Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 136 I 39



Urteilskopf

136 I 39

4. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Bezirk K. und
Mitb. gegen M. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
8C_158/2009 vom 2. September 2009

Regeste

Art. 66 Abs. 4 BGG; Kostenpflicht des Gemeinwesens.
Das Gemeinwesen, welches als Arbeitgeber in seinen Vermögensinteressen
betroffen ist, ist nicht von Gerichtskosten befreit (E. 8.1.4).

Auszug aus den Erwägungen: ab Seite 40

BGE 136 I 39 S. 40
Aus den Erwägungen:

8.

8.1

8.1.1 Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 f. BGG). Nach Art. 66 Abs. 1
BGG werden die Gerichtskosten in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt.
Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie den mit öffentlich-rechtlichen
Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten
auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis und, ohne dass es
sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen
oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt
worden ist (Art. 66 Abs. 4 BGG). Es stellt sich demnach die Frage, ob den
unterliegenden Bezirken und Gemeinden die Gerichtskosten aufzuerlegen sind.

8.1.2 Bereits unter dem alten Recht durften gemäss Art. 156 Abs. 2 des
Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der
Bundesrechtspflege (OG; BS 3 574) "dem Bund, Kantonen oder Gemeinden, die in
ihrem amtlichen Wirkungskreis und ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse
handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen, oder gegen deren Verfügungen in
solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist", in der Regel keine
Gerichtskosten auferlegt werden. Nach der Rechtsprechung hatten als Arbeitgeber
in ihren Vermögensinteressen betroffene Gemeinden unter der Herrschaft des OG
in personalrechtlichen Streitigkeiten grundsätzlich allfällige Gerichtskosten
zu tragen (BGE 124 I 223 E. 3 S. 230; 2P.137/2005 vom 17. Oktober 2005 E. 5;
2P.104/2004 vom 14. März 2005 E. 9.1.1; 2P.133/2001 vom 6. September 2001 E.
3). Eine Ausnahme bildete indessen beispielsweise Art. 13 Abs. 5 des
Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann
(Gleichstellungsgesetz, GlG; SR 151.1), welcher in der bis 31. Dezember 2006
gültig gewesenen Fassung ausdrücklich Kostenfreiheit vorsah. Kostenfrei waren
zudem auch personalrechtliche Streitigkeiten, welche keine vermögensrechtlichen
Interessen der Gemeinde tangierten (Urteil 2P.46/2006 vom 7. Juni 2006 E. 5).

8.1.3 Die Grundsätze der Kostentragungspflicht vor Bundesgericht (Art. 66 BGG)
sind weitgehend vom bisherigen Recht übernommen
BGE 136 I 39 S. 41
worden (Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4202, 4305
Ziff. 4.1.2.10; BGE 133 V 642 E. 5.3 S. 463). Kostenpflichtig ist gemäss Art.
66 BGG grundsätzlich die unterliegende (Abs. 1) oder die unnötig Kosten
verursachende (Abs. 3) Partei. Diese Regel kennt ausdrücklich erwähnte
Ausnahmen: Von den Gerichtskosten befreit sind Bund, Kantone und Gemeinden
sowie - neu - die mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen,
sofern sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis handeln und es nicht um ihr
Vermögensinteresse geht (Abs. 4). Diese drei Voraussetzungen müssen kumulativ
erfüllt sein (BERNARD CORBOZ, in: Commentaire de la LTF, 2009, N. 23 zu Art. 66
BGG; THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 26 ff.
zu Art. 66 BGG; HANSJÖRG SEILER, in: Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, N. 48 zu
Art. 66 BGG). Das Bundesgericht kann die Gerichtskosten anders verteilen oder
auf die Kostenerhebung verzichten, wenn es die Umstände rechtfertigen (Abs. 1
zweiter Satz). Zudem kann es auf die Erhebung der Gerichtskosten ganz oder
teilweise verzichten, wenn ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich
erledigt wird (Abs. 2).

8.1.4 Unter der Herrschaft von Art. 66 Abs. 4 BGG ist, soweit ersichtlich, kein
Entscheid ergangen, welcher sich ausdrücklich mit der Kostenpflicht der in
personalrechtlichen Streitigkeiten in ihren Vermögensinteressen betroffenen
Gemeinden befasst hat. Im Urteil 1C_183/2007 vom 5. Februar 2008 E. 6, nicht
publ. in: BGE 134 I 204, in welchem die Höhe des der Beschwerdegegnerin
zugesprochenen Entschädigungsanspruchs zur Diskussion stand, hat das
Bundesgericht von einer Erhebung von Gerichtskosten zu Lasten einer
unterliegenden, Beschwerde führenden öffentlich-rechtlichen Körperschaft
abgesehen, ohne dies jedoch näher zu begründen. Es ist indessen kein sachlicher
Grund ersichtlich, der es rechtfertigen würde, bezüglich eines als Arbeitgeber
in seinen Vermögensinteressen betroffenen Gemeinwesens von der Auferlegung von
Gerichtskosten abzusehen (vgl. in diesem Sinne auch SEILER, a.a.O., N. 53 zu
Art. 66 BGG). Im vorliegenden Fall haben sich die Beschwerdeführer in einer
Sache ans Bundesgericht gewandt, in welcher sie bei Abweisung der Beschwerde
dem Beschwerdegegner eine Entschädigung auszurichten haben. Da somit die
Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes von Art. 66 Abs. 4 BGG nicht erfüllt
sind, haben die unterliegenden Beschwerdeführer die Gerichtskosten unter
solidarischer Haftung zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG).