Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 137 II 246



Urteilskopf

137 II 246

20. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S.
Kantonales Steueramt Zürich gegen X. AG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten)
2C_662/2010 vom 25. März 2011

Regeste

Art. 5 Abs. 1 lit. a und Art. 91 DBG; Art. 4 Abs. 2 lit. a und Art. 35 Abs. 1
lit. a StHG; Quellensteuer der natürlichen Personen ohne steuerrechtlichen
Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz; persönliche Anwesenheit bei
Erwerbstätigkeit in der Schweiz.
Anders als unter dem früheren Bundesratsbeschluss (Art. 3 Ziff. 3 lit. e BdBSt)
setzt die Ausübung einer Erwerbstätigkeit in der Schweiz nach Art. 5 Abs. 1
lit. a DBG und Art. 4 Abs. 2 lit. a StHG eine physische Anwesenheit voraus (E.
4 und 5).
Eine extensive Auslegung von Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG verbietet sich im
Hinblick auf die detaillierte Regelung in Art. 4 und 5 DBG und könnte auch
steuersystematisch keine Quellensteuerpflicht im Sinne von Art. 91 ff. DBG
begründen (E. 7 und 8).

Sachverhalt ab Seite 247

BGE 137 II 246 S. 247
Der deutsche Staatsangehörige R. arbeitete im Jahre 2006 für die X. AG. Bis am
30. April 2006 wohnte er in Zürich. Als ausländischer Angestellter ohne
Niederlassungsbewilligung unterlag er der Quellensteuer. Am 1. Mai 2006
verlegte R. seinen Wohnsitz nach Doha (Katar), wo er weiterhin für die X. AG
tätig war. Die X. AG stellte sich auf den Standpunkt, ihr Arbeitnehmer sei ab
dem 1. Mai 2006 nicht mehr quellensteuerpflichtig, und verlangte die
Rückerstattung der bereits bezahlten Quellensteuer. Das Steueramt des Kantons
Zürich befand, R. unterliege für das ganze Jahr der Quellensteuerpflicht, und
wies das Gesuch ab. Die Steuerrekurskommission I des Kantons Zürich stellte
demgegenüber fest, dass R. vom 1. Mai bis zum 31. Dezember 2006 im Kanton
Zürich bzw. in der Schweiz nicht quellensteuerpflichtig sei, und ordnete die
Rückerstattung der bereits abgelieferten Quellensteuer an.
Eine Beschwerde des Kantonalen Steueramtes Zürich wies das Verwaltungsgericht
des Kantons Zürich mit Entscheid vom 7. Juli 2010 ab. Hiergegen führt das
Kantonale Steueramt Zürich Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten, die das Bundesgericht abweist.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Frage, ob einer
Person, die im Ausland für einen in der Schweiz domizilierten Arbeitgeber eine
unselbständige Erwerbstätigkeit ausübt, gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG (SR
642.11) bzw. dem gleich lautenden § 4 Abs. 2 lit. a des Zürcher Steuergesetzes
vom 8. Juni 1997 (StG/ZH; LS 631.1) der Steuerpflicht untersteht.
Die Vorinstanz ist der Ansicht, dass in der Schweiz nach den genannten Normen
nur steuerpflichtig sei, wer hier den tatsächlichen Arbeitsort habe. R. sei
demnach vom 1. Mai bis zum 31. Dezember 2006 nur quellensteuerpflichtig, wenn
er in diesem Zeitraum seine Arbeit in der Schweiz bzw. - mit Blick auf die
Staats- und Gemeindesteuern - im Kanton Zürich ausgeübt habe. Sollte dies
zutreffen,
BGE 137 II 246 S. 248
hätte die Beschwerdegegnerin keinen Anspruch auf Rückerstattung der für die
Monate Mai und Juni 2006 bereits bezahlten Quellensteuern.
Das Beschwerde führende kantonale Steueramt vertritt dagegen die Ansicht, für
die Bejahung einer beschränkten Steuerpflicht gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG
bzw. § 4 Abs. 2 lit. a StG/ZH sei eine physische Anwesenheit in der Schweiz
resp. im Kanton nicht erforderlich. Es sei die frühere Praxis, die zum
Bundesratsbeschluss über die direkte Bundessteuer vom 9. Dezember 1940 (BdBSt)
entwickelt worden sei, weiterzuführen. Andernfalls würde das Erwerbseinkommen
von Arbeitnehmern, die für Schweizer Arbeitgeber in Staaten ohne oder nur mit
unbedeutender Einkommenssteuer tätig sind, ganz oder weitgehend steuerfrei
bleiben.

3. Gemäss Art. 3 Abs. 1 DBG sind natürliche Personen kraft persönlicher
Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder
Aufenthalt in der Schweiz haben. Es handelt sich um die unbeschränkte
Steuerpflicht. Ein steuerrechtlicher Aufenthalt setzt voraus, dass eine Person
in der Schweiz bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit mindestens 30 Tage - bzw.
ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit 90 Tage - verweilt (Art. 3 Abs. 3 DBG).
Handelt es sich um ausländische Arbeitnehmer ohne fremdenpolizeiliche
Niederlassungsbewilligung, die jedoch in der Schweiz steuerrechtlichen Wohnsitz
oder Aufenthalt haben, so sind sie gemäss Art. 83 Abs. 1 DBG (in Verbindung mit
Art. 84 DBG) für ihre Einkünfte aus dem Arbeitsverhältnis einem Steuerabzug an
der Quelle unterworfen.
Art. 4 und 5 DBG regeln demgegenüber (gleich wie § 4 StG/ZH für das kantonale
Recht) die beschränkte Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit.
Abs. 1 lit. a von Art. 5 DBG erklärt natürliche Personen ohne steuerrechtlichen
Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz als steuerpflichtig, wenn sie hier eine
Erwerbstätigkeit ausüben. So verhält es sich, wenn sich eine Person während
weniger als 30 Tagen in der Schweiz zu Erwerbszwecken aufhält oder wenn sie als
Grenzgänger oder Wochenaufenthalter in der Schweiz erwerbstätig ist. In diesen
Fällen ist auf dem Erwerbseinkommen von Arbeitnehmern die Quellensteuer zu
erheben (Art. 91 DBG).
Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Katar vom 24. September
2009 (AS 2011 63) findet im vorliegenden Fall noch keine Anwendung.
BGE 137 II 246 S. 249

4. Der Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG ist klar, wie die Vorinstanz zu
Recht festhält. Voraussetzung der beschränkten Steuerpflicht ist eine
Erwerbstätigkeit, die in der Schweiz ausgeübt wird, das heisst, bei welcher der
tatsächliche Arbeitsort in der Schweiz liegt. Nach dem Text in den anderen
beiden Amtssprachen ist ebenfalls erforderlich, dass die Personen "exercent une
activité lucrative en Suisse" bzw. "esercitano un'attività lucrativa in
Svizzera".
Der Beschwerdeführer stellt das nicht in Frage, macht aber geltend, die
Rechtsprechung habe den ganz ähnlich lautenden früheren Art. 3 Ziff. 3 lit. e
BdBSt ("Personen, [die ...] in der Schweiz eine persönliche Tätigkeit ausüben")
in einem weiteren Sinn ausgelegt und keine persönliche Anwesenheit in der
Schweiz bei Ausübung der fraglichen Erwerbstätigkeit verlangt. Am Urteil des
Bundesgerichts 2C_215/2009 vom 1. Oktober 2009 (StR 65/2010 S. 133 E. 2.1; StE
2010 A 32 Nr. 14; RDAF 2010 II S. 451) könne nicht festgehalten werden, weil
sich das Bundesgericht zu dieser Frage lediglich in einem obiter dictum
geäussert und sich auch nicht mit den im vorliegenden Verfahren vorgebrachten
Argumenten vertieft auseinandergesetzt habe. Die bisherige Praxis sei daher
auch für Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG zu bestätigen, zumal diese Norm eher weiter
gefasst sei als der früher geltende Art. 3 Ziff. 3 lit. e BdBSt.

5. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung legte die fragliche Bestimmung des
früheren Bundesratsbeschlusses so aus, dass zur Bejahung einer beschränkten
Steuerpflicht alle wirtschaftlichen Anknüpfungspunkte der Tätigkeit in der
Schweiz liegen müssen, hingegen eine persönliche Anwesenheit des
Steuerpflichtigen in der Schweiz nicht immer erforderlich sei. So könne eine
persönliche Tätigkeit in der Schweiz auch dann vorliegen, wenn jemand bloss
telefonisch oder schriftlich mit seinen Partnern in der Schweiz verkehre,
namentlich wenn er sie als Kunden und Vertragspartner für eine Unternehmung in
der Schweiz anwerbe und dies in enger Zusammenarbeit mit Leitung und Personal
am schweizerischen Geschäftsort des Unternehmens mache (Urteil 2A.83/1988 vom
2. Dezember 1988, in: ASA 59 S. 471 E. 4b).
In einem weiteren Urteil bestätigte das Bundesgericht, dass eine persönliche
Tätigkeit, nicht aber eine persönliche Anwesenheit in der Schweiz für die
Anwendung von Art. 3 Ziff. 3 lit. e BdBSt erforderlich sei. Zusätzlich führte
es aus, dass die beschränkte Steuerpflicht - im Unterschied zur unbeschränkten,
die sich aus Wohnsitz und
BGE 137 II 246 S. 250
Aufenthalt ergebe - durch Sachen und Rechte, die mit dem betreffenden
Gemeinwesen wirtschaftlich verbunden seien, bestimmt werde. Es ging um den
Handel von Liegenschaften in der Schweiz (Urteil 2A.47/1995 vom 29. Januar
1996, in: ASA 65 S. 822 E. 2a).
In einem Fall, in dem bereits das DBG anzuwenden war, hat das Bundesgericht
sodann beiläufig auf die frühere Praxis zu Art. 3 Ziff. 3 lit. e BdBSt
verwiesen, wonach eine persönliche Anwesenheit des Steuerpflichtigen in der
Schweiz nicht erforderlich gewesen sei. Es hat aber - entgegen den Ausführungen
in der Beschwerde - nicht ausdrücklich geprüft, ob diese Praxis fortzuführen
sei, weil die fragliche Vergütung (es ging um eine Bonuszahlung) "direkt auf
die im Jahre 1996 in Zürich geleistete Arbeit" zurückzuführen war (Urteil
2P.172/2000 vom 15. Februar 2001, in: ASA 71 S. 389 E. 4b).
Im bereits erwähnten, vom Beschwerdeführer kritisierten Urteil 2C_215/2009 hat
das Bundesgericht im Falle eines Grenzgängers demgegenüber erkannt, dass die
Erwerbstätigkeit in der Schweiz gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG eine
persönliche Anwesenheit voraussetze. Soweit der im Ausland ansässige
Steuerpflichtige sich tagsüber zur Arbeit in die Schweiz begebe, bestehe daher
eine beschränkte Steuerpflicht in der Schweiz bzw. im Kanton, nicht jedoch für
die zu Hause erbrachte Arbeit (E. 2.1 und 2.2).
In der Tat hat das Bundesgericht die fragliche Bestimmung des früheren
Bundesratsbeschlusses in einem Sinn ausgelegt, der bereits eine Tätigkeit in
der Schweiz ohne persönliche Anwesenheit genügen liess. Die vom
Beschwerdeführer am zuletzt genannten Entscheid geübte Kritik gibt Anlass,
diese Rechtsprechung zu prüfen.

6. Vorab ist zu bemerken, dass allein die Tatsache, dass der vorliegende
Entscheid bedeutende fiskalische und wirtschaftliche Auswirkungen haben kann,
wie der Beschwerdeführer geltend macht, für die Auslegung der massgeblichen
Gesetzesbestimmungen nicht bedeutsam sein kann. Sinn und Bedeutung von Art. 5
Abs. 1 lit. a DBG ist nach anerkannter Auslegungsmethode zu ermitteln, wobei
bereits erläutert wurde, dass der Wortlaut die physische Anwesenheit in der
Schweiz verlangt. Auch die Lehre zu Art. 3 Ziff. 3 lit. e BdBSt interpretierte
diese Norm wesentlich restriktiver als das Bundesgericht und verlangte, dass
der Steuerpflichtige für die Tätigkeit in die Schweiz kommen müsse (ERNST
KÄNZIG, Die direkte Bundessteuer, 2. Aufl. 1982, N. 20 zu Art. 3 BdBSt;
JEAN-MARC RIVIER, Droit
BGE 137 II 246 S. 251
fiscal suisse, 1980, S. 77; WALTER RYSER, Introduction au droit fiscal
international de la Suisse, 1980, S. 47). Es ist daher zu prüfen, ob unter dem
neuen Recht weiterhin triftige Gründe bestehen, die nach der Rechtsprechung (
BGE 131 I 394 E. 3.2) ein Abweichen vom Wortlaut rechtfertigen.

7. Nach Auffassung des Beschwerdeführers spricht vor allem die
Entstehungsgeschichte von Art. 5 DBG für eine Fortführung der zu Art. 3 Ziff. 3
lit. e BdBSt ergangenen Praxis. Es liegt zwar nahe, bei der Auslegung von Art.
5 Abs. 1 lit. a DBG an die frühere, zum Bundesratsbeschluss über die direkte
Bundessteuer ergangene Praxis (vgl. oben E. 5) anzuknüpfen, zumal aus der
Entstehungsgeschichte der Norm, wie die Vorinstanz bereits im ersten Entscheid
dargestellt hat, nicht klar hervorgeht, dass der Gesetzgeber diesbezüglich eine
Änderung herbeiführen wollte. Immerhin ergibt sich aber, dass der Gesetzgeber
bei der Regelung der Art. 4 und 5 DBG die zum Bundesratsbeschluss ergangene
Praxis nicht unverändert weitergeführt hat. So hat er beispielsweise mit Art. 4
Abs. 1 lit. d DBG den Handel mit in der Schweiz gelegenen Grundstücken in
Anwendung der vom Bundesgericht aus Art. 3 Ziff. 3 lit. e BdBSt abgeleiteten
Anknüpfung (vgl. das bereits zit. Urteil 2A.47/1995, in: ASA 65 S. 822 E. 2c)
nunmehr separat geregelt. Zudem hat er in Art. 5 Abs. 1 lit. b und f
spezifische Tatbestände vorgesehen, wo sich ein Arbeitnehmer regelmässig im
Ausland aufhält. Diese Änderungen scheinen zu gewichtig, als dass gesagt werden
könnte, der Gesetzgeber habe die bisherige Praxis unverändert fortgeführt (vgl.
HÖHN/WALDBURGER, Steuerrecht, Bd. I, 9. Aufl. 2001, S. 278 Fn. 43 in fine;
BAUER-BALMELLI/OMLIN, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2a,
Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, 2. Aufl. 2008, N. 6 zu Art. 5 DBG).
Auch die Rechtssystematik spricht für diese Auslegung. Die erwähnten
Sonderregelungen in Art. 5 Abs. 1 lit. b und f DBG hätten sich erübrigt, wenn
bereits Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG Erwerbseinkünfte von Arbeitnehmern mit
tatsächlichem Aufenthalt im Ausland erfassen würde. Da die Fälle, bei denen
eine Tätigkeit in der Schweiz nicht erforderlich ist, in Art. 4 Abs. 1 lit. d
und Art. 5 Abs. 1 lit. b und f DBG abschliessend (vgl. PETER LOCHER, Kommentar
zum DBG, I. Teil, 2001, N. 1 zu Art. 4 und N. 1 zu Art. 5 DBG) aufgezählt sind,
dürfen nicht auf dem Weg der Auslegung weitere Fälle der Erwerbstätigkeit ohne
hiesige Anwesenheit der Steuerpflicht unterworfen
BGE 137 II 246 S. 252
werden. Das gilt umso mehr, als der Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG klar
ist. Die einhellige Lehre vertritt ebenfalls diese Auffassung (AGNER/JUNG/
STEINMANN, Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundessteuer, 1995, N. 1 zu
Art. 91 DBG; BAUER-BALMELLI/OMLIN, a.a.O., N. 6 zu Art. 5 DBG; HÖHN/WALDBURGER,
a.a.O., S. 278 Rz. 31 und Fn. 43; LOCHER, a.a.O., N. 5 f. zu Art. 5 DBG für
Unselbständigerwerbende; XAVIER OBERSON, Droit fiscal suisse, 3. Aufl. 2007, §
6 Rz. 20 S. 67 f.; ANDREA PEDROLI, in: Commentaire romand, Impôt fédéral
direct, 2008, N. 5 zu Art. 91 DBG; RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, Handkommentar
zum DBG, 2. Aufl. 2009, N. 17 zu Art. 5 DBG).
In der Literatur ist zwar umstritten, ob die Anknüpfungen von Art. 5 DBG sich
auf die Quellensteuertatbestände der Art. 91 ff. DBG beschränken oder darüber
hinausgehen (vgl. die Hinweise bei LOCHER, a.a.O., N. 8 zu Art. 5 DBG). Die
Frage kann hier aber offenbleiben. Selbst wenn Art. 5 DBG über einen gegenüber
den Art. 91 ff. DBG erweiterten Anwendungsbereich verfügen würde, wie der
Beschwerdeführer geltend macht, könnte die extensive Auslegung von Art. 5 DBG
steuersystematisch noch keine Quellensteuerpflicht begründen. Das wäre jedoch
erforderlich, um die aus schweizerischer Quelle fliessenden Einkünfte der nicht
in der Schweiz ansässigen Personen erfassen zu können.

8. Die beschränkte Steuerpflicht gemäss den in Art. 4 und 5 DBG geregelten
Tatbeständen hat ihren Grund in der wirtschaftlichen Zugehörigkeit des
Steuerobjekts zur Schweiz. Das Bundesgericht hat in seiner bisherigen
Rechtsprechung die Objektsbezogenheit dieser Art der Besteuerung betont und
ausgeführt, dass der Wertzufluss aus Sachen und Rechten, die mit der Schweiz
wirtschaftlich verbunden sind, erfasst werden solle (Urteil 2A.47/1995, in: ASA
65 S. 822 E. 2b). Es handelt sich dabei um eine zusammenfassende Deutung von
einzelnen Tatbeständen, für die das Gesetz eine beschränkte Steuerpflicht
vorsieht. So knüpft diese in den meisten Fällen tatsächlich bloss an das
Vorhandensein bestimmter Sachen und Rechte (vgl. Art. 4 DBG: Geschäftsbetriebe,
Betriebsstätten, Grundeigentum usw.) an und unterwirft das daraus fliessende
Einkommen der Steuerpflicht, ohne dass es darauf ankommt, ob der
Steuerpflichtige die damit zusammenhängende Tätigkeit in der Schweiz ausübt.
Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG unterscheidet sich jedoch von den genannten
Tatbeständen, da er eine Tätigkeit in der Schweiz gerade voraussetzt. Das
BGE 137 II 246 S. 253
Bundesgericht hat dies bei der Begründung seiner früheren Rechtsprechung zu
Art. 3 Ziff. 3 lit. e BdBSt nicht übersehen, sondern war lediglich bestrebt,
die erforderliche persönliche Tätigkeit nicht zu eng zu umschreiben (Urteil
2A.83/1988, in: ASA 59 S. 471 E. 4b, wo die Sache denn auch zur näheren
Ermittlung der fraglichen Tätigkeit an die Vorinstanz zurückgewiesen wurde).
Erst später ging es ohne nähere Begründung dazu über, sich vom Wortlaut von
Art. 3 Ziff. 3 lit. e BdBSt ganz zu lösen und eine beschränkte Steuerpflicht
auch für die Tätigkeiten ohne Anwesenheit in der Schweiz zu bejahen. Erfasst
werden sollte vor allem die Vermittlung von schweizerischen Liegenschaften für
in der Schweiz wohnhafte Personen, auch wenn diese vom Ausland aus erfolgte
(Urteil 2A.47/1995, in: ASA 65 S. 822 E. 2b).
Es kann offenbleiben, ob an dieser Sichtweise heute noch festgehalten werden
kann, da Art. 4 Abs. 1 lit. d DBG nun die Vermittlung und den Handel von in der
Schweiz gelegenen Grundstücken ausdrücklich der Steuerpflicht unterwirft.
Ausserdem erklären auch Art. 5 Abs. 1 lit. b und f DBG weitere
Erwerbstätigkeiten als steuerpflichtig, bei denen eine Anwesenheit in der
Schweiz nicht erforderlich ist. Das belegt, dass der Gesetzgeber die
Erwerbstätigkeiten, die auch ohne physische Anwesenheit in der Schweiz der
Steuerpflicht unterstellt werden sollen, ausdrücklich nennt. Die Vorinstanz
gelangte daher zu Recht zum Schluss, dass eine unselbständige Erwerbstätigkeit
gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a DBG nur bei Anwesenheit in der Schweiz hier der
Steuerpflicht unterliegt.