Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 137 III 444



Urteilskopf

137 III 444

66. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen
Y. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_235/2011 vom 8. August 2011

Regeste

Art. 781 ZGB; Inhalt und Umfang eines Kiesausbeutungsrechts.
Der privatrechtliche Dienstbarkeitsvertrag und die öffentlich-rechtliche
Kiesabbaubewilligung bestimmen Inhalt und Umfang der im Grundbuch als
"Kiesausbeutungsrecht" eingetragenen Dienstbarkeit. Die dingliche Berechtigung
umfasst nicht nur den Abbau von Sand, Kies und weiteren Materialien, sondern
auch sämtliche Tätigkeiten auf dem belasteten Grundstück, die zur
Wiederherrichtung nicht mehr genutzter Abbaustellen erforderlich sind (E. 2-4).

Sachverhalt ab Seite 444

BGE 137 III 444 S. 444
Die X. AG (Beschwerdeführerin) und die Y. AG (Beschwerdegegnerin) verfügen je
über Dienstbarkeiten für den Kiesabbau zulasten des Grundstücks Nr. 324. Die
Beschwerdegegnerin baut auf einem Teil des Grundstücks Sand, Kies und weitere
Materialien ab und richtet den ursprünglichen Zustand fortlaufend wieder her,
indem
BGE 137 III 444 S. 445
sie die abgebauten Flächen mit Aushub verfüllt, mit Humus bedeckt und zuletzt
begrünt. Zu ihren Gunsten besteht seit 1979 eine mit dem Stichwort
"Kiesausbeutungsrecht" im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit. Die zu Gunsten
der Beschwerdeführerin Ende 2005 begründeten und 2006 im Grundbuch
eingetragenen Dienstbarkeiten umfassen das "Abbaurecht für Sand, Kies, Aushub
und übrige Materialien" mit dazugehörigem "Fahrwegrecht" und "Leitungsrecht"
sowie das "Deponierecht (ausschliesslich) für Aushubmaterial der Klasse 1" mit
dazugehörigem "Fahrwegrecht" und "Leitungsrecht". Die Beschwerdeführerin erhob
Klage mit den Begehren, der Beschwerdegegnerin zu verbieten, auf dem Grundstück
Nr. 324 Aushubmaterial jedweder Art zu deponieren und das Grundstück Nr. 324
mit Aushubmaterial zu befahren, und eventualiter festzustellen, dass die
Beschwerdegegnerin auf dem Grundstück Nr. 324 über keine Dienstbarkeit im Sinne
eines Deponierechts sowie eines Fahrwegrechts für den Zu- und Abtransport von
Aushubmaterial verfügt. Die kantonalen Gerichte wiesen die Klage ab. Die
Beschwerdeführerin erneuert vor Bundesgericht ihre Klagebegehren. Das
Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Die Dienstbarkeit zu Gunsten der Beschwerdegegnerin ist im Grundbuch mit dem
Stichwort "Kiesausbeutungsrecht" eingetragen. Sie geht zurück auf einen Vertrag
vom 4. Mai 1979 zwischen dem Vater des heutigen Grundeigentümers und der
Beschwerdegegnerin. Den Dienstbarkeitsvertrag von 1979 haben die
Begründungsparteien in Zusatzvereinbarungen vom 4. Juli 1981 und vom 7. April
1988 ergänzt und bestätigt und in einer Vereinbarung vom 6. Dezember 2006 unter
Einbezug des heutigen Grundeigentümers zusätzlich ausgedehnt. Der
Dienstbarkeitsvertrag und alle Zusatzvereinbarungen sind beim Grundbuch
angemeldet und zu den Belegen genommen worden. Die Beschwerdegegnerin hat auf
Grund des Kiesausbeutungsrechts während Jahren Sand, Kies und weitere
Materialien abgebaut und die abgebauten Flächen fortlaufend in den
ursprünglichen Zustand zurückversetzt und renaturiert bzw. rekultiviert.

2.1 Die im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit zu Gunsten der
Beschwerdegegnerin ist eine Personaldienstbarkeit (Art. 781 Abs. 1
BGE 137 III 444 S. 446
ZGB) und gehört zu den sog. Ausbeutungsrechten, d.h. zu den Rechten auf
Gewinnung von Bodenbestandteilen wie Lehm, Torf, Schiefer, Sand, Steine u.ä.
(vgl. LEEMANN, Berner Kommentar, 1925, N. 36 zu Art. 781 ZGB; LIVER, Zürcher
Kommentar, 1980, N. 174 zu Art. 730 ZGB).

2.2 Als Personaldienstbarkeit bestimmt sich ihr Inhalt und Umfang nach den für
die Grunddienstbarkeiten geltenden Regeln (Art. 781 Abs. 3 ZGB; vgl. BGE 132
III 651 E. 8 S. 655). Ausgangspunkt ist der Grundbucheintrag. Soweit sich
Rechte und Pflichten aus dem Eintrag deutlich ergeben, ist dieser für den
Inhalt der Dienstbarkeit massgebend (Art. 738 Abs. 1 ZGB). Nur wenn sein
Wortlaut unklar ist, darf im Rahmen des Eintrags auf den Erwerbsgrund
zurückgegriffen werden. Ist auch der Erwerbsgrund nicht schlüssig, kann sich
der Inhalt der Dienstbarkeit - im Rahmen des Eintrags - aus der Art ergeben,
wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt
worden ist (Art. 738 Abs. 2 ZGB; vgl. BGE 137 III 145 E. 3.1 S. 147 f.). Ist
der Eintrag nicht klar und muss auf den Erwerbsgrund abgestellt werden,
bestimmt sich gemäss Art. 781 Abs. 2 ZGB der Inhalt der Personaldienstbarkeit,
soweit es nicht anders vereinbart wird, nach den gewöhnlichen Bedürfnissen der
Berechtigten (vgl. STEINAUER, Les droits réels, Bd. III, 3. Aufl. 2003, N. 2577
S. 120). Massgebend sind dabei die Bedürfnisse im Zeitpunkt der Begründung der
Dienstbarkeit (vgl. BGE 132 III 651 E. 8.1 S. 656).

2.3 Die Bestimmung von Inhalt und Umfang der Dienstbarkeit hat die Frage zu
beantworten, was die Beschwerdegegnerin alles zu tun befugt ist, um ihre
Dienstbarkeit ihrem Zweck gemäss auszuüben. Das Obergericht hat festgestellt,
nicht angefochten seien die amtsgerichtlichen Ausführungen, wonach der
Grundbucheintrag "Kiesausbeutungsrecht" keine hinlängliche Antwort über den
Inhalt und den Umfang der Dienstbarkeit geben könne. Streitig sei einzig die
Auslegung des dem Grundbucheintrag zugrunde liegenden Dienstbarkeitsvertrags
mit seinen Zusatzvereinbarungen.

2.3.1 Zum Gegenstand des Dienstbarkeitsvertrags hat das Obergericht
festgestellt, dass der Beschwerdegegnerin darin auf unbestimmte Zeit das
dingliche Recht eingeräumt werde, auf einem Teil der Liegenschaft unbeschränkt
Kies, Sand und alle übrigen Materialien und Elemente auszubeuten (Ziff. 1), und
dass das von der Kiesausbeutung in Anspruch genommene Terrain durch die
BGE 137 III 444 S. 447
Beschwerdegegnerin fortlaufend wieder einzufüllen, zu humusieren und zu
begrünen sei (Ziff. 4 des Dienstbarkeitsvertrags vom 4. Mai 1979).

2.3.2 Bereits aufgrund des Wortlautes von Ziff. 4 hat das Obergericht
angenommen, der Dienstbarkeitsvertrag könne nur so verstanden werden, dass es
sich um ein Kiesausbeutungsrecht mit anschliessender Renaturierung handle bzw.
dass das Ausbeutungsrecht durch die Beschwerdegegnerin ohne Wiederauffüllung
nicht ausgeübt werden könne.

2.3.3 Für sein Verständnis des Dienstbarkeitsvertrags spreche auch, so hat das
Obergericht dafürgehalten, der Zusammenhang von Ziff. 4 zu Ziff. 2 des
Vertrags, wonach die Beschwerdegegnerin bei der Ausübung des Ausbeutungsrechts
grösstmögliche Sorgfalt anzuwenden und insbesondere die Vorkehren zu treffen
habe, damit das anschliessende Erdreich nicht in Bewegung gerate. Solle das
anschliessende Erdreich nicht in Bewegung geraten, müsse es der
Beschwerdegegnerin möglich sein, fortlaufend Aushubmaterial zur
Wiederauffüllung auf das Grundstück zu bringen und dort zu deponieren. Aufgrund
des Vertrags vom 4. Mai 1979 habe der Zweck des Kiesausbeutungsrechts somit
nicht darin bestanden, eine unbeschränkt grosse Grube zu schaffen. Die
Landschaft habe vielmehr erhalten und die abgebauten Gebiete hätten wieder
aufgefüllt und humusiert werden sollen, so dass das Land irgendwann wieder
genutzt werden könne.

2.3.4 Dass von einem Kiesausbeutungsrecht mit anschliessender Rekultivierung
auszugehen sei und dass die Dienstbarkeit nicht ohne anschliessende
Rekultivierung und Wiederherstellung ausgeübt werden könne, hat das Obergericht
schliesslich aus den späteren Zusatzvereinbarungen abgeleitet, insbesondere aus
der Vereinbarung vom 7. April 1988. Es hat weiter erwogen, zum selben Ergebnis
führten auch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die die Vertragsparteien
bei den von ihnen auf privatrechtlicher Ebene getroffenen Vereinbarungen zu
beachten hätten und auf die in den Vereinbarungen vom 4. Mai 1979 und vom 7.
April 1988 verwiesen werde. Beim Abbau von Kies seien verschiedene Bestimmungen
des Gewässer-, Natur- und Landschaftsschutzes zu berücksichtigen bzw. die
abgebauten Gebiete entsprechend den öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu
rekultivieren, was auch aus den der Beschwerdegegnerin seit dem 20. Januar 1982
erteilten öffentlich-rechtlichen Bewilligungen hervorgehe.
BGE 137 III 444 S. 448

2.3.5 Sei im Kiesausbeutungsrecht zu Gunsten der Beschwerdegegnerin somit die
Wiederauffüllung und Humusierung des abgebauten Gebietes enthalten, hat das
Obergericht geschlossen, müsse es der Beschwerdegegnerin möglich sein, auf dem
belasteten Grundstück das Aushubmaterial zur Auffüllung zu deponieren und das
belastete Grundstück zu diesem Zweck zu befahren.

3. Der Grundbucheintrag lautet auf "Kiesausbeutungsrecht". Vor Obergericht war
nicht mehr streitig, dass der Grundbucheintrag den Inhalt und den Umfang der
Dienstbarkeit nicht eindeutig festlegt. Gleichwohl ist darauf einzugehen, setzt
doch die Beschwerdeführerin die Dienstbarkeiten "Kiesausbeutungsrecht" und
"Kiesabbaurecht" inhaltlich gleich.

3.1 Grundbuchtechnisch wird das Stichwort "Kiesausbeutungsrecht" als
"Bezugsrecht für Kies" verstanden (vgl. URS FASEL, Grundbuchverordnung [GBV],
2008, N. 17 zu Art. 35 GBV, S. 441). Die Umschreibung ist zu allgemein, als
dass sie genauen Aufschluss darüber geben könnte, welche einzelnen
Ausübungsbefugnisse das "Kiesausbeutungsrecht" dem Berechtigten verleiht (vgl.
zur Bedeutung des Stichworts: BGE 128 III 169 E. 3a S. 172).

3.2 Nach dem zur Zeit der Begründung bestehenden und dem heutigen allgemeinen
Sprachgebrauch meint "Ausbeutung" bzw. "ausbeuten" nicht nur "abbauen" als
Tätigkeit hier des Tagebaues, sondern ganz allgemein "wirtschaftlich nutzen"
(vgl. Duden, Das grosse Wörterbuch der deutschen Sprache [...], Bd. I, 1976, S.
238 zu "ausbeuten", und Duden, Das Herkunftswörterbuch, Bd. VII, 4. Aufl. 2007,
S. 92 zu "Beute"). Dass ein "Kiesausbeutungsrecht" vom Wortlaut und Wortsinn
her weiter geht als ein "Kiesabbaurecht" belegen die im Grundbuch zu Gunsten
der Beschwerdeführerin eingetragenen Dienstbarkeiten. Neben dem "Abbaurecht für
Sand, Kies, Aushub und übrige Materialien" wurden die zu dessen Ausübung
erforderlichen Dienstbarkeiten "Fahrwegrecht" und "Leitungsrecht" separat
begründet und im Grundbuch eingetragen, während das "Kiesausbeutungsrecht"
selbst nach Ansicht der Beschwerdeführerin ohne Begründung einer eigenen
Dienstbarkeit das Fahrwegrecht zum Transport von Kies mit umfasst und über den
Abbau von Kies auch die Entnahme von Sand und weiteren Materialien zulässt
(vgl. zur Auslegung des Grundbucheintrags: BGE 86 II 243 E. 5 S. 251; Urteile
5A_617/2009 vom 26. Januar 2010 E. 3.2 und 5C.257/2001 vom 3. Dezember 2001 E.
2a).
BGE 137 III 444 S. 449

3.3 Der Grundbucheintrag "Kiesausbeutungsrecht" legt die damit verbundenen
Rechte und Pflichten im Einzelnen nicht derart eindeutig fest, dass, wie die
Beschwerdeführerin meint, kein Raum bleibt, um für die Ermittlung des Inhaltes
der Dienstbarkeit auf ihren Erwerbsgrund zurückzugreifen (vgl. BGE 123 III 461
E. 2b S. 464; BGE 128 III 169 E. 3a S. 172). Die Auslegung des
Grundbucheintrags ergibt, dass die Dienstbarkeit nicht auf den eigentlichen
Abbau von Kies und anderen Materialien beschränkt sein muss und weitergehend
zur allgemeinen wirtschaftlichen Nutzung des Kiesvorkommens bzw. der
Kiesabbaustätte auf dem belasteten Grundstück berechtigen kann. In diesem
Rahmen ist der Inhalt der Dienstbarkeit zunächst anhand ihres Erwerbsgrundes zu
bestimmen (E. 2.2 hiervor).

4. Gegen die obergerichtliche Auslegung des Erwerbsgrundes wendet die
Beschwerdeführerin zur Hauptsache ein, im Kiesausbeutungsrecht der
Beschwerdegegnerin sei kein dingliches Recht enthalten, nach erfolgtem
Kiesabbau die Abbaufläche fortlaufend in den ursprünglichen Zustand
zurückzuversetzen, d.h. mit Aushubmaterial zu verfüllen, mit Humus zu bedecken
und zuletzt zu begrünen. Aus dem Dienstbarkeitsvertrag und den
Zusatzvereinbarungen ergebe sich vielmehr eine schuldrechtliche Pflicht der
Beschwerdegegnerin gegenüber dem Grundeigentümer, die Kiesgruben wieder
aufzufüllen und die betroffenen Stellen zu renaturieren bzw. zu rekultivieren.
Diese bloss schuldrechtliche Pflicht aber könne nicht mit ihrem Deponierecht in
Widerspruch geraten.

4.1 Eine Verpflichtung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands
besteht gemäss den Feststellungen des Obergerichts aufgrund
öffentlich-rechtlicher Vorschriften und der Bewilligungen zum Kiesabbau, die
der Beschwerdegegnerin seit 1982 zustehen (E. 2.3.4 hiervor).

4.1.1 Während die Beschwerdeführerin diese öffentlich-rechtlichen Vorschriften
offenbar für belanglos hält, betont die Beschwerdegegnerin, eine
Kiesabbaubewilligung werde stets nur unter der Bedingung erteilt, dass mit dem
fortschreitenden Abbau der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werde. Sie
verweist - wie bereits das Obergericht - auf die in den Akten liegenden
Bewilligungen und den dazu gehörenden "Landschafts- und Abbauplan" der P. AG,
aus dem die wiederherzustellende Sekundärlandschaft ersichtlich sei.
BGE 137 III 444 S. 450

4.1.2 Für das Bundesgericht ist unangefochten und verbindlich festgestellt,
dass die Wiederauffüllung der ausgehobenen Kiesgrube und die Renaturierung bzw.
Rekultivierung der Abbauflächen eine Bedingung der erteilten Bewilligung zum
Kiesabbau ist. Die Bewilligungen, auf die das Obergericht verwiesen hat,
belegen diesen Sachverhalt. Danach kann die Bewilligung jederzeit widerrufen
werden, wenn die Bedingungen, Auflagen und Vorschriften nicht eingehalten
werden. Zu diesen Bedingungen und Auflagen gehört, dass die
Wiederinstandstellung und Begrünung der abgebauten Fläche schrittweise mit dem
Abbau zu erfolgen hat (Ziff. 3.3 und 4.8 der Bewilligung zur Entnahme von Kies
vom 20. Januar 1982 und Ziff. 4.3 und 5.5 der Bewilligung für die Erweiterung
der Kiesgrube vom 11. Januar 1994). Entsprechende Verpflichtungen zur
Wiederherrichtung nicht mehr genutzter Abbaustellen werden regelmässig mit der
Bewilligung zum Kiesabbau auferlegt (vgl. etwa BEAT EDELMANN, Rechtliche
Probleme des Kiesabbaus im Kanton Aargau, 1990, S. 90 und 104 ff.; JACQUES
MATILE, Un cas pratique: les gravières, in: L'aménagement du territoire en
droit fédéral et cantonal, 1990, S. 219 ff., 241 f.; LAURENT SCHULER,
L'exploitation des gisements naturels en droit vaudois, RDAF 2007 I S. 185, 195
f.).

4.1.3 Es kann somit festgehalten werden, dass die Beschwerdegegnerin kraft
öffentlichen Rechts verpflichtet ist, schrittweise mit dem Kiesabbau den
ursprünglichen Zustand wiederherzustellen und die abgebauten Flächen zu
renaturieren bzw. zu rekultivieren.

4.2 Das Obergericht ist davon ausgegangen, der Grundeigentümer habe der
Beschwerdegegnerin neben dem Abbaurecht auch alle weiteren Rechte vertraglich
eingeräumt, die sie benötigt, um ihre öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur
Wiederinstandstellung und Begrünung der abgebauten Fläche zu erfüllen (E. 2.3.4
hiervor).

4.2.1 Das Obergericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass bei der Auslegung
des Dienstbarkeitsvertrags die öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu
berücksichtigen sind. Denn die Dienstbarkeit ist hier unstreitig im Hinblick
auf die öffentlich-rechtliche Kiesabbaubewilligung eingeräumt und vor deren
Hintergrund insbesondere durch die Zusatzvereinbarungen näher umschrieben
worden. Öffentlich-rechtliche Bestimmungen, auf die im Dienstbarkeitsvertrag
verwiesen wird, können insoweit den Inhalt der privatrechtlichen Dienstbarkeit
bestimmen, wenn die Auslegung des Erwerbsgrundes, insbesondere unter
Berücksichtigung des Zwecks der Dienstbarkeit
BGE 137 III 444 S. 451
ergibt, dass die Parteien diese inhaltliche Bestimmung so gewollt haben
(ausführlich: BEAT ESCHMANN, Auslegung und Ergänzung von Dienstbarkeiten, 2005,
S. 79 f., mit Hinweisen).

4.2.2 Die einschlägige Ziff. 4 des Dienstbarkeitsvertrags von 1979 ist zwar
neutral formuliert und schreibt allgemein vor, "das von der Kiesausbeutung in
Anspruch genommene Terrain ist durch die Berechtigte fortlaufend wieder
einzufüllen, zu humusieren und zu begrünen". Wie die Ziff. 4 des
Dienstbarkeitsvertrags von den Begründungsparteien selbst verstanden wurde,
ergibt sich jedoch aus deren Zusatzvereinbarung von 1988, auf die das
Obergericht verwiesen hat. Darin wird unter dem Zwischentitel "Rekultivierung"
festgehalten, der Abbauer habe dafür besorgt zu sein, dass die Rekultivierung
gemäss behördlicher Vorschrift erfolgt. Weiter heisst es, die Parteien stimmten
überein, dass demzufolge im heutigen Zeitpunkt die Rekultivierung gemäss dem
Plan Nr. 1 vom Februar 1988 des Büros P. erfolgt. Die Vertragsklausel schliesst
mit dem Satz: "Der Grundeigentümer erklärt sich mit dieser Regelung
ausdrücklich einverstanden" (Ziff. 7 der Vereinbarung vom 7. April 1988).

4.2.3 Die Vertragsabrede mit ihrer ausdrücklichen Bezugnahme auf "die
Rekultivierung gemäss behördlicher Vorschrift" kann nur dahin gehend verstanden
werden, dass der Grundeigentümer der Beschwerdegegnerin gestattet und damit das
Recht eingeräumt hat, ihrer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur
Wiederherstellung des früheren Zustandes nachzukommen, d.h. das belastete
Grundstück auch zu diesem Zweck zu nutzen. Aus diesem Gesamtrechtsverhältnis
von öffentlich-rechtlicher Kiesabbaubewilligung und damit verbundener
privatrechtlicher Dienstbarkeit einen Teil - nach Ansicht der
Beschwerdeführerin die Wiederherstellung des früheren Zustandes -
herauszubrechen, wäre nicht sachgerecht, darf doch nicht leichthin angenommen
werden, die Parteien hätten eine unangemessene vertragliche Lösung gewollt
(vgl. BGE 122 III 420 E. 3a S. 424; BGE 126 III 119 E. 2c S. 121). Die
obergerichtliche Auslegung berücksichtigt vielmehr richtigerweise den
öffentlich-rechtlichen Gesamtzusammenhang, in den die Dienstbarkeit eingebettet
ist (vgl. BGE 128 III 265 E. 3a S. 267), und die Bedürfnisse der Berechtigten,
wie sie bereits im Zeitpunkt der Begründung der Dienstbarkeit bestanden haben
(vgl. E. 2.2 hiervor).

4.2.4 Ernsthafte Gründe dafür, vom klaren Wortlaut des Vereinbarungstextes
abzuweichen, sind weder ersichtlich noch dargetan (vgl.
BGE 137 III 444 S. 452
BGE 136 III 186 E. 3.2.1 S. 188). Die Beschwerdeführerin gibt die Ziff. 7 der
Zusatzvereinbarung in ihrer Darstellung der dienstbarkeitsrechtlichen
Ausgangslage überhaupt nicht und in der Auseinandersetzung mit dem
angefochtenen Urteil nur verstümmelt wieder, während die Beschwerdegegnerin die
Wichtigkeit der Vertragsklausel mehrfach hervorhebt.

4.2.5 Zur Hauptsache wendet die Beschwerdeführerin ein, es handle sich bei der
Wiederherstellung des früheren Zustandes nach erfolgtem Kiesabbau um eine
schuldrechtliche Verpflichtung der Beschwerdegegnerin gegenüber dem
Grundeigentümer. Eine bloss schuldrechtliche Verpflichtung aber habe keine
dingliche Wirkung, so dass der frühere Zustand nach erfolgtem Kiesabbau auch
von einer anderen Firma, beispielsweise von ihr selber gestützt auf ihr
Deponierecht, wiederhergestellt werden könne, wenn der Grundeigentümer dies
wolle. Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, dass schuldrechtliche
Pflichten - von den gesetzlichen Sonderfällen in Art. 730 Abs. 2 und Art. 741
ZGB abgesehen - persönlicher Natur sind und nur die Vertragsparteien binden
(vgl. Urteil 5A_229/2010 vom 7. Juli 2010 E. 4.1.2, in: ZBGR 92/2011 S. 209
f.). Es erscheint auch nicht als ausgeschlossen, wie das die Beschwerdeführerin
betont, dass der Grundeigentümer selber an der Wiederherstellung des früheren
Zustandes ein Interesse hat, beispielsweise um das Grundstück später
landwirtschaftlich wieder nutzen zu können, und dass die Beschwerdegegnerin
insoweit auch ihm gegenüber verpflichtet sein mag, die abgebauten Flächen mit
Aushubmaterial aufzufüllen, mit Humus zu bedecken und zu begrünen. Entscheidend
ist indessen, dass die Beschwerdegegnerin ihre Verpflichtung zu dieser
Wiederherstellung des früheren Zustandes nur erfüllen kann, wenn sie berechtigt
ist, zu diesem Zweck das Grundstück zu betreten und darauf Aushubmaterial zu
deponieren und alle weiteren Arbeiten auszuführen. Diese Rechte hat der
Grundeigentümer der Beschwerdegegnerin im Dienstbarkeitsvertrag mit seinen
Zusatzvereinbarungen eingeräumt (E. 4.2.2 hiervor). Da neben dem
Dienstbarkeitsvertrag insbesondere auch die Zusatzvereinbarung von 1988 dem
Grundbuchamt eingereicht und zu den Belegen genommen worden ist, kommt den
darin der Beschwerdegegnerin eingeräumten Rechten dingliche Wirkung zu (vgl.
Urteil 5C.269/2001 vom 6. März 2002 E. 4b, nicht publ. in: BGE 128 III 169, BGE
128 III 265 E. 3a Abs. 3 S. 267; allgemein: STEINAUER, a.a.O., N. 2536 S. 102
f., mit Hinweisen)
BGE 137 III 444 S. 453
.

4.3 Aus den dargelegten Gründen ist der Haupteinwand der Beschwerdeführerin
unbegründet. Zur wirtschaftlichen Nutzung des Kiesvorkommens bzw. der
Kiesabbaustätte auf dem belasteten Grundstück und damit zur Ausübung des im
Grundbuch eingetragenen Kiesausbeutungsrechts gehören einerseits der Abbau von
Sand, Kies und weiteren Materialien und andererseits die fortlaufende
Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verbunden mit der Renaturierung
bzw. Rekultivierung. Die Beschwerdegegnerin ist aufgrund ihrer Dienstbarkeit
deshalb insbesondere auch berechtigt, auf dem belasteten Grundstück
Aushubmaterial zu deponieren und das belastete Grundstück mit Aushubmaterial zu
befahren. Da die Dienstbarkeit der Beschwerdegegnerin zeitlich vor den
allenfalls gleichgerichteten Dienstbarkeiten der Beschwerdeführerin im
Grundbuch eingetragen wurde, gehen die Rechte der Beschwerdegegnerin nach dem
Grundsatz der Alterspriorität den Rechten der Beschwerdeführerin vor (vgl. Art.
972 ZGB; BGE 57 II 258 E. 2 S. 262; 131 III 345 E. 2.3.1 S. 352).