Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 138 III 520



Zurück zur Einstiegsseite Drucken

Urteilskopf

138 III 520

74. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. SA gegen
Z. LLC (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_754/2011 vom 2. Juli 2012

Regeste

Art. IV Abs. 2 NYÜ; Erfordernis der Übersetzung des ausländischen
Schiedsspruchs im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckung.
Die Formerfordernisse gemäss Art. IV NYÜ sind nicht streng zu handhaben und
eine zu formalistische Anwendung dieser Bestimmung ist zu vermeiden. Nach
heutigen Verhältnissen kann davon ausgegangen werden, dass die Gerichte bei
Schiedssprüchen in englischer Sprache in der Regel nicht auf eine Übersetzung
angewiesen sind (E. 4 und 5).

Sachverhalt ab Seite 521

BGE 138 III 520 S. 521

A. Am 28. Oktober 2010 leitete die Z. LLC (mit Sitz in den USA) für eine
Forderung von Fr. 4'014'624.88 nebst Zins und Zinseszins gegen die X. SA (mit
Sitz in der Schweiz) die Betreibung ein. Als Grund der Forderung gab sie das
"ICC Schiedsurteil (...) vom 3. November 2009" an (ICC-Einzelschiedsgericht mit
Sitz in London; Schweizer Recht als anwendbares Recht; Englisch als
Verfahrenssprache). Gegen den Zahlungsbefehl vom 2. November 2010 erhob die X.
SA am 11. November 2010 Rechtsvorschlag.

B.

B.a Am 1. Dezember 2010 ersuchte die Z. LLC das Bezirksgericht Höfe um
definitive Rechtsöffnung für Fr. 4'014'624.88 nebst Zins und Zinseszins. Das
Rechtsöffnungsgesuch versah sie insbesondere mit beglaubigten Kopien des von
ihr und der X. SA abgeschlossenen Alleinvertriebs- und Lizenzvertrags mit der
Schiedsklausel vom 17. Mai 2002, des Schiedsspruchs vom 3. November 2009 und
des einzelschiedsrichterlichen Entscheids vom 8. Januar 2010 über das Gesuch
der X. SA um Auslegung des Schiedsspruchs. Ebenso legte sie eine beglaubigte
Übersetzung des Dispositivs des Schiedsspruchs vom 3. November 2009 bei.
Zusammen mit ihrer Replik vom 28. Januar 2011 reichte die Z. LLC zudem eine
Übersetzung des Abschnitts "V. Costs" des Schiedsspruchs vom 3. November 2009
und des einzelschiedsrichterlichen Entscheids vom 8. Januar 2010 über das
Auslegungsgesuch nach.

B.b Mit Verfügung vom 13. April 2011 (und Berichtigung vom 19. April 2011)
erteilte das Bezirksgericht der Z. LLC für den Betrag von "Fr. 3'984'690.94
plus Fr. 205'713.89 sowie für Zins und Zinseszins auf Fr. 4'190'404.84 zu 5 %
p.a. ab 29. Oktober 2010" die definitive Rechtsöffnung. Im Übrigen wies es das
Rechtsöffnungsgesuch ab.

C. Eine von der X. SA am 28. April 2011 erhobene Beschwerde wies das
Kantonsgericht Schwyz mit Beschluss vom 10. Oktober 2011 ab, soweit es darauf
eintrat.
BGE 138 III 520 S. 522

D. Dem Bundesgericht beantragt die X. SA (nachfolgend Beschwerdeführerin) in
ihrer Beschwerde in Zivilsachen vom 25. Oktober 2011, der kantonsgerichtliche
Beschluss sei aufzuheben und das Gesuch der Z. LLC (nachfolgend
Beschwerdegegnerin) um definitive Rechtsöffnung abzuweisen. Das Kantonsgericht
und die Beschwerdegegnerin beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

4.

4.1 Gestützt auf Art. IV Abs. 1 des Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die
Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (SR 0.277.12;
nachfolgend: NYÜ) hat die Gläubigerin dem Rechtsöffnungsrichter den
Schiedsspruch (gehörig beglaubigte Urschrift oder Abschrift, deren
Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäss beglaubigt ist) und
die Schiedsvereinbarung (Urschrift oder Abschrift, deren Übereinstimmung mit
der Urschrift ordnungsgemäss beglaubigt ist) vorzulegen.
Ist der Schiedsspruch oder die Vereinbarung nicht in einer amtlichen Sprache
des Landes abgefasst, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, so hat die
Partei, die seine Anerkennung und Vollstreckung nachsucht, eine Übersetzung der
erwähnten Urkunden in diese Sprache beizubringen. Die Übersetzung muss von
einem amtlichen oder beeidigten Übersetzer oder von einem diplomatischen oder
konsularischen Vertreter beglaubigt sein (Art. IV Abs. 2 NYÜ). Die
authentischen (Art. XVI NYÜ) Fassungen des NYÜ in französischer und englischer
Sprache lauten insoweit "aura à produire une traduction" und "shall produce a
translation".

4.2 Im angefochtenen Entscheid hat das Kantonsgericht mit Blick auf das
Erfordernis der Übersetzung nach Art. IV Abs. 2 NYÜ festgestellt, die
Beschwerdegegnerin habe im Rechtsöffnungsverfahren einzig eine beglaubigte
deutsche Übersetzung des Dispositivs des englischen Schiedsspruchs eingereicht.
Weiter habe sie eine nicht beglaubigte deutsche Übersetzung des Teils "V.
Costs" des englischen Schiedsspruchs und des englischen Auslegungsentscheids
vom 8. Januar 2010 vorgelegt.
BGE 138 III 520 S. 523
Das Kantonsgericht hat ausgeführt, das Fehlen einer Übersetzung der englischen
Schiedsvereinbarung sei von der Beschwerdeführerin nicht beanstandet worden,
weshalb sich insoweit weitere Bemerkungen erübrigten. Was die fehlende
Übersetzung des ganzen Schiedsspruchs betreffe, habe zwar die
Beschwerdeführerin von Anfang an eine Übersetzung verlangt. Jedoch verfüge das
Kantonsgericht über ausreichende Englischkenntnisse, weshalb auf eine
Übersetzung des restlichen Schiedsspruchs (neben der vorhandenen und
beglaubigten Dispositivübersetzung) aus prozessökonomischen Gründen verzichtet
werden könne, zumal in Bezug auf die strittige Kosten- und
Entschädigungsregelung (Teil "V. Costs" sowie Auslegungsentscheid vom 8. Januar
2010) eine Übersetzung - wenn auch nicht beglaubigt - vorliege.

4.3 Die Beschwerdeführerin beanstandet nicht, dass das Kantonsgericht die nicht
beglaubigten Übersetzungen des Teils "V. Costs" des Schiedsspruchs und des
Auslegungsentscheids vom 8. Januar 2010 berücksichtigt hat (vgl. dazu Urteil
5P.174/1993 vom 22. Juni 1993 E. 5; sodann zu ähnlichen Konstellationen unter
Art. IV Abs. 1 NYÜ Urteile 5A_427/2011 vom 10. Oktober 2011 E. 5, in: SJ 2012 I
S. 81; 4A_124/2010 vom 4. Oktober 2010 E. 4.2; 5P.201/1994 vom 9. Januar 1995
E. 3, in: ASA Bulletin 2001 S. 294). Vielmehr macht sie eine Verletzung von
Art. IV Abs. 2 NYÜ geltend, da diese Bestimmung eindeutig und zwingend sei und
auch dann eingehalten werden müsse, wenn das Gericht der englischen Sprache
mächtig sei. Die Prüfung des Einwands der Verletzung des schweizerischen ordre
public (Art. V Abs. 2 lit. b NYÜ) setze eine inhaltliche Auseinandersetzung mit
dem Schiedsspruch voraus, weshalb eine umfassende Übersetzung desselben
notwendig sei. Aufgrund des Fehlens der Übersetzung des gesamten Schiedsspruchs
hätte damit nicht auf das Rechtsöffnungsgesuch eingetreten werden dürfen und
das Kantonsgericht habe nicht nur Art. IV Abs. 2 NYÜ verletzt, sondern sei auch
in Willkür (Art. 9 BV) verfallen.

5.

5.1 Zur Frage, ob Art. IV Abs. 2 NYÜ zwingend zu verstehen ist und damit in
jedem Fall (ausnahmslos) eine Übersetzung des ganzen englischen Schiedsspruchs
einzureichen ist, hat sich das Bundesgericht noch nicht geäussert.

5.2 In der Lehre spricht sich ein Teil (ausdrücklich oder jedenfalls ohne auf
Ausnahmen hinzuweisen) für den zwingenden Charakter
BGE 138 III 520 S. 524
von Art. IV Abs. 2 NYÜ aus (BUCHER, in: Commentaire romand, Loi sur le droit
international privé, Convention de Lugano, 2011, N. 11 zu Art. 194 IPRG; BERGER
/KELLERHALS, International and domestic arbitration in Switzerland, 2. Aufl.
2010, N. 1881; KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, Arbitrage international, 2. Aufl. 2010,
N. 871; JOSI, Die Anerkennung und Vollstreckung der Schiedssprüche in der
Schweiz, 2005, S. 198, wonach eine Übersetzung in die Amtssprache am
Vollstreckungsort nötig sei; SCHWAB/WALTER, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl.
2005, S. 475; FOUCHARD/GAILLARD/GOLDMAN, On international commercial
arbitration, 1999, N. 1675 S. 971; SCHLOSSER, Das Recht der internationalen
privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Bd. I, 1975, N. 806 S. 757). Teilweise wird
die Frage als strittig offengelassen (POUDRET/BESSON, Comparative law of
international arbitration, 2. Aufl. 2007, N. 951).
Nach einem anderen Teil der Lehre kann das Gericht die um Anerkennung und
Vollstreckung nachsuchende Partei von der Einreichung einer Übersetzung des
Schiedsspruchs dispensieren (STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über
Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 95 zu Art. 80 SchKG;
KRONKE/NACIMIENTO/OTTO/PORT, Recognition and enforcement of foreign arbitral
awards, 2010, S. 194; CZERNICH, New Yorker Schiedsübereinkommen, 2008, S. 38,
wonach eine Übersetzung des ganzen Spruchs - und nicht nur des Dispositivs -
erst dann verlangt werden könne, wenn Verweigerungsgründe nach Art. V NYÜ
geltend gemacht werden; VAN DEN BERG, The New York Arbitration Convention of
1958 - Towards a Uniform Judicial Interpretation, 1981, S. 250 und 259, wonach
eine Übersetzung nur eingereicht werden müsse, wenn es das Gericht als nötig
erachtet oder dies die andere Partei - mit einem berechtigten Interesse -
verlangt).

5.3 Auch die Praxis handhabt das Erfordernis der Übersetzung gemäss Art. IV
Abs. 2 NYÜ unterschiedlich.
Einerseits wird eine Übersetzung ausnahmslos und zwingend verlangt. So hat
beispielsweise der oberste Gerichtshof von Österreich entschieden, es sei eine
Übersetzung des ganzen Schiedsspruchs erforderlich (Urteil des OGH 3Ob211/05h
vom 26. April 2006, abrufbar unter http://www.ris.bka.gv.at/jus [besucht am 12.
Juni 2012] und auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration
2007 S. 259 ff.).
BGE 138 III 520 S. 525
Andererseits wurde bei englischen Schiedssprüchen wiederholt auf eine
Übersetzung verzichtet, weil das Gericht nach eigener Darstellung der
englischen Sprache genügend mächtig war, um umfassende Kenntnis des Inhalts des
englischen Schiedsspruchs zu erhalten (Urteil des Voorzieningenrechters
Rechtbank Amsterdam vom 18. Juni 2009, auszugsweise auf Englisch in: Yearbook
Commercial Arbitration 2009 S. 718; Urteil der Arrondissementsrechtbank Zutphen
vom 11. November 1998, auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial
Arbitration 1999 S. 725 [betreffend fehlender Übersetzung der
Schiedsvereinbarung]; Urteil des Präsidenten der Rechtbank Amsterdam vom 12.
Juli 1984, auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 1985
S. 488). Ein norwegisches Gericht wies zudem darauf hin, eine Übersetzung sei
teuer und könne Widersprüche zum Originalwortlaut schaffen (Urteil des
Vollstreckungsgerichts Vardø vom 10. Juli 2002, auszugsweise auf Englisch in:
Yearbook Commercial Arbitration 2003 S. 824). Ein deutsches Gericht verwarf den
Einwand einer Partei, wonach eine Übersetzung fehle, mit dem Hinweis, sie habe
sowohl den Vertrag auf Englisch abgeschlossen als auch das Schiedsverfahren auf
Englisch durchgeführt, weshalb es unnötig sei, nun eine Übersetzung zu fordern
(Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 14. März 2006, auszugsweise
auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 2009 S. 496).
Die Schweiz hat im Rahmen einer im Jahr 1995 von der Kommission der Vereinten
Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) geschaffenen und ständig
nachgeführten Sammlung zur Umsetzung des NYÜ erklärt, sofern die Dokumente nach
Art. IV Abs. 2 NYÜ nicht in einer der Amtssprachen abgefasst seien, müsse
grundsätzlich eine englische Übersetzung eingereicht werden; in der Praxis sei
jedoch nicht ausgeschlossen, dass das Gericht auch andere Sprachen akzeptiere
(vgl. http://www.uncitral.org/uncitral/en/uncitral_texts/arbitration/
NYConvention_implementation.html [besucht am 12. Juni 2012]).

5.4

5.4.1 Das NYÜ ist nach Art. 31-33 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969
über das Recht der Verträge (VRK; SR 0.111) auszulegen (VAN DEN BERG, a.a.O.,
S. 3 ff.; ICCA's guide to the interpretation of the 1958 New York Convention,
2011, S. 12 ff. [nachfolgend ICCA's guide; abrufbar unter http://
www.arbitration-icca.org/publications/NYC_Guide.html, besucht am 12. Juni
2012];
BGE 138 III 520 S. 526
allgemein zur Auslegung auch PATOCCHI/JERMINI, in: Basler Kommentar,
Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 20 zu Art. 194 IPRG). Nach Art.
31 Abs. 1 VRK ist ein Staatsvertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung
mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden
Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks auszulegen (vgl. dazu BGE 122
II 234 E. 4c S. 238).

5.4.2 Mit Bezug auf die Materialien zum NYÜ (Art. 32 VRK) ergeben sich keine
klaren Hinweise (vgl. KRONKE/NACIMIENTO/OTTO/PORT, a.a.O., S. 146 ff. und
insbesondere S. 194; VAN DEN BERG, a.a.O., S. 258 mit Hinweisen) und auch die
Botschaft des Bundesrats vom 18. September 1964 betreffend die Genehmigung des
NYÜ (BBl 1964 II 605 ff.) äussert sich im Übrigen zur vorliegenden Frage nicht.

5.4.3 Der Zweck des NYÜ ist es, die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer
Schiedssprüche zu erleichtern, weshalb das Übereinkommen
vollstreckungsfreundlich auszulegen ist. Die Gerichte haben einen
pragmatischen, flexiblen und nicht formalistischen Ansatz anzuwenden (ICCA's
guide, a.a.O., S. 14 f. und 71). Art. IV Abs. 2 NYÜ bezweckt, den Schiedsspruch
in eine dem Gericht des Vollstreckungsstaats verständliche Fassung zu bringen,
um über die Verweigerungsgründe gemäss Art. V NYÜ befinden zu können (BERGER/
KELLERHALS, a.a.O., N. 1881; JOSI, a.a.O., S. 198).

5.4.4 Die Formerfordernisse gemäss Art. IV NYÜ sind nach bundesgerichtlicher
Rechtsprechung nicht streng zu handhaben und eine zu formalistische Anwendung
dieser Bestimmung ist zu vermeiden (vgl. die in E. 4.3 oben zitierten Urteile;
vgl. auch GEISINGER, Implementing the New York Convention in Switzerland,
Journal of international arbitration 2008 S. 694 ff.; PATOCCHI/JERMINI, a.a.O.,
N. 53 zu Art. 194 IPRG; JOSI, a.a.O., S. 199; PAULSSON, The New York Convention
in international practice - Problems of assimilation, in: The New York
Convention of 1958, ASA Special Series No. 9, 1996, S. 105 ff.; PATOCCHI, The
1958 New York Convention - The Swiss Practice, in: The New York Convention of
1958, ASA Special Series No. 9, 1996, N. 14 S. 162 f.).

5.5 Auch im vorliegenden Fall drängt sich eine grosszügige Auslegung von Art.
IV Abs. 2 NYÜ auf. Es erschiene als rein formalistisch, neben der vorhandenen
Übersetzung des Dispositivs und des Teils "V. Costs" auch noch eine Übersetzung
des restlichen Schiedsspruchs zu verlangen, zumal gerade die Kostenverlegung
strittig war
BGE 138 III 520 S. 527
(und Grundlage für den zu prüfenden Verweigerungsgrund nach Art. V NYÜ
bildete). Nach heutigen Verhältnissen kann davon ausgegangen werden, dass die
Gerichte bei englischen Schiedssprüchen in der Regel nicht auf eine Übersetzung
angewiesen sind und so der Zweck von Art. IV Abs. 2 NYÜ genauso gut erreicht
wird (vgl. zum zeitlichen Element auch VAN DEN BERG, a.a.O., S. 258; allgemein
zu den Englischkenntnissen der schweizerischen Gerichte HUNZIKER-BLUM,
Beweisurkunden in der Amtssprache, in Landessprachen und in Fremdsprachen im
Zivilprozess, SZZP 2009 S. 203 ff.).
Ein flexibles, pragmatisches und nicht formalistisches Verständnis von Art. IV
Abs. 2 NYÜ führt demnach im vorliegend zu beurteilenden Fall zum Ergebnis, dass
die von der Beschwerdegegnerin eingereichte Teilübersetzung ausreichend ist.
Eine engere Interpretation im Sinne der Beschwerdeführerin würde dem allgemein
anerkennungs- und vollstreckungsfreundlichen Geist und Ziel des Abkommens
entgegenstehen (vgl. auch Urteil 4A_124/2010 vom 4. Oktober 2010 E. 3.1). Hinzu
kommt, dass die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren zu Recht nicht
geltend machte, sie sei zur Wahrung ihrer Rechte auf eine Übersetzung des
ganzen Schiedsspruchs angewiesen.
Die Rüge der Verletzung von Art. IV Abs. 2 NYÜ (und von Art. 9 BV) erweist sich
demnach als unbegründet. Bei diesem Ergebnis kann offengelassen werden, ob
allenfalls bereits gestützt auf Art. VII Abs. 1 NYÜ eine Übersetzung
entbehrlich gewesen wäre (vgl. zur deutschen Praxis das Urteil des
Bundesgerichtshofs vom 25. September 2003, auszugsweise in: SchiedsVZ 2003 S.
282; SCHWAB/WALTER, a.a.O., S. 268 und 475).