Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 138 III 359



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Urteilskopf

138 III 359

52. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen X. AG
(Beschwerde in Zivilsachen)
4A_415/2011 vom 19. März 2012

Regeste

Art. 336 Abs. 2 lit. b OR; missbräuchliche Kündigung, Entlassung eines
gewählten Arbeitnehmervertreters.
An der Rechtsprechung gemäss BGE 133 III 512, wonach eine Entlassung aus
wirtschaftlichen Gründen nicht missbräuchlich ist, soweit kein Zusammenhang mit
der Tätigkeit des Angestellten als gewählter Arbeitnehmervertreter besteht,
wird festgehalten (E. 4, 5.3 und 6).

Erwägungen ab Seite 359

BGE 138 III 359 S. 359
Aus den Erwägungen:

4. Nach BGE 133 III 512 erlaubt Art. 336 Abs. 2 lit. b OR dem Arbeitgeber,
einem gewählten Arbeitnehmervertreter nicht nur aus Gründen, die dieser selbst
gesetzt hat, sondern auch aus rein objektiven Gründen zu kündigen. Da die
Gesetzesbestimmung an das Motiv der Kündigung anknüpft, muss auch eine
Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen zulässig sein, soweit kein Zusammenhang
mit der Tätigkeit als Arbeitnehmervertreter besteht (BGE 133 III 512 E. 6.2 S.
515).
BGE 138 III 359 S. 360

5. (...)

5.3 Der Beschwerdeführer stellt die bundesgerichtliche Rechtsprechung in Frage.
In der Beratung der eidgenössischen Räte sei der "begründete Anlass" gemäss
Art. 336 Abs. 2 lit. b OR stets in einer Linie mit dem "begründeten Anlass"
nach Art. 340c Abs. 2 OR und dem "wichtigen Grund" im Sinne von Art. 337 OR
diskutiert worden. Umstritten sei lediglich die Intensität gewesen, welche die
geltend gemachten Gründe aufweisen müssten. Bei letzteren beiden Bestimmungen
falle eine wirtschaftlich motivierte Kündigung durch den Arbeitgeber ausser
Betracht. Es sei deshalb nicht folgerichtig, die wirtschaftlichen Gründe bei
Art. 336 Abs. 2 lit. b OR zuzulassen. Weder in der Botschaft des Bundesrates
vom 9. Mai 1984 zur Volksinitiative "betreffend Kündigungsschutz im
Arbeitsvertragsrecht" und zur Revision der Bestimmungen über die Auflösung des
Arbeitsverhältnisses im Obligationenrecht (BBl 1984 II 551 ff.) noch in der
Beratung der eidgenössischen Räte sei diskutiert worden, ob wirtschaftliche
Gründe auch zum "begründeten Anlass" nach Art. 336 Abs. 2 lit. b OR zu zählen
seien, weil wahrscheinlich klar gewesen sei, dass Arbeitnehmervertretern nicht
aus rein wirtschaftlichen Gründen gekündigt werden könne. Damit sei davon
auszugehen, dass nach dem Willen des historischen Gesetzgebers nur persönliche
Gründe als "begründeter Anlass" im Sinne von Art. 336 Abs. 2 lit. b OR in Frage
kommen könnten. Auch die teleologische Auslegung führe zum gleichen Ergebnis.
Mit der Gesetzesrevision sei der Kündigungsschutz und insbesondere der Schutz
gewählter Arbeitnehmervertreter verstärkt worden. Aus der aktuellen
Meinungsäusserung des Bundesrates im erläuternden Bericht und Vorentwurf zur
Teilrevision des Obligationenrechts (Sanktionen bei missbräuchlicher oder
ungerechtfertigter Kündigung) vom September 2010 (nachfolgend: Bericht des
Bundesrates) sei zu schliessen, dass BGE 133 III 512 den Intentionen des
Gesetzgebers von 1985 widerspreche und die Zulassung wirtschaftlicher Gründe im
Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung der ratio legis nicht gerecht
werde. Es müsse eine Rechtsprechungsänderung stattfinden, welche dazu diene,
die ursprünglich beabsichtigte Rechtslage wieder herzustellen. Einer
Gesetzesänderung bedürfe es dazu entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht. Die
ausschliesslich auf wirtschaftlichen Gründen beruhende Entlassung des
Beschwerdeführers sei demzufolge missbräuchlich, was zur Gutheissung der Klage
führen müsse. Zumindest aber sei die Interpretation des Arbeitsgerichts zu
übernehmen, wonach
BGE 138 III 359 S. 361
objektive Gründe als "begründeter Anlass" nur beschränkt zuzulassen seien,
nämlich dann, wenn keine Verhandlungen zwischen Arbeitgeberschaft und
Arbeitnehmervertreter anstehen oder laufen würden. Da die Personalkommission
vorliegend in Verhandlungen mit der Beschwerdegegnerin einbezogen worden sei,
habe das Arbeitsgericht die Kündigung zu Recht als missbräuchlich qualifiziert.

6.

6.1 Die Änderung einer Rechtsprechung muss sich auf ernsthafte sachliche Gründe
stützen können, die - vor allem im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit
- umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr
zeitgemäss erkannte Rechtsanwendung für zutreffend erachtet worden ist. Eine
Praxisänderung lässt sich grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung
besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder
gewandelten Rechtsanschauungen entspricht (BGE 137 V 314 E. 2.2 S. 316 mit
Hinweisen; BGE 136 III 6 E. 3 S. 8; BGE 135 I 79 E. 3 S. 82; BGE 134 V 72 E.
3.3 S. 76).

6.2 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Vom
klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur
ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann, wenn triftige Gründe dafür
vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Norm wiedergibt. Solche
Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem
Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben. Eine
historisch orientierte Auslegung ist für sich allein nicht entscheidend.
Anderseits vermag aber nur sie die Regelungsabsicht des Gesetzgebers (die sich
insbesondere aus den Materialien ergibt) aufzuzeigen, welche wiederum zusammen
mit den zu ihrer Verfolgung getroffenen Wertentscheidungen verbindliche
Richtschnur des Gerichts bleibt, auch wenn es das Gesetz mittels teleologischer
Auslegung oder Rechtsfortbildung veränderten, vom Gesetzgeber nicht
vorausgesehenen Umständen anpasst oder es ergänzt (BGE 137 V 13 E. 5.1 S. 17
mit Hinweisen).

6.2.1 In der Botschaft des Bundesrates (BBl 1984 II 551 ff.) wird klargestellt,
dass die Kündigungsschutzbestimmungen entgegen dem Ansinnen der vom
Christlich-Nationalen Gewerkschaftsbund eingereichten Volksinitiative keinen
Schutz vor wirtschaftlich motivierten Entlassungen bieten sollen. Ein Schutz
für Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen wirke tendenziell
strukturerhaltend, könne
BGE 138 III 359 S. 362
Redimensionierungen verhindern und die Unternehmer zur Beschäftigung von
Arbeitskräften zwingen, die sie nicht mehr benötigten; dies könne aber selbst
überlebensfähige Betriebsteile gefährden. Ergebe sich die Notwendigkeit,
dauerhafte Anpassungen vorzunehmen, sollten Entlassungen nicht erschwert
werden. Von einer Regelung des Schutzes vor Kollektiventlassungen aus
wirtschaftlichen Gründen sei auch deshalb abgesehen worden (BBl 1984 II 622
Ziff. 7; vgl. den Wortlaut des in der Volksinitiative vorgeschlagenen Art. 34^
octies Abs. 2 BV in: BBl 1984 II 631). Beim Schutz vor missbräuchlichen
Kündigungen umschreibe der Entwurf die Tatbestände scharf genug, um zu
verhindern, dass der Schutz auch gegen wirtschaftlich motivierte Entlassungen
zur Anwendung komme. Korrekte Arbeitgeber und -nehmer hätten somit keine
finanziellen Nachteile zu befürchten (BBl 1984 II 623 Ziff. 82). Dass
Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen nicht missbräuchlich sein sollen,
wurde in der parlamentarischen Beratung ebenfalls mehrfach erwähnt. Nationalrat
Leuenberger bemerkte, dass es nicht um einen absoluten Kündigungsschutz gehe,
"wie wir Gewerkschafter uns das vielleicht gelegentlich in unseren kühnsten
Träumen vorstellen", sondern ganz einfach darum, den Kündigungsschutz in ganz
bestimmten Fällen ein klein wenig zu verbessern (AB 1985 N 1092), während
Nationalrat Jaeger betonte, dass an den grundsätzlichen Forderungen nach einer
Verbesserung des Arbeitnehmerschutzes - unter anderem bei ungerechtfertigten,
nicht wirtschaftlich bedingten Kündigungen - festgehalten werde (AB 1985 N
1097), und Nationalrat Ziegler wiederholte, mit dem Begehren nach Ausbau des
Kündigungsschutzes solle weder der Strukturwandel in der Wirtschaft blockiert,
noch die unternehmerische Freiheit und die Flexibilität der Arbeitgeber
ungebührlich eingeschränkt werden, aber es seien Kautelen einzubauen, um
willkürliche Entlassungen zu verhindern; oft würden bei Entlassungen auch
wirtschaftliche Gründe nur vorgeschoben (AB 1985 N 1102). Bundesrätin Kopp wies
in ihrem Votum im Ständerat darauf hin, dass eine gefestigte Rechtsprechung zu
den wichtigen Entlassungsgründen bestehe; es sei somit ausgeschlossen, dass der
Schutz ausufere und auch gegen wirtschaftlich motivierte Kündigungen zum Tragen
käme (AB 1985 S 533).

6.2.2 Aus den Materialien geht deutlich hervor, dass ein Schutz vor
wirtschaftlich begründeten Kündigungen mit dem geltenden Art. 336 OR nicht
angestrebt wurde. Die Vermutung des Beschwerdeführers, wonach es den Räten klar
gewesen sei, dass die wirtschaftlichen Gründe nicht zum "begründeten Anlass"
gemäss Art. 336 Abs. 2 lit. b
BGE 138 III 359 S. 363
OR zählten, lässt sich in Anbetracht der klaren Ablehnung des ursprünglichen
Anliegens der Volksinitiative in den Räten nicht stützen. Es trifft zwar zu,
dass weder in der Botschaft noch in den parlamentarischen Beratungen darüber
diskutiert wurde, ob wirtschaftliche Gründe unter den Begriff des "begründeten
Anlasses" nach Art. 336 Abs. 2 lit. b OR fallen. Dies war aber nach der
ausführlichen Grundsatzdiskussion zur Stossrichtung der Missbrauchsbestimmungen
auch überflüssig. Der Vergleich in den einzelnen Voten mit den wichtigen
Gründen nach Art. 337 OR und dem "begründeten Anlass" gemäss Art. 340c Abs. 2
OR betraf die Frage nach der Intensität des Fehlverhaltens eines
Arbeitnehmervertreters, welches zur fristlosen oder ordentlichen Kündigung
führen darf. Dabei bestand weitgehend Einigkeit, dass der "begründete Anlass"
weniger weit gehe als der "wichtige Grund" (vgl. u.a. AB 1985 N 1133), während
der "begründete Anlass" in Art. 336 Abs. 2 lit. b OR und Art. 340c Abs. 2 OR
die gleiche Tragweite haben sollen (vgl. u.a. AB 1985 N 1132). Daraus lässt
sich nicht schon mit dem Beschwerdeführer schliessen, dass sowohl bei Art. 336
Abs. 2 lit. b als auch bei Art. 340c Abs. 2 OR wirtschaftliche Gründe für eine
Entlassung ausser Betracht fallen , da dabei der unterschiedliche Kontext und
Wortlaut (vgl. E. 6.2.3 hiernach) der beiden Normen übersehen werden, welche in
der Diskussion der Räte über die Missbrauchsbestimmungen nicht thematisiert
werden mussten.

6.2.3 Im Rahmen der Auslegung von Art. 336 Abs. 2 lit. b OR ist die vom
Beschwerdeführer zitierte Rechtsprechung zu den wichtigen Gründen, welche zu
einer fristlosen Entlassung gemäss Art. 337 OR Anlass geben können, nicht
stichhaltig. Gemäss Art. 340c Abs. 2 OR (erster Satzteil) fällt das
Konkurrenzverbot dahin, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt,
ohne dass ihm der Arbeitnehmer dazu begründeten Anlass gegeben hat. Die Frage,
ob dem Begriff des "begründeten Anlasses", welcher sowohl in Art. 340c Abs. 2
OR als auch in Art. 336 Abs. 2 lit. b OR verwendet wird, in beiden Bestimmungen
der gleiche Bedeutungsgehalt zukommt, stellt sich bei näherer Betrachtung gar
nicht. Denn bereits aus dem Wortlaut des Art. 340c Abs. 2 OR (mit dem Zusatz
"ihm") wird klar, dass lediglich der Arbeitnehmer den begründeten Anlass setzen
kann. Deshalb, nicht aufgrund einer Interpretation des unbestimmten
Rechtsbegriffs des "begründeten Anlasses", fallen wirtschaftliche Gründe
seitens des Arbeitgebers hier ausser Betracht. Diese Einschränkung auf die
Person des Arbeitnehmers findet sich in Art. 336 Abs. 2 lit. b
BGE 138 III 359 S. 364
OR nicht. Daher kommt dem "begründeten Anlass" in Art. 336 Abs. 2 lit. b und
Art. 340c Abs. 2 OR nicht dieselbe Bedeutung zu. Aufgrund der offenen
Formulierung in Art. 336 Abs. 2 lit. b OR sind objektive und namentlich auch
wirtschaftliche Gründe als "begründeter Anlass" für die Kündigung durch den
Arbeitgeber zugelassen.

6.2.4 Dieses am Wortlaut orientierte Ergebnis wird auch durch die ratio legis
gestützt. Die vorliegend diskutierte Gesetzesbestimmung soll den
Arbeitnehmervertreter vor einer Entlassung schützen, welche in einem
Zusammenhang mit seiner Tätigkeit in einer Personalkommission steht. Nicht
beabsichtigt ist damit aber entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ein
absoluter Bestandesschutz (BGE 133 III 512 E. 6.3 S. 515). Um die
Missbrauchsvermutung umzustossen, ist es nicht notwendig, dass der Arbeitgeber
die Umstrukturierung zunächst zu Lasten anderer Arbeitnehmer vornimmt (BGE 133
III 512 E. 6.2 S. 515). Die Interpretation des Beschwerdeführers, wonach einem
Arbeitnehmervertreter aus wirtschaftlichen Gründen gar nicht, oder nur, falls
keine Verhandlungen zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmervertretern
anstehen oder laufen, gekündigt werden darf, kommt hingegen einer
Kündigungssperrfrist gleich, welche durch den Sinn und Zweck des Gesetzes nicht
gedeckt ist. Die Missbrauchsbestimmung sieht einen Schutz des
Arbeitnehmervertreters vor, nicht aber dessen Privilegierung gegenüber anderen
Arbeitnehmern bei Massenkündigungen. Die Kritik der Beschwerdegegnerin am
Schluss des Arbeitsgerichts, wonach bereits anstehende Verhandlungen des
Arbeitgebers mit den Arbeitnehmervertretern deren Entlassung verbieten sollen,
ist begründet. Eine solche Auslegung würde in tatsächlicher Hinsicht ebenso
einer Sperrfrist gleichkommen, da der Arbeitgeber, welcher aus wirtschaftlicher
Bedrängnis einen Stellenabbau erwägt, regelmässig zu Verhandlungen verpflichtet
sein dürfte, womit die Privilegierung der Mitarbeitervertreter stets zum Tragen
kommen würde. Schon in BGE 133 III 512 hat das Bundesgericht zu bedenken
gegeben, dass sich ein überschiessender Schutz des Arbeitnehmervertreters zu
Ungunsten der übrigen Arbeitnehmer auswirken kann, indem dem Arbeitgeber
verunmöglicht würde, die effizientesten und sozialverträglichsten Massnahmen zu
ergreifen, sofern diese den Arbeitnehmervertreter beträfen; praktische Folge
davon wäre, dass die Einsparungen an anderer Stelle durchgeführt würden und
allenfalls weniger sozialverträglich wären oder mehr Personen davon betroffen
würden (E. 6.2 S. 514 f.).
BGE 138 III 359 S. 365

6.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, mit BGE 133 III 512 sei die
Beweislastumkehr, wie sie in Art. 336 Abs. 2 lit. b OR vorgesehen werde,
aufgehoben worden. Von einem zusätzlichen gesetzlichen Schutz könne nicht die
Rede sein, wenn Art. 336 Abs. 2 lit. b OR vom Bundesgericht so ausgelegt werde,
dass sich der Kündigungsschutz des Arbeitnehmervertreters in den Tatbeständen
von Art. 336 Abs. 1 lit. b und d OR erschöpfe. Durch die geltende
Rechtsprechung wird allerdings nicht in Frage gestellt, dass die Beweislast
sowohl für den Nachweis des begründeten Anlasses als auch für die Tatsache,
dass dieser zur Kündigung des Arbeitnehmervertreters geführt hat, nach Art. 336
Abs. 2 lit. b OR den Arbeitgeber trifft. An den durch den Arbeitgeber zu
erbringenden Nachweis, dass die Entlassung nichts mit der Stellung als
Arbeitnehmervertreter zu tun habe, sind - mit der Vorinstanz - besonders hohe
Anforderungen zu stellen. Der Beschwerdeführer verkennt im Übrigen, dass in
casu die Folgen der Beweislosigkeit zufolge positiven Beweisergebnisses gar
nicht zum Tragen kommen (vgl. BGE 134 II 235 E. 4.3.4 S. 241; BGE 130 III 591
E. 5.4 S. 601 f.). Das Obergericht hat die wirtschaftlichen Gründe in der
Gestalt eines Umsatzrückgangs und eines finanziellen Verlustes im Betriebsteil
"Y." als Motivation der Massenentlassung, und namentlich auch als Motivation
der Entlassung des Beschwerdeführers, gestützt auf die eingereichten Belege,
als erwiesen erachtet. Der Beschwerdeführer bestreitet weder die
wirtschaftlichen Motive an sich noch liefert er genügend Anhaltspunkte, welche
begründete Zweifel an diesen wecken oder darauf hinweisen könnten, dass die
wirtschaftlichen Gründe - bei ihm als Arbeitnehmervertreter - nur vorgeschoben
gewesen wären. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung ist nicht offensichtlich
unhaltbar, weshalb das Bundesgericht darauf abzustellen hat.

6.4 Zusammenfassend ergibt sich, dass weder eine an der Entstehungsgeschichte
der Norm orientierte noch eine teleologische Interpretation etwas am bisher
ermittelten Auslegungsergebnis ändert. Sinn und Zweck sowie gesetzgeberische
Regelungsabsicht verlangen nicht nach einer über den Wortlaut hinausgehenden
Subsumtion des vorliegenden Sachverhalts unter die Missbrauchsbestimmung. Daran
vermag der Bericht des Bundesrates, aus welchem in der Beschwerde zitiert wird,
nichts zu ändern. Die darin geäusserte Kritik an der Rechtsprechung beruht
insoweit auf einem Missverständnis, als das Bundesgericht durchaus anerkennt,
dass der Gesetzgeber mit Art. 336 Abs. 2 lit. b OR einen erweiterten
Kündigungsschutz für
BGE 138 III 359 S. 366
Arbeitnehmervertreter schaffen wollte, indem der Arbeitgeber in diesen Fällen
zu beweisen hat, dass er für die Kündigung einen begründeten Anlass hat. Sollen
jedoch - nach der im Bericht des Bundesrates geäusserten Meinung -
wirtschaftliche Gründe im Rahmen der Entlassung eines Arbeitnehmervertreters
als missbräuchlich qualifiziert werden, während sie ohne weiteres zur Auflösung
des Arbeitsverhältnisses mit den übrigen Mitarbeitern berechtigen, so lässt
sich dieses Ergebnis tatsächlich nur durch eine Gesetzesänderung
bewerkstelligen. De lege lata verbietet sich eine solcherart bevorzugende
Behandlung der Arbeitnehmervertreter. Da zudem veränderte äussere Verhältnisse
oder gewandelte Rechtsanschauungen seit dem erst vor kurzer Zeit ergangenen BGE
133 III 512 - zu Recht - nicht geltend gemacht werden, sieht sich das
Bundesgericht mit Blick auf die aktuelle Rechtslage nicht zu einer
Praxisänderung veranlasst.