationen und ist
damit nicht geeignet, eine Verletzung von Art. 31 BV bzw. Art. 5 EMRK
auszuweisen.

8. Mit Bezug auf die Eignung der JVA als Einrichtung im Sinn von Art. 397a Abs.
1 ZGB hat das Verwaltungsgericht zusammengefasst erwogen, angesichts der
psychiatrischen Erkrankung des Beschwerdeführers und der in der JVA A.
vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten erscheine die Unterbringung des
Beschwerdeführers in dieser Einrichtung zwar nicht als ungeeignet, zumal die
bisherige Betreuung und Behandlung im Wesentlichen fortgesetzt werden könne.
Die Einrichtung sei aber nicht als ideal zu bezeichnen. Das Bezirksamt habe
nicht zuletzt im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte dafür zu sorgen, dass der Beschwerdeführer baldmöglichst in eine
geeignetere Einrichtung verlegt werden könne.
Der Beschwerdeführer erachtet die JVA als ungeeignete Anstalt. Zum einen sei
eine deliktorientierte Behandlung erst in etwa 18 Monaten möglich. Zum andern
erweise sich das von der Rechtsprechung des EGMR gesetzte zumutbare Mass von
sechs Monaten in dieser ungeeigneten Einrichtung bereits als überschritten. Die
weitere Zurückbehaltung in der JVA verletze daher auch insoweit Art. 31 BV und
Art. 5 EMRK.

8.1 Gemäss Art. 397a Abs. 1 ZGB darf eine mündige Person namentlich wegen
Geisteskrankheit in einer geeigneten Anstalt untergebracht oder zurückbehalten
werden, wenn ihr die nötige persönliche Fürsorge nicht anders erwiesen werden
kann. Was unter einer geeigneten Anstalt zu verstehen ist, umschreibt das
Bundesrecht nicht näher (BGE 112 II 486 E. 3, auch zu den Gründen; zum Begriff
der Anstalt allgemein: BGE 121 III 306 E. 2b S. 308). Aus dem in der genannten
Bestimmung erwähnten Zweck der Freiheitsentziehung, der eingewiesenen Person
die nötige persönliche Fürsorge zu erbringen, ergibt sich aber, dass es sich um
eine Institution handeln muss, die
BGE 138 III 593 S. 600
mit den ihr normalerweise zur Verfügung stehenden organisatorischen und
personellen Mitteln in der Lage ist, die wesentlichen Bedürfnisse der
eingewiesenen Person bezüglich Fürsorge und Betreuung zu befriedigen (BGE 112
II 486 E. 4c S. 490; BGE 114 II 213 E. 7 S. 218). Mithin muss im Einzelfall das
Betreuungs- und Therapieangebot der Anstalt den vorrangigen Bedürfnissen der
betroffenen Person entsprechen (BGE 112 II 486 E. 5 und 6 S. 490 ff.). Eine
Strafanstalt kommt ausnahmsweise als Anstalt im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB
in Frage, wenn sie die wesentlichen Bedürfnisse der eingewiesenen Person
bezüglich Fürsorge und Betreuung zu befriedigen vermag (BGE 112 II 486 E. 4c S.
490; BGE 114 II 213 E. 7 S. 218; siehe auch Urteil 5A_519/2007 vom 10. Oktober
2007 E. 3).

8.2 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
(EGMR) ist der Betroffene grundsätzlich in einem Krankenhaus oder einer
entsprechenden anderen Einrichtung unterzubringen. Ein vorübergehender
Aufenthalt in einem Gefängnis ist zulässig, solange dies erforderlich ist, um
eine geeignete Einrichtung auszuwählen (z.B. Urteil 48865/99 Morsink gegen
Niederlande vom 11. Mai 2004 zitiert nach JENS MEYER-LADEWIG, EMRK,
Handkommentar, 3. Aufl. 2011, N. 47 zu Art. 5 EMRK). Verstreicht indes infolge
bekannter Kapazitätsschwierigkeiten längere Zeit, verstösst die Unterbringung
in einem Gefängnis gegen Art. 5 EMRK. In diesem Sinn hat der EGMR unter
Berücksichtigung eines seit Jahren bekannten strukturell bedingten Mangels an
Einrichtungskapazitäten eine Frist von sechs Monaten in einem Gefängnis als mit
Art. 5 EMRK unvereinbar erachtet (Urteil 49902/99 Brand gegen Niederlande vom
11. Mai 2004 § 66, zitiert nach MEYER-LADEWIG, a.a.O.).

8.3 Zurzeit steht dem Beschwerdeführer - den Feststellungen im angefochtenen
Urteil zufolge - im SITRAK II der JVA wöchentlich ein- oder zweimal eine
Einzeltherapie zur Verfügung, während mit der deliktorientierten Therapie
(Gruppentherapie) noch nicht hat begonnen werden können. Nach Angaben des
Beschwerdeführers wird dies erst in etwa 18 Monaten der Fall sein. Im Lichte
des vorhandenen, wenn auch unvollständigen Therapieangebotes und der
Rechtsprechung des EGMR ist die am 20. Juni 2012 verfügte Einweisung in die JVA
zwecks Durch- bzw. Weiterführung der psychiatrischen Behandlung mit Art. 397a
Abs. 1 ZGB bzw. Art. 31 BV und Art. 5 EMRK vereinbar. Die JVA darf jedenfalls
beim heutigen Stand der Behandlung, d.h. in dieser ersten Phase der
fürsorgerischen Freiheitsentziehung, als geeignete Einrichtung betrachtet
werden, die
BGE 138 III 593 S. 601
gegenwärtig die hiervor als berechtigt anerkannten Behandlungs- und
Sicherheitsbedürfnisse des Beschwerdeführers (E. 5.2) zu gewährleisten vermag.
Wie das bereits das Verwaltungsgericht in seinem Urteil angeordnet hat, wird
das Bezirksamt A. indessen dafür besorgt sein müssen, dass der Beschwerdeführer
in absehbarer Zeit in eine für seine Behandlung besser geeignete - soweit
erforderlich auch in einem anderen Kanton gelegene - Einrichtung verlegt werden
kann.

9. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass der Beschwerdeführer an einer
Geisteskrankheit leidet und bei ihm somit ein Schwächezustand im Sinn von Art.
397a Abs. 1 ZGB gegeben ist. Der Beschwerdeführer bedarf überdies der Fürsorge
in Form der Behandlung seiner Krankheit, die ihm aufgrund der konkreten
Gefährdungslage nur in einer Anstalt gewährt werden kann. Die vom Bezirksamt
bestimmte JVA entspricht gegenwärtig noch den Anforderungen an eine geeignete
Anstalt im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB bzw. Art. 5 EMRK.