Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 137 IV 312



Urteilskopf

137 IV 312

45. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und Y. (Beschwerde in Strafsachen)
6B_1090/2010 vom 14. Juli 2011

Regeste

Art. 89 Abs. 6 StGB; Bildung einer Gesamtstrafe.
Eine Gesamtstrafe nach Art. 89 Abs. 6 StGB kann nur ausgefällt werden, wenn
sowohl bei der neuen Strafe als auch bei der Reststrafe die Voraussetzungen des
unbedingten Vollzugs gegeben sind. Da beide Strafen zusammen vollzogen werden,
ist auf ihre Gesamtdauer abzustellen. Beträgt die Gesamtstrafe mindestens sechs
Monate, findet Art. 41 StGB, der eine gesetzliche Prioritätsordnung zugunsten
nicht freiheitsentziehender Sanktionen vorsieht, keine Anwendung (E. 2.3 und
2.4).

Erwägungen ab Seite 312

BGE 137 IV 312 S. 312
Aus den Erwägungen:

2.

2.3 Gemäss Art. 89 Abs. 6 StGB bildet das Gericht in Anwendung von Artikel 49
eine Gesamtstrafe, wenn auf Grund der neuen Straftat die Voraussetzungen für
eine unbedingte Freiheitsstrafe erfüllt sind und diese mit der durch den
Widerruf vollziehbar gewordenen
BGE 137 IV 312 S. 313
Reststrafe zusammentrifft. Zu prüfen ist, ob die Vorinstanz vorliegend zu Recht
eine Gesamtstrafe gebildet hat.

2.4 Die Vorbringen des Beschwerdeführers, in denen er die Ausfällung einer
Geldstrafe oder von gemeinnütziger Arbeit verlangt, gehen fehl. Mit Art. 41
StGB hat der Gesetzgeber zwar für Strafen unter sechs Monaten eine gesetzliche
Prioritätsordnung zugunsten nicht freiheitsentziehender Sanktionen eingeführt.
Dahinter steckt das zentrale Anliegen des reformierten Sanktionenrechts, die
sozial desintegrierenden kurzen Freiheitsstrafen zurückzudrängen (BGE 134 IV 97
E. 4.2.2 mit weiteren Hinweisen). Eine Gesamtstrafe nach Art. 89 Abs. 6 StGB
kann nur ausgefällt werden, wenn im konkreten Fall sowohl bei der neuen Strafe
als auch bei der Reststrafe die Voraussetzungen des unbedingten Vollzugs
gegeben sind. Da diese zusammen vollzogen werden, ist auf die Gesamtlänge der
Strafe abzustellen, die der Täter zu verbüssen hat. Eine Strafe ab sechs
Monaten fällt nicht mehr in den Anwendungsbereich von Art. 41 StGB. Dies gilt
auch, wenn es sich um eine Gesamtstrafe handelt. Führen die Reststrafe und die
neue Strafe zu einer Gesamtstrafe von sechs Monaten oder mehr, steht daher Art.
41 StGB nicht mehr zur Diskussion.