Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 137 III 145



Urteilskopf

137 III 145

26. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. und Mitb.
gegen W. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_652/2010 vom 4. März 2011

Regeste

Art. 738 und 737 Abs. 2 und 3 ZGB; Ermittlung von Inhalt und Umfang eines
Wegrechts, Gebot der schonenden Ausübung einer Dienstbarkeit.
Sind für die Ausübung einer Dienstbarkeit bauliche Anlagen erforderlich,
bestimmen diese in der Regel auch den Inhalt und Umfang der Dienstbarkeit, und
zwar grundsätzlich mit voller Wirkung gegenüber dem Dritterwerber (E. 3 und 4).
Das Gebot der schonenden Ausübung beziehungsweise Duldung vernachlässigbarer
Beeinträchtigungen gemäss Art. 737 Abs. 2 und 3 ZGB bedeutet keine inhaltliche
oder umfangmässige Beschränkung des Dienstbarkeitsrechts, sondern regelt die
Ausübung der Dienstbarkeit nach Massgabe ihres feststehenden Inhalts und
Umfangs (E. 5).

Sachverhalt ab Seite 146

BGE 137 III 145 S. 146

A.

A.a X., Y. und Z. (nachfolgend Beschwerdeführer) sind Stockwerkeigentümer des
Grundstücks Nr. 61 (zuvor Nr. 432) auf dem Gebiet der Gemeinde V. In südlicher
Richtung daran angrenzend befindet sich das im Eigentum von W. (nachfolgend
Beschwerdegegner) stehende Grundstück Nr. 60 (zuvor Nr. 629). An der jeweils
westlichen Grenze der beiden Grundstücke verläuft die öffentliche Strasse.

A.b Mit Grunddienstbarkeitsvertrag vom 8. Mai 1957 räumten sich die damaligen
Eigentümer A. (Grundstück Nr. 60) und B. (Grundstück Nr. 61) "gegenseitig
zwischen den beiden Häusern, soweit die Grenzlinie GBNr. 432 (heute Nr. 61) B.
verläuft, das Fuss- und Fahrwegrecht mit allen Fahrzeugen ein" (Hervorhebung im
Original).
Entsprechend wurde diese Dienstbarkeit im Grundbuch mit dem Wortlaut "Fuss- und
Fahrwegrecht mit allen Fahrzeugen" (nachfolgend als "Wegrecht" bezeichnet)
sowohl als Recht und Last gegenseitig auf den Grundstücken Nr. 60 und 61
eingetragen. Dieser Weg befindet sich auf der Fläche zwischen der südlichen
Hausfassade auf Grundstück Nr. 61 und der nördlichen Hausfassade auf Grundstück
Nr. 60 und dient auf der westlichen Seite dem Zugang zur öffentlichen Strasse.

Erwägungen

A.c Im Juli 2006 erteilte der Gemeinderat den Beschwerdeführern die
Baubewilligung für einen Erweiterungsbau und wies darin die vom
Beschwerdegegner erhobene Einsprache ab. Die Beschwerdeführer errichteten
daraufhin auf der südlichen Seite ihres Hauses auf
BGE 137 III 145 S. 147
dem Grundstück Nr. 61 einen Steg, der von der öffentlichen Strasse entlang der
Südseite zum neuen Hauseingang auf der Ost- beziehungsweise Hinterseite des
Gebäudes führt. Aufgrund des gegen Osten herabfallenden Terrains ist dieser
Zugang (der sich im Bereich der öffentlichen Strasse noch auf dem gleichen
Niveau wie diese befindet) zur Hinterseite gegenüber der Fläche zwischen den
beiden Häusern der Parteien je länger desto mehr erhöht. Im hinteren Bereich
(Ecke zwischen der Süd- und Ostfront) überragt der Steg die Fläche zwischen den
beiden Häusern.

A.d Mit Klage vom 7. September 2007 verlangte der Beschwerdegegner, die
Beschwerdeführer seien zu verpflichten, sämtliche Bauteile auf ihrem Grundstück
Nr. 61, die in eine (mit Koordinaten bestimmte) Fläche von 0,75 m^2
"hineinragen und das Strassenterrain überragen", zu entfernen, da sie damit das
vereinbarte Wegrecht verletzten. Mit Urteil vom 8. Juni 2009 wies das
Bezirksgericht C. die Klage ab.

B. Auf Berufung des Beschwerdegegners hiess das Kantonsgericht Schwyz die Klage
mit Urteil vom 19. Mai 2010 gut und verpflichtete die Beschwerdeführer,
sämtliche Bauteile auf ihrem Grundstück Nr. 61, die in die fragliche Fläche
hineinragen und die Strassenlinie überragen, ersatzlos und auf eigene Kosten,
unter solidarischer Haftung, zu entfernen.

C. Dem Bundesgericht beantragen die Beschwerdeführer in ihrer Beschwerde in
Zivilsachen die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils im Umfang der
Gutheissung der Berufung und sinngemäss die Abweisung der Klage. Sowohl das
Kantonsgericht als auch der Beschwerdegegner schliessen auf Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesgericht weist die
Beschwerde ab.
(Zusammenfassung)
Aus den Erwägungen:

3.

3.1 Für die Ermittlung von Inhalt und Umfang einer Dienstbarkeit gibt Art. 738
ZGB eine Stufenordnung vor. Ausgangspunkt ist der Grundbucheintrag. Soweit sich
Rechte und Pflichten aus dem Eintrag deutlich ergeben, ist dieser für den
Inhalt der Dienstbarkeit massgebend (Art. 738 Abs. 1 ZGB). Nur wenn sein
Wortlaut unklar ist, darf im Rahmen des Eintrags auf den Erwerbsgrund, das
heisst den Begründungsakt, zurückgegriffen werden. Ist auch der Erwerbsgrund
BGE 137 III 145 S. 148
nicht schlüssig, kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit - im Rahmen des
Eintrags - aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und
in gutem Glauben ausgeübt worden ist (Art. 738 Abs. 2 ZGB; BGE 132 III 651 E. 8
S. 655 f.; BGE 131 III 345 E. 1.1 S. 347; BGE 130 III 554 E. 3.1 S. 556 f.).

3.2

3.2.1 Die Auslegung des Begründungsakts (zweite Stufe der Auslegungsordnung
gemäss Art. 738 ZGB) erfolgt in gleicher Weise wie die sonstiger
Willenserklärungen. Gemäss Art. 18 Abs. 1 OR bestimmt sich der Inhalt des
Vertrags nach dem übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien. Nur wenn
eine tatsächliche Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, ist der Vertrag
nach dem Vertrauensgrundsatz auszulegen. Die empirische oder subjektive hat
gegenüber der normativen oder objektivierten Vertragsauslegung den Vorrang (BGE
130 III 554 E. 3.1 S. 557).

3.2.2 Stehen sich jedoch im Streit um den Inhalt und Umfang einer Dienstbarkeit
nicht mehr die ursprünglichen Vertragsparteien, sondern Dritterwerber gegenüber
(oder eine ursprüngliche Vertragspartei und ein Dritterwerber), werden die
allgemeinen Grundsätze der Vertragsauslegung (E. 3.2.1 oben) durch den
öffentlichen Glauben des Grundbuchs (Art. 973 Abs. 1 ZGB) begrenzt (HOHL, Le
contrôle de l'interprétation des servitudes par le Tribunal fédéral, ZBGR 90/
2009 S. 78).

3.3

3.3.1 Gemäss Art. 973 Abs. 1 ZGB ist im Erwerbe zu schützen, wer sich in gutem
Glauben auf einen Eintrag im Grundbuch - wobei der Dienstbarkeitsvertrag als
Beleg beim Grundbuchamt aufbewahrt wird (Art. 948 Abs. 2 ZGB) und ebenfalls
einen Bestandteil des Grundbuchs bildet (Art. 942 Abs. 2 ZGB) - verlassen und
daraufhin Eigentum oder andere dingliche Rechte erworben hat. Wo das Gesetz
eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen
Dasein zu vermuten (Art. 3 Abs. 1 ZGB).
Der öffentliche Glaube des Grundbuchs bedeutet nicht nur, dass der Inhalt des
Grundbuchs als richtig fingiert wird (positive Seite des Publizitätsprinzips).
Der Grundbucheintrag gilt vielmehr auch als vollständig (negative Seite des
Publizitätsprinzips; Urteile 5C.232/2003 vom 2. März 2004 E. 2.1, nicht publ.
in: BGE 130 III 306, aber in: ZBGR 86/2005 S. 41; 5C.301/2005 vom 17. Februar
2006 E. 3, in: ZBGR 89/2008 S. 292).
BGE 137 III 145 S. 149

3.3.2 Der gute Glaube ist jedoch nicht absolut geschützt. Vielmehr darf sich
nicht auf seinen guten Glauben berufen, wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie
nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte
(Art. 3 Abs. 2 ZGB). Selbst ein an sich gutgläubiger Erwerber muss daher nähere
Erkundigungen einziehen, sofern besondere Umstände ihm Zweifel an der
Genauigkeit des Eintrags aufkommen lassen (vgl. BGE 127 III 440 E. 2c S. 443;
BGE 109 II 102 E. 2 S. 104). Der Entscheid darüber erfolgt aufgrund sämtlicher
Umstände des konkreten Einzelfalls nach gerichtlichem Ermessen (Art. 4 ZGB; BGE
122 III 1 E. 2a/aa S. 3).

3.3.3 Den guten Glauben des Erwerbers in das Grundbuch zerstören kann
namentlich die sog. natürliche Publizität, die darin besteht, dass der
Rechtsbestand im physischen Zustand der Liegenschaft nach aussen sichtbar in
Erscheinung tritt (vgl. dazu BGE 137 III 153 E. 4.1.3 S. 156 mit Hinweisen).
Für Wegrechte bedeutet dies insbesondere, dass dort, wo für die Ausübung der
Dienstbarkeit bauliche Anlagen erforderlich sind, diese in der Regel auch den
Inhalt und den Umfang der Dienstbarkeit bestimmen, und zwar mit voller Wirkung
gegenüber dem Dritterwerber, der sich grundsätzlich alles entgegenhalten lassen
muss, was sich aus der Lage und der nach aussen in Erscheinung tretenden
Beschaffenheit der Grundstücke ergibt (vgl. LIVER, Zürcher Kommentar, 2. Aufl.
1980, N. 31, 33 und 55 zu Art. 738 ZGB; SCHMID/HÜRLIMANN-KAUP, Sachenrecht, 3.
Aufl. 2009, N. 1275c; allgemein zu baulichen Anlagen vgl. auch Urteile 5C.27/
2006 vom 3. August 2006 E. 3.2; 5C.257/2001 vom 3. Dezember 2001 E. 2b/aa und
2b/bb).
In diesem Sinn hat das Bundesgericht festgehalten, dass nach allgemeiner
Lebenserfahrung niemand ein wegrechtsberechtigtes Grundstück kaufe, ohne es
vorher zu besichtigen, und dass - Ausnahmefälle vorbehalten - kein
Dritterwerber in gutem Glauben geltend machen könne, er habe die im
Grundbucheintrag (wozu wie erwähnt auch der Dienstbarkeitsvertrag zählt) nicht
erwähnten Besonderheiten des Wegrechts nicht gekannt, die für ihn bei einer
Besichtigung erkennbar gewesen wären. Wird folglich der Inhalt und Umfang des
Wegrechts durch die örtlichen Gegebenheiten für jedermann sichtbar beschränkt,
hat sich der Erwerber dies grundsätzlich entgegenhalten zu lassen (vgl. Urteil
5C.71/2006 vom 19. Juli 2006 E. 2.3, in: ZBGR 88/2007 S. 467 ff.; BGE 137 III
153 E. 4.2.3 S. 157; ähnlich Urteil 5A_846/2009 vom 12. März 2010 E. 4.2, in:
ZBGR 92/2011 S. 116 f.; HOHL, a.a.O., S. 79; PIOTET, Le contenu d'une
servitude, sa
BGE 137 III 145 S. 150
modification conventionnelle et la protection de la bonne foi, ZBGR 81/2000 S.
288; unklar ESCHMANN, Auslegung und Ergänzung von Dienstbarkeiten, 2005, S. 41
f. und 95 f.; teilweise abweichend und kritisch hingegen KOLLER, Bemerkungen
zum zitierten Urteil 5C.71/2006, AJP 2008 S. 474 f.).

4.

4.1 Im vorliegend zu beurteilenden Fall lautet der Grundbucheintrag "Fuss- und
Fahrwegrecht mit allen Fahrzeugen".
Das Kantonsgericht hat insoweit zutreffend erwogen (was die Beschwerdeführer
zudem nicht bestreiten), dass sich aus dem Grundbucheintrag (Art. 738 Abs. 1
ZGB) keine Einzelheiten zum Inhalt und Umfang der Dienstbarkeit entnehmen
lassen, so dass gemäss Art. 738 Abs. 2 ZGB der Erwerbsgrund zu befragen ist.

4.2

4.2.1 Im Dienstbarkeitsvertrag vom 8. Mai 1957 räumten sich die ursprünglichen
Vertragsparteien "gegenseitig zwischen den beiden Häusern, soweit die
Grenzlinie GBNr. 432 (heute Nr. 61) B. verläuft, das Fuss- und Fahrwegrecht mit
allen Fahrzeugen ein".

4.2.2 In der vorliegenden Streitigkeit um den Umfang des Wegrechts stehen sich
unbestrittenermassen nicht mehr die ursprünglichen Vertragsparteien gegenüber.
Sowohl das Bezirksgericht wie implizit auch das Kantonsgericht haben anhand der
Fotografien des Beschwerdegegners vom April 1980 (Klagebeilagen 37 und 38)
festgestellt, dass die strittige Fläche zwischen den beiden Häusern jedenfalls
ab dem Jahr 1980 asphaltiert war und dieser Strassenbelag auf dem Grundstück
der Beschwerdeführer durch einen Randstein (in Form von Pflastersteinen)
abgegrenzt war und auch heute noch ist. Gegen diese Tatsachenfeststellungen
erheben die Beschwerdeführer keine Rügen.

4.2.3 Der Beschwerdeführer 1 hat das Grundstück Nr. 61 am 25. März 1980
erworben (vgl. im Übrigen auch seinen "Antrag auf Bereinigung und
Zusammenlegung" seiner damaligen Grundstücke Nr. 61 und 62 zum vergrösserten
Grundstück Nr. 61 vom 30. August 1983, wo er ausdrücklich auch das fragliche
Wegrecht - das damals wie erwähnt bereits asphaltiert und mit einem Randstein
versehen war - aufführt). Am 28. September 2006 bildete er Miteigentumsanteile
und gestaltete diese als Stockwerkeigentum aus. Die Beschwerdeführer 2 und 3
erwarben in der Folge Stockwerkeigentumsanteile.
BGE 137 III 145 S. 151

4.3 Steht damit fest, dass die bauliche Anlage (asphaltierte Strasse mit einem
Randstein aus Pflastersteinen auf der Seite des Grundstücks der
Beschwerdeführer) im Zeitpunkt des Dritterwerbs durch die Beschwerdeführer
bereits bestand, müssen sie sich diese für jedermann sichtbaren örtlichen
Begebenheiten (asphaltierter Weg mit Randstein als bauliche Anlage)
entgegenhalten lassen. Der Inhalt und Umfang des Wegrechts bestimmt sich damit
gegenüber den Beschwerdeführern aufgrund des asphaltierten Weges.

4.4 Soweit sie einwenden, es sei einzig der ursprüngliche Zustand zur Zeit der
Begründung der Dienstbarkeit im Jahr 1957 massgebend und damals sei die
Wegrechtsfläche nur gekiest gewesen und es habe keine bauliche Anlage
bestanden, verkennen sie, dass für die Frage der Gutgläubigkeit der
Dritterwerber auf die Verhältnisse zur Zeit ihres Erwerbs abzustellen ist
(Urteil 5C.232/2003 vom 2. März 2004 E. 2.1 und 4.1, nicht publ. in: BGE 130
III 306, aber in: ZBGR 86/2005 S. 41 ff.).

4.5 Was die Breite betrifft, erstreckt sich damit das Wegrecht aufgrund der
baulichen Anlage - jedenfalls gegenüber den Beschwerdeführern - von der
Fassadengrenze des Hauses des Beschwerdegegners auf dem Grundstück Nr. 60 bis
zum Randstein auf dem Grundstück Nr. 61 der Beschwerdeführer. Auf welcher Länge
das Wegrecht verläuft, braucht nicht weiter thematisiert zu werden, da die
asphaltierte Fläche mit dem Randstein jedenfalls weiter nach Osten reicht als
der Steg und damit die fragliche Fläche von 0,75 m^2 auch mit Blick auf die
Länge auf die Dienstbarkeitsfläche zu liegen kommt.
Im Ergebnis (BGE 136 III 449 E. 4.2 S. 452) ist damit der kantonsgerichtliche
Schluss, das Wegrecht erstrecke sich in der Breite auf der Seite der
Beschwerdeführer bis zum Randstein, nicht zu beanstanden. Die fragliche Fläche
von 0,75 m^2 des Stegs der Beschwerdeführer befindet sich auf der
Dienstbarkeitsfläche.

5.

5.1 Art. 737 ZGB verdeutlicht den Grundgedanken, wonach der belastete
Grundeigentümer nicht hindern darf, was der Grunddienstbarkeitsberechtigte zu
tun befugt ist. Währenddem der Berechtigte verpflichtet ist, sein Recht in
möglichst schonender Weise auszuüben (Art. 737 Abs. 2 ZGB; Grundsatz "servitus
civiliter exercenda"; BGE 113 II 151 E. 4 S. 153), darf der Belastete nichts
vornehmen, was die Ausübung der Dienstbarkeit verhindert oder erschwert (Art.
737 Abs. 3 ZGB).
BGE 137 III 145 S. 152

5.2 Das Kantonsgericht gelangte zum Schluss, die fragliche Fläche von 0,75 m^2
behindere die Ausübung der Dienstbarkeit mit gängigen Lastwagen stark
beziehungsweise es sei deren Ausübung ohne erhebliche Einschränkung nicht mehr
möglich. Diese rechtliche Folgerung schloss es insbesondere aufgrund der
Klagebeilagen 45 und 46. Diese zeigen einen Lastwagen, der den Weg zwischen den
Häusern passiert.

5.3 Die Beschwerdeführer rügen insoweit eine willkürliche
Sachverhaltsfeststellung (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Befahren des Weges sei auch
mit heute gängigen Lastwagen noch möglich. Die verfügbare Fahrwegbreite betrage
vier Meter und sei damit ausreichend für das Passieren mit gängigen Lastwagen.
Die Würdigung der Fotografien in der Klagebeilage 45 und 46 erweise sich als
willkürlich, da der dort abgebildete Lastwagen die Wegfläche gar nicht befahre,
sondern sich in einem Wendemanöver befinde (der LKW sei am "Rangieren", um eine
Mulde abzuladen).

5.4 Das Prinzip "servitus civiliter exercenda" bedeutet als Konkretisierung von
Art. 2 ZGB, dass der Berechtigte auf eine den Belasteten beeinträchtigende
Rechtsausübung verzichten muss, soweit diese Rechtsausübung unnütz ist oder
sein Interesse daran jedenfalls in einem krassen Missverhältnis zum Interesse
des Belasteten an der Unterlassung der Beeinträchtigung steht (BGE 100 II 195
E. 4a S. 197). Mit Blick auf Art. 737 Abs. 3 ZGB folgt aus diesem Grundsatz
spiegelbildlich, dass der Belastete dem Berechtigten in gewisser Hinsicht
Beschränkungen auferlegen kann, solange dadurch die Ausübung der Dienstbarkeit
nicht merklich beeinträchtigt wird (STEINAUER, Les droits réels, Bd. II, 3.
Aufl. 2002, N. 2287).

5.5 Durch den Grundsatz "servitus civiliter exercenda" wird nicht der Umfang
oder Inhalt der Dienstbarkeit eingeschränkt, sondern lediglich deren
missbräuchliche Ausübung untersagt (BGE 113 II 151 E. 4 S. 153; Urteile 5C.232/
2003 vom 2. März 2004 E. 5.3, nicht publ. in: BGE 130 III 306, aber in: ZBGR 86
/2005 S. 48 f.; 5A_833/2009 vom 11. März 2010 E. 4.3.1; 5A_617/2009 vom 26.
Januar 2010 E. 2.3; a.M. und mit Hinweis auf die unterschiedlichen
Lehrmeinungen ESCHMANN, a.a.O., S. 12 f.). Mit anderen Worten darf das Gebot
der schonenden Ausübung (beziehungsweise der Duldung vernachlässigbarer
Beeinträchtigungen) nicht zu einer inhaltlichen Verengung des
Dienstbarkeitsrechts führen. Wer die Beseitigung von Bauten verlangt, welche
die Dienstbarkeit verletzen, handelt
BGE 137 III 145 S. 153
nicht wider Treu und Glauben (STEINAUER, a.a.O., N. 2281a; LEEMANN, Berner
Kommentar, 1925, N. 6 zu Art. 737 ZGB).
Wenn der Beschwerdegegner vorliegend gestützt auf Art. 737 Abs. 3 ZGB die
Beseitigung eines Teils des Stegs der Beschwerdeführer (auf einer Fläche von
0,75 m^2, die in die Dienstbarkeitsfläche hineinragt und damit deren Inhalt
verletzt) verlangt, handelt er deshalb nicht treuwidrig, zumal er sich dem
Ausbauprojekt der Beschwerdeführer von Anfang an widersetzt hat (BGE 83 II 201
E. 2 und 3 S. 204 ff.; Urteil 5C.307/2005 vom 19. Mai 2006 E. 7.2 f. mit
Hinweisen, in: ZBGR 88/2007 S. 134).
Die Beschwerdeführer sind damit verpflichtet, die mit der Dienstbarkeit
unvereinbare Baute zu beseitigen (vgl. BGE 83 II 201 E. 2 S. 204 f.). Das
kantonsgerichtliche Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

5.6 Stellt sich die Frage nach der Missbräuchlichkeit der Ausübung gemäss Art.
737 ZGB gar nicht, erübrigen sich weitere Bemerkungen zu den von den
Beschwerdeführern gerügten Sachverhaltsfeststellungen, die dieser Rechtsfrage
zugrunde liegen würden. Damit kann ebenfalls offenbleiben, inwieweit die
Vorbringen der Beschwerdeführer neue Tatsachen gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG
enthalten.