Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 137 III 433



Urteilskopf

137 III 433

65. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S.
Konsumenteninfo AG und Editions Plus S.à.r.l. gegen ÖKK Kranken- und
Unfallversicherungen AG (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_275/2011 / 5A_276/2011 vom 8. August 2011

Regeste

Art. 28g ff. ZGB; Berichtigung des Medienunternehmens.
Voraussetzungen, unter denen eine Berichtigung des Medienunternehmens das
schutzwürdige Interesse an einer Gegendarstellung entfallen lässt (E. 3-7).

Sachverhalt ab Seite 433

BGE 137 III 433 S. 433

A.

A.a Der "K-Tipp" ist ein deutschsprachiges Konsumentenmagazin und erscheint
alle vierzehn Tage mit insgesamt zwanzig Ausgaben im Jahr als Zeitschrift und
auf Internet ("www.ktipp.ch"). Er wird von der Konsumenteninfo AG
(Beschwerdeführerin 1) herausgegeben. Das vergleichbare Konsumentenmagazin in
französischer Sprache heisst "Bon à savoir". Die Editions Plus S.à.r.l.
(Beschwerdeführerin 2) ist die Herausgeberin der Zeitschrift "Bon à savoir" mit
BGE 137 III 433 S. 434
jährlich elf Ausgaben und die Betreiberin der Website "www.bonasavoir.ch". Die
Beschwerdeführerinnen beauftragten das Link-Institut in Luzern mit einer
repräsentativen Umfrage zur Zufriedenheit der Versicherten mit ihren
Krankenkassen.

A.b Die Ergebnisse der Umfrage wurden im "K-Tipp" vom 8. September 2010
(Ausgabe Nr. 14) unter der Rubrik "Aktuell" (S. 6 f.) und auf der Website
jeweilen mit dem Titel "Service: Die Assura auf dem letzten Platz"
veröffentlicht. Unter dem Zwischentitel "Grösste Absteigerin ist die Sympany/
ÖKK" heisst es, was folgt:
Dagegen rutschte die letztjährige Siegerin Visana auf den siebten Platz ab.
Auch die Sympany/ÖKK kam bei ihren Kunden schlechter weg als im Vorjahr und
landete auf dem zehnten Rang. Allerdings ist zu beachten, dass gerade die
beiden grössten Absteigerinnen bei den ziemlich zufriedenen Kunden markant
zugelegt haben (Visana 15 Prozentpunkte, Sympany/ÖKK 26 Prozentpunkte).
In einer Rangliste der Krankenkassen mit der Bewertung "sehr zufrieden" wurden
die Firmenlogos "Sympany/ÖKK" mit 49 % auf dem zweitletzten von elf Plätzen
verzeichnet.

A.c Unter dem Titel "Certaines caisses vous ont déçus" wurden die Ergebnisse
der Umfrage im "Bon à savoir" vom 10. September 2010 (Ausgabe Nr. 9, S. 19) und
auf der Website veröffentlicht. Unter dem Zwischentitel "Classement des
caisses" steht Folgendes geschrieben:
En revanche, Visana et Sanitas, qui étaient en tête de peloton l'an dernier,
n'apparaissent qu'en 7^e et 6^e positions. De même, ÖKK/Sympany passe de la 5^e
à la 10^e position.
In einer Rangliste der Krankenkassen mit der Bewertung "très satisfait" wurden
die Firmenlogos "Sympany/ÖKK" mit 49 % (Vorjahr: 67 %) auf dem zweitletzten von
elf Plätzen verzeichnet.

B. Die ÖKK Kranken- und Unfallversicherungen AG (ÖKK oder Beschwerdegegnerin)
verlangte am 10. und 14. September 2010 von den Beschwerdeführerinnen eine
Gegendarstellung. Sie reichte einen zu veröffentlichenden Text ein und machte
insbesondere geltend, ÖKK und Sympany seien zwei unabhängige Unternehmen und
dürften bei der Umfrage und/oder Auswertung über die Kundenzufriedenheit nicht
gleichgesetzt werden. Die Beschwerdeführerinnen schlugen vor, dass die
jeweilige Redaktion die Sache von sich aus mit einem eigens verfassten Text
präzisiere. Die Beschwerdegegnerin lehnte den Vorschlag ab. Die Berichtigung
der
BGE 137 III 433 S. 435
Beschwerdeführerin 1 erfolgte auf der Website und wurde im "K-Tipp" vom 22.
September 2010 (Ausgabe Nr. 15) am Schluss der Rubrik "Leserbriefe" (S. 37)
abgedruckt. Die Beschwerdeführerin 2 veröffentlichte eine Berichtigung auf der
Website und druckte in der Ausgabe Nr. 10 von "Bon à savoir" (Oktober 2010)
unter der Rubrik "Courrier des Lecteurs" (S. 9) eine "Précision" ab. Die
Beschwerdegegnerin beharrte auf der Veröffentlichung einer Gegendarstellung,
die von beiden Beschwerdeführerinnen abgelehnt wurde.

C. Mit Gesuchen vom 30. September 2010 beantragte die Beschwerdegegnerin die
gerichtliche Anordnung ihrer Gegendarstellungen. Die Beschwerdeführerinnen
stellten die Anträge, auf die jeweiligen Gesuche nicht einzutreten, eventuell
die Gesuche abzuweisen. Das Bezirksgericht hiess die Gesuche gut. Es
verpflichtete die Beschwerdeführerin 1, in der nächstfolgenden Ausgabe des
"K-Tipp" unter der Rubrik "Aktuell" sowie auf der Website "www.ktipp.ch" zum
Artikel "Service: Die Assura auf dem letzten Platz" vom 8. September 2010 die
verlangte Gegendarstellung zu publizieren. Das Bezirksgericht verpflichtete
auch die Beschwerdeführerin 2, in der nächstfolgenden Ausgabe des "Bon à
savoir" sowie auf der Website "www.bonasavoir.ch" zum Artikel "Certaines
caisses vous ont déçus" vom 10. September 2010, den eingereichten
Gegendarstellungstext zu publizieren. Die Beschwerdeführerinnen rekurrierten an
das Kantonsgericht, das die Rekurse abwies. Mit Beschwerden in Zivilsachen
erneuern die Beschwerdeführerinnen ihre im kantonalen Verfahren gestellten
Anträge. Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 ab,
heisst hingegen die Beschwerde der Beschwerdeführerin 2 teilweise gut, was die
gerichtlich angeordnete Veröffentlichung einer Gegendarstellung auf der Website
"www.bonasavoir.ch" anbetrifft.
(Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass sie als Medienunternehmen mit
der raschen Veröffentlichung einer Berichtigung ("Präzisierung der Redaktion")
den Gegendarstellungsanspruch der Beschwerdegegnerin erfüllt hätten. Damit sei
das schutzwürdige Interesse der Beschwerdegegnerin an der Veröffentlichung
einer Gegendarstellung entfallen. Beharre sie gleichwohl darauf, verhalte sich
die Beschwerdegegnerin rechtsmissbräuchlich. Die Beschwerdegegnerin entgegnet,
eine redaktionelle Berichtigung, die nach
BGE 137 III 433 S. 436
Anmeldung der Gegendarstellung gegen den Willen des Betroffenen veröffentlicht
werde, könne nicht zum Erlöschen des Gegendarstellungsanspruchs führen.

4. Die rechtliche Ausgangslage zeigt sich fallbezogen wie folgt:

4.1 Nach der gesetzlichen Regelung hat einen Anspruch auf Gegendarstellung, wer
durch Tatsachendarstellungen in periodisch erscheinenden Medien in seiner
Persönlichkeit unmittelbar betroffen ist (Art. 28g Abs. 1 ZGB). Der Betroffene
muss den Text der Gegendarstellung, der bestimmten formellen und inhaltlichen
Anforderungen zu genügen hat (vgl. Art. 28h ZGB), innert Frist an das
Medienunternehmen absenden, das ihm unverzüglich mitteilt, wann es die
Gegendarstellung veröffentlicht oder weshalb es sie zurückweist (vgl. Art. 28i
ZGB). Die Gegendarstellung ist sobald als möglich zu veröffentlichen, als
solche zu kennzeichnen und so zu veröffentlichen, dass sie den gleichen
Personenkreis wie die beanstandete Tatsachendarstellung erreicht (vgl. Art. 28k
ZGB). Verhindert das Medienunternehmen die Ausübung des
Gegendarstellungsrechts, verweigert es die Gegendarstellung oder veröffentlicht
es diese nicht korrekt, so kann der Betroffene das Gericht anrufen (vgl. Art.
28l ZGB). Gegendarstellungen werden in der Praxis häufig nicht einfach
zurückgewiesen, sondern in anderer Form veröffentlicht, sei es als Berichtigung
oder Präzisierung der Redaktion oder sei es zum Beispiel als Leserbrief.
Einzelne Medienunternehmen sollen bis zu 30 % aller Begehren um
Gegendarstellung auf diesem Weg erledigen (vgl. DENIS MASMEJAN, Le droit de
réponse vingt ans après: une fausse bonne idée-, Medialex 2005 S. 27 ff., 28 f.
Ziff. II/4).

4.2 Wie sich die Veröffentlichung einer Berichtigung durch das
Medienunternehmen auf den Gegendarstellungsanspruch auswirkt, ist in der Lehre
und der kantonalen Rechtsprechung umstritten.

4.2.1 Veröffentlicht das Medienunternehmen eine Berichtigung erst nach
Eintreffen der Gegendarstellung, wird darin teilweise eine Umgehung des
Gegendarstellungsrechts erblickt. Nach dieser Auffassung bezweckt das Recht auf
Gegendarstellung, dass die betroffene Person auch ihren Standpunkt zur Geltung
bringen kann. Allein schon aus dieser Zwecksetzung wird geschlossen, dass der
Gegendarstellungsanspruch nicht durch eine eigene Berichtigung des
Medienunternehmens unterlaufen werden kann. Die blosse Berichtigung durch das
Medienunternehmen ist auch nicht als Gegendarstellung gekennzeichnet, wie das
Art. 28k Abs. 2 ZGB vorschreibt.
BGE 137 III 433 S. 437
Dass das Medienunternehmen von sich aus eine Berichtigung veröffentlicht, macht
das Gegendarstellungsrecht deshalb nicht hinfällig (vgl. Urteil des
Obergerichts des Kantons Obwalden vom 9. Juli 1986 E. 1, in: SJZ 82/1986 S.
319; PEDRAZZINI/OBERHOLZER, Grundriss des Personenrechts, 4. Aufl. 1993, S.
170; FRANK/STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3.
Aufl. 1997, N. 3 zu § 215 ZPO/ZH; BARRELET/WERLY, Droit de la communication, 2.
Aufl. 2011, N. 1727, 4. Lemma, S. 518; OLIVIER RODONDI, Le droit de réponse
dans les médias, 1991, S. 249).

4.2.2 Die gegenteilige Ansicht sieht den Zweck des Rechts auf Gegendarstellung
ausschliesslich darin, dass die veröffentlichte Tatsachendarstellung im Sinn
der betroffenen Person berichtigt wird. Hat das Medienunternehmen bereits eine
Berichtigung veröffentlicht, die die Sicht der betroffenen Person beinhaltet
und die für die Gegendarstellung geltenden Veröffentlichungsvorschriften gemäss
Art. 28k Abs. 1 ZGB erfüllt, entfällt der Gegendarstellungsanspruch mangels
schutzwürdigen Interesses. Der Zweck der Gegendarstellung ist erreicht, auch
wenn sich die betroffene Person nicht mit eigenen Worten an die Öffentlichkeit
wenden konnte. Nach dieser Betrachtungsweise kann es letztlich keine Rolle
spielen, ob die Berichtigung des Medienunternehmens vor oder erst nach
Eintreffen der Gegendarstellung veröffentlicht wird (ausführlich: BEATRICE
BÄNNINGER, Die Gegendarstellung in der Praxis, 1998, S. 164 ff., mit Hinweisen;
seither allgemein: SCHWAIBOLD, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 4.
Aufl. 2010, N. 7 zu Art. 28l ZGB; JEANDIN, in: Commentaire romand, Code civil,
Bd. I, 2010, N. 32 zu Art. 28g ZGB; BARRELET/WERLY, a.a.O., N. 1702 S. 511;
TUOR/SCHNYDER/SCHMID, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 13. Aufl. 2009, § 11
N. 49 S. 117; DESCHENAUX/STEINAUER, Personnes physiques et tutelle, 4. Aufl.
2001, N. 697a S. 247).

4.3 Aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ergibt sich zur Streitfrage, was
folgt:

4.3.1 Auszugehen ist vom Zweck des Institutes. Im Unterschied zum allgemeinen
Schutz der Persönlichkeit gemäss Art. 28 Abs. 1 ZGB ist das
Gegendarstellungsrecht nicht an den Nachweis einer widerrechtlichen Verletzung
gebunden. Es soll dem Betroffenen ermöglichen, unabhängig von einem solchen
Nachweis und wenn immer möglich ohne Anrufung des Gerichts einer
Tatsachendarstellung, die ihn in seiner Persönlichkeit berührt, eine eigene
Version
BGE 137 III 433 S. 438
entgegenzustellen. Im Sinne des Rechtsschutzes durch Verfahren soll eine Art
"Waffengleichheit" herbeigeführt werden (vgl. BGE 112 Ia 398 E. 4b S. 403 f.;
BGE 113 II 213 E. 2c S. 217; BGE 117 II 115 E. 2a S. 116). Das Ziel der
Gegendarstellung, nämlich im Bereich der öffentlichen Medien in einem gewissen
Umfang gleich lange Spiesse zu schaffen, ist erreicht, wenn die
Gegendarstellung publiziert wurde und damit an das gleiche Publikum gelangt ist
wie der ursprüngliche Artikel. Der Betroffene wird sie allerdings häufig als
eine Art Genugtuung empfinden. Einen Anspruch auf eine solche hat er aber nicht
(vgl. BGE 135 III 385 E. 2.2 S. 387, zum Anspruch auf Zustellung eines
Belegexemplars).

4.3.2 Von diesem Zweck her kann das Begehren auf gerichtliche Anordnung einer
Gegendarstellung als offenbar rechtsmissbräuchlich erscheinen, wenn der
Betroffene bereits die Gelegenheit erhalten hat, seine Entgegnung - z.B. in der
Form eines Interviews - veröffentlichen zu lassen, und diese Veröffentlichung
den gesetzlichen Anforderungen an eine Gegendarstellung genügt hat.
Vorausgesetzt ist somit, dass die veröffentlichte Entgegnung innert nützlicher
Frist erfolgt ist, mit grösster Wahrscheinlichkeit wiederum auch den Leser des
beanstandeten Artikels angesprochen hat und in direkter Verbindung mit dem
beanstandeten Artikel gestanden oder diese Verbindung durch geeignete Mittel
hergestellt hat. Schliesslich darf ihr nicht erneut ein Kommentar des
Medienunternehmens gefolgt sein, der sie entwertet haben könnte (vgl. BGE 120
II 273 E. 4b S. 275). Der beurteilte Fall betraf ein ausführliches Interview,
das das Medienunternehmen dem Betroffenen zum Gegenstand des beanstandeten
Zeitungsartikels gewährt und im Anschluss daran veröffentlicht hatte.

4.4 Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Berichtigung des
Medienunternehmens ein Beharren des Betroffenen auf seinem
Gegendarstellungsrecht als offenbar rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen
kann, ist anhand sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls zu beurteilen.
Allerdings ist offenbarer Rechtsmissbrauch nur mit Zurückhaltung anzunehmen und
im Zweifel das formelle Recht zu schützen (allgemein: Urteil 5A_655/2010 vom 5.
Mai 2011 E. 2.2.1, mit Hinweis insbesondere auf HAUSHEER/JAUN, Die
Einleitungsartikel des ZGB, 2003, N. 90 zu Art. 2 ZGB; vgl. BGE 123 III 145 E.
3b S. 150). Berücksichtigt werden muss dabei, dass die Berichtigung des
Medienunternehmens im Unterschied zu den vorgenannten "Interview-Fällen" nicht
den Standpunkt des Betroffenen wiedergibt
BGE 137 III 433 S. 439
und insofern nicht als "Gegendarstellung", d.h. als eigene Version des
Betroffenen erkennbar ist. Die Frage stellt sich zudem unterschiedlich, je
nachdem, ob das Medienunternehmen von sich aus und aus eigenem Antrieb eine
Berichtigung veröffentlicht, bevor der Betroffene förmlich eine
Gegendarstellung verlangt hat, oder ob das Medienunternehmen erst nach dem
Eintreffen der Gegendarstellung eine Berichtigung veröffentlicht und damit auf
das Gegendarstellungsbegehren des Betroffenen gleichsam erst reagiert. Denn
vorab in letzterem Fall besteht die Gefahr, das Gegendarstellungsrecht könnte
entwertet und unterlaufen werden. Gleichwohl dürfen auch in diesem Bereich die
Fälle offenbaren Rechtsmissbrauchs nicht völlig ausgeschlossen werden. Wer vor
Gericht begehrt, was er bereits erhalten hat, verdient keinen Rechtsschutz. Im
Einzelfall ist jedoch streng darauf zu achten, dass die Berichtigung des
Medienunternehmens die Sachdarstellung des Betroffenen zum einen inhaltlich
richtig und vollständig wiedergibt und zum anderen den übrigen für die
Gegendarstellung geltenden Veröffentlichungsvorschriften gemäss Art. 28k Abs. 1
ZGB entspricht. Der Einwand der Beschwerdeführerinnen, dem Betroffenen sei
stets besser gedient, wenn das Medienunternehmen ausdrücklich berichtige und
nicht bloss die Gegenmeinung des Betroffenen veröffentliche, ist in dieser
allgemeinen Form unzutreffend. Das kann je nach Art der beanstandeten
Tatsachendarstellung zutreffen, muss aber nicht. Entscheidend bleibt der
Einzelfall.

4.5 Gemäss Art. 28k Abs. 1 ZGB ist die Gegendarstellung sobald als möglich zu
veröffentlichen, und zwar so, dass sie den gleichen Personenkreis wie die
beanstandete Tatsachendarstellung erreicht. Auch wenn sich daraus - im
Gegensatz zur entsprechenden Bestimmung des Vorentwurfs - nicht eine starre
Pflicht ergibt, die Gegendarstellung in der gleichen Rubrik beziehungsweise auf
der gleichen Seite wie die ursprüngliche Mitteilung abzudrucken, so muss es
sich doch um eine vom gleichen Publikum ebenso berücksichtigte
Veröffentlichungsweise handeln. Je auffälliger die beanstandete Darstellung zur
Geltung gekommen ist, desto mehr rechtfertigt es sich, der Gegendarstellung die
gleichen Modalitäten der Veröffentlichung zuzugestehen (vgl. BGE 123 III 145 E.
2 S. 147 ff.). Diese Voraussetzung erfüllt eine Veröffentlichung auf der
Leserbriefseite nicht, wenn der beanstandete Beitrag in einer Rubrik der
Sachberichterstattung erfolgt ist (vgl. BGE 119 II 97 E. 2a S. 99 f.; BGE 122
III 209 E. 2a S. 211). Neben den inhaltlichen hat diesen formellen
BGE 137 III 433 S. 440
Anforderungen an die Veröffentlichung auch die Berichtigung des
Medienunternehmens zu genügen, soll sie bewirken, dass das schutzwürdige
Interesse an der Beurteilung eines bereits eingereichten oder späteren
Gegendarstellungsbegehrens entfällt.

5. Die Beschwerdeführerinnen haben ihre Berichtigung zwei Wochen ("K-Tipp")
bzw. rund vier Wochen ("Bon à savoir") nach der beanstandeten
Tatsachendarstellung veröffentlicht und auf der jeweiligen Website
aufgeschaltet. Es hat sich dabei um die nächstfolgende Ausgabe gehandelt, da
der "K-Tipp" alle vierzehn Tage und der "Bon à savoir" einmal im Monat
erscheint (vgl. Bst. A hiervor). Die Veröffentlichung ist damit im Sinne von
Art. 28k Abs. 1 ZGB "sobald als möglich" erfolgt (vgl. SCHWAIBOLD, a.a.O., N. 2
f., und JEANDIN, a.a.O., N. 2, je zu Art. 28k ZGB).

6. In den gedruckten Ausgaben des "K-Tipp" und des "Bon à savoir" haben die
Beschwerdeführerinnen ihre Berichtigungen auf der Leserbriefseite
veröffentlicht.

6.1 Gestützt auf die Rechtsprechung (E. 4.5) hat das Kantonsgericht angenommen,
die Veröffentlichung der Berichtigung genüge den Anforderungen gemäss Art. 28k
Abs. 1 ZGB nicht. Der beanstandete Beitrag sei im Redaktionsteil erschienen, so
dass die Berichtigung im thematischen Zusammenhang und nicht einfach auf der
Leserbriefseite hätte veröffentlicht werden sollen. Ungeachtet seiner Wortwahl
ist klar, was das Kantonsgericht gemeint hat, auch wenn die Leserbriefseiten
zum redaktionellen Teil der beiden Konsumentenmagazine gehören, wie das die
Beschwerdeführerinnen hervorheben.

6.2 Die Beschwerdeführerinnen halten die Veröffentlichung der "Präzisierung der
Redaktion" unter der Rubrik "Leserbriefe" gleichwohl für gerechtfertigt, weil
in Printmedien die Leserbriefe zu den meistgelesenen Rubriken zählten (mit
Hinweis auf SCHWAIBOLD, a.a.O., N. 8 zu Art. 28k ZGB; vgl. JEANDIN, a.a.O., N.
3 zu Art. 28k ZGB). Entscheidend ist indessen nach der gesetzlichen Konzeption,
dass die Veröffentlichung nicht irgendeinen oder den grösstmöglichen Leserkreis
erreicht, sondern die Personen, die zuvor auch die beanstandete
Tatsachendarstellung gelesen haben. Wie die Beschwerdeführerinnen hervorheben,
verfügt ein Konsumentenmagazin als spezialisierte Zeitschrift über eine
sachthemenbezogen interessierte und damit über eine aufmerksamere und
kritischere Leserschaft als eine gewöhnliche Tageszeitung (vgl. Urteil 4C.170/
2006 vom 28. August
BGE 137 III 433 S. 441
2006 E. 3.3, in: sic! 2007 S. 219 f.). Es darf deshalb angenommen werden, dass
eine redaktionelle Berichtigung von den Lesern einer spezialisierten
Zeitschrift auch eher im themenbezogenen Sachzusammenhang erwartet und
wahrgenommen werden wird als auf der Leserbriefseite, die der Verbreitung
subjektiver Meinungen und Erfahrungen dient und die die auf Sachthemen
ausgerichtete fachkundige Leserschaft weniger interessieren dürfte.

6.3 Zutreffend hat das Kantonsgericht somit einen überzeugenden Grund für ein
Abweichen von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verneint. Die Berichtigung
des Medienunternehmens im Leserbriefteil genügt in formeller Hinsicht nicht,
wenn der zu berichtigende Beitrag als Sachthema des Konsumentenmagazins
abgedruckt war. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die
veröffentlichte "Präzisierung der Redaktion" inhaltlich zweifelsfrei berichtigt
hat, was von der Beschwerdegegnerin beanstandet und zur Gegendarstellung
beantragt worden war. Aus den dargelegten Gründen kann nicht beanstandet
werden, dass das Kantonsgericht ein schutzwürdiges Interesse der
Beschwerdegegnerin an der Gegendarstellung bejaht hat, was den "K-Tipp" und den
"Bon à savoir" in der gedruckten Ausgabe angeht.

7. Die Beschwerdeführerinnen haben die Berichtigung auch auf der jeweiligen
Website von "K-Tipp" und "Bon à savoir" aufgeschaltet.

7.1 Der "K-Tipp" und der "Bon à savoir" gehören beide zu den periodisch
erscheinenden Medien im Sinne von Art. 28g Abs. 1 ZGB. Sie sind in Papierform
als Zeitschriften erhältlich, doch wird ihr Inhalt regelmässig auch auf der
Website gleichen Namens aufgeschaltet. Es kann deshalb nicht beanstandet
werden, dass die kantonalen Gerichte eine Gegendarstellung auf der Website als
zulässig erachtet haben (vgl. SCHWAIBOLD, a.a.O., N. 3, und JEANDIN, a.a.O., N.
20, je zu Art. 28g ZGB). Die Modalitäten der Veröffentlichung gemäss Art. 28k
ZGB sind in diesem Fall internetspezifisch, d.h. auf der Website umzusetzen
(vgl. JEANDIN, a.a.O., N. 4 zu Art. 28k ZGB; zu einzelnen Möglichkeiten:
COTTIER/AGUET, Droit de réponse en ligne: quo vadis-, Medialex 2004 S. 203 ff.,
208 f.).

7.2 Was die Berichtigung auf der Website "www.ktipp.ch" angeht, betont die
Beschwerdeführerin 1, sie habe ihre "Präzisierung der Redaktion" unmittelbar
unter dem beanstandeten Artikel platziert und erst noch mit dem Zusatz
"Wichtig: ÖKK und Sympany sind zwei verschiedene Versicherungsunternehmen"
ergänzt. Auf Grund der
BGE 137 III 433 S. 442
verwiesenen Belege trifft die Darstellung zu. Berichtigt werden muss allerdings
(Art. 105 Abs. 2 BGG), dass die "Präzisierung der Redaktion" nicht unmittelbar
an den beanstandeten Artikel anschliesst, sondern sich darunter in der Rubrik
"Kommentare" befindet. Wer sich einloggt bzw. registrieren lässt, kann auf der
Website unter dieser Rubrik einen eigenen Kommentar hinzufügen. Darauf verweist
zutreffend auch die Beschwerdegegnerin. Es handelt sich somit um eine Art
"Leserbriefseite" auf Internet. Auf das hiervor Gesagte (E. 6) kann deshalb
auch für die Berichtigung auf der Website des "K-Tipp" verwiesen werden. Die
Veröffentlichung genügt den Anforderungen gemäss Art. 28k Abs. 1 ZGB nicht.

7.3 Die Beschwerdeführerin 2 macht geltend, dass die Berichtigung der Redaktion
auf der Website "www.bonasavoir.ch" unmittelbar unterhalb des beanstandeten
Beitrags aufgeschaltet worden sei. Es werde darin zusätzlich hervorgehoben,
dass es sich bei ÖKK und Sympany um zwei völlig verschiedene Krankenkassen
("totalement distinctes") handle. Daselbst könne ausserdem direkt eine
korrigierte Rangliste aufgerufen werden, die neu je die Zufriedenheitswerte für
die ÖKK (50,9 %) und für die Sympany (47,6 %) aufzeige. Auf Grund der
verwiesenen Belege trifft die Darstellung zu.

7.3.1 Die Beanstandung der Beschwerdegegnerin, dass sie im Text und in der
Bewertung mit der Krankenkasse "Sympany" gleichgesetzt worden sei, kommt in der
Berichtigung (zwei unabhängige Unternehmen / getrennte Bewertung) vollständig
und richtig zum Ausdruck. Die Gegenüberstellung der Zahlen für ÖKK und Sympany
gemeinsam (49 %) und je allein für ÖKK (50,9 %) und Sympany (47,6 %) belegen,
dass die Ergebnisse je nach Art der Darstellung (zusammen / getrennt)
verschieden sind. Von ihrem Inhalt her gibt die Berichtigung des
Medienunternehmens den Standpunkt der Beschwerdegegnerin somit im Wesentlichen
zutreffend wieder.

7.3.2 Der Ausdruck aus der Website "www.bonasavoir.ch" vom 5. Oktober 2010
widerlegt die Behauptung der Beschwerdegegnerin, die Berichtigung befinde sich
ebenfalls unter der Rubrik "Kommentare" und genüge deshalb nicht. Die
Beschwerdeführerin 2 hat ihre Berichtigung vielmehr unmittelbar im Anschluss an
den beanstandeten Beitrag veröffentlicht und diesen ergänzt, wie das die
Beschwerdegegnerin ihr gegenüber verlangt hatte ("à le compléter"). Mehr oder
Anderes hat die Beschwerdegegnerin auch im gerichtlichen Verfahren nicht
verlangt und darf ihr auch nicht zugesprochen
BGE 137 III 433 S. 443
werden (vgl. BGE 130 III 1 E. 3.2 S. 8 f.). Unter dem Blickwinkel von Art. 28k
Abs. 1 ZGB darf die Veröffentlichung der Berichtigung hier deshalb nicht
beanstandet werden. Wie die Veröffentlichung auf einer Website im Allgemeinen
zu gestalten ist, damit sie den gleichen Personenkreis erreicht wie die
beanstandete Tatsachendarstellung, kann damit dahingestellt bleiben.

7.3.3 Aus den dargelegten Gründen muss die Beschwerde gutgeheissen werden,
soweit sie sich gegen die gerichtliche Anordnung der Gegendarstellung auf der
Website "www.bonasavoir.ch" richtet. Die "Präzisierung der Redaktion" gibt den
Standpunkt der Beschwerdegegnerin richtig wieder und entspricht auf Grund der
Vorbringen und Begehren der Beschwerdegegnerin den massgebenden
Veröffentlichungsvorschriften.