Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 137 III 49



Urteilskopf

137 III 49

9. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y.
(Beschwerde in Zivilsachen)
5A_270/2010 vom 25. November 2010

Regeste

Art. 122 ff. ZGB; Verpfändung von Mitteln der beruflichen Vorsorge für
Wohneigentum zum eigenen Bedarf.
Grundsätze und Möglichkeiten des Ausgleichs der Ansprüche aus der beruflichen
Vorsorge, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte seinen Anspruch auf
Vorsorgeleistungen oder einen Betrag bis zur Höhe seiner Freizügigkeitsleistung
für Wohneigentum zum eigenen Bedarf verpfändet hat. Anwendungsfall, in dem eine
angemessene Entschädigung gemäss Art. 124 ZGB in Raten geschuldet ist (E. 2-4).

Sachverhalt ab Seite 50

BGE 137 III 49 S. 50
X. (Ehefrau), Jahrgang 1972, und Y. (Ehemann), Jahrgang 1968, heirateten 1996.
Sie wurden Eltern zweier Töchter, geboren in den Jahren 1998 und 2001. Die
Ehefrau besorgte während der Ehe zur Hauptsache den Haushalt der Familie und
betreute die Kinder. Der Ehemann arbeitete als Verkaufsleiter im Aussendienst.
Die Ehegatten trennten sich Ende November 2005. Mit Eingabe vom 1. Februar 2008
leitete der Ehemann das Scheidungsverfahren ein. Die Ehegatten beantragten
gemeinsam die Scheidung. Das Kreisgericht K. schied die Ehe und regelte die
Scheidungsfolgen. Streitig blieb der Anspruch der Ehefrau aus beruflicher
Vorsorge gegen den Ehemann. Dessen Vorsorgeguthaben ist bei der Kantonalbank
zur Absicherung von Hypotheken verpfändet, die eine Eigengutsliegenschaft
(Wohnhaus) des Ehemannes belasten. Das Kreisgericht sprach X.
(Beschwerdeführerin) eine Entschädigung im Betrag der hälftigen
Austrittsleistung von Fr. 72'755.60 nebst Zins zu und verpflichtete Y.
(Beschwerdegegner), die Entschädigung in monatlichen Raten abzuzahlen. Beide
Parteien erhoben je Berufung. Was die berufliche Vorsorge angeht, entschied das
Kantonsgericht St. Gallen neu wie folgt:
Es wird festgestellt, dass der Vorsorgeausgleich nicht geregelt werden kann.
Y. hat die St. Galler Kantonalbank jährlich, erstmals auf Ende 2010, um
Zustimmung zur Übertragung von Austrittsleistungen im Umfang von Fr. 72'755.60
auf die Vorsorgeeinrichtung der Ehefrau zu ersuchen. Er hat X. über das
Ergebnis seiner Anfrage, eine Aufhebung der Verpfändung des Vorsorgeguthabens
oder einen Verkauf der Liegenschaft zu informieren.
Die Beschwerdeführerin hat dagegen Beschwerde erhoben. Das Bundesgericht heisst
die Beschwerde gut und verpflichtet den Beschwerdeführer, der
Beschwerdegegnerin eine angemessene Entschädigung gemäss Art. 124 ZGB von Fr.
72'755.60 nebst Zins in monatlichen Raten zu bezahlen.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass die Beschwerdeführerin gegen den
Beschwerdegegner eine Forderung aus beruflicher Vorsorge von Fr. 72'755.60 hat
und dass das Vorsorgeguthaben des Beschwerdegegners für das von den Parteien
während der Ehe selbst genutzte Wohnhaus verpfändet ist. Das Kreisgericht hat
die
BGE 137 III 49 S. 51
Teilvereinbarung der Parteien genehmigt, wonach die während der Ehe erworbenen
BVG-Guthaben nach Gesetz aufzuteilen sind. Es ist davon ausgegangen, ohne die
Zustimmung der Pfandgläubigerin, die verweigert werde, könne das
Vorsorgeguthaben des Beschwerdegegners nicht geteilt und der Betrag von Fr.
72'755.60 nicht auf das Vorsorgekonto der Beschwerdeführerin übertragen werden.
Der Beschwerdegegner schulde der Beschwerdeführerin deshalb eine angemessene
Entschädigung, die auf Fr. 72'755.60 festzusetzen und in Raten abzuzahlen sei.
Im kantonalen Berufungsverfahren haben die Parteien beantragt, auf die
Abgeltung der Ansprüche aus beruflicher Vorsorge zu verzichten
(Beschwerdegegner) bzw. die Ratenzahlungen abweichend festzusetzen
(Beschwerdeführerin). Das Kantonsgericht ist davon ausgegangen, die Teilung des
verpfändeten Vorsorgeguthabens sei möglich, doch könne wegen der Verpfändung
und der fehlenden Zustimmung der Pfandgläubigerin der Vorsorgeausgleich nicht
geregelt werden. Die Parteien müssten deshalb das Scheidungsurteil ergänzen
lassen, sobald die Liegenschaft verkauft werde, die Verpfändung der
Vorsorgeguthaben dahinfalle oder die Pfandgläubigerin einer Übertragung der
Vorsorgeguthaben an die Beschwerdeführerin zustimme. In diesem Sinn hat das
Kantonsgericht den Beschwerdegegner verpflichtet, sich um die Zustimmung der
Pfandgläubigerin zu bemühen und die Beschwerdeführerin zu informieren. Der
Entscheid über das Prinzip der Teilung und über den Anspruch auf angemessene
Entschädigung fällt in die sachliche Zuständigkeit des Scheidungsgerichts und
nicht des Berufsvorsorgegerichts (vgl. BGE 136 V 225 E. 5.3 und E. 5.4 S. 227
ff.).

3. Fallbezogen zeigt sich die rechtliche Ausgangslage wie folgt:

3.1 Die Art. 122 ff. ZGB regeln die Scheidungsfolgen betreffend "Berufliche
Vorsorge" (Marginalie). Gehört ein Ehegatte oder gehören beide Ehegatten einer
Einrichtung der beruflichen Vorsorge an und ist bei keinem Ehegatten ein
Vorsorgefall eingetreten, so hat jeder Ehegatte Anspruch auf die Hälfte der
nach dem Freizügigkeitsgesetz vom 17. Dezember 1993 (FZG; SR 831.42) für die
Ehedauer zu ermittelnden Austrittsleistung des anderen Ehegatten (Art. 122 Abs.
1 ZGB). Stehen den Ehegatten gegenseitig Ansprüche zu, so ist nur der
Differenzbetrag zu teilen (Art. 122 Abs. 2 ZGB). Ist bei einem oder bei beiden
Ehegatten ein Vorsorgefall bereits eingetreten oder können aus andern Gründen
Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge, die während der Dauer der Ehe erworben
worden sind, nicht geteilt werden, so ist eine angemessene Entschädigung
BGE 137 III 49 S. 52
geschuldet (Art. 124 Abs. 1 ZGB). Bei beiden Anspruchsgrundlagen ist Art. 123
ZGB über "Verzicht und Ausschluss" (Marginalie) zu beachten (vgl. zum System
des Vorsorgeausgleichs zuletzt: Urteil 5A_648/2009 vom 8. Februar 2010 E. 4.1,
in: FamPra.ch 2010 S. 441 f.).

3.2 Mittel der beruflichen Vorsorge können für selbst genutztes Wohneigentum
eingesetzt werden. Die Möglichkeit geht auf das Bundesgesetz vom 17. Dezember
1993 über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge
zurück, in Kraft getreten am 1. Januar 1995 (AS 1994 2372, 2378). Die
einschlägigen Bestimmungen finden sich in Art. 331d und Art. 331e OR sowie in
Art. 30a-g des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40). Sie unterscheiden
zwischen der Verpfändung und dem Vorbezug.

3.2.1 Für den Vorbezug sehen Art. 331e OR und Art. 30c BVG insbesondere vor,
dass der Arbeitnehmer bzw. Versicherte von seiner Vorsorgeeinrichtung einen
Betrag für Wohneigentum zum eigenen Bedarf geltend machen kann (Abs. 1), dass
beim verheirateten Arbeitnehmer bzw. Versicherten der Bezug nur mit
schriftlicher Zustimmung des Ehegatten zulässig ist (Abs. 5) und dass der
Vorbezug als Freizügigkeitsleistung gilt und nach den Art. 122, 123 und 141 ZGB
sowie Art. 22 FZG geteilt wird, wenn vor Eintritt eines Vorsorgefalls die Ehe
geschieden wird (Abs. 6). Für die vorbezogenen Mittel besteht namentlich im
Falle einer Veräusserung des Wohneigentums eine Rückzahlungsverpflichtung
gegenüber der Vorsorgeeinrichtung (Art. 30d Abs. 1 BVG; Art. 331e Abs. 8 OR).
Die Rückzahlungsverpflichtung wird grundbuchlich sichergestellt (Art. 30e BVG;
Art. 331e Abs. 8 OR).

3.2.2 Die im Wesentlichen gleiche Regelung gilt für die Verpfändung von Mitteln
der beruflichen Vorsorge. Gemäss Art. 30b BVG kann der Versicherte den Anspruch
auf Vorsorgeleistungen oder einen Betrag bis zur Höhe seiner
Freizügigkeitsleistung nach Art. 331d OR verpfänden. Der verwiesene Art. 331d
OR sieht insbesondere vor, dass der Arbeitnehmer den Anspruch auf
Vorsorgeleistungen oder einen Betrag bis zur Höhe seiner Freizügigkeitsleistung
für Wohneigentum zum eigenen Bedarf verpfänden kann (Abs. 1), dass beim
verheirateten Arbeitnehmer die Verpfändung nur mit schriftlicher Zustimmung des
Ehegatten zulässig ist (Abs. 5) und dass
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Art. 30d-f BVG Anwendung finden, wenn das Pfand vor dem Vorsorgefall verwertet
wird (Abs. 6).

3.2.3 Eine unterschiedliche Behandlung erfahren Vorbezug und Verpfändung von
Mitteln der beruflichen Vorsorge auch im Scheidungsfall nicht. Der Vorbezug
gilt als Freizügigkeitsleistung und wird nach Art. 122 ZGB geteilt (Art. 30c
Abs. 6 BVG; Art. 331e Abs. 6 OR). Das bedeutet, dass der Vorbezug zur
Austrittsleistung im Zeitpunkt der Scheidung hinzuzurechnen ist (vgl. BGE 132 V
332 E. 3 S. 333). Eine entsprechende Regelung fehlt für die Verpfändung von
Mitteln der beruflichen Vorsorge und ist auch nicht erforderlich. Denn die
blosse Verpfändung verändert im Gegensatz zum Vorbezug die Höhe des
Vorsorgeguthabens nicht. Die zwar verpfändete, aber im Vermögen der
Vorsorgeeinrichtung unverändert vorhandene Austrittsleistung kann nach Art. 122
ZGB ermittelt werden, ohne dass es der Hinzurechnungen oder Sondervorschriften
bedürfte.

3.3 Trotz der gesetzlichen Rückzahlungsverpflichtung und deren Sicherstellung
kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Wohneigentum, in das vorbezogene
oder verpfändete Mittel der beruflichen Vorsorge investiert wurden, an Wert
verliert und dass das Pfand für Wohneigentum, das aus Mitteln der beruflichen
Vorsorge gestellt wurde, zu Gunsten der Gläubiger verwertet wird.

3.3.1 Im Umfang des eingetretenen Verlustes fallen die vorbezogenen oder
verpfändeten Beträge aus dem System der beruflichen Vorsorge heraus. Sie sind
für die Vorsorge verloren und bei der Ermittlung der zu teilenden
Austrittsleistung gemäss Art. 122 ZGB nicht mehr zu berücksichtigen. Der
Verlust ist von beiden Ehegatten gemeinsam (im Normalfall je hälftig) zu
tragen, namentlich weil das während der Ehe mit Hilfe des Vorbezugs oder der
Verpfändung erworbene Wohneigentum in der Regel als gemeinsame Wohnung der
Ehegatten dient und diese Finanzierung des einen Ehegatten nur mit Zustimmung
des anderen Ehegatten möglich ist (vgl. BGE 132 V 332 E. 4.2-4.4 S. 333 ff.;
BGE 135 V 436 E. 3.3 S. 440 mit Hinweisen).

3.3.2 Nach der Lehre gelten die Grundsätze nicht nur für den Fall des im
Zeitpunkt der Scheidung tatsächlich eingetretenen Wertverlustes, sondern auch
für den im Zeitpunkt der Scheidung absehbaren Wertverlust. Bei einem absehbaren
Wertverlust des Wohneigentums ist nur derjenige Teil des Vorbezugs zur
teilbaren Austrittsleistung hinzuzurechnen, der im Falle einer Veräusserung an
die Vorsorgeeinrichtung zurückbezahlt werden müsste. Die Bestimmung dieses
hypothetischen Erlöses, d.h. des Wertes des Wohneigentums
BGE 137 III 49 S. 54
abzüglich der hypothekarisch gesicherten Schulden (vgl. Art. 30d Abs. 5 BVG),
bzw. des Wertverlustes wird regelmässig eine Schätzung des Wohneigentums im
Rahmen der Scheidung erforderlich machen (vgl.ANDREA BÄDER FEDERSPIEL,
Wohneigentumsförderung und Scheidung, 2008, N. 614 S. 299 f. mit Hinweisen).

3.3.3 Die Frage des absehbaren Wertverlustes stellt sich in gleicher Weise bei
der Verpfändung von Mitteln der beruflichen Vorsorge. Die Bewertung des
Wohneigentums zeigt, ob und in welchem Umfang das Pfand beansprucht werden
dürfte. Der Betrag, der nach der absehbaren Pfandverwertung und der Verteilung
des Erlöses übrig bleibt, gehört zum Vorsorgeguthaben.

3.4 Ist ein vollständiger Wertverlust weder tatsächlich eingetreten noch
absehbar, kann die Berechnung gemäss Art. 122 ZGB ergeben, dass der Ehegatte,
der Mittel der beruflichen Vorsorge für Wohneigentum zum eigenen Bedarf
vorbezogen oder verpfändet hat, gegenüber dem anderen Ehegatten
ausgleichspflichtig ist. Es stellt sich die Frage nach der Durchführung der
Teilung.

3.4.1 Das vorbezogene Kapital gilt im Falle einer Scheidung vor Eintritt des
Vorsorgefalls zwar kraft Gesetzes als Freizügigkeitsleistung, ist aber in
Wirklichkeit im Wohneigentum investiert und steht deshalb nicht in Form eines
Vorsorgeguthabens bzw. einer Austrittsleistung zur Verfügung (BGE 136 V 57 E.
3.2 S. 59 f.). Die Durchführung der Teilung kann deshalb Schwierigkeiten
bereiten.

3.4.2 Die Lage zeigt sich nicht wesentlich anders bei der Verpfändung von
Mitteln der beruflichen Vorsorge. Das verpfändete Kapital befindet sich zwar
bei der Vorsorgeeinrichtung. Für die Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung,
für die Auszahlung der Vorsorgeleistung und auch für die Übertragung eines
Teils der Freizügigkeitsleistung infolge Scheidung auf eine Vorsorgeeinrichtung
des anderen Ehegatten ist jedoch die schriftliche Zustimmung des
Pfandgläubigers erforderlich, soweit die Pfandsumme betroffen ist. Dieses
Zustimmungserfordernis ist in Art. 9 Abs. 1 der Verordnung vom 3. Oktober 1994
über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge (WEFV; SR
831.411) ausdrücklich vorgesehen. Verweigert der Pfandgläubiger die Zustimmung,
kann die Erfüllung des Anspruchs, der dem anderen Ehegatten gemäss Art. 122 ZGB
zusteht, unter Umständen Schwierigkeiten bereiten.

3.4.3 In BGE 135 V 324 hat das Bundesgericht anhand der Lehre verschiedene
Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Forderung des
BGE 137 III 49 S. 55
ausgleichsberechtigten Ehegatten durch den Ehegatten, der seine Mittel der
beruflichen Vorsorge für Wohneigentum zum eigenen Bedarf vorbezogen hat,
getilgt werden kann. Ausgangspunkt bildet dabei die Annahme, dass der
ausgleichspflichtige Ehegatte Eigentümer der Liegenschaft bleibt, für die der
Vorbezug verwendet wurde. Es bestehen unter anderem folgende Möglichkeiten:
(1.) Wurden nicht sämtliche Mittel der beruflichen Vorsorge vorbezogen, ist die
Ausgleichsforderung des anderen Ehegatten durch die noch vorhandene
Freizügigkeitsleistung zu tilgen. (2.) Verfügt der ausgleichspflichtige
Ehegatte über genügend Vermögen, kann er den geschuldeten Betrag an seine
Vorsorgeeinrichtung zurückbezahlen, die den Anspruch des anderen Ehegatten
durch Übertragung einer Freizügigkeitsleistung erfüllt. (3.) Erwähnt wird die
Möglichkeit, durch Gestaltungsurteil dem ausgleichsberechtigten Ehegatten die
bedingte Forderung auf vorzeitige Rückzahlung des Vorbezugs ganz oder teilweise
zu übertragen. (4.) Ist zwischen den Ehegatten eine vertragliche Einigung
erzielbar, kann die Fälligkeit der Forderung, die dem ausgleichsberechtigten
Ehegatten zusteht, für eine bestimmte Zeitspanne aufgeschoben werden, wobei die
Forderung durch ein Grundpfand auf dem Wohneigentum zu sichern ist und die
Vorsorgeeinrichtungen beider Ehegatten in die Vereinbarung einbezogen werden
müssen. (5.) Ist eine vertragliche Einigung ausgeschlossen und verfügt der
ausgleichspflichtige Ehegatte über keine finanziellen Mittel, um den Anspruch
des anderen Ehegatten aus beruflicher Vorsorge unverzüglich zu erfüllen,
verbleibt nur mehr als Lösung, dass das Gericht die Teilung des Vorbezugs
verweigert (Art. 123 Abs. 2 ZGB) und dem ausgleichsberechtigten Ehegatten eine
angemessene Entschädigung (Art. 124 Abs. 1 ZGB) in der Höhe der geschuldeten
Austrittsleistung zuspricht, die der ausgleichspflichtige Ehegatte in Raten
abzuzahlen hat (vgl. BGE 135 V 324 E. 5.2.1 S. 329 ff. mit Hinweisen). Die für
den Vorbezug aufgezeigten Lösungen können auf die Verpfändung übertragen
werden, wobei die besondere Rechtsnatur des Pfandes zu berücksichtigen ist,
namentlich das Zustimmungserfordernis des Gläubigers, weil das Pfand das Recht
als Ganzes belastet, selbst wenn es betragsmässig begrenzt sein kann.

3.5 Es stellt sich abschliessend die Frage, ob der Vorsorgeausgleich in
Anbetracht der Schwierigkeiten, die die Durchführung der Teilung bereiten kann,
in ein Ergänzungs- oder Nachverfahren verwiesen werden darf. Einer derartigen
Verweisung steht der Grundsatz
BGE 137 III 49 S. 56
der Einheit des Scheidungsurteils entgegen, wonach das mit der Scheidung
befasste Gericht auch für die Regelung aller sich aus der Scheidung ergebenden
Nebenfolgen ausschliesslich zuständig ist und hierüber im gleichen Verfahren zu
entscheiden hat. Die einzige Ausnahme vom Grundsatz betrifft die
güterrechtliche Auseinandersetzung, die in ein separates Verfahren verwiesen
werden kann, soweit die Regelung der anderen Scheidungsfolgen nicht von ihrem
Ergebnis abhängt (BGE 134 III 426 E. 1.2 S. 429; vgl. Art. 283 der künftigen
Schweizerischen Zivilprozessordnung, AS 2010 1806, SR 272). Im Bereich des
Vorsorgeausgleichs besteht zwar eine gesetzliche Durchbrechung des Grundsatzes,
wenn sich die Ehegatten über die Teilung der Austrittsleistungen nicht einigen,
doch entscheidet das Gericht in diesem Fall wenigstens über das
Teilungsverhältnis, bevor es die Sache an das nach dem Freizügigkeitsgesetz
zuständige Gericht überweist (Art. 142 ZGB; vgl. BGE 135 V 232 E. 2.3 S. 235).
Ergänzungs- und Nachverfahren könnten allenfalls in Betracht fallen, wenn der
im Scheidungsurteil geregelte Ausgleich der beruflichen Vorsorge sich im
Nachhinein als unvollständig erweist (vgl. BGE 129 III 481 E. 3.6.3 S. 492 f.).
Eine Verweisung des Vorsorgeausgleichs insgesamt aber erscheint im Grundsatz
als unzulässig und hier mit Rücksicht auf die gezeigten Lösungsmöglichkeiten
auch nicht als unabdingbar. Eine Ausnahme wäre allenfalls in Betracht zu
ziehen, wenn einerseits die erforderlichen Informationen über bestehende
Vorsorgeguthaben kaum bzw. gar nicht erhältlich gemacht werden können und
andererseits der Vorsorgeausgleich den nachehelichen Unterhalt (Art. 125 Abs. 2
Ziff. 8 ZGB) nicht beeinflussen kann und durch weitere Abklärungen die
Scheidung verzögert würde (vgl. den kantonalen Entscheid, in: FamPra.ch 2006 S.
426).

4. Die Rechtsanwendung ergibt im vorliegenden Fall Folgendes:

4.1 In tatsächlicher Hinsicht steht unangefochten fest, dass während der Ehe
beide Beschwerdeparteien einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge angehört
haben und bei keinem Ehegatten ein Vorsorgefall eingetreten ist. Die zu
teilenden Austrittsleistungen haben Fr. 3'570.90 für die Beschwerdeführerin und
Fr. 149'082.12 für den Beschwerdegegner betragen, insgesamt Fr. 152'653.02.
Davon steht den Beschwerdeparteien die Hälfte zu (Fr. 76'326.51). Nach Abzug
ihrer Austrittsleistung (Fr. 3'570.90) beläuft sich der Anspruch der
Beschwerdeführerin aus beruflicher Vorsorge auf Fr. 72'755.60. Es handelt sich
dabei um den Differenzbetrag zwischen den
BGE 137 III 49 S. 57
Austrittsleistungen beider Beschwerdeparteien und nicht, wie das Kantonsgericht
angenommen hat, um die Hälfte der während der Ehe erworbenen
Austrittsleistungen des Ehemannes.

4.2 Das Kantonsgericht hat auf die Feststellung des Kreisgerichts verwiesen,
wonach der Beschwerdegegner sein gesamtes Vorsorgeguthaben für Wohneigentum zum
eigenen Bedarf verpfändet hat. Die Feststellung trifft zu und ist
unangefochten. Der Vollständigkeit halber kann ergänzt werden, dass die
Beschwerdeführerin die "Verpfändungs-Mitteilung" an die Vorsorgeeinrichtung wie
auch den "Rahmenvertrag für Darlehen" mitunterzeichnet hat. Gemäss
Rahmenvertrag ist das von der Kantonalbank gewährte Darlehen von Fr. 650'000.-
durch zwei Inhaberschuldbriefe über Fr. 220'000.- (1. Rang) und über Fr.
450'000.- (2. Rang), lastend auf der Eigengutsliegenschaft des
Beschwerdegegners, sowie durch die Verpfändung aller Ansprüche auf Fr.
100'000.- aus einer gebundenen Vorsorgepolice, auf Fr. 100'000.- aus einer
Lebensversicherungspolice und auf das gesamte Pensionskassen-Guthaben des
Beschwerdegegners gesichert. In ihrer Durchführbarkeitserklärung vom 23. April
2009 hat die Vorsorgeeinrichtung darauf aufmerksam gemacht, dass der
Beschwerdegegner seine Freizügigkeitsleistung und die versicherten Leistungen
für Wohneigentum zum eigenen Bedarf verpfändet habe und dass sie sich
verpflichtet habe, vor der Auszahlung der verpfändeten Leistungen die
Zustimmung des Pfandgläubigers einzuholen.

4.3 Die entscheidende Frage, ob ein Wertverlust, d.h. die Verwertung der
verpfändeten Vorsorgeguthaben absehbar sei, hat das Kantonsgericht nicht
beantwortet und als unklar bezeichnet. Es ist davon ausgegangen, über den
Vorsorgeausgleich könne derzeit nicht entschieden werden, weil die
Pfandgläubigerin wiederholt die Zustimmung zur Übertragung eines Teils des
Vorsorgeguthabens an die Beschwerdeführerin verweigert habe und sich die
beteiligte Vorsorgeeinrichtung nicht bereit erklärt habe, eine bedingte
Anweisung entgegenzunehmen. Die Ehegatten müssten das Urteil ergänzen lassen,
sobald die Liegenschaft verkauft werde, die Verpfändung der Vorsorgeguthaben
dahinfalle oder die Pfandgläubigerin einer Übertragung der Vorsorgeguthaben an
die Beschwerdeführerin zustimme. Die Beschwerdeführerin erblickt in dieser
Verweisung des Vorsorgeausgleichs in ein Nachverfahren zu Recht eine Verletzung
von Bundesrecht. Es besteht kein Grund, eine Ausnahme vom Grundsatz der Einheit
des Scheidungsurteils zuzulassen. Sämtliche Unterlagen
BGE 137 III 49 S. 58
für die Beurteilung des Vorsorgeausgleichs liegen vor (E. 3.5 hiervor).

4.4 Entscheidend ist zunächst, ob und in welchem Umfang ein Verlust der
verpfändeten Vorsorgeguthaben absehbar ist (E. 3.3 hiervor). Die
Beschwerdeführerin bestreitet eine Überschuldung der Liegenschaft des
Beschwerdegegners. Es kann ergänzt werden, dass keine der Parteien im
kantonalen Berufungsverfahren eine gutachterliche Schätzung des
Liegenschaftswertes beantragt hat. Abzustellen ist auf die betreibungsamtliche
Schätzung und die bankinterne Schätzung, auf die das Kantonsgericht verwiesen
hat. Gemäss der bankinternen Schätzung vom 19. Dezember 2008 beträgt der
Verkehrswert des Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung und zwei Garagen,
Eigentum des Beschwerdegegners, Fr. 700'000.-. Die betreibungsamtliche
Schätzung vom 22. September 2008 lautet auf Fr. 617'655.- bei im
Lastenverzeichnis verzeichneten grundpfandlich gesicherten Forderungen von Fr.
654'680.-. Auf Grund der beiden Verkehrswertschätzungen kann willkürfrei davon
ausgegangen werden, dass das verpfändete Vorsorgeguthaben im Betrag der während
der Ehe angesparten Austrittsleistung von rund Fr. 150'000.- im Falle einer
Verwertung nicht oder nur bis zur Hälfte in Anspruch genommen werden würde.
Unter Willkürgesichtspunkten ist somit ein Verlust des Vorsorgeguthabens, der
die vom Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin geschuldeten Fr. 72'755.60
nebst Zins erfasste, nicht absehbar. Entgegen der Annahme des Beschwerdegegners
kommt es in diesem Zusammenhang auf seine weiteren Schuldverpflichtungen nicht
an, ist doch sein Vorsorgeguthaben ausschliesslich für das Wohneigentum
verpfändet und haftet für andere Schulden nicht.

4.5 Die Möglichkeiten, wie der Beschwerdegegner den Anspruch der
Beschwerdeführerin aus beruflicher Vorsorge erfüllen könnte, sind beschränkt,
zumal das gesamte Vorsorgeguthaben verpfändet ist, frei verfügbare Mittel nicht
vorhanden sind, eine Einigung der Parteien irgendwelcher Art nicht zustande
gekommen ist und eine Veränderung im Vorsorgeguthaben mangels Zustimmung der
Pfandgläubigerin und der Vorsorgeeinrichtung ausser Betracht fällt. In Frage
kommt nur mehr eine angemessene Entschädigung in Raten gemäss Art. 124 Abs. 1
ZGB (E. 3.4.3 hiervor). Die Lösung steht zwar nicht im Vordergrund und geht den
anderen Möglichkeiten nach, lässt sich aber auf den Gesetzeswortlaut stützen,
wonach eine angemessene Entschädigung nicht nur geschuldet ist, wenn bei
BGE 137 III 49 S. 59
einem oder beiden Ehegatten ein Vorsorgefall bereits eingetreten ist, sondern
weitergehend im Sinne eines Auffangtatbestandes auch dann, wenn - wie hier -
aus andern Gründen Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge, die während der Ehe
erworben worden sind, nicht geteilt werden können.