Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 137 V 126



Urteilskopf

137 V 126

18. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Öffentliche
Arbeitslosenkasse Baselland gegen L. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten)
8C_967/2010 vom 20. April 2011

Regeste

Art. 13 Abs. 4 AVIG i.V.m. Art. 12a und 8 Abs. 1 AVIV.
Die Sonderregelung gemäss Art. 13 Abs. 4 AVIG in Verbindung mit Art. 12a AVIV,
wonach Versicherten, die im Anschluss an eine Tätigkeit in einem Beruf
arbeitslos werden, in dem häufig wechselnde und befristete Anstellungen üblich
sind, die nach Art. 13 Abs. 1 AVIG ermittelte Beitragszeit für die ersten
dreissig Kalendertage eines befristeten Arbeitsverhältnisses verdoppelt werden,
findet auf Cabaret-Tänzerinnen mit Kurzaufenthaltsbewilligung keine Anwendung
(E. 4).

Sachverhalt ab Seite 127

BGE 137 V 126 S. 127

A. Die 1974 geborene L. war als Striptease-Tänzerin bei verschiedenen
Arbeitgebern tätig. Am 30. September 2008 meldete sie sich zur
Arbeitsvermittlung und am 3. Oktober 2008 zum Leistungsbezug bei der
Arbeitslosenversicherung ab 1. Oktober 2008 an. Mit Verfügung vom 6. August
2009 lehnte die Öffentliche Arbeitslosenkasse Baselland den Antrag auf
Leistungen der Arbeitslosenversicherung wegen Nichterfüllung der Beitragszeit
innerhalb der Rahmenfrist vom 1. Oktober 2006 bis 30. September 2008 ab. Daran
hielt sie mit Einspracheentscheid vom 13. November 2009 fest.

B. Die dagegen geführte Beschwerde der L. hiess das Kantonsgericht
Basel-Landschaft mit Entscheid vom 13. August 2010 gut und bejahte die
Erfüllung der Beitragszeit. Zur Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen
zum Taggeldbezug wies es die Sache an die Verwaltung zurück.

C. Die Öffentliche Arbeitslosenkasse Baselland führt Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren um Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheids vom 13. August 2010.
Während L. sinngemäss Abweisung der Beschwerde beantragt, hat das
Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) auf eine Stellungnahme verzichtet.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG (SR 837.0) besteht ein Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung, wenn die versicherte Person die Beitragszeit erfüllt
hat oder von der Erfüllung der Beitragszeit befreit ist. Die Beitragszeit hat
nach Art. 13 Abs. 1 AVIG erfüllt, wer innerhalb der dafür vorgesehenen
Rahmenfrist (Art. 9 Abs. 3 AVIG) während mindestens zwölf Monaten eine
beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat. Für Versicherte, die im
Anschluss an eine Tätigkeit in einem Beruf arbeitslos werden, in dem häufig
wechselnde und befristete Anstellungen üblich sind, kann der Bundesrat die
Berechnung und die Dauer der Beitragszeit unter Berücksichtigung der
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besonderen Gegebenheiten regeln (Art. 13 Abs. 4 AVIG). Dies hat er in Art. 12a
AVIV (SR 837.02; unter Verweis auf Art. 8 AVIV) getan, wonach Versicherten in
solchen Berufen die nach Art. 13 Abs. 1 AVIG ermittelte Beitragszeit für die
ersten dreissig Kalendertage eines befristeten Arbeitsverhältnisses verdoppelt
wird.

3.

3.1 Nach den für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlichen Feststellungen
der Vorinstanz besass die Beschwerdegegnerin in der Rahmenfrist für die
Beitragszeit vom 1. Oktober 2006 bis 30. September 2008 während insgesamt elf
Monaten keine zu einer Erwerbstätigkeit berechtigende Aufenthaltsbewilligung
(vgl. ARV 2002 S. 47, C 405/00 E. 3a), weshalb sie in dieser Zeit keine
Beitragszeit erwerben konnte. In den verbleibenden dreizehn Monaten übte sie
während zehn Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung als
Striptease-Tänzerin bei verschiedenen Cabarets und Clubs aus, wobei sie jeden
Monat an einem anderen Ort bei einem anderen Arbeitgeber tätig war, sodass
unbestrittenermassen die erforderliche Beitragszeit von mindestens zwölf
Monaten nach Art. 13 Abs. 1 AVIG nicht erfüllt ist. Einzig streitig und zu
prüfen ist daher, ob die Beschwerdegegnerin unter Anwendung der
Ausnahmeregelung nach Art. 13 Abs. 4 AVIG in Verbindung mit Art. 12a AVIV die
Beitragszeit erfüllt hat.

3.2 In Bezug auf die Ausgestaltung der Arbeitsverträge führte das kantonale
Gericht aus, es hätte sich ausnahmslos um auf einen Monat befristete, von den
Vermittlungsagenturen, den Arbeitgebern und der Beschwerdegegnerin im Voraus
für mehrere Monate abgeschlossene Verträge gehandelt. Die Vermittlungsagenturen
hätten dabei - ohne Arbeitgeberfunktion - einzig die Aufgabe, die Tänzerinnen
an entsprechende Bars/Clubs/Cabarets zu vermitteln und die Einreiseformalitäten
zu erledigen. Die paritätischen Lohnbeiträge seien deshalb jeweils von den
einzelnen Bars/Clubs/Cabarets an die Ausgleichskasse überwiesen worden. Damit
sei die Beschwerdegegnerin in einem Beruf mit häufig wechselnden, befristeten
Anstellungen im Sinne von Art. 8 AVIV tätig gewesen, was alleinige
Voraussetzung sei, um unter die Ausnahmebestimmung von Art. 13 Abs. 4 AVIG in
Verbindung mit Art. 12a AVIV zu fallen. Eine Wertung der einzelnen
Beschäftigungen entspräche nicht dem Sinn des Verordnungsgebers, welcher in
Art. 8 AVIV auf eine abschliessende Aufzählung und damit auf eine Einschränkung
auf gewisse Berufskategorien verzichtet habe.
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Die Beitragszeit von zehn Monaten sei vorliegend dementsprechend zu verdoppeln,
womit in der vom 1. Oktober 2006 bis 30. September 2008 dauernden Rahmenfrist
eine Beitragszeit von insgesamt zwanzig Monaten anzurechnen sei.

3.3 Die beschwerdeführende Kasse stellt sich dagegen auf den Standpunkt, die
historische und die teleologische Auslegung zeigten, dass der Gesetzgeber den
Kreis der unter Art. 13 Abs. 4 AVIG subsumierten Berufsleute auf den Bereich
der Kunst- und Kulturschaffenden habe beschränken wollen. Die mit der am 1.
Juli 2003 in Kraft getretenen AVIG-Revision eingeführte Regelung habe den Sinn,
den faktischen Ausschluss vom Versicherungsschutz zu verhindern, welcher den
Personen drohe, die aufgrund ihrer Berufe mit den üblichen Beschäftigungslücken
zwischen den einzelnen Engagements kaum je die dannzumal auf zwölf Monate
verlängerte Beitragszeit zu erreichen vermöchten. Es könne nicht angehen, dass
Personen, die nachweislich während elf Monaten dem Arbeitsmarkt mangels
Aufenthaltsbewilligung nicht zur Verfügung standen, und denen es möglich
gewesen wäre, Arbeitseinsätze ohne Beschäftigungslücken zu vereinbaren, in den
Genuss der Beitragszeitverdoppelung nach Art. 12a AVIV kämen. Die
Beschwerdegegnerin gehöre, ohne ihre Arbeit als Striptease-Tänzerin werten zu
wollen, nicht in den Kreis jener Personen, die der Gesetzgeber mit der in Art.
13 Abs. 1 AVIG getroffenen Sonderregelung habe privilegieren wollen.

4.

4.1 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Vom
klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur
ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann nämlich, wenn triftige Gründe dafür
vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Norm wiedergibt. Solche
Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem
Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben (BGE
135 II 78 E. 2.2 S. 81; BGE 135 V 215 E. 7.1 S. 229, BGE 135 V 249 E. 4.1).
Eine historisch orientierte Auslegung ist für sich allein nicht entscheidend.
Anderseits vermag aber nur sie die Regelungsabsicht des Gesetzgebers (die sich
insbesondere aus den Materialien ergibt) aufzuzeigen, welche wiederum zusammen
mit den zu ihrer Verfolgung getroffenen Wertentscheidungen verbindliche
Richtschnur des
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Gerichts bleibt, auch wenn es das Gesetz mittels teleologischer Auslegung oder
Rechtsfortbildung veränderten, vom Gesetzgeber nichtvorausgesehenen Umständen
anpasst oder es ergänzt (BGE 129 I 12 E. 3.3 S. 16; BGE 129 V 95 E. 2.2 S. 98).

4.2 Der Vorinstanz ist insofern beizupflichten, als nach dem Wortlaut von Art.
12a AVIV sämtlichen Versicherten mit häufig wechselnden oder befristeten
Anstellungen die nach Art. 13 Abs. 1 AVIG ermittelte Beitragszeit für die
ersten dreissig Kalendertage eines befristeten Arbeitsverhältnisses verdoppelt
werden. Es fragt sich indessen, ob diese rein grammatikalische Lesart der
streitigen Verordnungsbestimmung einer zweckgerichteten, die
Entstehungsgeschichte berücksichtigenden und systematischen Betrachtung
standhält.

4.3 Von entstehungsgeschichtlicher Warte aus lässt sich den Materialien
entnehmen, dass die Ausnahmeregelung auf einen Antrag von Nationalrat Galli
zurückgeht, der ausführte, dass die in Art. 13 AVIG vorgeschlagene Verlängerung
der Mindestbeitragszeit von sechs auf zwölf Monate für Berufsleute im Bereich
der Bühnen- und Szenenkünste mit befristeten und deshalb häufig wechselnden
Anstellungen fatale Folgen haben könne, nämlich beinahe den faktischen
Auschluss aus der Arbeitslosenversicherung. Betroffen seien insbesondere die
künstlerischen Berufe von Schauspielern und Schauspielerinnen, Balletttänzern
und Balletttänzerinnen, Spielleitern und Spielleiterinnen, Regisseuren und
Regisseurinnen, Theater- und Filmtechnikern bzw. -technikerinnen, Musikern und
Musikerinnen des E-Bereichs bis zur Volksmusik, Sprecher und Sprecherinnen
sowie Personen bzw. Journalisten und Journalistinnen mit einer kurzfristigen
Anstellung bei audiovisuellen Medien. Nationalrat Galli fügte weiter an, dass
einige Tausend Temporärbeschäftigte im Bereich von Bühne, Film, Audiovision, E-
und Volksmusik aufgrund der spezifischen Arbeitssituation auch unfreiwillig
ohne Festanstellungen arbeiten müssten und Arbeitslosigkeit entstehen könne,
wenn ein Engagement zu Ende gehe, ohne dass ein neues in Aussicht stehe, wobei
die Einsätze in diesen Berufen oft einen Tag bis einige Wochen dauern würden.
Bei gewissen Engagements seien die Kunstschaffenden nur an bestimmten Tagen
engagiert und könnten ohne Selbstverschulden in der Zwischenzeit keine andere
geregelte Arbeit annehmen (AB 2001 N 1890-1893). Am 7. März 2002 führte im
Ständerat Christine Beerli für die Kommission aus, dass bei Art. 13 Abs. 4 AVIG
von der Kommission die richtigen Gedanken des Nationalrates aufgenommen worden
seien, aber mit Hilfe der Verwaltung sei
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eine etwas präzisere Formulierung beschlossen worden, die sich dann auch auf
andere unregelmässige Tätigkeiten als die künstlerischen beziehen könne. Dem
Antrag der Kommission wurde diskussionslos zugestimmt (AB 2002 S 72).

4.4 Auch aus systematischer und teleologischer (zweckbezogener) Sicht wird
klar, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber damit, wie der Verweis auf Art. 8
AVIV zeigt, eine erleichterte Erfüllung der Beitragszeit für die in Art. 8 AVIV
genannten Personengruppen verfolgte, die exemplarisch aufgezählt werden
(Musiker, Schauspieler, Artisten, künstlerischer Mitarbeiter bei Radio,
Fernsehen oder Film, Filmtechniker, Journalist). Der beispielhafte, nicht
abschliessende Charakter der Norm steht der vorinstanzlichen Subsumtion der
Cabaret-Tänzerin hierunter grundsätzlich nicht entgegen. Den in Art. 8 AVIV
definierten Berufsgruppen ist jedoch eigen, dass ihre Arbeit durch
unregelmässige, kurz- oder längerfristige Einsätze mit (möglichen)
Arbeitsausfällen zwischen zwei Engagements gekennzeichnet ist und die Tätigkeit
mitunter aufgrund ihres produktions- und projektbezogenen Charakters nicht
immer planbar ist. Die Unregelmässigkeit der Tätigkeiten bringt demnach
naturgemäss Beschäftigungslücken mit sich oder kann sie zumindest mit sich
bringen.
Die Ausnahmebestimmung von Art. 12a AVIV ist Folge der im Rahmen der Änderung
des AVIG vom 22. März 2002 (3. AVIG-Revision) von sechs auf zwölf Monaten
erhöhten Mindestbeitragszeit, um einem drohenden, faktischen Ausschluss von
Berufsleuten im Kunst- und Kulturbereich und von anderen unregelmässigen
Tätigkeiten aufgrund der berufsimmanenten (drohenden) Beschäftigungslücken
entgegenzuwirken (THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale
Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 2241 Rz. 211).

4.5

4.5.1 Die vorliegenden, im Rahmen einer Kurzaufenthaltsbewilligung geleisteten
Arbeitseinsätze waren dementgegen gerade nicht (wie bei den in Art. 8 AVIV
definierten Berufsgruppen) unregelmässig und mit unplanbaren
Beschäftigungslücken verbunden, wie sich bereits aus der entsprechenden
ausländerrechtlichen Regelung ergibt: Gestützt auf Art. 30 Abs. 1 Bst. d des am
1. Januar 2008 in Kraft getretenen Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über
die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20; mit welchem sich an der
bisherigen Praxis nichts änderte [vgl. Botschaft vom 8. März 2002 zum AuG; BBl
2002 3787 Ziff. 2.4.4]) sieht Art. 34 der
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Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit
(VZAE; SR 142.201; in Kraft seit 1. Januar 2008) vor, dass der Aufenthalt ohne
Erwerbstätigkeit in der Schweiz von Cabaret-Tänzerinnen mit
Kurzaufenthaltsbewilligung höchstens einen Monat betragen darf. Nach einer mehr
als einen Monat dauernden Erwerbslosigkeit besteht daher grundsätzlich eine
Ausreisepflicht. Dieser Bestimmung lässt sich weiter entnehmen, dass die
Tänzerinnen in der Regel längstens während acht Monaten in der Schweiz tätig
sind und anschliessend das Land für mindestens zwei Monate verlassen müssen.
Die Bewilligung wird überdies u.a. nur erteilt, wenn die Cabaret-Tänzerin ein
Engagement für mindestens vier aufeinander folgende Monate nachweisen kann.

4.5.2 Diese Sach- und Rechtslage erlaubte es der Beschwerdegegnerin, im Voraus
über die Vermittlungsagenturen die neuen Einsätze zu planen und ohne Unterbruch
einmonatige Arbeitsverhältnisse mit den jeweiligen Cabarets für die Dauer der
Aufenthaltsbewilligung einzugehen, wobei der monatliche Stellenwechsel Teil der
Arbeit als Cabaret-Tänzerin darstellt (Fachstelle Frauenhandel und
Frauenmigration: http://www.fiz-info.ch unter Themen/Cabaret, mit Hinweis auf
eine Studie DAHINDEN/STANTS, Arbeits- und Lebensbedingungen von
Cabaret-Tänzerinnen in der Schweiz, Swiss Forum for Migration and Population
Studies [SFM; Hrsg.], 2006). Von der Beschwerdegegnerin wurde denn auch zu
keinem Zeitpunkt geltend gemacht, dass fehlende Angebote weiterer Engagements
als Cabaret-Tänzerin zu Beschäftigungslücken oder zur Antragstellung auf
Arbeitslosenentschädigung geführt hätten. Als Grund für die Stellenlosigkeit
gab sie im Antrag auf Arbeitslosenentschädigung dementsprechend an, dass ihr
die Arbeit im Cabaret nicht gefalle; einzig ihr Wunsch, nicht mehr in diesem
Milieu tätig zu sein und sich nach einem neuen Beschäftigungsfeld umzusehen,
war für die Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung ausschlaggebend, weshalb
nicht fehlende neue Engagements der Erfüllung der zwölfmonatigen
Mindestbeitragszeit entgegenstanden. Innerhalb der zweijährigen
Beitragsrahmenfrist war sie vielmehr während elf Monaten mangels
Aufenthaltsbewilligung nicht berechtigt, in der Schweiz einer
beitragspflichtigen Beschäftigung nachzugehen, und im verbleibenden Zeitraum
wäre es ihr nach dem Gesagten grundsätzlich möglich gewesen, sich eine
Beitragszeit von zwölf Monaten zu erarbeiten.

4.6 Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass bei den Cabaret-Tänzerinnen mit
Kurzaufenthaltsbewilligung (Ausweis L) mit Blick auf die
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rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit nicht die
gleichen Arbeitseinsätze von unregelmässiger Dauer und Häufigkeit verbunden mit
unterschiedlich langen Beschäftigungslücken zwischen den einzelnen Engagements
vorliegen wie bei den in Art. 8 AVIV aufgezählten Personengruppen, zumal die
Tänzerinnen ohnehin nur einen Beschäftigungsunterbruch von einem Monat
aufweisen dürfen, sofern sie die Schweiz nicht verlassen wollen. Die
Interpretation von Art. 13 Abs. 4 AVIG in Verbindung mit Art. 12a AVIV führt
nach den übrigen normunmittelbaren Auslegungskriterien daher zum Ergebnis, dass
sich der Anwendungsbereich dieser Sonderregelung nicht auf Cabaret-Tänzerinnen
mit Kurzaufenthaltsbewilligung erstreckt.
Aufgrund der gemäss Art. 34 VZAE getroffenen Regelung kann eine solche Tänzerin
überdies mangels Vermittlungsfähigkeit und fehlender Berechtigung, in der
Schweiz in einer anderen Branche tätig zu sein, ohnehin nicht in den Genuss von
Arbeitslosenentschädigung kommen. Die in casu durch Heirat am 3. Oktober 2008
erhaltene Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B) hätte der Beschwerdegegnerin die
Aufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit zwar ermöglicht, ein Anspruch auf
Taggeld der Arbeitslosenversicherung hätte aber die Erfüllung der Beitragszeit
nach Art. 13 Abs. 1 AVIG bedingt. Dies führt zur Verneinung des Anspruchs auf
Arbeitslosenentschädigung.