Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 137 II 164



Urteilskopf

137 II 164

13. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. EJPD
gegen Swisslos Interkantonale Landeslotterie (Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_674/2009 vom 18. November 2010

Regeste

Art. 1 Abs. 2 LG, Art. 3 Abs. 1 SBG; Abgrenzung der Lotterie von anderen
Glücksspielen; Begriff der "Planmässigkeit" (Lotterie "Wingo" bzw. "Ecco").
Die Lotteriegesetzgebung aus dem Jahr 1923 ist überholt (E. 3). Aus Gründen der
Rechtssicherheit rechtfertigt es sich jedoch nicht, gestützt auf eine
geltungszeitliche Auslegung vom bisherigen Verständnis der Lotterie als
moderates Glücksspiel abzuweichen und den Begriff der "Planmässigkeit"
weiterzuentwickeln: Dieser setzt eine klare Vorgabe der Preise bzw. deren
Beschränkung in einem auf dem Totalisatorenprinzip beruhenden Gewinnplan voraus
(E. 4). Das Spiel "Wingo" genügt diesen Vorgaben nicht (E. 5).

Sachverhalt ab Seite 165

BGE 137 II 164 S. 165
Die Interkantonale Lotterie- und Wettkommission (im Folgenden: Comlot) erteilte
am 10. September 2007 der "Swisslos Interkantonale Landeslotterie" (im
Folgenden: Swisslos) eine Zulassungsbewilligung für die Lotterie "Wingo"
(heute: "Ecco"). Das Spiel sieht feste Gewinnquoten vor und zeichnet sich durch
die Möglichkeit von Mehrfachgewinnen aus: Mit "Wingo" kann der Spieler pro
Ziehung max. Fr. 130'000.- gewinnen. Die Höhe des "Extra"-Gewinns hängt davon
ab, welcher Gewinnrang bei "Wingo" erzielt wurde. Bei einer maximalen Anzahl
von Teilnahmen pro Ziehung sind insgesamt Fr. 1'130'000.- zu gewinnen. Der
Maximalspieleinsatz (5 Teilnahmen an 50 aufeinanderfolgenden Ziehungen) beträgt
Fr. 4'000.- ([5 x 16.-] x 50). Es sollen im Durchschnitt 64,56 % der
Spieleinsätze für "Wingo" und 65,15 % der Spieleinsätze für "Extra" als Gewinn
ausgeschüttet werden. Die Comlot erteilte die Bewilligung unter der Bedingung,
dass die Swisslos auf das Spiel "KENO SWISSLOS" verzichte, und mit der Auflage,
dass sie "während der gesamten Dauer der Durchführung von 'Wingo' das
Präventionskonzept gemäss Bewilligungsdossier" umsetze.
Gegen die Verfügung der Comlot vom 10. September 2007 gelangte das
Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) an die Rekurskommission
Interkantonale Vereinbarung Lotterien und Wetten (im Folgenden:
Rekurskommission), welche seine Beschwerde am 12. August 2009 abwies. Entgegen
der Auffassung des Departements erfülle "Wingo" bzw. "Ecco" - so die
Rekurskommission - das Erfordernis der "Planmässigkeit"; Swisslos habe
zureichende Vorkehrungen getroffen, um den Gesamtwert der zu bezahlenden
Gewinne und der Verlosungssumme sicherzustellen.
Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beantragt vor Bundesgericht,
den Entscheid der Rekurskommission aufzuheben
BGE 137 II 164 S. 166
und das Bewilligungsgesuch der Swisslos vom 17. August 2007 betreffend das
Spiel "Wingo" abzuweisen. Das EJPD macht geltend, die Rekurskommission habe den
Begriff der Planmässigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 8.
Juni 1923 betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten (LG; SR
935.51) verkannt.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt den Entscheid der
Rekurskommission Interkantonale Vereinbarung Lotterien und Wetten vom 12.
August 2009 auf und weist das Gesuch der Swisslos vom 17. August 2007
betreffend "Wingo" ab.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Das EJPD macht geltend, die Vorinstanz habe die Rechtsprechung zum
Erfordernis der Planmässigkeit der Lotterie verkannt: Der Veranstalter von
Lotterien müsse sich darauf beschränken, das Spiel zu organisieren. Er dürfe
dabei lediglich die von der Gesamtheit der Spieler eingesetzten Gelder nach
erfolgter Durchführung des Spiels und nach Massgabe der Resultate unter den
Gewinnern verteilen, aber nie selber als Spieler auf- bzw. ins Spiel eintreten,
ein eigenes Interesse am Spielausgang haben und damit ein Spielrisiko
übernehmen. Lotterien und Totalisatorenwetten könnten gestützt auf das
Lotteriegesetz nur bewilligt werden, wenn das Spielrisiko ausschliesslich von
den Spielern getragen werde. Alle übrigen Glücksspiele, bei denen der
Spielveranstalter selber ein Spielrisiko (mit)trage, seien durch die
Glücksspielgesetzgebung verboten, ausser sie würden im Rahmen des
Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken
(Spielbankengesetz, SBG; SR 935.52) organisiert. Die Planmässigkeit im Sinne
des Lotteriegesetzes liege nur vor, wenn der Veranstalter einen exakten
Gewinnplan aufstelle oder das Spiel nach dem Totalisatorenprinzip organisiere
(Aufteilung des Nettobetrags des Pools auf die Gewinner zu gleichen Teilen).
Bei "Wingo" würden die Gewinne im Voraus mit festen Quoten bestimmt, womit der
einzelne Spieler gegen den Veranstalter spiele und nicht wie beim
Totalisatorensystem gegen seine Mitspieler. Das Verhalten des einzelnen
Spielers habe keinerlei Einfluss auf die Gewinnchancen bzw. die Gewinnhöhe für
die anderen Spieler; die Ausschüttungsquoten könnten bei den einzelnen
BGE 137 II 164 S. 167
Ziehungen variieren und somit nicht im Voraus exakt berechnet werden. Für den
Spielveranstalter sei unvorhersehbar, wie viele Spieler in den jeweiligen
Gewinnrängen von "Wingo" richtige Voraussagen machten; er unterwerfe sich
deshalb dem Zufall. Zwar sehe die Swisslos einen Gewinnrückstellungsfonds von 2
Mio. Franken als finanziellen Puffer vor, um die mit den geschilderten
Umständen verbundenen finanziellen Risiken abzudecken. Diese Art von innerer
Verknüpfung einzelner Spiele untereinander zwecks Risikoausgleichs sei den
Lotterien und Totalisatorwetten jedoch fremd. "Wingo" funktioniere trotz der
Möglichkeit der proportionalen Kürzung der versprochenen Quote bis zum
Aufstocken des Rückstellungsfonds nicht nach dem Totalisatorenprinzip, da
diejenigen Ausschüttungen, die dem Gewinnrückstellungsfonds entnommen würden,
eben nicht dem Totalisator, d.h. den aufsummierten Spieleinsätzen innerhalb
eines einzelnen Spiels entstammten, sondern von aussen (letztlich aus dem
Vermögen des Spielveranstalters) dem Spiel zugeführt würden.

2.2 Die Comlot wendet ein, dass die Ausführungen des EJPD "grundsätzlich"
richtig seien, doch könne das Kriterium der Planmässigkeit nicht nur mit einem
exakten Gewinnplan oder über das Totalisatorenprinzip erfüllt werden. Es treffe
zu, dass beim Spiel "Wingo" keine exakte Ausschüttungsquote berechnet werden
könne, doch sei dies auch nicht nötig, da die Veranstalterin ihr Risiko
anderweitig beschränke. Bei "Wingo" seien die Quoten in dem Sinne nicht
festbestimmt, als im Reglement proportionale Kürzungen und ein
Gewinnrückstellungsfonds vorgesehen wurden, womit der Veranstalter sein
Spielrisiko aufgrund "vorgängiger exakter Berechnungen" ausschliesse. Durch den
Vorbehalt der proportionalen Kürzung der Gewinne werde ein Verlust der
Veranstalterin nicht nur, wie das EJPD geltend mache, begrenzt, sondern
ausgeschlossen. Die Beschwerdegegnerin unterstreicht ebenfalls, dass bei
"Wingo" kein Risiko hinsichtlich der Soll-Verbindlichkeit bestehe; mit dem
entsprechenden Modell verfolge sie das Ziel, "für die Geschäftsentwicklung
dringend benötigte neue Produkte auf den Markt zu bringen". Der
Gewinnrückstellungsfonds sei für die Beurteilung der Planmässigkeit irrelevant,
da der Ausschluss des Spielrisikos vollumfänglich über den Vorbehalt der
proportionalen Gewinnkürzung erreicht werden könne; der Fonds diene lediglich
dazu, aus Marketinggründen eine allfällige Gewinnkürzung zu vermeiden.
BGE 137 II 164 S. 168

3.

3.1 Als Lotterie gilt jede Veranstaltung, bei der gegen Leistung eines
Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts ein vermögensrechtlicher
Vorteil als Gewinn in Aussicht gestellt wird, über dessen Erwerb, Grösse oder
Beschaffenheit planmässig durch Ziehung von Losen oder Nummern oder durch ein
ähnlich auf Zufall gestelltes Mittel entschieden wird (Art. 1 Abs. 2 LG; BGE
135 II 338 E. 3.2.1; BGE 133 II 68 E. 7 S. 74 ff.; BGE 132 II 240 E. 3). Der
wesentliche Unterschied zwischen den (kantonalen) Lotterien und den anderen, in
den Zuständigkeitsbereich des Bundes fallenden Glücksspielen liegt in der
Planmässigkeit des jeweiligen Geldspiels (so Urteil 6S.50/2005 vom 26. Oktober
2005 E. 3 mit Hinweisen).

3.2

3.2.1 Die Abgrenzung zwischen den Lotterien und den anderen Glücksspielen fällt
heute infolge der technischen Entwicklungen und der damit verbundenen
Annäherungen der Spielangebote im Lotto- und Glücksspielbereich zusehends
schwer. Es werden inzwischen Spiele organisiert, welche die klassischen
Einteilungen aufweichen und die Charakteristika verschiedener Spielformen in
sich vereinigen, womit die unter das Spielbankengesetz fallenden Aktivitäten
immer weniger aufgrund inhaltlicher oder spieltechnischer Kriterien von jenen
Spielen abgegrenzt werden können, die - wie die Lotterien - in den
Zuständigkeitsbereich der Kantone fallen. Die Lotteriegesetzgebung aus dem Jahr
1923 ist in verschiedener Hinsicht überholt.

3.2.2 Die Expertenkommission zur Revision des Lotteriegesetzes stellte bereits
im Jahr 2002 fest, es sei generell zu beobachten, dass Lotteriespiele immer
schneller und leichter verfügbar würden, höhere Auszahlungsquoten und Gewinne
hätten und vermehrt auf bestimmte Nachfragesegmente ausgerichtet würden. Die
verstärkte Nachfrage und die technologische Entwicklung hätten dazu
beigetragen, dass zum Teil Spiele bewilligt worden seien, deren Vereinbarkeit
mit dem geltenden Recht zumindest fraglich erscheine. So sei beispielsweise
beim Zahlenlotto mit seinen festen Quoten für drei oder vier richtige Tipps auf
die "strikte Planmässigkeit" verzichtet worden. Falls in einem Spiel -
zufallsbedingt - eine ungewöhnlich grosse Anzahl von Spielern drei oder vier
richtige Tipps haben würden, wäre die Veranstalterin gezwungen, aufgrund ihrer
angekündigten festen Quoten u.U. mehr auszuzahlen, als sie an
BGE 137 II 164 S. 169
Spieleinsätzen insgesamt eingenommen habe. Diese Situation widerspreche - so
die Expertenkommission - dem Wesen der Planmässigkeit, die eine exakte
Berechenbarkeit bzw. den Ausschluss des Spielrisikos erfordere (EJPD,
Erläuternder Bericht vom 25. Oktober 2002 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über
die Lotterien und Wetten, Ziff. 1.3.2.2, S. 20).

3.2.3 Die Expertenkommission schlug vor, Lotterien neu als Glücksspiele im
Sinne von Art. 3 Abs. 1 SBG zu umschreiben, die (a.) ausserhalb von Spielbanken
durchgeführt werden, (b.) die innerhalb eines bestimmten Zeitraums stattfinden,
(c.) an denen mehrere Spielerinnen und Spieler teilnehmen und (d.) bei denen
mindestens ein Teil der Gewinne so aufgeteilt wird, dass der Gewinn einer
Teilnehmerin oder eines Teilnehmers die Gewinnhöhe oder die Gewinnchancen der
anderen reduziert oder reduzieren kann. Sie begründete die Neufassung der
Definition damit, dass der bisherige Lotteriebegriff, welcher neben den
konstitutiven Elementen des allgemeinen Glücksspielbegriffs (Einsatz, Zufall,
Gewinn) vor allem auf die sog. Planmässigkeit abstelle, zu eng geworden sei.
Einige der heute angebotenen Spiele von Grossveranstalterinnen erfüllten das
Kriterium der Planmässigkeit (Faustformel: "Ausschluss des Spielrisikos der
Veranstalterin durch vorheriges Festlegen eines genauen Gewinnplanes") nicht
mehr. Die Planmässigkeit werde deshalb zugunsten des neuen Lotteriemerkmals der
"wechselseitigen Abhängigkeit der Gewinnchancen oder -höhen für die beteiligten
Spieler im Rahmen eines bestimmten Spiels aufgegeben. Die Spieler sollen mit
ihren Einsätzen eine "Schicksalsgemeinschaft" bilden, wobei jenen Spielern,
denen das Glück hold ist, nach der Ziehung oder Gewinnermittlung alle oder
zumindest ein Teil der Gewinne zufliessen, "was die Gewinnchancen oder die
Gewinnhöhe der verbliebenen Spieler schmälert oder ganz zu Null werden lässt"
(EJPD, Erläuternder Bericht, a.a.O., S. 30). Dieser Entwurf wurde in der
Vernehmlassungsphase mehrheitlich kritisch aufgenommen, weshalb der Bundesrat
am 18. Mai 2004 beschloss, die Arbeiten zur Revision des Lotteriegesetzes zu
sistieren. Er ging damit auf ein Ersuchen der kantonalen
Fachdirektorenkonferenz Lotteriemarkt und Lotteriegesetz ein, die im Gegenzug
zusicherte, die bestehenden wichtigsten Missstände und Mängel im Lotterie- und
Wettbereich mittels einer interkantonalen Vereinbarung rasch selber zu beheben
(Bericht des EJPD vom 15. Mai 2008 über die Situation im Lotterie- und
Wettbereich, S. 1).
BGE 137 II 164 S. 170

3.3 Am 10. September 2009 ist die Volksinitiative "Für Geldspiele im Dienst des
Gemeinwohls" eingereicht worden. Der Bundesrat will dieser einen direkten
Gegenentwurf gegenüberstellen. Im Unterschied zur Initiative schlägt er neu
eine umfassende konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes im gesamten
Bereich der Geldspiele vor; zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten zwischen
Bund und Kantonen will er ein Koordinationsorgan schaffen. Die
Kompetenzabgrenzung soll dadurch erleichtert werden, dass die Verfassung auf
den Lotteriebegriff und das bislang die Lotterie "charakterisierende Kriterium
der Planmässigkeit" verzichtet. Die Kantone werden auf Verfassungsebene für die
Bewilligung und Beaufsichtigung jener Geldspiele zuständig erklärt, an denen
eine unbegrenzte Zahl Personen teilnehmen können, die an mehreren Orten
angeboten werden und die derselben Zufallsziehung oder einer ähnlichen Prozedur
unterliegen. Dem Gesetzgeber wird es nach dem bundesrätlichen Gegenentwurf
allerdings auch künftig freistehen, auf das Kriterium der Planmässigkeit
abzustellen, "sollte sich dies als sinnvoll erweisen, was beispielsweise bei
den 'Kleinlotterien' der Fall sein könnte" (Botschaft des Bundesrats vom 20.
Oktober 2010 zur Volksinitiative "Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls",
in: BBI 2010 7961 ff., dort 7999).

4.

4.1 Ob "Wingo" als "planmässig" organisierte Lotterie gelten kann oder nicht,
ist im Rahmen des geltenden Rechts, an welches das Bundesgericht gebunden ist
(vgl. Art. 190 BV), zu beantworten, auch wenn es gemäss dem Expertenbericht
vorgekommen sein soll, dass die kantonalen Bewilligungsbehörden den Begriff der
Planmässigkeit bei ähnlichen Spielen bereits bisher grosszügiger verstanden
haben als das EJPD. Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der
Bestimmung. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen
möglich, so muss nach der wahren Tragweite gesucht werden unter
Berücksichtigung aller Auslegungselemente. Abzustellen ist namentlich auf die
Entstehungsgeschichte der Norm und ihren Zweck sowie auf die Bedeutung, die der
Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt. Das Bundesgericht hat sich
bei der Auslegung von Erlassen stets von einem Methodenpluralismus leiten
lassen und hat nur dann allein auf den Wortlaut abgestellt, wenn sich daraus
zweifelsfrei die sachlich richtige Lösung ergab. Sind mehrere Interpretationen
denkbar, soll jene gewählt werden, welche die verfassungsrechtlichen Vorgaben
BGE 137 II 164 S. 171
am besten berücksichtigt (vgl. BGE 136 II 149 E. 3 S. 154 mit Hinweisen).

4.2

4.2.1 Das Bundesgericht führte in BGE 99 IV 25 ff. unter Hinweis auf die
Entstehungsgeschichte des Lotteriegesetzes aus, dass das Element der
Planmässigkeit in Art. 1 Abs. 2 LG dazu diene, die Lotterie von den anderen
Glücksspielen abzugrenzen. Da auch diese eine gewisse Planmässigkeit
voraussetzten, müsse der Begriff "ein Mehreres enthalten, um als Merkmal zur
Unterscheidung der Lotterie vom Glücksspiel zu wirken und zudem neben den
anderen Tatbestandselementen des Art. 1 LG selbständige Bedeutung haben zu
können" (E. 5a S. 32). In BGE 85 I 177 ff. habe das Bundesgericht das Wesen des
Plans darin gesehen, dass er zum Voraus genau die Gewinne bestimme, die
zuerkannt würden, was beim Glücksspiel nicht der Fall sei. Auch in den
parlamentarischen Beratungen sei darauf hingewiesen worden, dass der
Veranstalter einer Lotterie "genau" wissen müsse, dass im Endeffekt eben für
ihn ein Gewinn resultiere. Die Chancen seien in einem "genau aufgestellten
Plan" mit einem Resultat zu verteilen, welches das Gewinnergebnis "auf die
Mühle des Veranstalters" leite. Sobald dieser sich ebenfalls dem unbedingten
Zufall unterwerfe, sei das Spiel keine Lotterie mehr. Die Planmässigkeit der
Lotterie liege deshalb - so BGE 99 IV 25 E. 5a S. 33 weiter - darin, dass der
Veranstalter aufgrund exakter Berechnung sein eigenes Spielrisiko ausschliesse,
sich also nicht dem Zufall unterwerfe, was mit Wahrscheinlichkeitsrechnungen
nicht erreicht werden könne, da sie nur Versuche darstellten, "den Zufall so
gut als möglich einzugrenzen".

4.2.2 In BGE 123 IV 175 ff. hielt das Bundesgericht fest, dass das Merkmal der
Planmässigkeit "unter anderem und jedenfalls dann gegeben" sei, "wenn der
Veranstalter Art und Umfang der in Aussicht gestellten Gewinne von vornherein
festlegt und damit sein eigenes Risiko ausschliesst, sich also nicht dem Zufall
unterwirft". Die Planmässigkeit betreffe nicht unmittelbar die Frage von
Einnahmen und Ausgaben bzw. von Gewinn und Verlust, sondern die Frage des
Spielrisikos, d.h. des Zufalls. Auf welche Art das Spielrisiko ausgeschlossen
werde, hänge wesentlich auch "von der Art der Veranstaltung" ab. Bei einer
wöchentlich veranstalteten Zahlenlotterie seien dazu andere Massnahmen
erforderlich als bei einem Wettbewerb (BGE 123 IV 175 E. 2c). Diese
Rechtsprechung hat das Bundesgericht noch jüngst bestätigt: Nach BGE 132 IV 76
BGE 137 II 164 S. 172
liegt die Planmässigkeit vor, "wenn der Veranstalter sein eigenes Spielrisiko
ausschliesst, sich also nicht dem Zufall unterwirft" (E. 4.2.1; Urteil 6S.50/
2005 vom 26. Oktober 2005 E. 3). Gemäss BGE 133 II 68 ff. ist die
"Planmässigkeit" gegeben, wenn ein Plan besteht, der zum Voraus genau die
Gewinne bestimmt, die vom Veranstalter zuerkannt werden, sodass dieser sein
eigenes Risiko ausschliessen kann. Das sei der Fall, wenn er die Höhe der
angebotenen Geldbeträge oder Waren begrenze; verspreche er jedem Teilnehmer
einen Preis, ohne deren Zahl im Voraus bestimmen zu können, laufe er hingegen
Gefahr, bedeutende Beträge entrichten zu müssen, ohne sie vorher festlegen zu
können. In diesem Fall fehle es an der Planmässigkeit; ebenso wenn die
Risikobestimmung lediglich aufgrund einer Wahrscheinlichkeitsrechnung erfolge
(E. 7.2).

4.3 Nach Auffassungen in der jüngeren Doktrin bezweckt das Kriterium der
Planmässigkeit, in Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung, das Risiko des
Glücksspiels für den Veranstalter auszuschliessen, indem zum Vornherein
"sicher" und "abschliessend" festgelegt wird, welche Leistungen er zu erbringen
hat, sodass er kein Spielrisiko trägt. Der Plan soll das Risiko des Spiels,
d.h. den Zufall, für den Veranstalter abschätzbar machen und die für ihn damit
verbundenen finanziellen Risiken beschränken bzw. ausschliessen. Das
wirtschaftliche Risiko, dass nicht alle Lose verkauft werden können, trägt er
indessen weiter. Die zentrale planmässige Ziehung verschafft dem Spieler
Klarheit und soll zu einer spielinhärenten Moderation der Spiellust beitragen:
Der Lottospieler weiss zum Vornherein, dass die Gewinne festgelegt sind und
niemand erhalten kann, was ein anderer bereits gewonnen hat. Es besteht in dem
Sinn eine Spielgemeinschaft, als die Beteiligten sich an einem über eine
bestimmte Zeit ablaufenden gemeinsamen Spiel beteiligen, über dessen Ausgang
durch eine zentrale Ziehung entschieden wird, welche die Gewinne für alle
plangemäss verteilt. Zwischen den Gewinnen der einzelnen Spieler besteht eine
notwendige Interdependenz. Die doppelte Schutzwirkung (für Veranstalter und
Teilnehmer) lässt die Lotterie als moderates Glücksspiel erscheinen (vgl.
LÉONOR PERRÉARD, Monopole des loteries et paris en Suisse: état des lieux et
perspectives, 2008, S. 16 ff.; CLAUDE ROUILLER, Jeux de loteries et paris
sportifs professionnels, RDAF 2004 I S. 434).

4.4 Trotz der dargelegten veränderten Umstände (vgl. vorstehende E. 3)
rechtfertigt es sich nicht, aufgrund einer geltungszeitlichen
BGE 137 II 164 S. 173
Sicht von diesem Verständnis der Lotterie und des Begriffs der Planmässigkeit
abzuweichen bzw. diesen hier weiterzuentwickeln: Das Kriterium der
Planmässigkeit vermag den Lotteriebegriff von den anderen Glücksspielen um Geld
mit Blick auf die Vielzahl der Spielmöglichkeiten nur so lange abzugrenzen, als
es konstant und rechtssicher gehandhabt wird. Zwar wäre methodisch eine
Abweichung von der bisherigen (auf Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck
beruhenden) Auslegung möglich, doch müssten sich hierfür die gesellschaftlichen
Realitäten derart geändert haben, dass sich der ursprüngliche Normsinn bei
gleichbleibendem Verständnis nicht mehr verwirklichen liesse (BGE 125 II 192 E.
3g). Dies ist nicht der Fall: Bei der Unterscheidung der Lotterien von den
(anderen) Glücksspielen aufgrund des Kriteriums der Planmässigkeit geht es um
die Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Kantonen, weshalb die veränderten
Umstände dieses Verhältnis betreffen müssten, d.h. sie müssten die eine oder
die andere Körperschaft nicht mehr als geeignet erscheinen lassen, die ihr vom
Gesetzgeber anvertraute Aufgabe zu lösen. Solche veränderte Umstände sind hier
nicht ersichtlich; verändert haben sich das spielerische Umfeld und die
spielerischen Bedürfnisse, was die Kompetenzabgrenzung nicht berührt. Das
Bedürfnis der Rechtssicherheit und der Transparenz gebietet deshalb, am
bisherigen Abgrenzungsverständnis, wonach das Kriterium der Planmässigkeit den
Ausschluss des eigenen Spielrisikos des Veranstalters verlangt, festzuhalten.
Eine blosse Reduktion des (Geschäfts)Risikos genügt hierfür nicht, denn jeder
Anbieter von Glücksspielen oder Buchmacherwetten trifft über Rückstellungen und
aufgrund von Wahrscheinlichkeitsberechnungen geeignete Massnahmen, um sein
Risiko zu minimieren und das Zufallselement auszugleichen. Das Spielrisiko kann
im Rahmen des geltenden Rechts - eine andere gesetzliche Regelung vorbehalten,
welche die vom Gesetzgeber allenfalls den heutigen Verhältnissen angepasste
Wertentscheidung wiedergibt (vgl. BGE 136 II 291 E. 5.3.2) - nicht anderweitig
beschränkt werden als durch einen detaillierten Gewinn- oder Trefferplan, d.h.
eine klare Vorgabe der Preise, oder aber deren Beschränkung in einem auf dem
Totalisatorenprinzip beruhenden Gewinnplan (gepoolte Einsätze pro Spiel und
Gewinnausschüttung des Nettobetrags nach Abzug von Aufwand und Take- out). Der
Gewinn des einen Lotteriespielers muss regelmässig die Chance des anderen auf
einen solchen beeinflussen. Jackpotsysteme auf der Gewinnseite sind dabei aber
nicht von vornherein
BGE 137 II 164 S. 174
ausgeschlossen, soweit sie im Rahmen des Take-outs eines moderaten Glücksspiels
auf eine nächste Spielrunde übertragen werden.

5.

5.1 "Wingo" sprengt - wie das EJPD zu Recht einwendet - diesen Rahmen: Es wird
grundsätzlich zu festen Quoten gespielt, was eher dem Buchmacher- als dem
Totalisatorenprinzip entspricht. Solche Glücksspiele und Wetten sind nach dem
geltenden Lotteriegesetz unzulässig (vgl. Art. 33 und 34 LG) - dies unabhängig
davon, ob, wie die Comlot und die Beschwerdegegnerin geltend machen, diese im
Ausland angeboten werden dürfen oder nicht. Zwar hat das Bundesgericht
ausgeführt, dass die Art, in der das Spielrisiko ausgeschlossen wird, auch vom
Typ der Veranstaltung abhängt; bei einer wöchentlich veranstalteten
Zahlenlotterie könnten andere Massnahmen erforderlich sein als bei einem
Wettbewerb (BGE 123 IV 175 E. 2c). Daraus kann aber nicht geschlossen werden,
dass das vorliegend zu beurteilende System, welches das Risiko begrenzt, jedoch
nicht im Sinne der Rechtsprechung ausschliesst, den Anforderungen des Begriffs
der Planmässigkeit genügt: "Wingo" sieht eine Ziehung alle fünf Minuten vor und
dies an sieben Tagen pro Woche, womit wegen des Spielrhythmus nicht mehr gesagt
werden kann, es sei moderat. Im Rahmen der einzelnen Ziehung (zufallsgesteuerte
Ermittlung des Gewinns nach Einsatz der Leistung vor erneutem Einsatz), auf die
es im Glücksspielbereich regelmässig ankommt (vgl. BGE 136 II 291 E. 5.2.1;
vgl. Art. 29 der Verordnung des EJPD vom 24. September 2004 über
Überwachungssysteme und Glücksspiele [SR 935.521.21]), führen die festen Quoten
dazu, dass die Veranstalterin ihr Risiko nicht mehr abschätzen kann. Sie ist
unter Umständen verpflichtet, mehr auszuschütten, als sie als Spielsumme
eingenommen hat. Der Ausgleich erfolgt gestützt auf eine
Wahrscheinlichkeitsrechnung über die hohe Anzahl von Ziehungen. Die angegebenen
Auszahlungsquoten beruhen als Durchschnittswerte auf
Wahrscheinlichkeitsüberlegungen ("Gesetz der grossen Zahlen"). Dies genügt den
in der Rechtsprechung festgelegten Voraussetzungen jedoch nicht, zumal an den
einzelnen Ziehungen regelmässig nicht die gleichen Spieler beteiligt sind,
womit das von der Expertenkommission ins Auge gefasste Kriterium der
"Schicksalsgemeinschaft" unter den Teilnehmern an den einzelnen Ziehungen
weitgehend entfällt. Das Bundesgericht hat das geltende Recht anzuwenden; soll
dieses geändert werden, weil es nicht mehr den heutigen Bedürfnissen oder
ökonomischen Interessen entspricht,
BGE 137 II 164 S. 175
hat dies unter Abwägung aller Aspekte im demokratischen Gesetzgebungsverfahren
und nicht über eine Anpassung der Rechtsprechung zu geschehen (vgl. BGE 134 II
223 E. 4.2 S. 234).

5.2 Hieran ändert - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - auch Ziffer 12.5
des Spielreglements für "Wingo" nichts: Danach wird ein allenfalls fehlender
Gewinnbetrag dem Gewinnrückstellungsfonds von 2 Millionen Franken entnommen,
sollte ein Ziehungsergebnis dazu führen, dass im Einzelfall nicht alle Gewinne
aus den getätigten Einsätzen honoriert werden können. Reichen die Summe der
Einsätze und der Gewinnrückstellungsfonds nicht aus, um alle Gewinne zu
finanzieren, werden die Gewinnsummen angepasst, indem die auszubezahlenden
Gewinnbeträge dem zur Verfügung stehenden Betrag (Summe aus getätigten
Einsätzen und Gewinnrückstellungen) entsprechend proportional gekürzt werden.
In beiden Fällen wird der Gewinnrückstellungsfonds anschliessend wieder mit
einem Abzug von 5 % des Einsatzes jeder Ziehung bis zum Betrag von 2 Mio. Fr.
geäufnet. Dies verändert indessen die Zufälligkeit des von der Veranstalterin
eingegangenen Risikos nicht. Sie finanziert den Gewinnrückstellungsfonds vor,
dessen Inhalt im schlimmsten Fall vollumfänglich für sie verlorengehen kann.
Zwar soll der Fonds über ordentliche Abzüge von 5 % auf den Einsätzen aller
Spieler finanziert bzw. refinanziert werden (vgl. Ziff. 12.2). Er entsteht
damit aber erst über mehrere Ziehungen hinweg, was den zulässigen Rahmen des
geltenden Rechts sprengt. Zwar können die Gewinnsummen in der einzelnen Ziehung
auch reduziert werden; aber selbst in dieser Situation wurde der Anteil des
verwendeten Ausgleichsfonds mit Geldern geäufnet, die nicht aus dem
Spieleinsatz der konkreten Ziehung stammen. Das EJPD weist zu Recht darauf hin,
dass in diesem Fall der Einsatz in zukünftigen Spielen zugunsten früherer
übermässiger Gewinne reduziert werden muss, womit keine Verteilung des
Einsatzes der tatsächlich an der konkreten nächsten Ziehung beteiligten Spieler
erfolgt und die Gewinnausschüttungen dieses Spiels vom Ausgang der vorherigen
Ziehungen abhängig gemacht werden. Bei "Wingo" tritt der Einzelspieler bei
einer Gesamtsicht deshalb nur noch indirekt gegen die anderen Spieler an. In
erster Linie spielt er im Buchmachersystem gegen die Veranstalterin, die sich
ihr Risiko im Umfang von 2 Mio. Fr. teilweise durch Dritte - die Teilnehmer an
anderen Ziehungen - abgelten lässt. Dies ist mit dem historischen Begriff der
Planmässigkeit und dessen Beschränkungswirkung für Veranstalter und Spieler
nicht vereinbar. Es erscheint
BGE 137 II 164 S. 176
auch zweifelhaft, ob bei einer Lottoveranstaltung mit Ziehungen alle fünf
Minuten an sieben Tagen pro Woche bei einem möglichen Maximaleinsatz von Fr.
4'000.-tatsächlich noch von einem "moderaten" Geldspiel gesprochen werden kann.