Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 137 IV 167



Urteilskopf

137 IV 167

23. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Beschwerde in Strafsachen)
6B_1043/2010 vom 28. Juni 2011

Regeste

Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB; Art. 635a OR; Fälschung einer
Prüfungsbestätigung.
Die Herstellung einer falschen Prüfungsbestätigung in einer elektronischen
Datenverarbeitungsanlage als Collage unter Einscannen der Unterschrift einer
Drittperson von einem anderen Dokument und die Weiterleitung der Datei zuhanden
des Handelsregisteramtes erfüllen den Tatbestand der Urkundenfälschung im
eigentlichen Sinne (E. 2.4).

Sachverhalt ab Seite 167

BGE 137 IV 167 S. 167

A. X. wird vorgeworfen, er habe am 28. Februar 2008 in den Büroräumlichkeiten
seiner A. AG auf dem Briefpapier der B. AG zu Händen der in Gründung
befindlichen C. GmbH in Flawil eine Bestätigung der Prüfung des
Gründungsberichts im Sinne von Art. 635a OR verfasst und auf dieses Schreiben
die Originalunterschrift von D. eingescannt. Die auf diese Weise erstellte
Urkunde habe er in der Folge in Form eines Farb-Scans der mit der Gründung der
C. GmbH betrauten E. Consulting, Frauenfeld, zu Händen des Handelsregisteramtes
St. Gallen übergeben. Er habe die Prüfungsbestätigung im
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Namen der B. AG bzw. von D. verfasst, weil er selbst nicht über die
erforderliche Zulassung als Revisor gemäss Revisionsaufsichtsgesetz (vgl. Art.
3 ff. RAG [SR 221.302]) verfügt habe.

B. Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Hinwil erklärte X. mit Urteil
vom 17. März 2010 der Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 1
und 2 StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen
zu je Fr. 160.- sowie zu einer Busse von Fr. 1'280.-, als Zusatzstrafe zu der
mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 4. März 2009
ausgefällten Strafe. Den Vollzug der Geldstrafe schob er unter Auferlegung
einer Probezeit von 3 Jahren bedingt auf. Die Ersatzfreiheitsstrafe für den
Fall der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse setzte er auf 8 Tage fest. Das
Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 24. September 2010 das
erstinstanzliche Urteil im Straf- und Schuldpunkt. Es sprach die Strafe
überdies als Zusatzstrafe zu den mit Urteil des Militärgerichts 4 vom 9. Mai
2008 und mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 12. Mai 2010
ausgefällten Strafen aus.

C. X. führt Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht, mit der er beantragt,
das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Beschwerdegegnerin sei zu
verpflichten, ihm für die vorinstanzlichen Verfahren eine Entschädigung von Fr.
5'917.20 zu bezahlen.

D. Die Oberstaatsanwaltschaft und das Obergericht des Kantons Zürich haben auf
Vernehmlassung verzichtet.

E. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2.3

2.3.1 Gemäss Art. 110 Abs. 4 StGB sind Urkunden u.a. Schriften, die bestimmt
und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die
Aufzeichnungen auf Bild- oder Datenträgern stehen der Schrifturkunde gleich,
sofern sie demselben Zweck dienen.
Nach Art. 251 Ziff. 1 StGB macht sich der Urkundenfälschung schuldig, wer in
der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich
oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine Urkunde
fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen
eines
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andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt oder eine rechtlich
erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt. Die Tatbestände
des Urkundenstrafrechts schützen das Vertrauen, welches im Rechtsverkehr einer
Urkunde als einem Beweismittel entgegengebracht wird (BGE 129 IV 130 E. 2.2;
BGE 125 IV 17 E. 2/aa; BGE 123 IV 61 E. 5a).
Fälschen ist das Herstellen einer unechten Urkunde. Eine Urkunde ist unecht,
wenn deren wirklicher Urheber nicht mit dem aus ihr ersichtlichen Aussteller
übereinstimmt bzw. wenn sie den Anschein erweckt, sie rühre von einem anderen
als ihrem tatsächlichen Urheber her. Wirklicher Aussteller einer Urkunde ist
derjenige, dem sie im Rechtsverkehr als von ihm autorisierte Erklärung
zugerechnet wird. Dies ist gemäss der insoweit vorherrschenden sogenannten
"Geistigkeitstheorie" derjenige, auf dessen Willen die Urkunde nach Existenz
und Inhalt zurückgeht (BGE 132 IV 57 E. 5.1.1; BGE 128 IV 265 E. 1.1.1).

2.3.2 Gemäss Art. 635 OR geben die Gründer einer Aktiengesellschaft in einem
schriftlichen Bericht Rechenschaft ab über die Art und den Zustand von
Sacheinlagen oder Sachübernahmen und die Angemessenheit der Bewertung (Ziff.
1), den Bestand und die Verrechenbarkeit der Schuld (Ziff. 2) und die
Begründung und die Angemessenheit besonderer Vorteile zugunsten von Gründern
oder anderen Personen (Ziff. 3). Nach Art. 635a OR wird der Gründungsbericht
von einem zugelassenen Revisor geprüft. Dieser bestätigt schriftlich, dass
jener vollständig und richtig ist. Die Prüfung des schriftlichen Berichts durch
einen zugelassenen Revisor bezweckt die Reduktion des Risikos betrügerischer
Handlungen bei Sacheinlagen, Sachübernahmen und der Einräumung besonderer
Vorteile (vgl. auch Art. 43 Abs. 3 lit. d der Handelsregisterverordnung vom 17.
Oktober 2007 [HRegV; SR 221.411]; ferner FRANZ SCHENKER, in: Basler Kommentar,
Obligationenrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2008, N. 1 zu Art. 635a OR).

2.4 Das angefochtene Urteil verletzt kein Bundesrecht. Nach den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz stellte der Beschwerdeführer die falsche
Prüfungsbestätigung als Datei in einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage
als Collage mit dem Briefkopf der B. AG und der von einem anderen Dokument
eingelesenen Unterschrift von D. her. Der Beschwerdeführer verwendete mithin
die echte Unterschrift von D., um mit den Mitteln des Computers und Scanners
und hernach des Druckers eine Urkunde zu erstellen, die
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den täuschenden Eindruck erwecken sollte, D. habe die Prüfungsbestätigung
selber verfasst und unterzeichnet. Es ging mithin offensichtlich darum, eine
echte Urkunde mit einer originalen Unterschrift vorzutäuschen. Ein solches
Schriftstück, das mit Computer und Drucker unter Verwendung eines selbst
verfassten Textes sowie einer daruntergesetzten, eingescannten fremden
Unterschrift produziert wird, gilt als scheinbare Originalerklärung (FRANK
ZIESCHANG, in: Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2009, N. 118 zu
§ 267 StGB/D; THOMAS FISCHER, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 58. Aufl. 2011,
N. 22 zu § 267 StGB/D; ferner BERND HEINRICH, Missbrauch gescannter
Unterschriften als Urkundenfälschung, Computer und Recht [CR] 1997 S. 625 f.).
Die Frage, ob einer Fotokopie Urkundeneigenschaft zukommt, kann sich nur
stellen, wo das Dokument erkennbar als solche in den Rechtsverkehr gebracht
wird (vgl. MARKUS BOOG, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 2. Aufl. 2007,
N. 47 ff. zu Art. 110 Abs. 4 StGB). Dies entscheidet sich letztlich nach dem
Willen des Herstellers (ZIESCHANG, a.a.O., N. 116 zu § 267 StGB/D). Dass die
fragliche Prüfungsbestätigung nur als Kopie verwendet werden sollte, wie der
Beschwerdeführer vorbringt, ist nicht erkennbar. Jedenfalls ist sie nicht
explizit als solche beim Handelsregisteramt eingereicht worden. Es ist auch
nicht ersichtlich, aus welchem Grund der Beschwerdeführer die Bestätigung
lediglich als Kopie hätte verwenden sollen. Aus dem Sachverhalt ergibt sich in
klarer Weise, dass es ihm und den weiteren Beteiligten darum ging, beim
Handelsregisteramt die Gründungsunterlagen und die von einem zugelassenen
Revisor erstellte Prüfungsbestätigung zur Anmeldung der Gesellschaft im
Handelsregister einzureichen. Für die Verwendung als Kopie oder als Entwurf
hätte es ohne weiteres ausgereicht, ein Dokument ohne Unterschrift
einzureichen. Die kantonalen Instanzen nehmen daher zu Recht an, das Dokument
sei zur Verwendung als falsche originäre Erklärungsverkörperung bzw. als
scheinbares Original hergestellt worden. Ob die Kopie im Rechtsverkehr als
Urkunde anerkannt ist (BGE 114 IV 26 E. 2c; BGE 115 IV 51 E. 6), ist im
vorliegenden Kontext ohne Bedeutung. Im Übrigen setzt die Anfertigung einer
Kopie voraus, dass ein Original besteht. Dies ist hier nicht der Fall, denn das
Dokument wurde mittels Computer und Scanner als Collage hergestellt, so dass
ein Original der Erklärung gar nicht existierte. Zudem ist der Ausdruck einer
elektronisch übermittelten Erklärung stets ein Original. Eine Unterscheidung
zwischen der
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ursprünglichen Erklärung und einer nachträglich vom Aussteller oder einem
Dritten hergestellten Kopie oder Datenspeicherung ist nicht möglich (INGEBORG
PUPPE, in: Strafgesetzbuch, Bd. II, Nomos Kommentar, 3. Aufl., Baden-Baden
2010, N. 22 zu § 267 StGB/D, vgl. auch N. 82).
Zu keinem anderen Ergebnis führt, dass der Beschwerdeführer das Dokument als
PDF-Datei und nicht als ausgedrucktes Schriftstück an die G. AG weitergeleitet
hatte. Seine Tathandlung lässt sich nicht auf die blosse technische Herstellung
und Weiterleitung der Datei auf elektronischem Weg an die G. AG begrenzen,
sondern umfasst auch das Ausdrucken und Einreichen beim Handelsregisteramt.
Dass dieser Akt von einer anderen Person ausgeführt worden ist, ändert nichts.
Dabei kann offenbleiben, ob und in welchem Umfang sich allenfalls weitere
Personen strafbar gemacht haben. Die Argumentation des Beschwerdeführers,
wonach er nur eine Kopie versendet habe, welche vom Handelsregisteramt nicht
akzeptiert worden sei, verfängt daher nicht. Im Übrigen ist die
Urkundenfälschung vollendet, sobald der Täter die unechte Urkunde hergestellt
bzw. die falschen Daten gespeichert hat, auch wenn von der Urkunde noch kein
Gebrauch gemacht wurde (Urteil des Bundesgerichts 6S.296/2004 vom 10. Januar
2005 E. 1.2).
Unbeachtlich ist im Weiteren, dass die Sachbearbeiterin des
Handelsregisteramtes erkannt hat, dass es sich beim eingereichten Dokument
lediglich um eine Kopie handelte. Denn auf die technische Qualität der
Fälschung kommt es nicht an. Wie die kantonalen Instanzen zu Recht erkannt
haben, wird der Tatbestand der Urkundenfälschung auch durch eine plumpe, leicht
erkennbare Fälschung erfüllt (STRATENWERTH/BOMMER, Schweizerisches Strafrecht,
Besonderer Teil, Bd. II: Straftaten gegen Gemininteressen, 6. Aufl. 2008, § 35
Rz. 14).
Schliesslich bejaht die Vorinstanz zu Recht das Handeln in Schädigungs- oder
Vorteilsabsicht. Ob durch die informelle Vorprüfung niemand am Vermögen
geschädigt werden kann, ist nicht von Belang. Aus den Akten ergibt sich, dass
dem Handelsregisteramt die Gründungsunterlagen zur Anmeldung der C. GmbH ins
Handelsregister und nicht zur blossen Vorprüfung eingereicht wurden. Aus dem
Umstand, dass die Sachbearbeiterin bereits bei der Vorprüfung der Unterlagen
gemäss Art. 940 OR bemerkt hatte, dass die Prüfungsbestätigung nicht im
Original vorlag, kann der
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Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten ableiten. Im Rahmen der
Vorteilsabsicht ist entscheidend, dass der Beschwerdeführer bzw. die in
Gründung befindliche C. GmbH durch die gefälschte Prüfungsbestätigung
einerseits Kosten sparte und einen Zeitgewinn erzielte. Die dadurch erreichte
Besserstellung genügt für die Bejahung des Handelns in der Absicht, sich oder
einem anderen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen (vgl. BGE 126 IV 265
E. 2).
Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet.