Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 137 II 266



Urteilskopf

137 II 266

22. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Gemeinde
Riniken und Mitb. gegen Axpo AG und Bundesamt für Energie (Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
1C_398/2010 vom 5. April 2011

Regeste

Plangenehmigung für eine Starkstromleitung (Art. 16 EleG): Freileitung oder
Verkabelung eines Teilstücks?
Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil sich das Bundesverwaltungsgericht nicht
genügend mit einem von den Beschwerdeführern eingereichten Gutachten zu neuen
technischen Möglichkeiten der Verkabelung auseinandergesetzt hat (E. 3 und 4).
Eingriffe in das Landschaftsbild setzen nach Art. 3 NHG eine umfassende
Interessenabwägung voraus; dies gilt auch für Landschaften von mittlerer bzw.
lokaler Bedeutung (E. 4.1 und 4.2).
Grundsatz der sparsamen und rationellen Energieverwendung (Art. 89 Abs. 1 BV;
Art. 3 EnG); dazu gehört ein effizienter Energietransport mit möglichst
geringen Verlusten (E. 4.3).
Ergänzung des Sachverhalts, u.a. bezüglich Trassenauslegung (E. 6.1),
Ausfallrisiko und Reparaturdauer (E. 6.3), Bodenerwärmung und -austrocknung (E.
6.4) und Investitionskosten (E. 6.5).
Gesamtkostenvergleich: Die erheblich höheren Stromverlustkosten der Freileitung
gleichen die höheren Investitionskosten der Kabelanlage weitgehend aus (E.
6.7).
Die Interessenabwägung fällt vorliegend zugunsten der Teilverkabelung der
Hochspannungsleitung aus (E. 7).

Sachverhalt ab Seite 267

BGE 137 II 266 S. 267

A. Die Axpo AG (bis 1. Oktober 2009: Nordostschweizerische Kraftwerke AG [NOK])
beabsichtigt, die bestehende doppelsträngige 220-kV-Freileitung Beznau-Birr
durch eine 380/220-kV-Freileitung mit teilweise geänderter Linienführung zu
ersetzen. Die Leitung Beznau-Birr ist Teil der 380/220-kV-Leitung
Beznau-Obfelden-Mettlen, die als Projekt Nr. 2 im strategischen 220/
380-kV-Übertragungsleitungsnetz 50 Hz der Schweiz enthalten ist, das vom
Bundesrat am 6. März 2009 genehmigt wurde.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2003 verlangte das Bundesamt für Energie (BFE)
eine Variantenstudie für eine Teilverkabelung in den Räumen Riniken, Umiken und
Unterbözberg. Im Mai 2004 erstellte die NOK eine Studie zur Teilverkabelung
Riniken. Diese kam zum Ergebnis, dass die Verkabelung einer Strecke von ca. 1
km rund 12 bis 15 Mal teurer wäre als eine Freileitung; zudem weise die
BGE 137 II 266 S. 268
Verkabelung technische, betriebliche und auch umweltmässige Nachteile gegenüber
einer reinen Freileitung auf.
Mit Verfügung vom 31. Oktober 2006 erteilte das BFE die Teil-Plangenehmigung
für eine 380/220-kV-Freileitung Beznau-Birr, Teilstrecke Rüfenach (Mast Nr. 20)
bis Habsburg (Mast Nr. 37) und wies die dagegen gerichteten Einsprachen ab.

B. Dagegen gelangten die Gemeinde Riniken und Mitbeteiligte an die
Eidgenössische Rekurskommission für Infrastruktur und Umwelt (REKO/INUM). Sie
rügten u.a. die Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil die Vorinstanz trotz
des rasanten technischen Fortschritts im Bereich der Verkabelung von
Hochspannungsleitungen keine neutrale Expertise eingeholt habe. In der Sache
verlangten sie die Verkabelung der Hochspannungsleitung im Gebiet Gäbihübel
(Mast Nr. 28).
Per 1. Januar 2007 übernahm das Bundesverwaltungsgericht die bei der REKO/INUM
hängigen Verfahren. Am 2. Juli 2008 wies es die Beschwerde ab.

C. Auf Beschwerde der Gemeinde Riniken und Mitbeteiligten hob das Bundesgericht
am 29. Januar 2009 den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts wegen Verletzung
des Rechts auf eine öffentliche Verhandlung auf. Die Angelegenheit wurde an das
Bundesverwaltungsgericht zur Durchführung einer öffentlichen Verhandlung und zu
neuer Beurteilung zurückgewiesen (1C_386/2008).

D. Im neuen Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht reichten die Gemeinde
Riniken und Mitbeteiligte ein Gutachten von Prof. Heinrich Brakelmann,
Professor für Energietransport und Energiespeicherung an der Universität
Duisburg-Essen, zur Teilverkabelung Riniken vom Juli 2009 ein (im Folgenden:
Gutachten Brakelmann I). Dieses kommt zum Ergebnis, dass die
Verkabelungstechnik seit der Studie der NOK von 2004 erhebliche Fortschritte
gemacht habe. Bei Berücksichtigung des Stands der Technik sei von bedeutend
geringeren Investitionskosten auszugehen. Zudem seien bei einer
Gesamtkostenrechnung die geringeren Energieverluste der Kabelleitung
einzubeziehen.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 13. August 2009 eine öffentliche
Verhandlung durch.
Im Oktober und November 2009 nahmen die Axpo AG und das Eidgenössische
Starkstrominspektorat (EStI) kritisch zum
BGE 137 II 266 S. 269
Gutachten Brakelmann I Stellung. Die Axpo AG reichte u.a. eine Stellungnahme
der Professoren K. Fröhlich und H. Glavitsch ein.
Die Beschwerdeführer erwiderten am 15. Februar 2010 und reichten ein
Zusatzgutachten von Prof. Brakelmann vom Januar 2010 zu den Akten (im
Folgenden: Gutachten Brakelmann II).
Mit Urteil vom 1. Juli 2010 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden
ab.

E. Dagegen haben die Gemeinde Riniken und Mitbeteiligte am 10. September 2010
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben.
Sie beantragen u.a. die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und der
Teil-Plangenehmigung des BFE vom 31. Oktober 2006.

F. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Sache an das BFE
zurück mit der Vorgabe, dass die Axpo AG ein konkretes Projekt für die
Teilverkabelung Riniken auszuarbeiten hat.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. Zunächst sind die Rügen der Verletzung des rechtlichen Gehörs und die damit
zusammenhängenden Sachverhaltsrügen der Beschwerdeführer zu prüfen.

3.1 Das Bundesverwaltungsgericht wies den Antrag der Beschwerdeführer auf
Einholung eines neutralen Gutachtens ab. Es ging davon aus, dass es
grundsätzlich genüge, bei der Prüfung naturwissenschaftlicher und technischer
Fragen auf die Berichte und Stellungnahmen der vom Gesetzgeber beigegebenen
sachkundigen Instanzen abzustellen (EStI, BFE, BAFU). Das
Bundesverwaltungsgericht erachtete das vom Bundesgericht im Verfahren BGE 124
II 219 eingeholte Gutachten aus dem Jahr 1997 weiterhin für massgeblich;
seither sei keine wesentliche Änderung der Sachlage eingetreten, die eine neue
Expertise bedingen würde. Hierfür verwies das Bundesverwaltungsgericht auf die
Studie der Beschwerdegegnerin zur Teilverkabelung Riniken vom Mai 2004 und
verschiedene weitere Studien und Berichte aus den Jahren 2005 bis 2007.
An diesem Ergebnis - so das Bundesverwaltungsgericht - änderten auch die von
den Beschwerdeführern eingereichten Gutachten Brakelmann I und II nichts. Das
Bundesverwaltungsgericht
BGE 137 II 266 S. 270
qualifizierte diese als Parteibehauptungen und verwies auf die Stellungnahme
des EStI, das sich als Fachbehörde des Bundes mit den Ausführungen von Prof.
Brakelmann auseinandergesetzt habe. Wie die Beschwerdegegnerin und die
Vorinstanz zu Recht ausführten, beruhe das Gutachten Brakelmann teilweise auf
Technologien, die am Markt nicht oder nur beschränkt erhältlich sowie in der
Praxis nicht erprobt und deshalb mit erheblichen Unsicherheiten behaftet seien.
So sei fraglich, ob die vom Gutachter vorgeschlagenen Technologien marktreif
seien. Die tieferen im Gutachten Brakelmann angegebenen Gesamtkostenfaktoren
basierten zudem auf dem günstigsten von mehreren vom Gutachter verwendeten
Szenarien mit einer Kumulation von für die Kabelvariante günstigen Annahmen.
Sie könnten daher nicht als aussagekräftiger Vergleichswert herangezogen
werden.

3.2 Der durch Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistete und in den Art. 29 ff. VwVG (SR
172.021) für das Verwaltungsverfahren des Bundes konkretisierte Grundsatz des
rechtlichen Gehörs garantiert den betroffenen Personen ein
persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht im Verfahren. Sie sollen sich vor
Erlass des Entscheids zur Sache äussern, erhebliche Beweise beibringen, an der
Erhebung von Beweisen mitwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis äussern
können. Die Behörde ist grundsätzlich verpflichtet, die ihr angebotenen
Beweismittel abzunehmen, wenn sie zur Abklärung des Sachverhalts tauglich
erscheinen (Art. 33 Abs. 1 VwVG). Sie muss die Vorbringen der Parteien
tatsächlich hören, prüfen und in der Entscheidfindung berücksichtigen (Art. 32
VwVG). Die Begründung muss deshalb zumindest kurz die wesentlichen Überlegungen
nennen, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die es seinen
Entscheid stützt. Dagegen wird nicht verlangt, dass sich die Begründung mit
allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne
Vorbringen ausdrücklich widerlegt (vgl. BGE 136 I 229 E. 5.2 S. 236, BGE 136 I
184 E. 2.2.1 S. 188; je mit Hinweis).
Für das gesamte Verwaltungs- und Beschwerdeverfahren gilt der Grundsatz der
freien Beweiswürdigung (Art. 19 VwVG in Verbindung mit Art. 40 BZP [SR 273]).
Danach haben die Bundesbehörden und -gerichte die Beweise frei, ohne Bindung an
förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Für das
Beschwerdeverfahren bedeutet dies, dass der Richter alle Beweismittel,
unabhängig davon, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen hat (BGE 125 V 351 E.
3a S. 352). Expertisen, die von einer Partei eingeholt und in das Verfahren als
Beweismittel eingebracht
BGE 137 II 266 S. 271
werden (Partei- oder Privatgutachten), darf der Beweiswert nicht schon deshalb
abgesprochen werden, weil sie von einer Partei stammen (BGE 125 V 351 E. 3b/dd
S. 353; WALDMANN/WEISSENBERGER, VwVG, Praxiskommentar [...], 2009, N. 15 zu
Art. 19 VwVG).

3.3 Im vorliegenden Fall hatten die Beschwerdeführer vor
Bundesverwaltungsgericht zwei umfangreiche Gutachten zu den Akten gereicht.

3.3.1 Im ersten Gutachten vom Juli 2009 begutachtete Prof. Brakelmann die
NOK-Studie aus dem Jahr 2004 zur Teilverkabelung Riniken. Er kam zum Ergebnis,
dass die Übertragungsaufgabe von 1920 A je System nicht vier, sondern nur zwei
Kabelsysteme erfordere. Das Gutachten zeigt neue Möglichkeiten der
Kabeltechnologie auf, die im NOK-Gutachten noch nicht berücksichtigt worden
waren: den Einsatz von Leiterquerschnitten bis zu 3'200 mm^2, Lieferlängen von
1'000 m und mehr, einen neuen hochwärmeleitfähigen Spezialbeton zur thermischen
Stabilisierung des Kabelgrabens sowie neue und kostengünstige
Tunneltechnologien. Mit diesen heute verfügbaren Möglichkeiten seien für die
Verkabelung einer Strecke von 950 m keine Verbindungsmuffen und keine
Muffenbauwerke erforderlich; zudem würden die Übergangsbauwerke einen spürbar
kleineren Flächenbedarf aufweisen als bisher angenommen.
Im Gutachten wird dargelegt, dass das zeitabhängige Überlastverhalten von
Kabeln nicht schlechter, sondern erheblich günstiger sei als das von
Freileitungen, und die Ausfallraten der Kabel in der NOK- Studie um einen
Faktor von 5 bis 10 zu hoch angesetzt worden seien. Die Angaben der NOK zur
Bodenerwärmung durch Kabel seien überzogen. Auch die Zugänglichkeit und die
Freihaltung der gesamten Kabelstrecke während des Betriebs seien nicht
erforderlich; vielmehr sei eine uneingeschränkte landwirtschaftliche Nutzung
direkt über der Kabeltrasse möglich.
Das Gutachten geht, aufgrund der geänderten technischen Ansätze, von wesentlich
verringerten Kosten der Teilverkabelung aus. Vergleiche man lediglich die
Investitionskosten, so sei die Verkabelung rund 8 Mal (und nicht 12 bis 15 Mal)
teurer als die Freileitung. Ein sinnvoller Wirtschaftlichkeitsvergleich sei
jedoch nur über eine Gesamtkostenbetrachtung möglich. Hierbei sei von
Bedeutung, dass die Stromverluste einer Freileitung 3 bis 4 Mal höher seien als
bei Kabelanlagen. Dies ergebe schon bei der vorliegenden kurzen
Übertragungsstrecke über eine Betriebsdauer von 80 Jahren
BGE 137 II 266 S. 272
Verlust-Mehrkosten der Freileitung von 2,8 bis 3,2 Mio. Fr. Unter
Berücksichtigung dieser Kosten ergebe sich ein Gesamtkostenfaktor von nur 1,7
bis 1,8. Dieser Faktor reduziere sich auf rund 5 (für die Investitionskosten)
bzw. 1,6 (für die Gesamtkosten), wenn für die Kosten der Freileitung nicht auf
die überholte NOK-Schätzung (Fr. 950'000.-) abgestellt, sondern gemäss einer
neueren Studie 1,5 Mio. Fr. zugrunde gelegt würden.
Der Gutachter empfahl abschliessend die Nutzung neuartiger Tunneltechnologien,
die nicht nur kostenmässig günstiger seien als die direkte Erdverlegung,
sondern auch vielfältige betriebliche Vorteile aufwiesen (Zugänglichkeit,
mechanischer Schutz der Kabel, Herabsetzung der Fehlerraten). Bei einer
Waldquerung erlaube der Tunnel ein Minimum an Schneisenbreite.

3.3.2 Das zweite Gutachten von Prof. Brakelmann vom Januar 2010 setzt sich mit
den Einwänden gegen das erste Gutachten auseinander und trägt diesen teilweise
Rechnung. So verzichtet das Gutachten Brakelmann II auf die
Optimierungsmöglichkeiten durch den Einsatz von Kabeln mit einem
Leiterquerschnitt von 3'200 mm^2 und von hochwärmeleitfähigem Spezialbeton
(weil diese nur von wenigen bzw. nur von einem Unternehmen geliefert werden
können) und schlägt Lösungen mit Leiterquerschnitten von 2'500 mm^2 und unter
Einsatz von normalem Magerbeton vor. Dagegen wird an der Verwendung eines
einzigen Kabels (ohne Verbindungsmuffen) festgehalten: Nachfragen bei den
Kabelherstellern hätten ergeben, dass nicht nur einer, sondern vier von fünf
Kabelherstellern an mehreren Standorten in der Lage seien, Kabellängen von mehr
als 1'000 m zu liefern.
Zur Tunnellösung wird das Angebot eines deutschen Unternehmens vorgelegt, das
bereit sei, unter den gegebenen Randbedingungen des Transports und der
Trassenbeschaffenheit auf der Basis der Schweizer Gesetze einen begehbaren
Infrastrukturkanal zu errichten; dieses Angebot bestätige die Kostenansätze des
ersten Gutachtens. Dasselbe Bauunternehmen biete auch die Erstellung eines
Kabelgrabens als Rohrblock (direkte Erdverlegung) an. Auch zu den Kabelkosten
holte der Gutachter ein Angebot ein. Dieses weise aus, dass die Kabelpreise
unter Druck geraten seien, sodass die Kabelkosten trotz stark angestiegener
Metallpreise geringer seien als im ersten Gutachten angenommen. Der Gutachter
überprüfte ebenfalls die konkreten Transportbedingungen zur Baustelle und kam
zum Ergebnis, dass diese optimal seien.
BGE 137 II 266 S. 273
Das Gutachten Brakelmann II übernimmt den Vorschlag der Professoren Fröhlich
und Glavitsch, eine vollständige zusätzliche Kabellänge zu verlegen, die bei
Ausfall einer Kabelader innert eines Tages in Betrieb genommen werden könne,
sodass hierdurch (n-1)-Sicherheit gewährleistet werde. Da zusätzlich durch die
Auslegung des 220-kV-Systems auf 380 kV die Möglichkeit der Umschaltung auf das
220-kV-System bestehe, werde die Anlage letztlich nach dem (n-2)-Prinzip
ausgelegt, sodass von einer grossen Betriebssicherheit ausgegangen werden
könne.
Die Axpo AG hatte in ihrer Stellungnahme für die
Gesamtwirtschaftlichkeitsberechnung die Senkung des internen Zinsfusses auf
3,75 % sowie die Einführung einer Teuerungsrate von 1,7 %/Jahr im Hinblick auf
spätere Reinvestitionen verlangt. Prof. Brakelmann kommt dieser Forderung nach,
berücksichtigt aber auch bei den Verlustkosten eine jährliche Teuerungsrate von
1,7 % (Szenarien 1 und 2) bzw. 3,5 % (Szenario 3).
Das Gutachten Brakelmann II kommt zum Ergebnis, dass die Freileitung über ihre
Betriebsdauer auf der Teilstrecke Riniken Verluste aufweist, die um 50'000 bis
110'000 MWh höher liegen als bei der Kabellösung. Dies sei nicht nur ökologisch
bedenklich, sondern auch sehr teuer. Während die Investitionskostenfaktoren
zwischen 5,69 (für die Tunnellösung) und 6,82 (für die direkte Erdverlegung im
Rohrblock) liegen, schwankten die Gesamtkostenfaktoren (je nach Szenario)
zwischen 0,68 und 1,63 für die Tunnellösung und zwischen 0,66 und 1,83 für die
direkte Erdverlegung. Dies bedeute, dass beim pessimistischsten Szenario der
Verlustkostenentwicklung die Kabellösungen der Freileitung wirtschaftlich
spürbar überlegen seien.

3.4 Wie bereits dargelegt wurde (oben E. 3.2), kann der Beweiswert der
Gutachten Brakelmann I und II nicht allein mit Hinweis auf ihre Herkunft
(Parteigutachten) verneint werden. Dies gilt umso mehr, als es sich auch beim
Gutachten der NOK zur Teilverkabelung Riniken aus dem Jahre 2004, auf welches
sich das BFE stützte, um ein Parteigutachten handelt. Die Fachkompetenz von
Prof. Brakelmann wurde weder von der Beschwerdegegnerin noch von den
Fachbehörden des Bundes bestritten.
Das Gutachten Brakelmann II trägt den Vorgaben und Einwänden der Axpo AG und
des EStI in weitem Umfang Rechnung, und zwar selbst dort, wo der Gutachter die
Vorgabe als unsinnig betrachtet (Stromhöchstwert 1920 A als Dauerlast) oder
weitere
BGE 137 II 266 S. 274
Optimierungen für möglich erachtet (Leitungsquerschnitt 3'200 mm^2 ;
hochwärmeleitfähiger Spezialbeton). Die Kostenschätzungen werden durch Angaben
von Kabelherstellern sowie konkrete Angebote eines deutschen Bauunternehmens
für die Erstellung einer 950 m langen Kabeltrasse bzw. eines Tunnels im Bereich
Riniken belegt. Dagegen werden die Kosten der Freileitung aus der NOK-Studie
2004 übernommen, obwohl inzwischen die Rohstoffpreise stark angestiegen sind.
Unter diesen Umständen hätte das Bundesverwaltungsgericht nicht an den
Einwänden der NOK und des EStI festhalten dürfen, ohne sich mit dem Gutachten
Brakelmann II näher auseinanderzusetzen.

3.5 Allerdings vertreten das Bundesverwaltungsgericht und das BFE die
Auffassung, auch ohne Berücksichtigung des Gutachtens Brakelmann II sei die der
Plangenehmigung zugrunde liegende Interessenabwägung vollständig und richtig.
Dies ist im Folgenden näher zu prüfen. Würde dies zutreffen, wäre das Gutachten
Brakelmann II nicht entscheiderheblich und hätte daher vom
Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen werden dürfen, ohne den Grundsatz des
rechtlichen Gehörs zu verletzen.

4. Das Erstellen oder Ändern einer Starkstromanlage bedarf einer
Plangenehmigung (Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1902 betreffend
die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen [Elektrizitätsgesetz, EleG; SR
734.0]). Mit der Plangenehmigung werden sämtliche nach Bundesrecht
erforderlichen Bewilligungen erteilt; kantonale Bewilligungen und Pläne sind
nicht erforderlich (Art. 16 Abs. 3 und 4 EleG). Zu beachten sind neben den
einschlägigen technischen Bestimmungen und den Anforderungen des
Raumplanungsrechts insbesondere die massgeblichen Vorschriften über den Natur-
und Heimatschutz sowie den Landschafts-, Umwelt- und Gewässerschutz (vgl. Art.
7 Abs. 1 der Starkstromverordnung vom 30. März 1994 [SR 734.2]).
Die Genehmigung von Plänen für Werke und Anlagen zur Beförderung von Energie
stellt eine Bundesaufgabe gemäss Art. 2 Bst. b des Bundesgesetzes vom 1. Juli
1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) dar. Bei der Erfüllung
einer solchen Bundesaufgabe haben die Bundesbehörden dafür zu sorgen, dass das
heimatliche Landschafts- und Ortsbild, geschichtliche Stätten sowie Natur- und
Kulturdenkmäler geschont werden und, wo das allgemeine Interesse an ihnen
überwiegt, ungeschmälert erhalten bleiben.
BGE 137 II 266 S. 275
Diese Pflicht gilt unabhängig davon, ob der Eingriff in ein Objekt von
nationaler, regionaler oder lokaler Bedeutung vorgenommen wird (Art. 3 Abs. 1
und 3 i.V.m. Art. 4 NHG). Art. 3 NHG verlangt keinen absoluten Schutz der
Landschaft; der Eingriff ist jedoch nur gestattet, wo ein überwiegendes
allgemeines Interesse dies erfordert. Zur Beurteilung dieser Frage ist eine
möglichst umfassende Abwägung aller für und gegen das Vorhaben sprechenden
öffentlichen und privaten Interessen vorzunehmen (ständige Rechtsprechung; vgl.
BGE 100 Ib 404 E. 2 S. 409; Urteil 1A.84/2001 vom 12. März 2002 E. 2 mit
Hinweisen; CHRISTINE FAVRE, in: Kommentar NHG, 1997, N. 4, 12 und 13 zu Art. 3
NHG).

4.1 Das Bundesverwaltungsgericht qualifizierte den Gäbihübel als landschaftlich
wertvolle und schützenswerte Region. Dies werde durch die Zonenplanung der
Gemeinde Riniken bestätigt, wonach der Gäbihübel durch eine
Landschaftsschutzzone überlagert werde. Allerdings sei das Gebiet weder in
einem Bundesinventar von Objekten von nationaler Bedeutung enthalten noch als
kantonales Schutzgebiet ausgewiesen; ihm komme somit einzig lokale Bedeutung
zu. Der Landschaft könne daher höchstens mittlere Bedeutung beigemessen werden.
Bei seiner Interessenabwägung berücksichtigte das Bundesverwaltungsgericht,
dass eine Verkabelung zu einer Schonung der Landschaft in diesem Gebiet
beitragen und sich wohl auch positiv auf die Wohnqualität in den angrenzenden
Quartieren auswirken würde. Dagegen stelle die Freileitung für den Wald die
schonendere Lösung dar. Die Kabelleitung hätte sodann in Bezug auf die
Belastung mit elektromagnetischer Strahlung gewisse Vorteile, doch sei die
Verordnung vom 23. Dezember 1999 über den Schutz vor nichtionisierender
Strahlung (NISV; SR 814.710) auch bei der Freileitungsvariante eingehalten,
weshalb aus dieser Sicht eine Verkabelung grundsätzlich nicht verlangt werden
könne.
Den genannten Vorteilen stünden - so das Bundesverwaltungsgericht -
verschiedene Nachteile einer Kabelleitung gegenüber. Diese seien einmal
technischer/betrieblicher Natur: Die Betriebssicherheit bei Kabelleitungen von
50 kV und höheren Spannungsebenen sei nicht im selben Ausmass gewährleistet wie
bei Freileitungen; insbesondere seien Fehler auf Freileitungen einfacher und
schneller zu orten als bei erdverlegten Kabeln und Schadensfälle bzw.
Reparaturen seien bei Kabeln deutlich aufwändiger und mit erheblich längeren
Ausschaltzeiten als bei der Freileitung verbunden (...).
BGE 137 II 266 S. 276
Weiter könnten Kabelleitungen durch die Abgabe von Wärme an die Umgebung den
Boden austrocknen und dessen Mikrobiologie verändern. (...) Schliesslich
könnten durch Kabelleitungen unterirdische Wasserläufe beeinträchtigt werden.
(...) Zwar treffe es zu, dass die Transportverluste in Kabelleitungen in der
Regel kleiner seien als in Freileitungen. (...) Dagegen lägen jedenfalls die
Investitionskosten einer Kabelleitung - auch gemäss Gutachten Brakelmann -
erheblich höher als bei einer Freileitung. Bestünden keine überwiegenden
entgegenstehenden Interessen, so seien diese Mehrkosten gemäss der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung als unverhältnismässig zu betrachten.
Gemäss konstanter Rechtsprechung sei eine Verkabelung einer Freileitung von 50
kV und höher aus landschaftsschützerischen Gründen nur dann vorzunehmen, wenn
es gemäss den Bestimmungen des NHG gelte, ein besonders schützenswertes Objekt
zu erhalten (Entscheid des Bundesrates vom 27. März 1991, in: VPB 1992 Nr. 7 S.
52 E. 3c.bb S. 59; BGE 115 Ib 311 E. 5f S. 324 mit Hinweisen). Eine Verkabelung
von Leitungen in Landschaften von mittlerer Schutzwürdigkeit hätte wegen des
Prinzips der Gleichbehandlung recht lange Kabelstrecken und damit eine
beachtliche Verteuerung der Stromkosten zur Folge (BGE 99 Ib 70 E. 4 S. 82;
vgl. auch BGE 100 Ib 404 E. 4b S. 414 f.). Gestützt auf Art. 3 NHG könne eine
Verkabelung nur ausnahmsweise, unter speziellen Voraussetzungen, verlangt
werden (Urteil des Bundesgerichts 1A.84/2001 vom 12. März 2002 E. 2 mit
Hinweisen). Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben.

4.2 Tatsächlich wurden in der bisherigen Rechtsprechung für die Verkabelung von
Hochspannungsleitungen hohe Anforderungen an die Schutzwürdigkeit des Gebiets
gestellt. Dies beruhte auf der Einschätzung, dass die Freileitung aus
technischer und energiewirtschaftlicher Sicht eindeutig die beste Lösung sei.
So ging das Bundesgericht noch im Urteil vom 12. April 2006 (1E.1/2006 E. 8.3
mit Hinweisen) davon aus, dass die Verkabelung nicht nur um ein Mehrfaches
teurer sei als die Freileitung, sondern auch mit bedeutenden betrieblichen
Nachteilen verbunden sei, insbesondere einer erhöhten Störungsanfälligkeit,
einem grösseren zeitlichen Aufwand für Reparaturen und einer geringeren
Lebensdauer.
Werden Kabelanlagen aufgrund technischer Fortschritte leistungsfähiger,
zuverlässiger und kostengünstiger, so mindert dies das Gewicht der gegen eine
(Teil)Verkabelung sprechenden Gründe. Dies
BGE 137 II 266 S. 277
kann dazu führen, dass das Interesse an der ungeschmälerten Erhaltung einer
Landschaft von mittlerer bzw. nur lokaler Bedeutung im Einzelfall überwiegen
kann. In diesem Zusammenhang ist auch die zunehmende Verbauung des Schweizer
Mittellandes zu berücksichtigen, mit der Folge, dass unbeeinträchtigte
Landschaften immer seltener werden und das Interesse an ihrer Erhaltung
zunimmt.
Insofern waren die in den Gutachten Brakelmann I und II aufgezeigten neuen
technischen Möglichkeiten der Verkabelung und die Kostenvergleiche mit der
Freileitung für die Interessenabwägung relevant, auch - und gerade - wenn es um
den Schutz einer Landschaft von "nur" mittlerer Bedeutung ging.

4.3 Es ist auch kein Grund ersichtlich, bei der Interessenabwägung
ausschliesslich auf die Investitionskosten abzustellen, unter Vernachlässigung
der Betriebskosten und insbesondere der Stromverlustkosten. Schon aus
betriebswirtschaftlicher Sicht erscheint es geboten, möglichst alle während der
Lebensdauer der Anlage anfallenden Kosten zu berücksichtigen. Dementsprechend
sieht auch der im Auftrag des UVEK erstellte Bericht der Arbeitsgruppe
Leitungen und Versorgungssicherheit (AG LVS) vom 3. Dezember 2008 zum Prüfungs-
und Beurteilungsschema "Kabel-Freileitung" auf 220/380 kV-Ebene vor, dass beim
Kostenvergleich die Investitions- und die Betriebskosten zu berücksichtigen
sind; zu Letzteren zählen insbesondere auch die Energieverlustkosten.
Hinzu kommt, dass der Stromverlustanteil auch aus ökologischer Sicht ein
wichtiges Kriterium ist, das bei einer umfassenden Interessenabwägung nicht
ausser Acht gelassen werden darf. Art. 89 Abs. 1 BV und Art. 3 des
Energiegesetzes vom 26. Juni 1998 (EnG; SR 730) gebieten eine sparsame und
rationelle Energieverwendung; dazu zählt ein effizienter Energietransport mit
möglichst kleinem Verlustanteil.

4.4 Schliesslich erscheinen auch die vom Bundesverwaltungsgericht genannten
Argumente des Wald- und Gewässerschutzes nicht als derart gewichtig, dass sie
eine Verkabelung von vornherein ausschliessen würden. (...)

4.5 Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass die Aussagen des Gutachtens
Brakelmann II für die Interessenabwägung wesentlich gewesen wären. Dies gilt
insbesondere für den Gesamtkostenvergleich unter Berücksichtigung der
Stromverlustkosten, aber auch für die betrieblichen und technischen Aspekte der
Verkabelung
BGE 137 II 266 S. 278
(insbesondere Störungsanfälligkeit, Ausfallzeiten) und die Folgen für die
Umwelt (insbesondere Bodenerwärmung).
Die Nichtberücksichtigung des Gutachtens Brakelmann II durch das
Bundesverwaltungsgericht ist daher als Verletzung des rechtlichen Gehörs zu
werten.

5. (Zusammenfassung: Angesichts der langen Dauer des Plangenehmigungsverfahrens
sieht das Bundesgericht von einer Rückweisung der Sache an das
Bundesverwaltungsgericht ab. Es berichtigt bzw. ergänzt den Sachverhalt und
entscheidet selbst über die strittige Frage der Teilverkabelung.)

6. Fraglich ist zunächst, ob das Bundesgericht einen unabhängigen gerichtlichen
Sachverständigen beiziehen muss, wie dies im Urteil BGE 124 II 210 (zur
wirtschaftlichen Tragbarkeit einer Verkabelung der Freileitung Biel-Mettmen)
geschehen ist.
Im vorliegenden Fall liegen jedoch bereits umfangreiche Studien und
Stellungnahmen zur Frage der Teilverkabelung Riniken vor. Die Gemeinde Riniken
wurde von Prof. Brakelmann beraten, der ein anerkannter Fachmann in Fragen des
Energietransports ist. Die Axpo AG verfügt ihrerseits als grösste
Stromproduzentin der Schweiz mit einem bedeutenden Übertragungs- und
Verteilnetz über eigene ausgewiesene Fachleute in Fragen der
Energieübertragung. Die Axpo AG hat sich ausführlich mit den Aussagen des
Gutachtens Brakelmann I auseinandergesetzt; ihren Einwänden wurde im Gutachten
Brakelmann II Rechnung getragen bzw. darauf erwidert. Vor Bundesgericht kam es
zu einem weiteren Austausch von Stellungnahmen (Vernehmlassung der Axpo AG und
Stellungnahme Brakelmann III); schliesslich wurde beiden Seiten Gelegenheit zu
Schlussbemerkungen gegeben. In diesem "Dialog" von Experten auf beiden Seiten
wurden alle für das vorliegende Verfahren bedeutenden Fragen vertieft
behandelt. Unter diesen Umständen würde die Einholung eines gerichtlichen
Gutachtens keine wesentlichen zusätzlichen Erkenntnisse bringen. Auf die
Beauftragung eines neutralen Gutachters kann daher verzichtet werden. Dies gilt
jedenfalls, wenn - nach Würdigung der Stellungnahmen der Parteien - keine für
die Interessenabwägung erheblichen Fragen offenbleiben. Dies ist im Folgenden
zu prüfen.

6.1 Aufgrund des Schriftenwechsels vor Bundesgericht besteht inzwischen
Einigkeit darüber, dass die von der Axpo AG geforderte Übertragungsleistung
(1920 A als Dauerlast) mit nur zwei
BGE 137 II 266 S. 279
Kabelsystemen bei einem maximalen Kupferleiterquerschnitt von 2'500 mm^2
übertragen werden kann; dies gilt sowohl für die Erdverlegung in Rohrblock wie
auch für die Tunnelvariante. Auch die grundsätzliche Verfügbarkeit von
380-kV-Kabeln von 1'000 m und mehr wird nicht mehr bestritten. Weiter räumt die
Axpo AG inzwischen ein, dass im Normalbetrieb eine Leitertemperatur von 90 °C
zulässig ist, auch wenn sie weiterhin an ihrer "bewährten Praxis" festhalten
will, Kabelleitungen mit einer Leitertemperatur von maximal 80 °C zu betreiben.
Streitig bleibt dagegen, ob die Vorgaben zur Höchstlast und dem Belastungsgrad
sinnvoll sind. Diese Frage kann jedoch offenbleiben, weil sie nur für die
weitere Optimierung der Kabelanlage relevant ist.

6.2 (Zusammenfassung: zum Transport der Kabelrolle zur Kabeltrasse)

6.3 Meinungsverschiedenheiten bestehen hinsichtlich des Ausfallrisikos der
Kabel. Zwar berufen sich beide Parteien auf die Technische Broschüre Nr. 379
"Update of Service Experience of HV Underground Cable Systems" des
International Council on Large Electric Systems (CIGRE) aus dem Jahr 2009, sie
kommen aber zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Interpretation der
CIGRE-Studie und ihrer Umrechnung auf die vorliegend streitige
Teilverkabelungsstrecke von 950 m. Immerhin liegt die Ausfallrate selbst nach
Interpretation der Axpo AG (0,183 pro 100 km und Jahr) deutlich tiefer als die
in der NOK-Studie genannten Ausfallraten der Freileitung (1,33 pro 100 km und
Jahr) und halbiert sich noch, wenn äussere Beschädigungen des Kabels (insb.
durch Erdbewegungen) ausgeschlossen werden können.
Zwar sind die Ausfallzeiten für die Reparatur von Kabelanlagen regelmässig
länger als bei Freileitungen. Sie können jedoch auf ein Minimum beschränkt
werden, wenn - wie im Gutachten Brakelmann II vorgeschlagen - ein komplettes
Reservekabel mitverlegt wird. Diese Variante gewährleistet eine hohe
Versorgungssicherheit.

6.4 Streitig ist weiter die mögliche Bodenerwärmung und -austrocknung durch
erdverlegte Kabel (unstreitig treten diese Effekte nicht auf, wenn das Kabel in
einem Tunnel verlegt wird).
Im Gutachten Brakelmann II wird dargelegt, das im Rohrblock verlegte Kabel
führe zu einer Erhöhung der Bodentemperatur von weniger als 1 °C, die zudem auf
die Trassenbreite beschränkt sei, weshalb weder eine Bodenaustrocknung noch
eine Beeinflussung des
BGE 137 II 266 S. 280
Pflanzenwuchses zu erwarten sei. Diese Aussagen stützen sich auf eigene
Forschungsergebnisse des Gutachters sowie auf eine gemeinsame Stellungnahme der
Europäischen Netzbetreiber (ENTSOE) und der Europäischen Kabelhersteller
(Europacable) (Joint paper: Feasibility and technicals aspects of partial
undergrounding of extra high voltage power transmission lines, Dezember 2010,
Ziff. 3.4.1.4).
Die Axpo AG hält zwar an ihren Berechnungen mit weit höheren Temperaturen fest.
Diese beruhen aber, wie sie selbst einräumt, auf dem Worst Case Szenario, d.h.
auf einem Dauerbetrieb mit einer Höchstlast von 1920 A. Diese Höchstlast wird
jedoch nur in seltenen Ausnahmefällen (beim gleichzeitigen Ausfall mehrerer
Stromkreise) und für kurze Dauer erreicht, die in aller Regel nicht genügt, um
die Temperatur des Rohrblocks und des darüber befindlichen Bodens wesentlich zu
erhöhen.

6.5 Bei den Investitionskosten haben sich die Standpunkte angenähert: Die Axpo
AG schätzt die Erstellungskosten für die Kabelanlage inzwischen auf das 8-Fache
(und nicht das 12- bis 15-Fache) der Freileitung, während der Gutachter zu
Faktoren zwischen 5,69 (Tunnellösung) und 6,82 (für den Rohrblock) kommt.
Die Kostenschätzungen im Gutachten Brakelmann II stützen sich auf konkrete
Angebote von Kabelherstellern und Bauunternehmen und erscheinen daher
plausibel.
(Zusammenfassung: Einwände der Axpo AG gegen das Angebot betreffend die
Erstellung des Infrastrukturtunnels.)
Letztlich kann die Frage offenbleiben, wenn für den Gesamtkostenvergleich auf
die Variante der direkten Erdverlegung (im Rohrblock) abgestellt wird. Gegen
das diesbezügliche Angebot des deutschen Bauunternehmens hat die Axpo AG keine
(substanziierten) Einwände erhoben.

6.6 (Zusammenfassung: zur Notwendigkeit von Übergangsbauwerken und ihrer
Dimensionierung.)
Auch diese Fragen können jedoch offenbleiben. Für den Gesamtkostenvergleich
spielen sie keine Rolle, da im Gutachten Brakelmann II die Kostenschätzung der
NOK für die Übergangsbauwerke zugrunde gelegt wurde. Aufgrund der Ausführungen
des Gutachters ist davon auszugehen, dass selbst bei unveränderter Grösse der
Übergangsbauwerke Möglichkeiten bestehen, deren Landschaftsverträglichkeit zu
verbessern.
BGE 137 II 266 S. 281

6.7 Einen zentralen Streitpunkt stellten vor Bundesverwaltungsgericht die
Stromverluste von Freileitung und Kabelanlage auf der Teilstrecke Riniken und
die damit verbundenen Kosten dar.
Die Axpo AG ging davon aus, dass die Stromverluste der Kabelanlage höher lägen,
wenn Kabel mit einem Durchschnitt von 2'500 mm^2 (anstatt von 3'200 mm^2 Kabel)
verwendet würden; zudem könne der Stromwärmeverlust der Freileitung durch die
Verwendung von Viererbündeln verbessert werden. Überdies wurde kritisiert, dass
die Gesamtkostenrechnung in Brakelmann I ohne Berücksichtigung der
Teuerungsrate durchgeführt worden sei.
Im Gutachten Brakelmann II wurden daher die Stromverluste neu für Kabel mit
einem Durchschnitt von 2'500 mm^2 berechnet. Die Stromkosten orientieren sich -
den Empfehlungen der Professoren Fröhlich und Glavitsch folgend - am SWEP
(Swiss Energy Price Index). Bei den Reinvestitionskosten (insb. Erneuerung der
Kabel nach 40 Jahren), aber auch bei den Stromverlustkosten, wurden (wie von
der Axpo AG vorgeschlagen) eine Teuerungsrate von 1,7 % und ein Zinssatz von
3,75 % berücksichtigt. Nur in Szenario 3 ("hohe Verlustkosten") wurde von einem
höheren (aber immer noch mässigen) Anstieg der Stromkosten von 3,5 %
ausgegangen.
Dagegen wurden die Stromverluste der Freileitung weiterhin für Zweierbündel
berechnet. Dies erscheint gerechtfertigt, da der grösste Teil der
Freileitungsstrecke Beznau-Birr-Oberfelden bereits mit
Zweierbündel-Konstruktion errichtet worden ist und Viererbündel nach Aussage
der Axpo AG nicht dem bisherigen Schweizer Standard entsprechen. Eine Umrüstung
der bestehenden Freileitung auf Viererbündel würde viele Millionen Franken
kosten und ist von der Axpo AG nicht geplant. Vor Bundesgericht hat die Axpo AG
denn auch die in Brakelmann II berechneten Stromverluste und die sich daraus
ergebenden Kosten nicht mehr substanziiert bestritten.
Insofern kann grundsätzlich auf die Stromverlustkosten gemäss Gutachten
Brakelmann II abgestellt werden. Das Gutachten berechnet drei Szenarien
(mittlere, minimale und hohe Verluste), die sich nach Auslastung des Systems,
Ausgangskosten der kWh und Teuerungsrate unterscheiden. Danach weist die
Freileitung auf der zur Diskussion stehenden Teilstrecke Riniken über eine
Betriebsdauer von 80 Jahren Verluste auf, die (je nach Szenario) 50'000 bis
110'000 MWh höher sind als diejenigen einer Kabelanlage. Dies führt zu
Mehrkosten zwischen 2,3 Mio. und 13,8 Mio. Fr.
BGE 137 II 266 S. 282
Die geringeren Stromverlustkosten des Kabels haben zur Folge, dass die
Gesamtkosten der Verkabelung (Variante direkte Erdverlegung) nur noch 0,66 bis
1,83 der Kosten der Freileitung betragen. Stellt man auf das Szenario "mittlere
Verlustkosten" ab (mit einem Strommittelwert von 850 A, Ausgangskosten der kWh
von Fr. 0.095 und einer Teuerungsrate von 1,7 %), liegen die Gesamtkosten der
Verkabelung bei direkter Erdverlegung nur unwesentlich höher als diejenigen der
Freileitung (Faktor 1,29). Sollten die Stromkosten in den kommenden Jahrzehnten
stärker ansteigen als 1,7 % - was durchaus wahrscheinlich erscheint - könnten
die Gesamtkosten der Verkabelung sogar unter denjenigen der Freileitung liegen.

6.8 Nach dem Gesagten verbleiben keine für die Interessenabwägung wesentlichen
Streitfragen. Auf die Einholung eines neutralen Gutachtens kann daher
verzichtet werden.

7. Aufgrund des so ergänzten bzw. berichtigten Sachverhalts ergeben sich
Gewichtsverschiebungen bei der Interessenabwägung.

7.1 Das Hauptargument gegen die Verkabelung, nämlich der grössere zeitliche
Aufwand für Reparaturen, entfällt bei der vom Gutachter vorgeschlagenen
Mitverlegung einer kompletten, zusätzlichen Kabellänge. Dagegen hat das Kabel
gegenüber der Freileitung den wesentlichen Vorteil, dass es gegenüber Stürmen,
herabfallenden Bäumen, Schnee- und Eisbehang unempfindlich ist.
Zwar betragen die Investitionskosten der Teilverkabelung Riniken ein Mehrfaches
der Investitionskosten für den Freileitungsabschnitt. Bei der
Gesamtkostenrechnungen müssen aber auch die erheblich grösseren
Energieverlustkosten der Freileitung mitberücksichtigt werden. Dies führt für
eine Betriebsdauer von 80 Jahren zu einer Annäherung der Gesamtkosten von Kabel
und Freileitung. Sollten die Energiekosten in den nächsten Jahren stärker
ansteigen als die allgemeine Teuerungsrate, kann die Verkabelung sogar
wirtschaftlich günstiger sein als die Freileitung.
Für die Verkabelung spricht das gewichtige energiepolitische Interesse an der
Vermeidung unnötiger Stromverluste.
Mit dem Bundesverwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass die Verkabelung aus
Sicht des Landschaftsschutzes die beste Lösung darstellt, und zwar selbst dann,
wenn Übergangsbauwerke für den Anschluss der Kabelsysteme an die Freileitung
erforderlich sind. Könnte - wie vom Gutachter vorgeschlagen - ganz auf
BGE 137 II 266 S. 283
Übergangsbauwerke verzichtet werden, würde sich die Landschaftsbilanz der
Verkabelung noch verbessern.
Die Gefahr einer Austrocknung der Vegetation durch Bodenerwärmung erscheint
vernachlässigbar (vgl. oben E. 6.4). Wie bereits aufgezeigt wurde (oben E.
4.4), sprechen im vorliegenden Fall auch keine Gründe des Gewässerschutzes
gegen die Verkabelung.
Entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgericht erscheint die Freileitung
auch nicht als günstigere Lösung für den Wald: Die geplante Freileitung würde
den Wald "Loohölzli" queren, der nicht nur durch die Mastfundamente, sondern
insbesondere durch Niederhaltungsservitute beeinträchtigt würde. Dagegen
verläuft die Kabeltrasse im Wesentlichen durch Wiesengelände und am Waldrand.

7.2 Unter diesen Umständen überwiegt im vorliegenden Fall das Interesse an der
ungeschmälerten Erhaltung des Gäbihübels durch eine Teilverkabelung der
Hochspannungsleitung.
Die Sache ist daher mit dieser Vorgabe an die erste Instanz zurückzuweisen.
(...)
Die Axpo AG wird ein konkretes Projekt für die Teilverkabelung Riniken
ausarbeiten müssen. Hierbei steht ihr ein erheblicher Ermessensspielraum zu.
Allerdings liegt es in ihrem und im Interesse der Allgemeinheit, Erfahrungen
mit den neuen, vom Gutachter vorgeschlagenen technischen Möglichkeiten zur
Optimierung der Kabelanlage zu sammeln.
Zu betonen ist, dass der vorliegende Fall eine kurze Teilstrecke (950 m) in
einem gut zugänglichen Gebiet ohne besondere topografische oder geologische
Schwierigkeiten betrifft. Die vorstehenden Erwägungen und Kostenvergleiche
können somit nicht ohne Weiteres auf andere Strecken übertragen werden;
vielmehr ist immer einer Prüfung der Verhältnisse des Einzelfalls erforderlich.