Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 136 I 332



Urteilskopf

136 I 332

33. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. M. gegen
Zürcher Hochschule der Künste (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten)
8C_1065/2009 vom 31. August 2010

Regeste

Art. 16 Abs. 2 BV; Art. 10 EMRK; Art. 19 UNO-Pakt II; Art. 116 BGG; § 49 des
kantonalzürcherischen Gesetzes über das Arbeitsverhältnis des Staatspersonals;
Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit eines öffentlich-rechtlichen
Angestellten.
Die gegenüber dem Dozenten einer staatlichen Hochschule wegen Verteilung eines
Flugblattes an die Mitglieder des Kantonsrates verfügten Massnahmen - Verweis
und Entzug einer Leitungsfunktion - stellen eine unzulässige Einschränkung der
Meinungsäusserungsfreiheit dar (E. 3).

Sachverhalt ab Seite 332

BGE 136 I 332 S. 332

A. M. ist langjähriger Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste
(nachfolgend: ZHdK; ehemals: Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich),
zuletzt mit einem Beschäftigungsgrad von 50 % im Departement Kunst und Medien
(DKM) in der Vertiefungsrichtung Bildende Kunst (VBK) des Studiengangs Medien
und Kunst sowie im Studiengang Master of Fine Arts. Er hatte überdies mit einem
zusätzlichen Pensum von 5 % die Leitungsfunktion im Studiengang Master of Fine
Arts inne.
An der Sitzung des Zürcher Kantonsrates vom 29. September 2008 wurde das
Projekt für einen zukünftigen Campus der ZHdK auf dem
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sog. Toni-Areal behandelt. Vor dieser Sitzung verteilte M. zusammen mit
Studierenden, einer Assistentin sowie einer Dozentin aus dem VBK-Leitungsteam
den Mitgliedern des Kantonsrats das Flugblatt "TONIE" mit folgendem Wortlaut:
"Das Toni-Projekt wurde in der Zürcher Hochschule der Künste von Anfang an zur
Chefsache erklärt. Eine grundsätzliche oder inhaltliche Diskussion oder gar
Abstimmung fand nicht statt bzw. wurde verhindert.
Eine grosse Anzahl, wenn nicht die Mehrheit der Studierenden, Assistierenden,
Dozierenden dankt Ihnen für die Ablehnung zum teuren Mieterausbau dieser
monströsen Zentralisierungsveranstaltung am verkehrsreichen Stadtrand."
Der Leiter DKM erteilte M. am 11. November 2008 mündlich einen Verweis, über
welchen eine Aktennotiz erstellt wurde. Zudem wurde der Entzug der
Leitungsfunktion im Studiengang Master of Fine Arts angekündigt. Mit
Änderungsverfügung vom 16. Dezember 2008 wurde mit Wirkung ab 11. Dezember 2008
die Leitungsfunktion im Studiengang Master of Fine Arts entzogen und das
Anstellungsverhältnis um deren 5%igen Anteil reduziert.
Mit Rekurs beantragte M., die Änderungsverfügung und der Verweis seien
aufzuheben; der Entzug der Leitungsfunktion resp. die Reduktion des
Beschäftigungsgrades sei rückgängig zu machen. Die Rekurskommission der Zürcher
Hochschulen hiess mit Beschluss vom 14. Mai 2009 den Rekurs teilweise gut und
verpflichtete die ZHdK, M. wegen Missachtung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör eine Entschädigung in der Höhe eines halben Monatslohns zu entrichten; im
Übrigen wurde der Rekurs abgewiesen.

B. Die von M. hiegegen erhobene Beschwerde nahm das Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich soweit sie die Aufhebung der Leitungsfunktion betraf als
Beschwerde und soweit sie den Verweis betraf als Disziplinarrekurs entgegen und
wies beides mit Entscheid vom 18. November 2009 ab.

C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer
Verfassungsbeschwerde lässt M. beantragen, der vorinstanzliche Entscheid, der
Verweis vom 11. November 2008 und die Pensumsreduktion gemäss
Änderungsverfügung vom 16. Dezember 2008 seien aufzuheben.
Die ZHdK schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

D. Am 31. August 2010 hat die I. sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts
eine publikumsöffentliche Beratung durchgeführt.
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Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten tritt das
Bundesgericht nicht ein. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird teilweise
gutgeheissen.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Einziger Beschwerdegrund bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art.
115 ff. BGG) ist die Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 116 BGG;
JEAN-MAURICE FRÉSARD, in: Commentaire de la LTF, Corboz und andere [Hrsg.],
2009, N. 3 zu Art. 116 BGG; GIOVANNI BIAGGINI, in: Basler Kommentar,
Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 1 zu Art. 116 BGG). Das Bundesgericht prüft die
Verletzung verfassungsmässiger Rechte jedoch nur, wenn diese Rüge gemäss den
Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG ausdrücklich vorgebracht und klar und
detailliert begründet wird (BGE 134 V 138 E. 2.1 S. 143; BGE 133 III 439 E. 3.2
S. 444; FRÉSARD, a.a.O., N. 13 zu Art. 117 BGG).

2.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 BGG). Es kann davon nur abweichen, wenn
die Sachverhaltsfeststellung unter Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts
- einschliesslich der Verfahrensgarantien gemäss Art. 29 ff. BV (BIAGGINI,
a.a.O., N. 4 zu Art. 116 BGG) - zustande kam (Art. 118 Abs. 2 und Art. 116
BGG), was der Beschwerdeführer präzise geltend zu machen hat (Art. 117 in
Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 439 E. 3.2 S. 445 mit Hinweis).

3.

3.1 Das Verteilen von Flugblättern ist eine Form der Meinungsäusserung, die in
den Schutzbereich der Meinungsäusserungsfreiheit fällt (MARK VILLIGER, Handbuch
der Europäischen Menschenrechtskonvention [EMRK], 2. Aufl. 1999, Rz. 604; vgl.
auch BGE 123 IV 211 E. 3b S. 215), welche der Beschwerdeführer ausdrücklich als
verletzt rügt. Dieses Grundrecht wird von Art. 16 Abs. 2 BV, Art. 10 EMRK und
Art. 19 des Internationalen Paktes vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und
politische Rechte (UNO-Pakt II; SR 0.103.2) gewährleistet. Die
Meinungsäusserung des Beschwerdeführers bewirkte, dass ihm ein Verweis erteilt
und er von seiner Leitungsfunktion enthoben wurde. Damit ist zu prüfen, ob
durch diese Massnahmen der Beschwerdeführer in seiner
Meinungsäusserungsfreiheit verletzt wurde, denn die Beschwerdegegnerin ist als
staatliche Hochschule, welche staatliche Aufgaben wahrnimmt, an die
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Grundrechte gebunden, wenn sie hoheitlich handelt (Art. 35 Abs. 2 BV; RAINER J.
SCHWEIZER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Ehrenzeller/Mastronardi/
Schweizer/Vallender [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 25 ff. zu Art. 35 BV). Das
Erteilen des Verweises und die Entlassungsverfügung sind hoheitliche
Handlungen. Jede Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit bedarf einer
gesetzlichen Grundlage, muss im öffentlichen Interesse liegen und
verhältnismässig sein (Art. 36 BV). Die Konventionsgarantien enthalten ähnliche
Schrankenklauseln (vgl. Art. 10 Ziff. 2 EMRK; Art. 19 Abs. 3 UNO-Pakt II).

3.2 Gegenüber öffentlich-rechtlichen Angestellten kann die
Meinungsäusserungsfreiheit durch die Treuepflicht eingeschränkt sein, die sich
auch auf das ausserdienstliche Verhalten erstreckt (BGE 120 Ia 203 E. 3a S.
205).

3.2.1 Treuepflicht bedeutet, dass der Staatsangestellte bei der Erfüllung
seiner Aufgabe über die eigentliche Arbeitsleistung hinaus die Interessen des
Gemeinwesens wahrt. Entsprechend umschreibt auch § 49 des kantonalen Gesetzes
vom 27. September 1998 über das Arbeitsverhältnis des Staatspersonals
(Personalgesetz, PG/ZH; LS 177.10), die Angestellten hätten "die Interessen des
Kantons in guten Treuen zu wahren". Die Treuepflicht bezweckt, die
Funktionstüchtigkeit der öffentlichen Verwaltung zu sichern, indem das
Vertrauen der Öffentlichkeit in den Staat nicht untergraben wird (YVO
HANGARTNER, Treuepflicht und Vertrauenswürdigkeit von Beamten, ZBl 85/1984 S.
385 ff., 393 f.). Als unbestimmter Rechtsbegriff muss ihre Tragweite durch
Interessenabwägung bestimmt werden. Beschränkungen der Meinungsfreiheit
gestützt auf die Treuepflicht sind nur zulässig, soweit sie sachlich begründet
sind und in einem vernünftigen Verhältnis zu deren Zweck stehen (HÄFELIN/HALLER
/KELLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7. Aufl. 2008, Rz. 502; MÜLLER/
SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 404 ff.; HANGARTNER,
a.a.O., S. 393 f.).
Wie sich auch aus § 49 PG/ZH ergibt, besteht das Treueverhältnis nur zwischen
dem Staatsangestellten und dem Gemeinwesen, nicht zwischen dem Untergebenen und
dem Vorgesetzten. Öffentliche Kritik gegenüber Vorgesetzten kann daher nur dann
eine Verletzung der Treuepflicht beinhalten, wenn dadurch die Erfüllung der
dienstlichen Aufgaben des Staatsangestellten oder das Vertrauen der
Allgemeinheit in das Gemeinwesen beeinträchtigt wird (vgl. BGE 120 Ia E. 3a S.
205; Urteil des Bundesgerichts P.1636/83 vom 22. Dezember 1983 E. 5c/aa, in:
ZBl 85/1984 S. 315; KLEY/TOPHINKE, in: Die
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schweizerische Bundesverfassung, Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender
[Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 19 zu Art. 16 BV; TOBIAS JAAG, Das
öffentlichrechtliche Dienstverhältnis im Bund und im Kanton Zürich -
ausgewählte Fragen, ZBl 95/1994 S. 433 ff., 456). Erfasst ist aus dem gleichen
Grund nur dienstrechtlich relevantes Verhalten (MÜLLER/SCHEFER, a.a.O., S. 404
mit Hinweis auf BGE 120 Ia 203 E. 3a S. 206). Grundsätzlich ist daher
öffentliche Kritik nicht ausgeschlossen, zumal dort, wo es um Entscheidungen im
eigenen Tätigkeitsgebiet geht und sich die Kritik daher notwendigerweise mit
einer Kritik an der Tätigkeit der Vorgesetzten verbindet (PETER HÄNNI, Das
öffentliche Dienstrecht, 2. Aufl. 2008, S. 130). Jedoch gebietet die
Treuepflicht dem Staatsangestellten, sich insbesondere in der Art und Weise der
Kritik eine gewisse Zurückhaltung aufzuerlegen (MÜLLER/SCHEFER, a.a.O., S. 405)
und erst dann an die Öffentlichkeit zu gelangen, wenn auf interne Vorstösse
nicht eingegangen wurde.

3.2.2 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (nachfolgend: Gerichtshof
oder EGMR) hielt zur Meinungsäusserungsfreiheit von Beamten fest: Das Recht auf
freie Meinungsäusserung stellt eine der wesentlichen Grundlagen einer
demokratischen Gesellschaft dar und ist eine der Grundvoraussetzungen für ihre
Fortentwicklung und für die Selbstverwirklichung jedes Einzelnen. Die Freiheit
der Meinungsäusserung, wie sie in Art. 10 EMRK verankert ist, unterliegt einer
Reihe von Ausnahmen, die jedoch eng auszulegen sind, wobei überzeugend
nachgewiesen werden muss, warum die Einschränkung erforderlich ist (Urteile des
EGMR Guja gegen Moldawien vom 12. Februar 2008 § 69 i, Publikation in der
amtlichen Sammlung vorgesehen; Fuentes Bobo gegen Spanien vom 29. Februar 2000
§ 43; De Diego Nafría gegen Spanien vom 14. März 2002 § 34; Vogt gegen
Deutschland vom 26. September 1995, Serie A Bd. 323 § 52 i, auch in: EuGRZ 1995
S. 590). Diese Grundsätze gelten ebenfalls für Beamte, auch wenn es zutrifft,
dass diesen aufgrund ihrer Stellung eine Pflicht zu Zurückhaltung zukommt
(Urteil Guja, §§ 52, 70 f.; JENS MEYER-LADEWIG, Europäische
Menschenrechtskonvention: Handkommentar, 2. Aufl. 2006, N. 18 und 36 zu Art. 10
EMRK). Der Gerichtshof prüft, unter Berücksichtigung der Umstände jedes
einzelnen Falles, ob zwischen den grundlegenden Rechten des Menschen auf freie
Meinungsäusserung und dem berechtigten Interesse des Staates, sicherzustellen,
dass seine Beamtenschaft in angemessener Weise die in Art. 10 Abs. 2 EMRK
aufgeführten Ziele fördert, ein gerechter
BGE 136 I 332 S. 337
Ausgleich gefunden wurde. Bei der Beurteilung, ob der umstrittene Eingriff im
richtigen Verhältnis zu dem oben angeführten Ziel steht, billigt der
Gerichtshof den innerstaatlichen Behörden einen gewissen Ermessensspielraum zu
(Urteile Wille gegen Liechtenstein vom 28. Oktober 1999, Recueil CourEDH
1999-VII § 62, auch in: EuGRZ 2001 S. 475; De Diego Nafría, § 37; Vogt, § 53).
Auch gemäss der Rechtsprechung des EGMR stellen berufliche
Disziplinarmassnahmen als Folge von Meinungsäusserungen Eingriffe in die
Meinungsäusserungsfreiheit dar (VILLIGER, a.a.O., Rz. 604) und können sich
öffentlich Bedienstete hiegegen auf Art. 10 EMRK berufen. Ein solcher Eingriff
stellt eine Verletzung dieser Bestimmung dar, soweit nicht bewiesen werden
kann, dass er "vom Gesetz vorgesehen" war, einen oder mehrere rechtmässige
Zwecke, wie in Abs. 2 definiert, verfolgte und "in einer demokratischen
Gesellschaft notwendig" war, diese zu erreichen (Urteile Guja, §§ 55 f.; Wille,
§§ 49-52; Vogt, § 45). Im Rahmen der Verhältnismässigkeit prüft der Gerichtshof
namentlich, ob der Beschwerdeführer andere - wirkungsvolle - Mittel gehabt
hätte, um gegen die von ihm kritisierte Situation anzugehen, insbesondere
behördeninterne Vorgehensweisen (Urteil Guja, § 73 in Verbindung mit § 83).
Wegen des hohen Stellenwerts, den der EGMR der Meinungsäusserungsfreiheit im
Rahmen der demokratischen Meinungsbildung zumisst, lässt er Einschränkungen der
Meinungsäusserung insbesondere dann nur restriktiv zu, wenn die Äusserung im
Rahmen einer öffentlichen Debatte über Fragen von generellem Interesse erfolgte
(Urteile De Diego Nafría, § 38; Fuentes Bobo, § 48).

3.3 Die Vorinstanz nahm an, der Beschwerdeführer habe durch die Flugblattaktion
seine Treuepflicht gegenüber seiner Arbeitgeberin gemäss § 49 PG/ZH verletzt.

3.3.1 Vorerst ist festzuhalten, dass das Flugblatt in seinen Formulierungen
zurückhaltend ist und keine polemischen oder verletzenden Angriffe enthält.

3.3.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, da eine Diskussion über das Projekt
durch die Hochschulleitung verhindert worden sei, könne ihm zum Vorneherein
keine Verletzung der Treuepflicht vorgeworfen werden. Illoyal könne sich nur
derjenige verhalten, von dem Loyalität infolge Mitwirkung an einem bestimmten
Entscheid gefordert werden könne. Diese enge Sichtweise trifft nach dem oben
Dargelegten nicht zu.
BGE 136 I 332 S. 338

3.3.3 Die Beschwerdegegnerin macht in diesem Zusammenhang umgekehrt geltend,
der Beschwerdeführer habe seine internen Mitwirkungsrechte nicht wahrgenommen.
Sowohl als Mitglied des Senats wie auch der Hochschulversammlung hätten ihm
institutionelle Mitwirkungsmöglichkeiten offengestanden, die er jedoch nicht
ausgeübt habe. Daher liege bereits aus diesem Grund eine Treuepflichtverletzung
vor.
Die Vorinstanz begründet die Verletzung der Treuepflicht nicht mit diesem
Argument, wohl aber die Rekurskommission. Deren Erwägungen sind in die
Beurteilung einzubeziehen, da die Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit vom
Bundesgericht frei geprüft wird. Die Rekurskommission nahm an, letztmalig sei
das Projekt Toni an einer Informationsveranstaltung am 14. Mai 2008 vorgestellt
worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt seien somit das Bauprojekt und sein
Ausmass bekannt gewesen. Es wäre dem Rekurrenten daher zumutbar und zeitlich
auch möglich gewesen, seinen abweichenden Standpunkt und seine kritische
Haltung gegenüber dem Projekt zuerst intern abzuklären bzw. entsprechenden
Antrag im Senat bzw. in der Hochschulversammlung, die zu allen für die
Hochschule grundlegenden Fragen Stellung nehmen könne, zu stellen. Hierbei
hätte das angespannte Verhältnis zur Hochschulleitung keine Rolle gespielt, da
das entsprechende Organ Antragsteller gewesen wäre und nicht der Rekurrent.
Dessen Behauptung, es habe keine Diskussion stattgefunden bzw. diese sei
verhindert worden, stelle sich folglich als haltlos dar, da die
Hochschulleitung ja gar nicht die Möglichkeit erhalten habe, allfällige
Korrekturen am Projekt vorzunehmen oder bei den ihr übergeordneten politischen
Gremien anbringen zu können. Zudem habe die Hochschulleitung entgegen der
Ansicht des Rekurrenten keine Abstimmung durchführen müssen, da sie gehalten
gewesen sei, einen politisch strategischen Entscheid mitzutragen und
durchzuführen. Denn im Rahmen der Totalrevision des Fachhochschulgesetzes habe
der Regierungsrat die gesamte Standortsituation der Zürcher Fachhochschule neu
beurteilt und in seinem Beschluss Nr. 690/2005 vom 11. Mai 2005 den neuen
Standort der künftigen ZHdK auf dem Toni-Areal genehmigt. Eine Entscheidfindung
innerhalb der Schule sei somit nicht erforderlich gewesen.
Mit dieser Argumentation lässt sich eine Treuepflichtverletzung nicht
begründen, wovon offenbar stillschweigend auch die Vorinstanz ausging. Gemäss
Darstellung der ZHdK fanden die umstrittenen Informationsveranstaltungen erst
nach dem erwähnten
BGE 136 I 332 S. 339
Grundsatzentscheid der Regierung vom 11. Mai 2005 statt, nämlich am 31. Mai und
21. November 2006 sowie am 14. Mai 2008, was auch ohne weiteres nachvollziehbar
ist. Nun ist es aber so, dass der Beschwerdeführer primär nicht gegen
Einzelheiten des Projekts war, sondern grundsätzlich den Standortentscheid als
falsch erachtete, wie sich auch aus dem Flugblatt ergibt. Die Begründung der
Rekurskommission zeigt somit gerade, dass keine Diskussion über das Projekt
stattfinden konnte, weil eben der Grundsatzentscheid bereits gefallen war und
die Hochschulleitung diesen - in Rahmen ihrer Führungsverantwortung -
umzusetzen hatte. Eine Verletzung der Verpflichtung, vor dem Gang in die
Öffentlichkeit zuerst intern alle Möglichkeiten auszuschöpfen (und damit eine
Verletzung der Treuepflicht, vgl. E. 3.2.1 hievor), könnte man dem
Beschwerdeführer aber nur vorwerfen, wenn bei einem internen Vorstoss überhaupt
die Möglichkeit bestanden hätte, dass man zu einem andern Entscheid kommt.
Solches ist nicht dargetan und auch nicht naheliegend.

3.3.4 Zu Recht hat die Vorinstanz nicht auf Absatz zwei des Flugblattes
abgestellt, wo der Beschwerdeführer ausführte, "eine grosse Anzahl, wenn nicht
die Mehrheit" der Mitarbeitenden lehne das Projekt ab.
Die Rekursinstanz hatte dagegen auch darin eine Pflichtverletzung erblickt,
weil die Aussage inhaltlich irreführend gewesen sei. Da keine Abstimmung
stattgefunden habe, habe auch nicht objektiv gesagt werden können, eine grosse
Anzahl, wenn nicht die Mehrheit sei dagegen.
Bereits die unbestimmte Formulierung lässt jedoch für den unvoreingenommenen
Leser erkennen, dass nicht wirklich bekannt war, wie viele Mitarbeitende dem
Projekt ablehnend gegenüberstanden. Wäre dies aufgrund einer Abstimmung bekannt
gewesen, hätte die Formulierung zum Beispiel gelautet, die Hälfte oder ein
Drittel sei dagegen. Adressat der Flugblattaktion war zudem der Kantonsrat.
Dessen Mitglieder sind sich gewohnt, dass Interessenvertreter im Rahmen des
Lobbyierens ihren Standpunkt jedenfalls eher über- als untertreiben. Auch von
daher war die Formulierung nicht geeignet zur Irreführung.

3.3.5 Die Vorinstanz leitet eine Treuepflichtverletzung einzig daraus ab, dass
der Beschwerdeführer mit der Flugblattaktion ein besonders medienwirksames
Mittel gewählt hatte, und aus dem Inhalt des Flugblattes. Sinngemäss habe der
Beschwerdeführer darin der Leitung
BGE 136 I 332 S. 340
nämlich vorgeworfen, sie habe die Verlegung ins Toni-Areal ohne Rücksicht auf
allfällige Zustimmung oder Ablehnung der Mitarbeitenden verfolgt. Beim
unbefangenen Leser könne die Formulierung - insbesondere das Wort "verhindert"
- den Verdacht erwecken, die Hochschulleitung habe sich in dieser Sache
pflichtwidrig verhalten. Eine solche Pflichtwidrigkeit sei jedoch nicht
erkennbar.
Es trifft zu, dass der Beschwerdeführer der Fachhochschulleitung sinngemäss
vorwarf, sie habe die Verlegung ins Toni-Areal ohne Rücksicht auf allfällige
Zustimmung oder Ablehnung der Mitarbeitenden verfolgt. Eine
Treuepflichtverletzung kann daraus jedoch nur abgeleitet werden, wenn dieser
Vorwurf geeignet war, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Leitung und damit
letztlich deren Funktionsfähigkeit zu untergraben. Das ist nicht ersichtlich.
Der Beschwerdeführer wählte zwar den - medienwirksamen - Weg über eine
öffentliche Aktion. Primär richtete sich der Aufruf jedoch an die Mitglieder
des Kantonsrats. Diese wussten, dass in dieser Sache bereits grundsätzlich die
Standortverlegung beschlossen worden war. Dass die Leitung vor diesem
Hintergrund bemüht war, diesen politischen Entscheid als "Chefsache"
umzusetzen, konnten sie allenfalls als mangelnde Sensibilität für die
Mitarbeitenden, ebenso aber auch als Führungsstärke verstehen. Der Vorwurf
einer Pflichtwidrigkeit ergibt sich daraus jedenfalls nicht.
Ziel der Flugblattaktion war denn auch offensichtlich nicht, auf eine
Pflichtverletzung durch die Hochschulleitung hinzuweisen. Insofern
unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt klar von jenen Fällen, in denen
ein öffentlich-rechtlicher Angestellter mit seinen Äusserungen Missstände in
der Verwaltung anprangern wollte (u.a. Urteil des Bundesgerichts P.1636/83 vom
22. Dezember 1983 E. 5 mit Hinweisen, in: ZBl 85/1984 S. 315; vgl. auch BGE 108
Ia 172 E. 4b/bb und 4b/cc S. 176 f.).

3.3.6 Es ging dem Beschwerdeführer vielmehr darum, sich in einem politischen
Meinungsbildungsprozess zu einem bestimmten Projekt zu äussern. Die Äusserung
erfolgte im Rahmen einer demokratischen Auseinandersetzung gegenüber dem
Kantonsrat, im Vorfeld von dessen Entscheidung als hiefür zuständiges
Staatsorgan. Sie betraf ein Projekt, welches zumindest im Kanton Zürich von
generellem Interesse war und entsprechend in der Öffentlichkeit diskutiert
wurde. Die entscheidende Frage ist somit, ob der Beschwerdeführer berechtigt
war, sich entgegen den klaren Intentionen der Hochschulleitung öffentlich gegen
die Standortverlegung auszusprechen. Angesichts
BGE 136 I 332 S. 341
der Bedeutung der Meinungsäusserungsfreiheit im demokratischen
Willensbildungsprozess (vgl. E. 3.2.2 in fine hievor; siehe auch Urteil P.1636/
83 vom 22. Dezember 1983 E. 5, in: ZBl 85/1984 S. 315) ist dies zu bejahen, wie
auch die Vorinstanz angenommen hat. Daran ändert nichts, dass der
Beschwerdeführer im Umfang von 5 % noch eine Leitungsfunktion innehatte, zumal
er in der Öffentlichkeit nur durch das Flugblatt mit der ZHdK in Verbindung
gebracht werden konnte, dieses aber ausschliesslich als Dozent unterschrieben
hatte.

3.3.7 Der Beschwerdeführer hat somit die Treuepflicht nicht verletzt. Der
deshalb ausgesprochene Verweis und der Entzug der Leitungsfunktion stellen eine
unzulässige Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit dar. (...)