Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 137 III 241



Urteilskopf

137 III 241

39. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S.von Känel
gegen Vormundschaftsbehörde Greifensee (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_774/2010 vom 5. Mai 2011

Regeste

Art. 264a ZGB und Art. 28 PartG; Stiefkindadoption durch eingetragene Partner.
Personen, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, sind nach geltendem
Recht nicht zur Adoption zugelassen, auch nicht zur Stiefkindadoption (E. 4).
Frage offengelassen, ob das Adoptionsverbot völkerrechtskonform ist, weil die
behauptete Diskriminierung gegenüber Ehepaaren im vorliegenden Einzelfall nicht
gegeben war (E. 5).

Sachverhalt ab Seite 242

BGE 137 III 241 S. 242

A. Maria von Känel, geb. 20. Mai 1971, lebt seit 9. März 2007 in einer
eingetragenen Partnerschaft mit Martina Rahel Scheibling, geb. 11. Februar
1971. Letztere ist die leibliche Mutter des am 9. März 2009 geborenen Kindes
Sina Rayelle Scheibling.
Die Vormundschaftsbehörde Uster hat mit Beschluss vom 12. Mai 2009 auf die
Errichtung einer Beistandschaft verzichtet und festgestellt, dass Sina Rayelle
gestützt auf Art. 298 Abs. 1 ZGB unter der elterlichen Sorge ihrer Mutter
steht.

B. Mit Schreiben vom 9. März 2010 stellte Maria von Känel bei der
Vormundschaftsbehörde Greifensee das Gesuch, Sina Rayelle zu adoptieren. In
ihrem Beschluss vom 21. April 2010 beantragte die Vormundschaftsbehörde beim
Bezirksrat Uster die Ablehnung des Gesuches. Mit Entscheid vom 14. Juni 2010
wies der Bezirksrat Uster das Gesuch um Stiefkindadoption ab.
Dagegen rekurrierte Maria von Känel am 25. Juni 2010, wobei sie die Rückweisung
zur Neubeurteilung und die Bewilligung der Stiefkindadoption verlangte. Mit
Entscheid vom 29. September 2010 wies das Obergericht, II. Zivilkammer, den
Rekurs ab.

C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 3. November 2010 verlangt Maria von Känel
im Wesentlichen die Zulassung der Adoption. Das Obergericht hat auf eine
Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es
darauf eintritt.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

4. Die Ehe steht homosexuellen Paaren nach schweizerischem Recht nicht offen.
Seit Inkrafttreten des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004 (PartG; SR
211.231) können diese jedoch eine eingetragene Partnerschaft begründen.
Gemäss Art. 28 PartG sind Personen, die in einer eingetragenen Partnerschaft
leben, weder zu fortpflanzungsmedizinischen Verfahren noch zur Adoption
zugelassen, insbesondere auch nicht zur vorliegend verlangten
Stiefkindadoption. Diesbezüglich bestimmt Art. 264a Abs. 3 ZGB, dass eine
Person das Kind ihres Ehegatten adoptieren darf, wenn die Ehegatten seit
mindestens fünf Jahren verheiratet sind.

5. Ob das in Art. 28 PartG enthaltene Adoptionsverbot als solches mit der
Bundesverfassung und dem Völkerrecht vereinbar ist, soweit dies aufgrund von
Art. 190 BV überprüft werden dürfte, kann vorliegend offengelassen werden, weil
die von der
BGE 137 III 241 S. 243
Beschwerdeführerin behauptete Diskriminierung gegenüber Ehepaaren in der
vorliegenden Konstellation nicht gegeben ist:
Eine Adoption durch den Stiefelter ist gemäss Art. 264a Abs. 3 ZGB frühestens
nach fünf Ehejahren möglich, wobei die Zeitspanne zwischen Eheschluss und
Adoptionsgesuch massgebend ist. Die Beschwerdeführerin lebte bei
Gesuchseinreichung seit drei Jahren in einer eingetragenen Partnerschaft. Bei
verheirateten Paaren müsste das entsprechende Adoptionsgesuch abgewiesen
werden. Die Beschwerdeführerin verlangt mithin etwas, was verheirateten
Ehepaaren nach schweizerischem Recht nicht zustehen würde. Folglich ist die
Beschwerdeführerin durch die Abweisung des Gesuches nicht diskriminiert;
vielmehr wären Ehepaare diskriminiert, wenn homosexuelle Paare ohne Abwarten
von Fristen das Kind des eingetragenen Partners adoptieren könnten. Dass die in
Art. 264a Abs. 3 ZGB aufgestellte Frist als solche mit übergeordnetem Recht
unvereinbar wäre und deshalb auch für Ehepaare nicht gelten könnte, wird in der
Beschwerde nirgends behauptet und ist folglich auch nicht zu erörtern, weil das
Bundesgericht wegen der in Art. 42 Abs. 2 BGG statuierten Begründungspflicht
nur gerügte Rechtsverletzungen prüft (BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.).