Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 137 V 96



Urteilskopf

137 V 96

14. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. M. gegen
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten)
8C_603/2010 vom 25. Februar 2011

Regeste

Art. 52 Abs. 1 AVIG; Umfang der Insolvenzentschädigung.
Die Insolvenzentschädigung deckt weder Ansprüche infolge nicht bezogener
Ferien, wenn die Arbeitnehmenden während der Dauer des Arbeitsverhältnisses
keine Ferienlohnzuschläge erhalten haben, noch Entschädigungen für Überstunden,
falls sich die Arbeitnehmenden vertraglich verpflichtet haben, geleistete
Überstunden mit Freizeit zu kompensieren (E. 6).

Sachverhalt ab Seite 96

BGE 137 V 96 S. 96

A. Der 1971 geborene M. war seit 20. Dezember 2005 als Hauswart/Reiniger für
die C. GmbH tätig. Nachdem er für den Monat Januar 2007 keinen Lohn erhalten
hatte, kündigte er das Arbeitsverhältnis mit der C. GmbH am 14. Februar 2007
fristlos. Im März 2007 wurde über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet. Das
Konkursverfahren wurde in der Folge noch im gleichen Monat mangels Aktiven
eingestellt.
M. beantragte am 23. März 2007 Insolvenzentschädigung für einen Ausstand in der
Höhe von Fr. 20'131.70 (Rest 13. Monatslohn 2005,
BGE 137 V 96 S. 97
13. Monatslohn 2006, Lohn für die Zeit vom 1. Januar bis 14. Februar 2007
inklusive 13. Monatslohn pro rata temporis, Anteil Ferien sowie
Überstundenabgeltung). Die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich richtete in der
Folge eine Insolvenzentschädigung von Fr. 7'590.20 (für ausstehenden Verdienst
ab 1. Januar bis 14. Februar 2007 zuzüglich Anteil 13. Monatslohn ab 15.
Oktober 2006 bis 14. Februar 2007) aus. Mit Verfügung vom 18. September 2007
lehnte sie einen darüber hinausgehenden Insolvenzentschädigungsanspruch für
angeblich nicht abgegoltene Überzeit und nicht bezogene Ferientage ab. Daran
hielt sie auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 12. März 2008).

B. In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde änderte das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich den Einspracheentscheid insoweit
ab, als es feststellte, M. habe zusätzlich für die am 2. Januar 2007 geleistete
Sonntagsarbeit in der Höhe des Sondervergütungszuschlags Anspruch auf
Insolvenzentschädigung; im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Entscheid vom 15.
Juni 2010).

C. M. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem
Rechtsbegehren, in teilweiser Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids sei
ihm eine Insolvenzentschädigung für in der Zeit vom 15. Oktober 2006 bis 14.
Februar 2007 geleistete Überstunden inklusive Zuschläge im Betrag von Fr.
2'318.15 brutto zuzusprechen; eventualiter sei der kantonale Gerichtsentscheid
hinsichtlich der Überstunden vom 15. Oktober 2006 bis 14. Februar 2007
aufzuheben und die Sache diesbezüglich zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das
Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) verzichtet auf eine Stellungnahme.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. Umstritten ist im Verfahren vor Bundesgericht einzig noch, ob das Entgelt
für in der Zeit vom 15. Oktober 2006 bis 14. Februar 2007 geleistete (von der
ehemaligen Arbeitgeberin aber in vollem Umfang bestrittene) Überstunden, welche
nicht mehr durch Freizeit kompensiert werden konnten, von der
Insolvenzentschädigung gedeckt ist.
BGE 137 V 96 S. 98

4. Nach den - letztinstanzlich unbestritten gebliebenen - Erwägungen der
Vorinstanz unterstand der Beschwerdeführer während seines Arbeitsverhältnisses
mit der C. GmbH dem Gesamtarbeitsvertrag für die Reinigungsbranche in der
Deutschschweiz (nachfolgend: GAV), vom Bundesrat zunächst vom 1. Juli 2004 bis
Ende 2006 und anschliessend wieder ab 1. April 2007 für allgemeinverbindlich
erklärt (Bundesratsbeschlüsse vom 18. Juni 2004 [BBl 2004 3184] und vom 14.
März 2007 [BBl 2007 2155]), welcher zur Zeit des Abschlusses des
Arbeitsvertrags galt. Gemäss Art. 7 GAV muss der Überstundensaldo per Ende
Dezember bis am 31. März des Folgejahres kompensiert werden. Überstunden, die
nicht innerhalb der Abrechnungsperiode durch Freizeit gleicher Dauer
kompensiert werden, sind nach Ablauf dieser Periode mit einem Zuschlag von 25 %
auszubezahlen. Diese Regel des vorrangigen Freizeitausgleichs der Überstunden
wurde Bestandteil des Arbeitsvertragsverhältnisses zwischen dem Versicherten
und der C. GmbH.

5.

5.1 Das kantonale Gericht vertritt die Auffassung, der Beschwerdeführer habe
durch die Leistung von Überstunden zunächst nicht einen Lohn-, sondern in
erster Linie einen Freizeitanspruch erworben, welcher sich infolge der vor März
2007, nämlich am 14. Februar 2007 vom Versicherten ausgesprochenen fristlosen
Auflösung des Arbeitsverhältnisses in einen Lohnanspruch umgewandelt habe. Ein
Anspruch auf Insolvenzentschädigung als Abgeltung für geleistete Überstunden
bestehe bereits deshalb nicht, weil die vom Beschwerdeführer geltend gemachte
Forderung für Überstunden in geldwerter Form erst aufgrund der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses geschuldet sei. Sämtliche Ansprüche, die ein Arbeitgeber
allerdings gerade wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses schulde, seien
von der Insolvenzentschädigung ausgeschlossen. Aus "grundsätzlicheren
Überlegungen" habe sich die Insolvenzentschädigung nach dem klaren Willen des
Gesetzgebers darauf zu beschränken, im Konkursfall des Arbeitgebers dem
Arbeitnehmer den Lebensunterhalt zu garantieren. Die Insolvenzentschädigung
ersetze bereits den vollen vertraglich geschuldeten Lohn, weshalb die
zusätzliche Entschädigung aufgelaufener Überstunden diese Beschränkung sprengen
würde. Es rechtfertige sich daher, im Rahmen der Insolvenzentschädigung
Ansprüche aus Überstunden nicht zu entgelten, zumal in analoger Weise
entsprechende Entschädigungen im Rahmen der Arbeitslosenversicherung beim
versicherten Verdienst auch nicht zu berücksichtigen seien.
BGE 137 V 96 S. 99

5.2 Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, ab 10. Juli 2006 habe er nach
Anweisung seiner Arbeitgeberin von Montag bis Freitag jeweils 7,75 Stunden
täglich und an Samstagen 9,75 Stunden arbeiten müssen. Dies ergebe eine
wöchentliche Arbeitszeit von 48,5 Stunden. Im Arbeitsvertrag sei eine
Arbeitszeit von 42,5 Stunden vermerkt und gemäss Art. 6.2 GAV betrage die
wöchentliche Höchstarbeitszeit 42 Stunden. Nach Art. 7.3 GAV seien die
Überstunden, mithin diejenige Zeit, welche 42 Stunden pro Woche übersteige, mit
dem Grundlohn zuzüglich 25 % zu entschädigen. Die gesamthaft erarbeiteten 134,5
Überstunden ergäben sich aus den vom Versicherten ausgefüllten Stundenblättern,
wobei auf den Zeitraum vom 15. Oktober 2006 bis 14. Februar 2007 71,75
Mehrstunden entfielen. Daraus resultiere die zusätzlich beantragte
Insolvenzentschädigung von Fr. 2'318.15 brutto. Die Arbeitgeberin habe die
Entschädigung für erbrachte Überstunden entgegen der Ansicht des kantonalen
Gerichts laufend, jeweils umgehend nach Erbringung der Überstunden, geschuldet.
Selbst wenn die Kompensation durch Freizeit möglich sei, liege nämlich dennoch
ein geldwerter Anspruch vor. Werde kompensiert, so sei Lohn für diese Freizeit
geschuldet. Vorliegend komme hinzu, dass eine Kompensation aus betrieblichen
Gründen gar nicht möglich gewesen sei, da der Beschwerdeführer "immer" habe
arbeiten müssen und nicht einmal seine Ferien habe beziehen können. Es sei
falsch, ihm vorzuhalten, dass er das Geld für die Überstunden für den
Lebensunterhalt gar nicht brauchen würde. Er habe sich einfach eingeschränkt.

6.

6.1 Die Insolvenzentschädigung ist eine Lohnausfallversicherung bei
Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. Sie setzt eine Lohnforderung der
versicherten Person gegenüber dem insolventen Arbeitgeber voraus. Unter
Lohnforderung im Sinne von Art. 52 Abs. 1 AVIG (SR 837.0) ist grundsätzlich der
massgebende Lohn gemäss Art. 5 Abs. 2 AHVG (SR 831.10) zu verstehen,
einschliesslich der geschuldeten Zulagen. Als zweiseitiger Vertrag verpflichtet
der Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer zur Leistung von Arbeit und den Arbeitgeber
zur Entrichtung eines Lohnes. Die Rechtsfolge besteht aus
arbeitslosenversicherungsrechtlicher Sicht darin, dass die Lohnforderung
grundsätzlich an die Leistung von Arbeit gebunden ist. Der Schutzzweck der
Insolvenzentschädigung erstreckt sich daher nur auf tatsächlich geleistete,
aber nicht entlöhnte Arbeit (BGE 132 V 82 E. 3.1 S. 84). Dem Tatbestand der
geleisteten Arbeit hat die
BGE 137 V 96 S. 100
Rechtsprechung diejenigen Fälle gleichgestellt, in denen der Arbeitnehmer nur
wegen Annahmeverzugs des Arbeitgebers im Sinne von Art. 324 OR keine Arbeit
leisten konnte. Solange der Arbeitnehmer in einem ungekündigten
Arbeitsverhältnis steht, hat er einen Lohnanspruch, der gegebenenfalls einen
Anspruch auf Insolvenzentschädigung rechtfertigen kann (BGE 132 V 82 E. 3.1 S.
85).

6.2 Die gesetzliche Regelung der Insolvenzentschädigung bezweckt den Schutz der
Lohnguthaben und die Sicherstellung des Lebensunterhalts des Arbeitnehmers im
Konkursfall des Arbeitgebers (Botschaft vom 2. Juli 1980 zu einem neuen
Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die
Insolvenzentschädigung, BBl 1980 III 534 f. Ziff. 234 und 606 Ziff. 324 ad Art.
51 E-AVIG; BGE 114 V 56 E. 3c S. 58). In der Botschaft wird darauf hingewiesen,
dass der Verlust der Lohnforderung den einzelnen betroffenen Arbeitnehmer in
seiner Existenz bedrohen könne, auch wenn der Betrag gesamthaft meist nicht
übermässig hoch sei. Die Insolvenzentschädigung solle eine Lücke im sozialen
Schutz schliessen, die im Rahmen der gesamtarbeitsvertraglichen Vereinbarungen
offengeblieben sei (BBl 1980 III 535 Ziff. 234). Da die Insolvenzentschädigung
dem System der Arbeitslosenversicherung eigentlich fremd sei, habe sie sich
darauf zu beschränken, dem Arbeitnehmer im Konkursfall des Arbeitgebers den
Lebensunterhalt zu garantieren (BBl 1980 III 606 Ziff. 324 ad Art. 51 E-AVIG).
Mit Blick auf dieses Ziel hat die Insolvenzentschädigung diejenigen
ausstehenden Forderungen des (ehemaligen) Arbeitnehmers zu decken, welche
erwartungsgemäss bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in den letzten vier
Monaten gemäss Art. 52 Abs. 1 AVIG vom zahlungsfähigen Arbeitgeber beglichen
worden wären. Mit anderen Worten besteht der Sinn der Insolvenzentschädigung
darin, der versicherten Person jene Lohnsumme sicherzustellen, mit der sie in
den letzten vier Monaten des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Konkurses
über den Arbeitgeber rechnen durfte (ARV 1998 S. 58, C 191/95).

6.3 Praxisgemäss besteht die Lohnforderung im Sinne von Art. 52 Abs. 1 AVIG
grundsätzlich im massgebenden Lohn nach Art. 5 Abs. 2 AHVG i.V.m. Art. 7 AHVV
(SR 831.101), einschliesslich der geschuldeten Zulagen (BGE 132 V 82 E. 3.1 S.
84; E. 6.1 hiervor). In der Literatur findet sich zu dieser Definition keine
abweichende Meinung (THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale
Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 2364 Rz. 616
BGE 137 V 96 S. 101
und Fn. 1275; URS BURGHERR, Die Insolvenzentschädigung, 2004, S. 107 ff.;
GERHARD GERHARDS, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz [AVIG], Bd. I
[Art. 1-58], 1988, N. 5 f. zu Art. 52 AVIG). Allerdings muss einschränkend
gelten, dass eine Anlehnung an den Begriff des massgebenden Lohnes nur insoweit
möglich sein kann, als dies mit dem Zweck der Insolvenzentschädigung vereinbar
ist. Ob Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis zum versicherten Verdienst
gehören, ist entgegen der Ansicht des kantonalen Gerichts in diesem
Zusammenhang nicht ausschlaggebend. Der versicherte Verdienst ist für die Höhe
des Arbeitslosentaggeldes massgebend (Art. 22 Abs. 1 AVIG) und bildet lediglich
die obere Grenze der monatlichen Insolvenzentschädigung (Art. 52 Abs. 1 i.V.m.
Art. 3 Abs. 2 AVIG). Im Einzelnen ist ein Lohnbestandteil von der
Insolvenzentschädigung nur gedeckt, wenn die versicherte Person für den von
Art. 52 Abs. 1 AVIG vorgeschriebenen Zeitraum unter Annahme eines
fortbestehenden Arbeitsverhältnisses und eines zahlungsfähigen Arbeitgebers
berechtigte Aussichten auf dessen Auszahlung haben konnte (E. 6.2 hiervor).
Dazu gehört ein anteilmässiger 13. Monatslohn, weil dieser pro rata temporis in
Geld erworben wird, und die Arbeitnehmenden mit diesem normalerweise gegen Ende
des Kalenderjahrs ausbezahlten Lohnanteil bereits anfangs Jahr rechnen können.
Wie der 13. Monatslohn bilden auch die Ferien- und Überstundenentschädigungen
grundsätzlich einen Bestandteil des massgebenden Lohnes gemäss Art. 5 Abs. 2
AHVG i.V.m. Art. 7 AHVV. Allein deswegen kann aber - entgegen einzelner
Hinweise in der Literatur (BURGHERR, a.a.O., S. 107 ff.; GERHARDS, a.a.O., N. 6
f. zu Art. 52 AVIG; HANS-ULRICH STAUFFER, Die Arbeitslosenversicherung, 1984,
S. 178) - nicht schon eine vollständige Deckung solcher ausstehender
Forderungen durch die Insolvenzentschädigung angenommen werden.

6.3.1 Gemäss Art. 329d OR hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Ferien
den gesamten darauf entfallenden Lohn und eine angemessene Entschädigung für
ausfallenden Naturallohn zu entrichten (Abs. 1). Die Ferien dürfen während der
Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere
Vergütungen abgegolten werden (Abs. 2). Das Abgeltungsverbot gehört zu den
absolut zwingenden, die Bestimmungen über den Ferienlohn zu den relativ
zwingenden Vorschriften des Arbeitsvertragsrechts (Art. 361 und 362 OR). Soweit
der Ferienlohn während der Dauer des Arbeitsverhältnisses bei unregelmässigem
Beschäftigungsgrad oder
BGE 137 V 96 S. 102
unregelmässiger Entlöhnung überhaupt laufend mit dem Lohn ausgerichtet werden
darf, ist es nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung notwendig, in den
einzelnen schriftlichen Lohnabrechnungen den für die Ferien bestimmten
Lohnanteil ausdrücklich auszuweisen und zudem - sofern ein schriftlicher
Arbeitsvertrag vorliegt - auch in diesem schriftlich den entsprechenden
Lohnanteil festzuhalten (Urteil 4A_300/2007 vom 6. Mai 2008 E. 3.2.3, nicht
publ. in: BGE 134 III 399; BGE 129 III 493 E. 3.2 und 3.3 S. 495 f.).
Im Monatslohn angestellte Personen mit vollem Arbeitspensum, welche keine
Ferienlohnzuschläge beziehen dürfen, können folglich bei fortbestehendem
Arbeitsverhältnis auch keine Abgeltung der Ferien durch Geldleistungen erwarten
(Art. 329d Abs. 2 OR). Der Abgeltungsanspruch für nicht bezogene Ferien
entsteht in diesem Fall erst, wenn diese nicht mehr in natura gewährt werden
können (BGE 131 III 451), also namentlich bei fristloser Auflösung des
Arbeitsverhältnisses durch Arbeitgeber oder Arbeitnehmer. Versicherte Personen,
welche während bestehendem Arbeitsverhältnis mit ihrem Lohn zusätzlich eine
Ferienabgeltung bezogen haben, konnten demgegenüber mit den monatlich
ausgerichteten Zuschlägen rechnen.

6.3.2 Für Überstunden ergibt sich nichts Abweichendes. Wurde Überstundenarbeit
geleistet, so entsteht ein Anspruch auf Überstundenvergütung, sofern
Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht einen Ausgleich durch Freizeit vereinbart
haben (MANFRED REHBINDER, Schweizerisches Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2002, S. 63
Rz. 107). Versicherte Personen, welche arbeitsvertraglich dazu verpflichtet
waren, geleistete Überstunden mit Freizeit zu kompensieren, hatten bei
fortbestehendem Arbeitsverhältnis keine berechtigten Aussichten auf Auszahlung
von Überstundenentschädigungen. Hingegen konnten Arbeitnehmende, welche eine
Überstundenvergütung abgemacht hatten, bei andauerndem Arbeitsverhältnis die
vertragsgemässe Auszahlung einer solchen erwarten.

6.4 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Entschädigungen für noch nicht
bezogene Ferien von ehemals im Monatslohn angestellt gewesenen Personen, welche
keine Ferienlohnzuschläge erhalten haben, und - bei entsprechender
arbeitsvertraglicher Übereinkunft - für noch nicht mit Freizeit kompensierte
Überstunden nicht von der Insolvenzentschädigung gedeckt sind.

6.5 Das ehemals zuständige Eidg. Versicherungsgericht hat zwar bereits
verschiedentlich festgehalten, dass die Insolvenzentschädigung Forderungen für
noch nicht bezogene Ferien nicht erfasst
BGE 137 V 96 S. 103
(BGE 132 V 82 E. 3.1; ARV 2006 S. 73, C 214/04; vgl. auch NUSSBAUMER, a.a.O.,
S. 2365 Rz. 617 und Fn. 1280). Diesen Schluss hat es allerdings ohne vertiefte
Auseinandersetzung mit der Problematik gezogen. Vereinzelt wurde in der
Vergangenheit ein Anspruch auf Insolvenzentschädigung für nicht bezogene Ferien
pro rata temporis ohne weitere Begründung entweder implizit oder auch
ausdrücklich bestätigt (unter anderem: ARV 1998 S. 58, C 191/95; Urteil des
Eidg. Versicherungsgerichts C 54/93 vom 3. August 2004). Daran kann nach dem
Gesagten (E. 6.3 f. hiervor) nicht uneingeschränkt festgehalten werden. Ob eine
ausstehende Forderung durch die Insolvenzentschädigung gedeckt ist, entscheidet
sich vielmehr danach, ob der Arbeitnehmer bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis
mit der Auszahlung eines Ferienlohnzuschlags (oder einer
Überstundenentschädigung) rechnen konnte. Auf die Verwaltungsweisungen (vgl.
insbesondere Ziffer 3.4 des Kreisschreibens des Bundesamtes für Industrie,
Gewerbe und Arbeit [heute: Staatssekretariat für Wirtschaft, SECO] über die
Insolvenzentschädigung, gültig ab Januar 1992 [KS IE]; AM/ALV-Praxis 2004/1
Blatt 12, Weisung des SECO zu Gegenstand und Umfang der Insolvenzentschädigung
- Begriff der Lohnforderung) oder den vom Eidg. Volkswirtschaftsdepartement zur
Insolvenzentschädigung herausgegebenen Leitfaden für Versicherte kann nicht
abgestellt werden, soweit sich daraus etwas anderes ergibt.

7. Eine abschliessende Aufzählung möglicher Forderungen von Arbeitnehmenden,
für welche gemäss Art. 52 AVIG ein Anspruch auf Insolvenzentschädigung besteht,
ist an dieser Stelle nicht erforderlich.

8.

8.1 Der Versicherte hat das Arbeitsverhältnis am 14. Februar 2007 fristlos
aufgelöst. Ob die fristlose Kündigung gerechtfertigt war, ist mit Blick auf
Art. 337a OR, wonach der Arbeitnehmer dem zahlungsunfähigen Arbeitgeber vor der
Auflösung des Arbeitsverhältnisses zunächst eine angemessene Frist zur
Sicherheitsleistung einzuräumen hat, fraglich, kann aber im vorliegenden
Verfahren offenbleiben. So oder anders wurden mit der fristlosen Beendigung des
Arbeitsverhältnisses alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis fällig (Art.
339 Abs. 1 OR); ein Bezug der Ferien in natura war bei einer fristlosen
Kündigung nicht mehr möglich, ebenso wenig die Kompensation der vom
Versicherten geltend gemachten Überstunden. Bei fortbestehendem
Arbeitsverhältnis hätte der
BGE 137 V 96 S. 104
Überstundensaldo per Ende Dezember 2006 bis am 31. März 2007 kompensiert werden
müssen; Überstunden, die nicht innerhalb der Abrechnungsperiode durch Freizeit
gleicher Dauer kompensiert worden wären, wären nach Ablauf dieser Periode mit
einem Zuschlag von 25 % auszubezahlen gewesen (E. 4 hiervor). Mit Blick auf
diese Regelung hat der Beschwerdeführer während der letzten vier Monate des
Arbeitsverhältnisses vor der Konkurseröffnung nicht mit der Auszahlung einer
Überstundenentschädigung rechnen können. Eine Abgeltung der Überstunden durch
eine entsprechend bemessene Geldleistung ist demgemäss nicht durch die
Insolvenzentschädigung abgedeckt. Wie es sich verhalten würde, wenn der
Versicherte das Arbeitsverhältnis erst nach Ende März 2007 (vgl. Art. 7 GAV:
Entstehung eines Auszahlungsanspruchs) fristlos aufgelöst hätte, steht
vorliegend nicht zur Debatte. Schliesslich erübrigt es sich, auf den Einwand
des Beschwerdeführers, die vom kantonalen Gericht zusätzlich gewährte - im
vorliegenden Verfahren nicht mehr umstrittene - Insolvenzentschädigung in der
Höhe des Sondervergütungszuschlags für die am 2. Januar 2007 geleistete
Sonntagsarbeit ergebe nur einen Sinn, wenn auch die Überstunden selber von der
Insolvenzentschädigung gedeckt seien, einzugehen, weil das Bundesgericht so
oder anders an die Parteibegehren gebunden ist (nicht publ. E. 1 in fine).

8.2 Verwaltung und Vorinstanz haben einen Insolvenzentschädigungsanspruch für
die letztinstanzlich einzig noch umstrittenen, vom Beschwerdeführer geltend
gemachten Überstunden zu Recht verneint.