Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 136 I 65



Urteilskopf

136 I 65

7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. und
Y. gegen Kantonale Steuerkommission Schaffhausen (Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_49/2008 vom 25. September 2009

Regeste

Art. 8 Abs. 1, Art. 127 Abs. 2 und Art. 190 BV, Art. 7 Abs. 1 StHG;
Dividendenbesteuerung; konkrete Normenkontrolle; verfassungsrechtliches
Anwendungsgebot von Bundesgesetzen.
Formelles (E. 1 und 2).
Tragweite des verfassungsrechtlichen Anwendungsgebotes von Bundesgesetzen im
Rahmen einer konkreten Normenkontrolle betreffend eine kantonale Regelung, die
auf einer fünf Jahre später in Kraft getretenen harmonisierungsrechtlichen
Gesetzesbestimmung des Bundes beruht. Auch wenn das Bundesgesetz das kantonale
Recht inzwischen abdeckt, ist dessen Verfassungsmässigkeit rückblickend zu
überprüfen (E. 3 und 4).
Die selektive Bevorzugung der Dividendeneinkünfte qualifizierter Anteilseigner
von Unternehmungen bei der Einkommenssteuer führt zu unhaltbaren
Unterscheidungen bei der Besteuerung und ist verfassungswidrig. Eine
Gleichstellung der benachteiligten Anteilseigner gestützt auf den Grundsatz der
Gleichbehandlung im Unrecht ist aber ausgeschlossen, solange und soweit das
nachmalige Bundesgesetz die kantonale Regelung nunmehr abdeckt, was die
kantonalen Behörden künftig davor bewahrt, die verfassungswidrige Praxis
anpassen zu müssen (E. 5).
Rechtsfolgen (E. 6).

Sachverhalt ab Seite 66

BGE 136 I 65 S. 66

A. X. und Y. deklarierten in ihren Steuererklärungen für die Steuerperioden
2004 und 2005 Einkünfte aus Wertschriften und Guthaben von Fr. -.- und Fr. -.-
sowie einen Vermögensbestand an Wertschriften und Guthaben von Fr. -.- und Fr.
-.-. Der überwiegende Anteil dieser Einkünfte und Vermögenswerte entfällt auf
die Anteile an Kapitalgesellschaften und Genossenschaften.

B. In ihren Veranlagungen vom 13. Juni 2007 korrigierte die Kantonale
Steuerverwaltung Schaffhausen den Wertschriftenertrag für die Steuerperiode
2004 auf Fr. -.-. Im Übrigen übernahm sie die deklarierten Einkünfte und
Vermögenswerte und wendete dafür denselben Steuersatz an wie für das gesamte
steuerbare Einkommen und Vermögen. Mit Schlussrechnungen vom 16. Juli 2007
wurden diese Veranlagungen eröffnet.

C. Dagegen erhob X. am 13. August 2007 Einsprache (...). Am 28. August 2007
wies die Kantonale Steuerkommission Schaffhausen die Einsprache ab.

D. Mit Entscheid vom 14. Dezember 2007 wies das Obergericht des Kantons
Schaffhausen einen dagegen erhobenen Rekurs ab.

E. X. und Y. führen beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten, eventuell subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Sie beantragen in
ihrer entsprechenden Eingabe vom 16. Januar 2008, der Entscheid des
Obergerichts sei aufzuheben und es sei die Einsprache vom 11. August 2007
gutzuheissen; die
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ausgeschütteten Gewinne aus Kapitalgesellschaften und Genossenschaften seien
nur zum halben Satz des steuerbaren Gesamteinkommens zu besteuern, und für die
Besteuerung der Beteiligung an Kapitalgesellschaften sei die Steuer nur zu zwei
Dritteln des Satzes des steuerbaren Gesamtvermögens zu berechnen. Gerügt wird
im Wesentlichen ein Verstoss gegen Art. 8 BV (Rechtsgleichheitsgebot), gegen
Art. 127 Abs. 2 BV (Grundsätze der Besteuerung, insbesondere Allgemeinheit,
Gleichmässigkeit und Verhältnismässigkeit der Besteuerung sowie Besteuerung
nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) und gegen Art. 11 Abs. 1 der
Verfassung des Kantons Schaffhausen vom 17. Juni 2002 (KV/SH; SR 131.223;
Rechtsgleichheitsgebot).

F. Die Steuerkommission des Kantons Schaffhausen und die Eidgenössische
Steuerverwaltung schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht des
Kantons Schaffhausen hat unter Verweis auf seinen Entscheid auf eine
Vernehmlassung verzichtet.

G. Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts entschied über
die Beschwerde an einer öffentlichen Sitzung am 25. September 2009.
(Auszug)

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägungen:

1.

1.1 Nach Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen
Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Beim angefochtenen
Steuerentscheid handelt es sich um ein zulässiges Anfechtungsobjekt. Eine
Ausnahme nach Art. 83-85 BGG liegt nicht vor. Entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführer gilt in Steuerstreitigkeiten keine Streitwertgrenze. Gegen den
angefochtenen Entscheid steht daher die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offen. Damit erweist sich die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 BGG als unzulässig, weshalb insoweit auf
die Beschwerde nicht eingetreten werden kann.

1.2 Zur Beschwerde an das Bundesgericht ist gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG
berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine
Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen
Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges
Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Der hier angefochtene
Entscheid regelt die Veranlagung der Beschwerdeführer bei den direkten
kantonalen
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Steuern der Perioden 2004 und 2005. Sie sind davon besonders berührt und haben
ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung. Fraglich
erscheint einzig, ob die beschwerdeführende Ehefrau am Verfahren vor der
Vorinstanz teilgenommen hat. Die damalige Beschwerde wurde lediglich vom
Ehemann eingereicht, das Obergericht ging aber von einer gemeinsamen
Beschwerdeführung durch beide Ehegatten aus, was sich sowohl aus dem Rubrum als
auch aus der Begründung des angefochtenen Entscheides ergibt. Wie es sich damit
verhält, kann aber offenbleiben, ist doch jedenfalls der Ehemann zur
Beschwerdeerhebung berechtigt.

1.3 Für die Beschwerde an das Bundesgericht gelten die im Gesetz vorgesehenen
Begründungsanforderungen.

1.3.1 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Beschwerde in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt das massgebliche
Recht verletzt, das Beschwerdegrund (vgl. dazu Art. 95 ff. BGG) einer
Beschwerde beim Bundesgericht bilden kann (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von
Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht
prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise
vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E.
1.4.2 S. 254). Soweit die Beschwerdeschrift diesen Begründungsanforderungen
nicht genügt, so ist darauf nicht einzutreten (Art. 106 Abs. 1 BGG; vgl. BGE
134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.).

1.3.2 Die Beschwerdeführer legen nicht dar, inwiefern im vorliegenden
Zusammenhang Art. 11 Abs. 1 KV/SH eine massgebliche Garantiewirkung entfalten
sollte, insbesondere inwieweit die Bestimmung ihnen einen Schutz böte, der über
die Garantien der Bundesverfassung hinaus reicht. Überdies fehlt es an einer
tauglichen Beschwerdebegründung, soweit sich die Beschwerde gegen die
Veranlagung bei der Vermögenssteuer richtet. Die Ausführungen der
Beschwerdeführer beziehen sich einzig auf die Einkommenssteuer. Inwiefern sie
auch für die Vermögenssteuer gelten sollten bzw. wieweit sie für diese
übernommen werden könnten, wird nicht dargetan. Eingehendere Erläuterungen
wären umso mehr erforderlich gewesen, als sich die Verhältnisse bei der
Vermögenssteuer nicht von vorneherein gleich darstellen wie bei der
Dividendenbesteuerung. Schliesslich fehlt auch eine taugliche Begründung zur
Frage der unterschiedlichen Behandlung von Gesellschaften mit oder ohne Sitz in
der
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Schweiz sowie zur Verfassungsmässigkeit der Voraussetzung einer Beteiligung am
Verkehrswert einer Unternehmung von mindestens zwei Millionen Franken. Auf alle
diese Punkte ist mangels rechtsgenüglicher Beschwerdebegründung nicht näher
einzugehen, weshalb auf die Beschwerde in diesem Umfang nicht eingetreten
werden kann.

2.

2.1 Art. 38 Abs. 3a des Gesetzes vom 20. März 2000 über die direkten Steuern
des Kantons Schaffhausen (Rechtsbuch des Kt. SH 641. 100; nachfolgend: StG/SH)
bestimmt, dass für ausgeschüttete Gewinne aus Kapitalgesellschaften und
Genossenschaften mit Sitz in der Schweiz die Steuer zum halben Satz des
steuerbaren Gesamteinkommens berechnet wird, sofern die steuerpflichtige Person
eine Beteiligungsquote von mindestens 20 Prozent am Kapital hält oder die
Beteiligung einen Verkehrswert von mindestens zwei Millionen Franken aufweist.
Für die Vermögensbesteuerung enthält Art. 49 Abs. 2b StG/SH eine analoge
Regelung, auf die hier aber nicht näher einzugehen ist (vgl. E. 1.3.2). Die
beiden Bestimmungen sind am 1. Januar 2004 in Kraft getreten und gelten ab der
Steuerperiode 2004.

2.2 Die Beschwerdeführer halten verschiedene Anteile an Kapitalgesellschaften
und Genossenschaften. Keine Beteiligung erreicht dabei eine Quote von 20 % oder
einen Verkehrswert von mindestens zwei Millionen Franken. Die gesetzlichen
Voraussetzungen für eine Teilsatzbesteuerung sind somit nicht erfüllt. Die
Beschwerdeführer rügen denn auch nicht eine unkorrekte Anwendung des
Gesetzesrechts, sondern sind der Ansicht, bereits die Regelung der
wirtschaftlichen Doppelbelastung der Kapitalgesellschaften und Genossenschaften
bzw. ihrer Anteilsinhaber im schaffhausischen Gesetzesrecht sei
verfassungswidrig. Sie schliessen daraus, es seien ihnen als Anteilseigner
kleineren Umfanges dieselben Vorteile einzuräumen wie den qualifizierten
Teilhabern, die von der Steuerentlastung profitierten.

2.3 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten können auch
kantonale Erlasse angefochten werden (Art. 82 BGG). Zur abstrakten Anfechtung
von § 38 Abs. 3a StG/SH ist indessen die Frist zu Beschwerde längst abgelaufen.
In Frage kommt nur noch die Beschwerde gegen den konkreten Einzelakt oder
Entscheid. Mit dieser kann auch die Überprüfung des kantonalen Rechts auf
dessen Verfassungsmässigkeit hin verlangt werden. Diese so genannte konkrete
Normenkontrolle beschränkt sich auf die im Einzelfall zur
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Anwendung gelangende Norm, soweit sie für den Fall massgeblich ist. In Bezug
auf einen Steuertarif im Rahmen eines Steuerveranlagungsverfahrens für eine
bestimmte Steuerperiode kann daher der kantonale Steuertarif nur insofern auf
seine Verfassungsmässigkeit geprüft werden, als er Tarifpositionen betrifft,
die konkret zur Anwendung gelangen oder mindestens durch den Rügegrund (z.B.
wegen rechtsungleicher Besteuerung) miteinbezogen sind (Urteil 2C_397/2007 vom
18. März 2008 E. 1.4 nicht publ. in: BGE 134 I 248).

3.

3.1 Mit Beschluss vom 23. März 2007 änderte die Bundesversammlung im Rahmen der
so genannten Unternehmenssteuerreform II verschiedene steuerrechtliche
Bestimmungen des Bundes. Unter anderem fügte sie in Art. 7 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden (Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR
642.14) den folgenden zweiten Satz ein (BBl 2007 2321):
"Bei Dividenden, Gewinnanteilen, Liquidationsüberschüssen und geldwerten
Vorteilen aus Beteiligungen aller Art, die mindestens 10 Prozent des Grund-
oder Stammkapitals ausmachen (qualifizierte Beteiligungen), können die Kantone
die wirtschaftliche Doppelbelastung von Körperschaften und Anteilsinhabern
mildern."
Parallel dazu ergingen die Art. 18b und Art. 20 Abs. 1 lit. c und Abs. 1^bis
des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR
642.11), die eine Milderung der Steuerbelastung bei der direkten Bundessteuer
durch eine bloss teilweise Besteuerung des Dividendenertrages vorsehen. Nachdem
gegen die Unternehmenssteuerreform II ein Referendum zustande gekommen war,
wurde die Gesetzesnovelle in der eidgenössischen Volksabstimmung vom 24.
Februar 2008 angenommen (BBl 2008 2781). Sie trat am 1. Januar 2009 in Kraft
(AS 2008 2893, 2902).

3.2 Nach Art. 190 BV sind Bundesgesetze und Völkerrecht für das Bundesgericht
und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend. Damit kann
Bundesgesetzen weder im Rahmen der abstrakten noch der konkreten
Normenkontrolle die Anwendung versagt werden. Zwar handelt es sich dabei um ein
Anwendungsgebot und kein Prüfungsverbot (BGE 131 II 710 E. 5.4 S. 721; BGE 129
II 249 E. 5.4 S. 263 mit Hinweisen; YVO HANGARTNER, in: Die schweizerische
Bundesverfassung, Kommentar, Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender
[Hrsg.], 2. Aufl. 2008, Bd. II, N. 8 zu Art. 190 BV), und es kann sich
rechtfertigen, vorfrageweise die Verfassungswidrigkeit
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eines Bundesgesetzes zu prüfen; wird eine solche festgestellt, muss das Gesetz
aber angewandt werden, und das Bundesgericht kann lediglich gegebenenfalls den
Gesetzgeber einladen, die fragliche Bestimmung zu ändern. Freilich besteht
nicht in jedem Fall die Veranlassung, die bundesgesetzliche Regelung auf ihre
Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht hin zu prüfen (vgl. das Urteil des
Bundesgerichts 2C_61/2008 vom 28. Juli 2008 E. 1.3.2). Vielmehr hängt es von
den Umständen des Einzelfalles ab, ob sich dies rechtfertigt.

3.3 Im vorliegenden Fall steht eine kantonale Gesetzesbestimmung in Frage.
Dafür gilt das Anwendungsgebot von Art. 190 BV grundsätzlich nicht. Setzt das
kantonale Steuergesetz allerdings unmittelbar Harmonisierungsrecht des Bundes
um, das im Steuerharmonisierungsgesetz enthalten ist, greift das
verfassungsrechtliche Anwendungsgebot auf das kantonale Recht durch. Das
kantonale Steuergesetz, für welches das Anwendungsgebot an sich nicht gilt,
wird davon als Umsetzungsakt der bundesgesetzlichen Ordnung erfasst (vgl. BGE
131 II 710 E. 5.4 S. 721). Auch diesfalls hängt es von den Umständen des
Einzelfalles ab, ob sich die Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht
trotz Anwendungsgebots rechtfertigt.

3.4 Bei einer abstrakten Normenkontrolle, namentlich bei der Überprüfung eines
kantonalen Gesetzes, kann das Bundesgericht auch einer nachträglichen Änderung
der Rechtslage Rechnung tragen und insbesondere neu in Kraft getretenes,
übergeordnetes Recht mitberücksichtigen (BGE 120 Ia 286 E. 2c/bb S. 291; BGE
119 Ia 460 E. 4d S. 473 mit Hinweisen). Das kann aber nicht unbeschränkt
gelten, sondern setzt einen engen Zusammenhang vor allem in sachlicher und
zeitlicher Hinsicht voraus.

3.5 Der neue Art. 7 Abs. 1 StHG erlaubt den Kantonen für Kapitalbeteiligungen
von mindestens 10 % die Einführung einer Milderung der wirtschaftlichen
Doppelbelastung. Entscheiden sich die Kantone für eine solche Milderung, müssen
sie zwingend eine Mindestbeteiligung von 10 % verlangen, im Übrigen verfügen
sie über einen gewissen Gestaltungsspielraum bei der kantonalen Regelung. Das
gilt insbesondere für die Methode der Entlastung (Teilsatz-, Teilbesteuerungs-
oder anderes Verfahren) und deren Umfang. Es ist den Kantonen namentlich
überlassen, ob sie die wirtschaftliche Doppelbelastung von Körperschaft und
Anteilsinhaber durch eine Reduktion des Steuersatzes oder wie in den neuen,
parallel ergangenen Art. 18b und Art. 20 Abs. 1 lit. c und Abs. 1^bis DBG durch
eine bloss
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teilweise Besteuerung des Dividendenertrages mildern wollen. Dagegen wird in
der Literatur zwar eingewendet, die bundesrechtliche Harmonisierung beziehe
sich einzig auf das Steuerobjekt, d.h. die Bemessungsgrundlage, und nicht auf
den anwendbaren Tarif; die Kantone könnten daher die Milderung bei der
Dividendenbesteuerung lediglich durch eine besondere Definition des
Steuerobjekts, nicht aber durch einen Sondertarif umsetzen (vgl. insbes.URS R.
BEHNISCH, in: Die schweizerische Bundesverfassung, a.a.O., N. 28 zu Art. 129
BV; derselbe, Steuerwettbewerb trotz seiner Zähmung ein Stein des Anstosses,
Neue Zürcher Zeitung vom 21. Februar 2007). Beim Erlass von Art. 7 Abs. 1 StHG
ging der Gesetzgeber aber klarerweise davon aus, dass der Bund die Kompetenz
hat, unter Einhaltung einer gewissen Regelungsautonomie der Kantone beim
Ausmass und bei der Art der Entlastung Lösungen zu treffen, die auch durch
tarifliche Massnahmen umgesetzt werden können (vgl. BBl 2005 4796). Der
Gesetzgeber stellte denn auch den Kantonen bewusst frei, Entlastungen wie der
Bund in Form von Abzügen von der Bemessungsgrundlage oder aber
Steuerermässigungen in Form eigentlicher tariflicher Massnahmen vorzusehen (BBl
2005 4868). Abgesehen davon kennt das Harmonisierungsrecht auch an anderer
Stelle Sondertarife, so etwa in Art. 11 StHG.

4.

4.1 Art. 38 Abs. 3a StG/SH entspricht dem revidierten Art. 7 Abs. 1 StHG und
wird von diesem seit dessen Inkrafttreten am 1. Januar 2009 inhaltlich gedeckt.
Schon seit längerem wurde die Frage der Verfassungskonformität der
Unternehmenssteuerreform in Fachkreisen diskutiert (vgl. etwa Bericht der
Expertenkommission rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung [ERU], erstattet
dem Eidgenössischen Finanzdepartement, Bern 2001; Bundesamt für Justiz,
Gutachten betreffend die Verfassungsmässigkeit einer Teilbesteuerung von
Dividenden im Privatbesitz, erstattet der Eidg. Steuerverwaltung am 29.
November 2006; ULRICH CAVELTI, Die Unternehmenssteuerreform II ist
verfassungskonform, Neue Zürcher Zeitung vom 29. Januar 2008; ETIENNE GRISEL,
Rechtsgutachten zu Handen des Eidgenössischen Finanzdepartements vom 29.
November 2006; KEUSCHNIGG/DIETZ, Volkswirtschaftliche Auswirkungen der
Unternehmenssteuerreform II, Gutachten im Auftrag der Eidgenössischen
Steuerverwaltung vom 24. September 2002; MATTEOTTI/FELBER,
Verfassungsrechtliche Kritik an der Unternehmenssteuerreform II, Jusletter vom
11. Februar 2008; ROBERT WALDBURGER, Die Vorlage
BGE 136 I 65 S. 73
verletzt offenkundig die Verfassung, Tagesanzeiger vom 22. Dezember 2007;
WALDBURGER/BAUMANN, Zur Verfassungsmässigkeit der Milderung der
wirtschaftlichen Doppelbelastung durch das Unternehmenssteuerreformgesetz II
und das Steuergesetz des Kantons Basel-Landschaft, Gutachten vom 8. Januar
2008; vgl. auch MARKUS REICH, Die wirtschaftliche Doppelbelastung der
Kapitalgesellschaften und ihrer Anteilsinhaber, 2000, S. 25 ff.). Dabei wurden
in der Frage der Verfassungsmässigkeit von Entlastungsmassnahmen für die
Dividendenbezüger, wie sie hier strittig sind, verschiedene Auffassungen
vertreten. Unter anderem äusserten sogar Organe des Bundes mit guten Gründen
gewisse Zweifel. Dies ist auch dem Gesetzgeber nicht entgangen und bildete
ausdrücklich Thema der politischen Diskussionen sowie des Abstimmungskampfes.

4.2 In der politischen Diskussion setzte sich dann aber mehr und mehr die
Auffassung durch, die wirtschaftliche Doppelbelastung zwischen
Dividendenbezüger und Gesellschaft sei zu beseitigen. Die Gesetzesrevision
wurde mithin in Kenntnis der allfälligen verfassungsrechtlichen Fragwürdigkeit
angenommen. Insbesondere war angesichts der im Gesetzgebungsverfahren
beigezogenen Gutachten klar, dass die angestrebte Beseitigung der
wirtschaftlichen Doppelbelastung weiterreichen könnte, als das rein rechnerisch
erforderlich wäre. Der Gesetzgeber setzte sich jedoch namentlich unter Hinweis
auf angebliche volkswirtschaftliche Gesichtspunkte und eine mögliche Änderung
der Verhaltensweise der Beteiligten über solche Bedenken hinweg. Im
Zusammenhang mit dem Steuerharmonisierungsgesetz war mit Blick auf die parallel
laufenden und teilweise bereits abgeschlossenen kantonalen
Gesetzgebungsverfahren ebenso klar, dass bei den Kantonen entsprechende
Entlastungen von ebenfalls bis zu 50 % als zulässig erachtet werden sollten.
Die Mehrheit der Stimmberechtigten ging dabei davon aus, dass die schliesslich
gewählte Lösung bzw. erlassene Regelung verfassungsrechtlich zulässig sei.
Erleichterungen in diesem Umfang sind daher heute durch den Bundesgesetzgeber
abgedeckt. Eine allfällige Verfassungswidrigkeit unterläge daher ab dem 1.
Januar 2009 dem Anwendungsgebot und liesse sich jedenfalls mit Wirkung ab
diesem Zeitpunkt vom Bundesgericht nicht mehr korrigieren.

4.3 Zu prüfen bleibt indessen die Tragweite von Art. 190 BV in zeitlicher
Hinsicht. Art. 38 Abs. 3a StG/SH ist am 1. Januar 2004 und damit fünf Jahre vor
Art. 7 Abs. 1 StHG in der Fassung vom 23. März 2007 in Kraft getreten. Es fragt
sich, ob sich das spätere
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Bundesrecht bereits auf die hier fraglichen Steuerperioden 2004 und 2005
auswirken kann.

4.3.1 Ob die Geltung von Art. 7 Abs. 1 StHG in der Fassung vom 23. März 2007
auf eine positive Vorwirkung (einer bei seiner Anwendung noch nicht in Kraft
getretenen Bestimmung) oder auf eine echten Rückwirkung (der Anwendung
nachträglich neuen Rechts auf einen abgeschlossenen Sachverhalt) hinausläuft,
kann hier offenbleiben. Genau genommen findet das neue Bundesrecht nicht direkt
Anwendung; vielmehr geht es darum, wieweit ein späteres Bundesgesetz
vorbestandenes kantonales Recht vor verfassungsgerichtlicher Überprüfung durch
das Bundesgericht zu bewahren vermag. Im Allgemeinen gelten so oder anders
strenge Voraussetzungen - wie das Erfordernis einer eindeutigen gesetzlichen
Grundlage, von triftigen Gründen, der Wahrung des Verhältnismässigkeitsprinzips
usw. - für die Zulässigkeit der Vor- oder Rückwirkung von Gesetzesrecht (vgl.
BGE 125 I 182 E. 2b/cc S. 186; BGE 119 Ia 254 E. 3b S. 258; HÄFELIN/MÜLLER/
UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2006, S. 64 ff., Rz. 322 ff.;
TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 186
ff., Rz. 8 ff.). Im vorliegenden Zusammenhang ist dementsprechend entscheidend,
ob zwischen der Revision des Steuerharmonisierungsgesetzes und der
entsprechenden kantonalen Steuerregelung ein genügend enger Zusammenhang vor
allem in sachlicher und zeitlicher Hinsicht besteht, der den Schutz vor
verfassungsgerichtlicher Kontrolle in einem konkreten Anwendungsfall und nicht
im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle zu rechtfertigen vermöchte (vgl. E.
3.4).

4.3.2 Die fragliche schaffhausische Gesetzesbestimmung wurde am 15. September
2003 erlassen. Sie trat am 1. Januar 2004 in Kraft. Seit etwa 2001 gab es zwar
im Bund verwaltungsinterne Abklärungen zur Unternehmenssteuerentlastung, die
bundesrätliche Botschaft zum Unternehmenssteuerreformgesetz II datiert aber
erst vom 22. Juni 2005 (BBl 2005 4733), erging also rund anderthalb Jahre,
nachdem der Kanton Schaffhausen die Entlastung eingeführt hatte. Die beiden
Gesetzesrevisionen im Bund und im Kanton stehen nicht in einem derart engen
Konnex, dass jene diese bereits damals hätte inhaltlich abdecken können. Sowohl
die Frage, ob es je zu einer Änderung des Bundesgesetzes kommen würde, als auch
die eventuelle materielle Ausgestaltung des Bundesrechts waren damals völlig
offen. Die Vorlage war nicht nur in der Lehre, in der Verwaltung und im
Parlament umstritten, sondern auch die
BGE 136 I 65 S. 75
Volksabstimmung im Februar 2008 fiel knapp aus (vgl. BBl 2008 2781). Es ist
ausgeschlossen, dass eine allfällige Verfassungswidrigkeit des kantonalen
Rechts in den Jahren 2004 und 2005 von der im Jahre 2007 von der
Bundesversammlung beschlossenen, 2008 vom Volk angenommenen und 2009 in Kraft
getretenen Bundesgesetzesnovelle beseitigt werden könnte, deren Zustandekommen
damals ungesichert und deren Inhalt unbekannt waren. Hätten überdies die
Beschwerdeführer die schaffhausische Regelung 2003 im Verfahren der abstrakten
Normenkontrolle angefochten, wäre ein Abstellen auf eine Bundesnorm, zu der
damals noch nicht einmal eine bundesrätliche Botschaft vorlag, von vornherein
ausser Betracht gefallen. Dass sich die Frage heute stellt, hängt lediglich
damit zusammen, dass die Beschwerdeführer damals nicht mit abstrakter
Normenkontrolle den Erlass, sondern später im Verfahren der konkreten
Normenkontrolle die Steuerveranlagungen für die Jahre 2004 und 2005 angefochten
haben. Einzig das bundesprozessuale Erfordernis, den kantonalen Instanzenzug
vollständig zu durchlaufen, führte dazu, dass das neue Harmonisierungsrecht des
Bundes inzwischen in Kraft treten konnte. Das vermag aber nicht die Geltung des
Anwendungsgebots von Art. 190 BV mit der Folge zu rechtfertigen, dass die
ausschliesslich auf das kantonale Gesetz gestützten Veranlagungen der
Beschwerdeführer wegen des deutlich später erlassenen Bundesrechts von der
Überprüfung auf Verfassungsmässigkeit ausgeschlossen wären.

4.4 Die angefochtenen Steuerveranlagungen für die Jahre 2004 und 2005 sind
demnach rückblickend auf Verfassungsmässigkeit hin zu überprüfen.

5.

5.1 In der Sache verlangen die Beschwerdeführer nicht, es sei der kantonalen
Gesetzesbestimmung über die Entlastung bei der wirtschaftlichen Doppelbelastung
von Unternehmen und deren Teilhabern die Anwendung zu versagen. Vielmehr wollen
die Beschwerdeführer gleich behandelt werden wie die qualifizierten
Anteilseigner, die von der Teilsatzbesteuerung profitieren. Sie machen damit
sinngemäss für ihr eigenes Dividendeneinkommen eine Gleichbehandlung im Unrecht
geltend, indem sie dieselbe Begünstigung verlangen, wie sie nach ihrer Ansicht
in Verletzung des Verfassungsrechts den qualifizierten Anteilseignern
zugestanden wird. Eine solche Gleichbehandlung wäre nicht zum vornherein
ausgeschlossen (vgl. etwa ASA 76 S. 693, 2A.647/2005 E. 4; ASA 59 S. 733,
2P.261/1988
BGE 136 I 65 S. 76
E. 3; StE 2005 A 21.11 Nr. 45, 2P.319/2003 E. 3.2), untersteht aber besonderen
Anforderungen, auf die zurückzukommen sein wird (vgl. E. 5.6). Vorfrageweise
ist so oder so im Sinne einer konkreten Normenkontrolle zu prüfen, ob die
schaffhausische Regelung bei der Dividendenbesteuerung gegen Verfassungsrecht
verstösst.

5.2 Im Bereich der Steuern wird das allgemeine Gleichbehandlungsgebot von Art.
8 Abs. 1 BV insbesondere durch die Grundsätze der Allgemeinheit und
Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit konkretisiert (Art. 127 Abs. 2 BV). Der
erste Grundsatz verlangt, dass alle Personen oder Personengruppen nach
denselben gesetzlichen Regeln erfasst werden; Ausnahmen, für die kein
sachlicher Grund besteht, sind unzulässig. Nach dem zweiten Prinzip sind
Personen, die sich in gleichen Verhältnissen befinden, in derselben Weise mit
Steuern zu belasten und müssen wesentliche Ungleichheiten in den tatsächlichen
Verhältnissen zu entsprechend unterschiedlichen Steuerbelastungen führen.
Drittens müssen die Steuerpflichtigen nach Massgabe der ihnen zustehenden
Mittel gleichmässig besteuert werden; die Steuerbelastung hat sich nach den
ihnen zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgütern und ihren persönlichen
Verhältnissen zu richten (vgl. BGE 134 I 248 E. 2 S. 251 f.; BGE 133 I 206 E.
6.1 S. 215 f.; Urteil 2P.233/2002 vom 27. Januar 2003 E. 3.2, in: StE 2003 B
21.1 Nr. 11; je mit Hinweisen).

5.3 Im System der Gesamtreineinkommensbesteuerung, auf welchem die direkten
Steuern des Bundes und der Kantone beruhen, bildet der Überschuss aller
Einkünfte über die damit verbundenen Ausgaben Grundlage der Bemessung, und zwar
unabhängig von der Art der Einkünfte. Solche der natürlichen Person aus
Beteiligungen an Unternehmen nicht oder nur teilweise zu erfassen oder mit
einem anderen Tarif zu besteuern, gerät insoweit in Widerspruch zu den
Prinzipien der Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung und der
Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Es bedarf einer
sachlichen Rechtfertigung, Dividendeneinkünfte anders zu behandeln als andere
Einkünfte. Eine solche sieht der Gesetzgeber des Kantons Schaffhausen in der so
genannten wirtschaftlichen Doppelbelastung.

5.4 Wieweit es eine solche Doppelbelastung gibt, ist allerdings umstritten (zur
Literatur vgl. die Angaben in E. 4.1). Rechtlich werden Dividendeneinkünfte zum
vornherein nicht doppelt belastet. Zwar
BGE 136 I 65 S. 77
wird der erzielte Gewinn zunächst bei der Unternehmung als Gewinn besteuert,
woraufhin die Dividende bzw. der Gewinnanteil aus der Beteiligung beim
Teilhaber steuerlich ebenfalls erfasst wird. Dies beruht aber natürlicherweise
darauf, dass sich eine juristische Person aufgrund ihrer eigenen
Rechtsfähigkeit von der natürlichen Person unterscheidet bzw. ein eigenes
Rechtssubjekt und Steuersubjekt ist. Die rechtliche Selbständigkeit
juristischer Personen von den wirtschaftlich daran berechtigten natürlichen
Personen wird nur ausnahmsweise, unter dem Gesichtspunkt des so genannten
Durchgriffs, durchbrochen. Dieser setzt Identität der wirtschaftlichen
Interessen zwischen juristischer und dahinter stehender natürlicher Person
voraus, und insbesondere dass die rechtliche Berufung auf die Selbständigkeit
der juristischen Person der Umgehung von Gesetzesvorschriften oder der
Missachtung der Rechte Dritter dient; es geht der Sache nach um eine
missbräuchliche Verwendung der juristischen Person durch die sie beherrschende
natürliche Person (BGE 132 III 489 E. 3.2 S. 493 mit Hinweisen). Das Umgekehrte
gilt nicht: Wer sich als natürliche Person einer juristischen Person bedient,
muss sich deren Selbständigkeit entgegenhalten lassen und kann sich nicht auf
wirtschaftliche Identität berufen. Sind natürliche und juristische Person aber
verschiedene Rechtssubjekte, stellt die Nichtbesteuerung oder reduzierte
Besteuerung der Dividendeneinnahmen bei der natürlichen Person für diese eine
ungerechtfertigte Privilegierung im Vergleich zu allen anderen Einkunftsarten
wie insbesondere Arbeitseinkommen dar. Will der Gesetzgeber die rechtliche
Trennung von juristischen und natürlichen Personen zum Zwecke der Besteuerung
aufheben und auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise übergehen, ergibt sich
aus dem Gebot der Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung bzw.
derjenigen nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dass die
Belastungsgleichheit gewahrt bleiben muss.

5.5 Der schaffhausische Gesetzgeber hat sich selektiv dafür entschieden,
Beteiligungseinkünfte im Halbsatzverfahren zu besteuern, wenn die
Beteiligungsquote 20 % (oder einen Verkehrswert von mindestens zwei Millionen
Franken) erreicht. Im Übrigen wird aber sowohl bei der Unternehmung die
Gewinnsteuer erhoben als auch bei den Anteilseignern die Dividende als
Einkommen besteuert. Ein Systemwechsel zu einer wirtschaftlichen
Betrachtungsweise im Verhältnis zwischen juristischer und daran beteiligter
natürlicher Person liegt nicht vor. Vielmehr geht es um eine selektive
Bevorzugung der
BGE 136 I 65 S. 78
Dividendeneinkünfte qualifizierter Anteilseigner. Der Gesetzgeber verfällt in
einen Methodenpluralismus, indem er für die qualifizierten Teilhaber auf eine
wirtschaftliche Betrachtungsweise übergeht, im Übrigen aber die zivilrechtliche
Betrachtungsweise im Verhältnis zwischen juristischer Person und daran
beteiligter natürlicher Person beibehält. Ein hinreichender Grund für diese
Bevorzugung qualifizierter Anteilseigner ist nicht ersichtlich. Zwar wird dafür
geltend gemacht, diese seien eigentliche Unternehmer, die ein unternehmerisches
Risiko trügen und im Betrieb Verantwortung übernähmen. Die Dividende ist aber
nichts anderes als die erfolgsabhängige Entschädigung für das hingegebene
Kapital. Wenn ein Anteilseigner sich nicht darauf beschränkt, Kapital
hinzugeben, sondern sich in der Unternehmung anderweitig engagiert, wird er
dafür separat entschädigt, in Form von Arbeitslohn, Tantiemen usw. Es ist kein
Grund erkennbar, der es rechtfertigen würde, die Dividende eines kleinen
Teilhabers anders, d.h. höher, zu besteuern als diejenige eines grossen
Anteileigners. Die vom Kanton Schaffhausen getroffene Regelung verletzt daher
das Rechtsgleichheitsgebot, indem qualifizierte Anteilseigner gegenüber anderen
ohne sachlichen Grund bevorzugt werden. Das verstösst gegen das Prinzip der
Belastungsgleichheit. Die gezogene Trennlinie ist überdies willkürlich: Wer
eine Beteiligung von 19 % (oder von 1,99 Millionen Franken) hält, profitiert
nicht vom Halbsatzverfahren, sondern muss seine Einkünfte vollständig
versteuern. Die Grenzlinie beruht zwar auf einem politischen Entscheid; sie ist
aber nicht mit sachlichen Gründen zu rechtfertigen und führt zu unhaltbaren
Unterscheidungen bei der Besteuerung. Art. 38 Abs. 3a StG/SH verletzt damit
Art. 8 und 127 BV.

5.6 Die Beschwerdeführer sprechen sich nicht gegen die Anwendung von Art. 38
Abs. 3a StG/SH aus, sondern verlangen, die als verfassungswidrig erkannte
Bestimmung sei im Sinne des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Unrecht auf sie
selbst bzw. auf ihre Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmungen anzuwenden.
Der Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht wird nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung ausnahmsweise anerkannt, nämlich wenn eine ständige
rechtswidrige Praxis einer rechtsanwendenden Behörde vorliegt und die Behörde
zu erkennen gibt, dass sie auch in Zukunft nicht von dieser Praxis abzuweichen
gedenke (vgl. BGE 134 V 34 E. 9 S. 44; BGE 131 V 9 E. 3.7 S. 20; BGE 127 I 1 E.
3a S. 2 f.). Im vorliegenden Zusammenhang ist zwar nicht zu erwarten, dass die
Steuerbehörden des Kantons Schaffhausen der entsprechenden latenten
BGE 136 I 65 S. 79
Anpassungspflicht nachkommen und von ihrer als verfassungswidrig erkannten
Praxis abweichen werden. Sie haben dazu aber auch keinen Anlass (mehr), nachdem
nunmehr die verfassungswidrige Regelung durch das nachmalige Inkrafttreten von
Art. 7 Abs. 1 StHG in der Fassung vom 23. März 2007 dem Anwendungsgebot von
Art. 190 BV unterliegt bzw. sich die Verfassungswidrigkeit auch der kantonalen
Gesetzesbestimmung bzw. von darauf neu ergangenen Veranlagungen deswegen nicht
(mehr) sanktionieren lässt. Den Beschwerdeführern hilft der Anspruch auf
Gleichbehandlung im Unrecht daher nicht weiter, solange und soweit das
Bundesgesetz die schaffhausische Regelung abdeckt und damit die kantonale
Praxis vor der verfassungsgerichtlichen Überprüfung mit schützt, was die
kantonalen Behörden davor bewahrt, die verfassungswidrige Praxis anpassen zu
müssen. Dem Antrag der Beschwerdeführer auf Aufhebung des kantonalen
letztinstanzlichen Entscheides über die Veranlagungen der Steuerperioden 2004
und 2005 kann demnach nicht stattgegeben werden, obwohl ihnen in der Sache an
sich zu folgen ist.

6. Damit rechtfertigt es sich, die Beschwerde im Sinne der Erwägungen
abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Unter Berücksichtigung der besonderen Umständen des Falles sind keine Kosten zu
erheben (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet
(vgl. Art. 68 BGG).