Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 137 I 69



Urteilskopf

137 I 69

7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen
Konservatorium und Direktion für Erziehung, Kultur und Sport des Kantons
Freiburg (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_120/2010 vom 16. Dezember 2010

Regeste

Widerruf einer ursprünglich fehlerhaften Verfügung; Art. 9 BV.
Auch eine Aufsichtsbehörde ist zuständig, die von der beaufsichtigten Behörde
erlassene Verfügung zu widerrufen (E. 2.1).
Voraussetzungen des Widerrufs:
- Gegenüberstehen des Interesses an der richtigen Durchführung des objektiven
Rechts und desjenigen des Vertrauensschutzes - dieses allerdings nur dann, wenn
seine Voraussetzungen überhaupt erfüllt sind (E. 2.2 und 2.3);
- Prüfung der Voraussetzungen des Vertrauensschutzes (E. 2.5);
- Interessengewichtung und -abwägung (E. 2.6).

Sachverhalt ab Seite 70

BGE 137 I 69 S. 70

A. X. bestand nach vier Jahren Schule in der Berufsklasse der Musikhochschule
des Konservatoriums Freiburg die Ausscheidungsprüfung im April 2008. Diese
berechtigte ihn zur Abschlussprüfung, welche - als öffentlich vorgetragener
Klaviervortrag - er am 26. Juni 2008 nicht bestand. Der Grund lag darin, dass
er sich in einem Zustand eines offensichtlichen Unwohlseins und einer
emotionalen Blockade befand. Die Prüfungskommission entschied danach, dass X.
die Prüfung im Oktober 2008 unter Ausschluss der Öffentlichkeit wiederholen
könne. Am 13. Oktober 2008 bestand dieser das Examen, was ihm durch die
Aushändigung des von der Kommission unterzeichneten Protokolls mitgeteilt
wurde. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 wurde ihm bestätigt, dass er die
Ausbildung zum Lehrdiplom erfolgreich bestanden habe.

B. Der Direktor des Konservatoriums beantragte Ende November 2008 bei der für
die Ausstellung der Diplome zuständigen Direktion für Erziehung, Kultur und
Sport des Kantons Freiburg (nachfolgend: EKSD), X. kein Diplom auszustellen, da
der Klaviervortrag nicht öffentlich erfolgt sei. In der Folge verweigerte diese
am 2. März 2009 die Ausstellung des Diploms. Die dagegen erhobene
Verwaltungsgerichtsbeschwerde war erfolglos.

C. Vor Bundesgericht beantragt X., das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, I.
Verwaltungsgerichtshof, vom 1. Dezember 2009 aufzuheben und die EKSD
anzuweisen, dem Beschwerdeführer das Lehrdiplom innert einer Frist von 10 Tagen
seit Eröffnung des Entscheides des Bundesgerichts auszustellen. Er macht im
Wesentlichen eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach Art. 9
BV geltend. (...)
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
(Auszug)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Die EKSD hat dem Beschwerdeführer das Diplom nach Art. 44 der Verordnung
vom 5. April 2005 über die Prüfungen am Konservatorium (SGF 481.4.12;
nachfolgend: PrVK) in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung) nicht
erteilt (sekundäre Verfügung); in der Sache geht es allerdings nicht um das
Diplom als solches, sondern um die dem Diplom zugrundeliegende Abschlussprüfung
(primäre Verfügung). Da diese mit einem schweren Mangel behaftet sei,
betrachtete sich die EKSD als berechtigt, den Prüfungsentscheid zu
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widerrufen. Als Aufsichtsbehörde des Konservatoriums kann sich die EKSD selbst
der Sache annehmen (BGE 107 Ib 35 E. 4a S. 37; BGE 100 Ia 94 E. 2 S. 97 f.;
siehe auch BEATRICE WEBER-DÜRLER, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, 1983,
S. 169) und damit die primäre Verfügung widerrufen.

2.2 Der Beschwerdeführer hat die Prüfung am 13. Oktober 2008 bestanden. Die
Verfügung ist Mitte November in formelle Rechtskraft erwachsen; die EKSD hat
diese erst anfangs März 2009 widerrufen. Der Verfügung kommt
Rechtsbeständigkeit zu, weshalb formell rechtskräftige Verfügungen nur mehr
unter bestimmten Voraussetzungen einseitig aufgehoben oder zum Nachteil des
Adressaten abgeändert werden dürfen (vgl. e contrario BGE 134 V 257 E. 2.2 [2.
Abs.] S. 261; BGE 121 II 273 E. 1a/aa S. 276 f.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN,
Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 821, 995; PIERRE MOOR, Droit
administratif, Bd. II, 2. Aufl. 2002, S. 323 ff.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER,
Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 283 f. [Rz. 8 f.]). Entgegen
der Auffassung der Vorinstanz liegt es deshalb nicht im Ermessen der Behörden,
ob sie einen Entscheid widerrufen will.

2.3 Die PrVK und auch das Gesetz vom 23. Mai 1991 über die
Verwaltungsrechtspflege (VRG; SGF 150.1) enthalten weder Bestimmungen über den
Widerruf von Prüfungsentscheiden noch über solche von Diplomen noch über den
Widerruf in allgemeiner Weise. Es ist deshalb (vgl. BGE 127 II 306 E. 7a S. 313
f.) nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vorzugehen, wonach eine
materiell unrichtige Verfügung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist unter
bestimmten Voraussetzungen zurückgenommen werden kann. Danach stehen sich das
Interesse an der richtigen Durchführung des objektiven Rechts (E. 2.4) und
dasjenige am Vertrauensschutz gegenüber - dieses allerdings nur dann, wenn
seine Voraussetzungen überhaupt erfüllt sind (E. 2.5). Die beiden Interessen
sind anschliessend gegeneinander abzuwägen (E. 2.6). Eine Verfügung kann somit
grundsätzlich nicht widerrufen werden, wenn das Interesse am Vertrauensschutz
demjenigen an der richtigen Durchführung des objektiven Rechts vorgeht: Dies
trifft in der Regel dann zu, wenn durch die Verwaltungsverfügung ein
subjektives Recht begründet worden oder die Verfügung in einem Verfahren
ergangen ist, in dem die sich gegenüberstehenden Interessen allseitig zu prüfen
und gegeneinander abzuwägen waren, oder wenn der Private von einer ihm
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durch die Verfügung eingeräumten Befugnis bereits Gebrauch gemacht hat. Diese
Regel gilt allerdings nicht absolut; auch in diesen drei Fällen kann ein
Widerruf in Frage kommen, wenn er durch ein besonders gewichtiges öffentliches
Interesse geboten ist (BGE 127 II 307 E. 7a S. 313 f.; BGE 121 II 273 E. 1a/aa
S. 276; siehe etwa auch WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 168 ff.; MOOR, a.a.O., S. 326
ff., 332 ff.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., S. 220 ff.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/
MÜLLER, a.a.O., S. 287 ff.; PETER SALADIN, Wiedererwägung und Widerruf formell
rechtskräftiger Verfügungen, Die Rechtsprechung des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts im Vergleich zur Praxis des Bundesgerichts in Lausanne,
in: Sozialversicherungsrecht im Wandel, FS 75 Jahre Eidgenössisches
Versicherungsgericht, 1992, S. 113 ff.). In jedem Fall sind alle Aspekte des
Einzelfalls einzubeziehen.

2.4 Damit ein Schüler zur Abschlussprüfung für das Lehrdiplom nach Art. 36 lit.
a PrVK zugelassen wird, hat er verschiedene Voraussetzungen zu erfüllen: neben
dem Besuch des Unterrichts während 8 Semestern muss er die im Lehrplan
festgelegte Theorieprüfung (Art. 40 Abs. 2 lit. b PrVK) und die obligatorischen
Zusatzprüfungen (Art. 40 Abs. 2 lit. d PrVK) sowie die Ausscheidungsprüfung
(Art. 40 Abs. 2 lit. c PrVK), welche in einem etwa 30-45 minütigen Vortrag
besteht (Art. 39 PrVK), bestanden haben. Für das Lehrdiplom sind zudem
zusätzlich verschiedene Praktika zu absolvieren, und eine Diplomarbeit in
Pädagogik muss angenommen werden (Art. 47 PrVK). Den Abschluss der gesamten
vierjährigen Ausbildung bildet schliesslich die Abschlussprüfung, welche in
einem Vortrag von Werken aus allen Epochen und Stilen besteht und 30-45 Minuten
dauert (Art. 41 PrVK). Diese hat nach Art. 46 PrVK vor Publikum zu erfolgen.
Die Abschlussprüfung, welche der Beschwerdeführer bestanden hat, erfolgte unter
Ausschluss der Öffentlichkeit und widersprach somit den rechtlichen Vorgaben.
Die Verfügung vom 13. Oktober 2008 ist demnach ursprünglich fehlerhaft.
Nachfolgend ist nunmehr zu prüfen, inwiefern sich der Beschwerdeführer auf den
Vertrauensschutz berufen kann.

2.5

2.5.1 Der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben verleiht einer
Person Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens u.a. - wie im
vorliegenden Fall - in eine Verfügung (WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 181; HÄFELIN/
MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 632;
BGE 137 I 69 S. 73
TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 162). Vorausgesetzt ist indes weiter,
dass die Person, die sich auf den Vertrauensschutz beruft, berechtigterweise
auf diese Grundlage vertrauen durfte und gestützt darauf nachteilige
Dispositionen getroffen hat, die sie nicht mehr rückgängig machen kann (BGE 131
II 627 E. 6.1 S. 636 f.; BGE 129 I 161 E. 4.1 S. 170; je mit weiteren
Hinweisen; PIERRE MOOR, Droit administratif, Bd. I, 2. Aufl. 1994, S. 431 f.;
TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 161 ff.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, S. 140
ff.; PASCAL MAHON, in: Petit commentaire de la Constitution fédérale de la
Confédération suisse [...], 2003, N. 12 ad art. 9 Cst., S. 97 f.).

2.5.2 Die Vorinstanz und die EKSD werfen dem Beschwerdeführer fehlenden guten
Glauben vor. Er hätte zumindest aufgrund der ersten Prüfung, welche öffentlich
war, erkennen müssen, dass die Abschlussprüfung nur vor Publikum durchzuführen
gewesen sei. Der Beschwerdeführer weist demgegenüber darauf hin, dass die
Prüfungskommission ihm und nicht er dieser vorgeschlagen habe, dass er seine
Prüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit ablegen könne.
Die zu beachtende Sorgfaltspflicht hat sich hier nach den Kenntnissen und
Fähigkeiten eines Musikschülers und nicht eines Juristen zu richten (vgl. dazu
BGE 132 II 21 E. 6 S. 35 ff.; BGE 129 II 361 E. 7.2 i.f. S. 382; WEBER-DÜRLER,
a.a.O., S. 94 ff., 158). Ein Konsultieren der Verordnung kann deshalb nicht
verlangt werden. Schüler dürfen sich auf die Aussagen der Prüfungsexperten und
der -kommission grundsätzlich verlassen. Immerhin wäre naheliegend, aus der
nicht bestandenen Prüfung abzuleiten, die zu wiederholende Prüfung habe
ebenfalls vor Publikum zu erfolgen.
Allerdings wurden die Schüler verschiedentlich nicht verordnungskonform
geprüft: So ist der Direktor entgegen Art. 37 Abs. 1 und 2 PrVK seit Jahren
nicht mehr Mitglied und Präsident der Prüfungskommission. Zudem waren mehrere
Prüfungsverfahren anders abgelaufen als vorgeschrieben, und die
Prüfungskommission war oftmals nicht den Vorgaben der Verordnung gemäss
zusammengesetzt gewesen. Es musste daher für den Beschwerdeführer nicht
aussergewöhnlich erscheinen und im Rahmen des Zulässigen liegen, als die
Prüfungskommission ihm den Vorschlag unterbreitete, die Prüfung unter
Ausschluss der Öffentlichkeit zu wiederholen. Entgegen der Auffassung der
Vorinstanz ist auch das Verhalten der Prüfungskommission zu berücksichtigen
(vgl. BGE 132 II 21 E. 6.2 i.i. S. 36). Es wäre primär an ihr gewesen, die
Verordnung zu konsultieren (vgl.
BGE 137 I 69 S. 74
WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 110) und den Widerspruch zum vorgeschlagenen Vorgehen
zu erkennen (siehe dazu Urteil des Bundesgerichts vom 1. Juni 1983, in: ZBl
1984 S. 127 ff., 129 E. 4b., 130 E. 5a i.f.; dazu auch BEATRICE WEBER-DÜRLER,
Neuere Entwicklungen des Vertrauensschutzes, ZBl 2002 S. 281 ff., 297). Hätte
der Direktor entsprechend den rechtlichen Vorgaben in der Prüfungskommission
Einsitz genommen, hätte er überdies bereits vor dem Ablegen der Prüfung
korrigierend eingreifen können.

2.5.3 Der Beschwerdeführer hat sodann im Vertrauen auf die von der Behörde
gesetzte Vertrauensgrundlage Dispositionen getroffen. So hat er aufgrund seiner
Prüfungsbestätigung eine Stelle als Klavierlehrer erhalten. Weiter ist zu
berücksichtigen, dass er auf den gleichen Zeitpunkt eine öffentliche Prüfung
hätte verlangen können, wenn er von der ungültigen Vertrauensgrundlage gewusst
hätte. Im Rahmen seiner Ausbildung zum Lehrdiplom hat er öffentliche
Werkvorträge gehalten und auch erfolgreich bestanden. Es wird nicht behauptet,
dass er einem öffentlichen Vortrag ausweichen wollte, und es ist kein Grund
ersichtlich, weshalb er beim zweiten Versuch der Abschlussprüfung hätte
scheitern sollen. Indem er aufgrund des Vorschlags der Prüfungskommission sich
auf die Prüfung vorbereitete, diese absolvierte und nicht statt dessen auf
einem öffentlichen Vortrag bestand, hat er nicht rückgängig zu machende
Dispositionen getroffen.

2.6 Im Folgenden sind nunmehr das Interesse an der richtigen Durchführung des
objektiven Rechts (Legalitätsprinzip) und dasjenige an der Wahrung der
Rechtssicherheit (Vertrauensschutz) zunächst zu gewichten (E. 2.6.1 und 2.6.2)
und alsdann gegeneinander abzuwägen (E. 2.6.3).

2.6.1 Die Abschlussprüfung ist nicht vor Publikum erfolgt und steht somit im
Widerspruch zu den rechtlichen Vorgaben. Um das Gewicht des Interesses an der
richtigen Durchführung des objektiven Rechts zu bestimmen, ist indes die
Prüfung in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Wie ausgeführt (oben E. 2.4) bildet
die Abschlussprüfung lediglich den Abschluss der gesamten vierjährigen
Ausbildung; für das Lehrdiplom (Studiengang I; Art. 36 lit. a PrVK) werden
neben den Voraussetzungen, welche alle Studiengänge betreffen (Art. 39 und 40
PrVK), vor allem der Abschluss verschiedener Praktika und die Annahme einer
Pädagogikdiplomarbeit verlangt. Die Abschlussprüfung muss zwar nach Art. 46
PrVK vor Publikum
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erfolgen, was auch für das Lehrdiplom gilt; doch kommt dem öffentlichen Vortrag
nicht bei allen Studiengängen das gleiche Gewicht zu, da das dahinter stehende
Interesse unterschiedlich ist: Dass für das Konzertdiplom und für das
Solistendiplom (Studiengang II; Art. 36 lit. b PrVK) sowie für das höhere
Studienzertifikat für Chorleitung oder für das höhere Studienzertifikat für
Blasorchester (Studiengang IV; Art. 36 lit. d PrVK) der Vortrag vor Publikum
wesentlich ist, ist offensichtlich. Die diesen Prüfungen zugrundeliegenden
Tätigkeiten werden grundsätzlich nur vor Publikum ausgeübt. Für das Lehrdiplom
trifft dies nicht zu, worauf der Beschwerdeführer zu Recht hinweist. Die
Fähigkeiten, über welche ein Klavierlehrer verfügen muss, bestehen vor allem
darin, das technische Können sowie das Verstehen der Musikstücke zu vermitteln
- mithin pädagogische Fähigkeiten, die nach Art. 47 PrVK als besondere
Voraussetzung für das Lehrdiplom verlangt werden. Das Vortragen von Werken vor
Publikum ist demgegenüber weniger bedeutsam. Der Verordnungsgeber ist sich
dieser Abstufung bewusst gewesen, weshalb er für das (allerdings weniger
gewichtige) Lehrdiplom für Musik- und Gesangsunterricht an Orientierungsschulen
und Mittelschulen (Studiengang III; Art. 36 lit. c PrVK) auf eine öffentlich
durchgeführte Abschlussprüfung verzichtete (Art. 46 PrVK).

2.6.2 Bei der Gewichtung des Vertrauensinteresses ist grundsätzlich von der
erfolgten Vertrauensbetätigung auszugehen (vgl. oben E. 2.5.3), im vorliegenden
Fall also von der Unterlassung, im Jahre 2008 eine Prüfung vor Publikum zu
verlangen. Das Gewicht wird dabei vor allem durch den Nachteil bestimmt, der
dem Beschwerdeführer im Falle des Vertrauensbruchs droht (WEBER-DÜRLER, a.a.O.,
S. 120). In einem solchen Fall hätte er die Prüfung oder mehrere Prüfungen mit
allen dadurch verbundenen Unannehmlichkeiten nachzuholen, allenfalls sich
wieder für einen Studiengang, welcher nach der Rechtsänderung nicht mehr in
Freiburg möglich ist (vgl. dazu den geänderten Art. 1 und die aufgehobenen Art.
36-51 PrVK in der Fassung ab 1. September 2009), einzuschreiben sowie
finanzielle Verluste durch den Studiengang und dem Ausbleiben eines Verdienstes
hinzunehmen. Allenfalls müsste der Beschwerdeführer sogar auf eine Fortsetzung
und einen Abschluss des Studiengangs verzichten, weshalb die vierjährige
Ausbildung viel von ihrem Nutzen verlöre.

2.6.3 Das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer rechtmässigen Prüfung
vor Publikum ist entsprechend den Ausführungen ge ring, während das
Vertrauensinteresse relativ gewichtig ist. Mit einer Prüfung unter Ausschluss
der Öffentlichkeit wird die ratio legis für das Lehrdiplom nach Art. 36 lit. a
PrVK nicht stark tangiert, sind doch dafür vor allem die pädagogischen
Fähigkeiten ausschlaggebend. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die
Prüfungskommission selbst den Beschwerdeführer veranlasst hat, die Prüfung
unter Ausschluss der Öffentlichkeit abzuhalten, womit sie auch für eine
gesteigerte Vertrauenslage verantwortlich ist. Angesichts dieses Umstandes ist
das Interesse an der Rechtssicherheit der Verfügung vom 13. Oktober 2008
aufgrund der Vertrauensgrundlage, des guten Glaubens und der
Vertrauensbetätigung höher zu gewichten als die Einhaltung des objektiven
Rechts. Insofern ist der Staat an die von ihm geschaffene Vertrauensgrundlage
gebunden; die ursprüngliche Verfügung ist rechtens und darf nicht widerrufen
werden.