Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 136 I 17



Urteilskopf

136 I 17

2. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Shisha
Bar GmbH gegen Grosser Rat des Kantons Bern (Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_195/2009 vom 23. November 2009

Regeste

Art. 8 Abs. 1, Art. 26 und 27 BV; Schutz vor Passivrauchen, abstrakte
Normenkontrolle.
Eintretensvoraussetzungen (E. 1 und 2).
Das Rauchen von Wasserpfeifen fällt unter die bernische Gesetzesregelung über
den Schutz vor Passivrauchen (E. 2.4).
Dass die bernische Gesetzesordnung zum Schutz vor Passivrauchen keine
Sonderregelung für den Konsum von Wasserpfeifen in Gaststätten vorsieht,
verstösst nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen die
Wirtschaftsfreiheit, die Eigentumsgarantie und den Rechtsgleichheitsgrundsatz
(E. 3-5).

Sachverhalt ab Seite 18

BGE 136 I 17 S. 18

A. Die Shisha Bar GmbH betreibt in Bern und Thun je eine Shisha-Bar, worin sie
einerseits Getränke, andererseits die Möglichkeit anbietet, vor Ort
Wasserpfeifen zu rauchen.

B.

B.a Am 10. September 2008 erliess der Grosse Rat des Kantons Bern das Gesetz
zum Schutz vor Passivrauchen (SchPG; BSG 811.51). Nach Art. 8 SchPG erhielt
Art. 27 des bernischen Gastgewerbegesetzes vom 11. November 1993 (GGG; BSG
935.11) den folgenden Wortlaut:
"Schutz vor Passivrauchen
^1 In öffentlich zugänglichen Innenräumen von Betrieben, die eine Betriebs-
oder Einzelbewilligung nach diesem Gesetz benötigen, ist das Rauchen verboten.
^2 Im Freien und in Fumoirs (abgeschlossene Räume mit einer eigenen Lüftung)
bleibt das Rauchen gestattet.
^3 Die verantwortliche Person und die von ihr instruierten Angestellten und
weiteren Hilfspersonen setzen das Rauchverbot um, indem sie
a) die Innenräume rauchfrei einrichten,
b) über das Rauchverbot informieren, beispielsweise mit Verbotstafeln,
c) die Gäste anhalten, das Rauchen zu unterlassen,
d) nötigenfalls Personen wegweisen, die das Verbot missachten.
^4 Der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer richtet sich nach der
eidgenössischen Arbeitsgesetzgebung."
BGE 136 I 17 S. 19
Gleichzeitig wurde die Strafbestimmung von Art. 49 Abs. 2 GGG neu wie folgt
gefasst:
"Mit Busse von 40 Franken bis 2000 Franken wird bestraft, wer als Gast einen
Gastgewerbebetrieb zur Schliessungsstunde nicht verlassen hat oder das
Rauchverbot gemäss Artikel 27 Absatz 1 missachtet."
Die Gesetzesänderung trat am 1. Juli 2009 in Kraft.

B.b Am 1. April 2009 erliess der Regierungsrat des Kantons Bern die Verordnung
zum Schutz vor Passivrauchen (SchPV; BSG 811.511). Mit Art. 6 Ziff. 1 SchPV
fügte er gleichzeitig unter dem Titel "Va. Schutz vor Passivrauchen" die neuen
Art. 20a-20e in die bernische Gastgewerbeverordnung (GGV; BSG 935.111) ein.
Diese Verordnungsbestimmungen traten ebenfalls am 1. Juli 2009 in Kraft.

B.c Am 3. Oktober 2008 erliess die Bundesversammlung das Bundesgesetz zum
Schutz vor Passivrauchen (BBl 2008 8243; dazu auch BBl 2007 6185 und 6207). Die
Referendumsfrist lief unbenützt ab. Der Bundesrat hat inzwischen angekündigt,
das Gesetz und die dieses ausführenden Verordnungsbestimmungen auf den 1. Mai
2010 in Kraft zu setzen.

C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 19. März 2009
an das Bundesgericht stellt die Shisha Bar GmbH die folgenden Anträge:
"1. Es sei Art. 8 des bernischen Gesetzes zum Schutz vor Passivrauchen (SchPG)
vom 10. September 2008 und die Art. 27 Abs. 1 bis 3 und Art. 49 Abs. 2 in fine
("oder das Rauchverbot gemäss Artikel 27 Absatz 1 missachtet") der Änderung des
bernischen Gastgewerbegesetzes (GGG) aufzuheben.
2. Eventualiter sei die Verfassungswidrigkeit von Art. 8 des bernischen
Gesetzes zum Schutz vor Passivrauchen (SchPG) vom 10. September 2008 und von
Art. 27 Abs. 1 bis 3 und Art. 49 Abs. 2 in fine ("oder das Rauchverbot gemäss
Artikel 27 Absatz 1 missachtet") der dazugehörigen Änderung im bernischen
Gastgewerbegesetz (GGG) festzustellen. (...)"
(...)

D. Die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern schliesst auf Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Die Shisha Bar GmbH hat
sich mit Eingabe vom 13. Juli 2009 nochmals zur Sache geäussert und hält dabei
im Wesentlichen an ihrem Standpunkt fest. Die Volkswirtschaftsdirektion des
Kantons Bern verzichtete darauf, eine weitere Stellungnahme einzureichen.
BGE 136 I 17 S. 20

E. Mit Verfügung vom 19. Mai 2009 wies der Präsident der II.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts ein Gesuch der Shisha Bar
GmbH um aufschiebende Wirkung ab.
(Auszug)

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

1.

1.1 Ein kantonaler Erlass kann beim Bundesgericht mit Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden (Art. 82 lit. b BGG).
Der Ausschlusskatalog von Art. 83 BGG betrifft nur Beschwerden gegen Entscheide
und kommt bei der Anfechtung von Erlassen (abstrakte Normenkontrolle) nicht zur
Anwendung. Gegen kantonale Erlasse ist unmittelbar die Beschwerde zulässig,
sofern kein kantonales Rechtsmittel ergriffen werden kann (Art. 87 Abs. 1 BGG).
Der Kanton Bern kennt - im Unterschied zu kommunalen Erlassen - keine abstrakte
Normenkontrolle gegen kantonale Erlasse (vgl. MARKUS MÜLLER, Bernische
Verwaltungsrechtspflege, 2008, S. 139).

1.2 Nach Art. 101 BGG ist die Beschwerde gegen einen Erlass innert 30 Tagen
nach der nach dem kantonalen Recht massgebenden Veröffentlichung des Erlasses
beim Bundesgericht einzureichen. Zu frühe Einreichung schadet grundsätzlich
nicht und führt nicht zum Nichteintreten auf die Beschwerde, sondern in der
Regel lediglich zu einer Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens (BGE 130
I 286 E. 1 S. 288 f.; BGE 124 I 159 E. 1d S. 162; je mit Hinweis). In der
Ausgabe des Amtsblatts des Kantons Bern vom 18. Februar 2008 stellte der
Regierungsrat des Kantons Bern fest, dass die für das kantonale Gesetz zum
Schutz vor Passivrauchen laufende Referendumsfrist am 5. Januar 2009 unbenutzt
abgelaufen und dieser Erlass damit zustande gekommen sei. Die damit
zusammenhängenden Änderungen des Gastgewerbegesetzes wurden nicht separat
publiziert. Inzwischen trat die fragliche Gesetzesnovelle am 1. Juli 2009 in
Kraft. Die Beschwerde wurde demnach rechtzeitig erhoben, und eine Sistierung
des Verfahrens war und ist nicht erforderlich.

1.3 Angefochten sind einzig Art. 8 SchPG sowie Art. 27 Abs. 1-3 und Art. 49
Abs. 2 am Ende (Satzteil: "oder das Rauchverbot gemäss Artikel 27 Absatz 1
missachtet") GGG. In ihren Rechtsschriften äussert sich die Beschwerdeführerin
aber auch wiederholt zu den bernischen Ausführungsbestimmungen im
Verordnungsrecht (SchPV und GGV). Obwohl sich im Zeitpunkt der Erhebung der
BGE 136 I 17 S. 21
Beschwerde an das Bundesgericht aufgrund der entsprechenden politischen
Diskussionen bzw. Verhandlungen mit den betroffenen Kreisen abzeichnete, welche
Regelung dem Regierungsrat des Kantons Bern auf Verordnungsstufe vorschwebte,
waren die kantonalen Verordnungsbestimmungen damals noch nicht erlassen. Soweit
die Beschwerdeführerin diese in der Fassung der damaligen
Konsultationsunterlagen prospektiv als unzulässig bezeichnet, kann darauf nicht
eingetreten werden, da es dazu am erforderlichen Anfechtungsgegenstand fehlt.
Die Beschwerdeführerin hat es unterlassen, die nachmalig erlassenen
Verordnungsbestimmungen selbständig anzufechten. Eine Aufhebung derselben und
die Kontrolle ihrer Verfassungskonformität fallen daher ausser Betracht. Zu
prüfen ist mithin einzig die Verfassungsmässigkeit der angefochtenen
Gesetzesbestimmungen.

2.

2.1 Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG ist zur Anfechtung eines kantonalen
Erlasses legitimiert, wer durch den Erlass aktuell oder virtuell besonders
berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung
hat. Das schutzwürdige Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein
(BGE 133 I 286 E. 2.2 S. 290). Virtuelles Berührtsein setzt voraus, dass der
Beschwerdeführer von der angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit
einer minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist (vgl. BGE 133 I
206 E. 2.1 S. 210).

2.2 Die Beschwerdeführerin ist Betreiberin verschiedener Gaststätten, die im
Rahmen einer klassischen Barkultur ein ausgewähltes Angebot an alkoholischen
und alkoholfreien Getränken führen, das durch Wasserpfeifen (Shisha) in
verschiedenen Aromen ergänzt wird. In Thun betreibt die Beschwerdeführerin eine
Shisha-Bar auf zwei Etagen mit einer Lokalfläche von ungefähr 140 m^2, in Bern
eine solche in einem einräumigen Kellerlokal von rund 70 m^2, in dem im Übrigen
die Zubereitung von Speisen nicht erlaubt ist und zu welchem Personen unter 18
Jahren keinen Zutritt haben. Aufgrund des angefochtenen Erlasses bzw. weil der
Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht erteilt wurde und mangels baulicher
Anpassungen ist zurzeit das Raucherangebot in der Bar in Bern nicht möglich. In
Thun hat die Beschwerdeführerin die Lokalitäten angepasst und einen Raucherraum
(Fumoir) eingerichtet, in dem nebst Wasserpfeifen auch andere Raucherartikel
wie insbesondere eine Auswahl von Zigarren angeboten werden.
BGE 136 I 17 S. 22

2.3 Die Beschwerdeführerin ficht die angefochtenen Bestimmungen einzig insoweit
an, als sich diese auf das Rauchen von Wasserpfeifen beziehen. Die
Rechtswirkung hinsichtlich anderer Tabakwaren stellt sie nicht in Frage, und
sie erklärt auch ausdrücklich ihre Bereitschaft, sich insofern der
Gesetzesordnung zu unterziehen. Damit ist einzig zu prüfen, ob die
Beschwerdeführerin legitimiert ist, das bernische Gesetz zum Schutz vor dem
Passivrauchen insoweit anzufechten, als sich dieses auf ihr Angebot zum Konsum
von Wasserpfeifen auswirkt. Dies hängt wiederum davon ab, ob die gesetzliche
Regelung auch für Wasserpfeifen gilt, wovon grundsätzlich alle
Verfahrensbeteiligten ausgehen, ohne eine gewisse Unsicherheit gänzlich zu
verhehlen. In der Tat wäre die Beschwerdeführerin von den angefochtenen
Bestimmungen weder aktuell noch virtuell beschwert, wenn sich diese auf
Wasserpfeifen gar nicht erstrecken würden.

2.4 Bei der Shisha handelt es sich um eine Wasserpfeife arabischen Ursprungs,
wobei der Tabak zumeist mit Fruchtaromen oder ähnlichen Geschmacksrichtungen
geraucht wird. Vor dem Einatmen wird der Rauch zunächst durch ein so genanntes
Bowl (ein mit Wasser gefülltes Gefäss) gezogen. Der Rauch wird dadurch
gefiltert und gekühlt. Um die Shisha entwickelte sich in den letzten
Jahrhunderten eine Gemeinschaftskultur, die auch in den Bars der
Beschwerdeführerin gepflegt wird. Wie die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons
Bern in ihrer Vernehmlassung an das Bundesgericht ausführt, ging der kantonale
Gesetzgeber davon aus, dass das Gesetz die Bevölkerung vor den schädlichen
Folgen des Passivrauchens in allen Formen schützen sollte. Die
Volkswirtschaftsdirektion verweist dazu darauf, dass das Rauchen von
Wasserpfeifen gemäss verschiedenen Fachinstanzen wie der Schweizerischen
Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme oder der Deutschen
Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin sowie gemäss der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht weniger schädlich ist als das Rauchen
von Zigaretten und bezüglich der Einflüsse auf die Gesundheit dem Rauchen
gleichzustellen ist bzw. den gleichen Rechtsregeln zu unterwerfen sei. Der
bernische Gesetzgeber trug dieser Einschätzung Rechnung. Der Regierungsrat des
Kantons Bern hatte dazu ausdrücklich ausgeführt, das Passivrauchen von Tabak,
vor dem zu schützen sei, erstrecke sich auch auf Pfeifen, Wasserpfeifen oder
Zigarren. Daraus geht hervor, dass das Rauchen von Wasserpfeifen zum
Tabakrauchen gehört und dem Geltungsbereich der Gesetzgebung zum Schutz vor
Passivrauchen unterstellt ist.
BGE 136 I 17 S. 23

2.5 Die Beschwerdeführerin ist demnach als Betreiberin von Gaststätten, in
denen der Genuss von Wasserpfeifen zum betrieblichen Angebot zählt, durch die
angefochtenen Bestimmungen aktuell betroffen und damit zur Beschwerde
berechtigt.

3.

3.1 Nach dem mit Art. 8 SchPG eingeführten Art. 27 GGG ist das Rauchen in
öffentlich zugänglichen Innenräumen von Betrieben verboten, die eine Betriebs-
oder Einzelbewilligung gemäss Gastgewerbegesetz benötigen (Abs. 1). Im Freien
und in Fumoirs (abgeschlossene Räume mit einer eigenen Lüftung) bleibt das
Rauchen gestattet (Abs. 2). Die verantwortliche Person und ihre Angestellten
haben das Rauchverbot angemessen umzusetzen, wobei das Gesetz bestimmte
erforderliche Massnahmen ausdrücklich nennt (Abs. 3; vgl. zur
Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Ordnung MICHAEL MÜLLER, 13. Kapitel:
Wirtschaftsverwaltungsrecht, in: Bernisches Verwaltungsrecht, Müller/Feller
[Hrsg.], 2008, S. 714 f.).

3.2 Nach Art. 27 BV ist die Wirtschaftsfreiheit gewährleistet. Dazu zählt
insbesondere der freie Zugang und die freie Ausübung einer
privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit. Das Rauchverbot in Restaurants, deren
Haupttätigkeit im Angebot von Speisen und Getränken besteht, schränkt die
Wirtschaftsfreiheit ihrer Betreiber nicht direkt ein (BGE 133 I 110 E. 7.4 S.
126; ANDREAS AUER, Le droit face à la political correctness, La
constitutionnalité de l'initiative populaire genevoise "Fumée passive et
santé", AJP 2006 S. 12 f.). In der Literatur wird sogar bezweifelt, ob insofern
überhaupt von einem Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit auszugehen ist (vgl.
VINCENT MARTENET, L'interdiction de fumer dans les lieux publics intérieurs ou
fermés, AJP 2007 S. 255), jedenfalls solange ein Wirt nicht ein spezifisches
Angebot für Raucher unterhalten will (vgl. AUER, a.a.O., S. 13). Der Kanton
Bern verunmöglicht nicht das Wirten als solches, d.h. insbesondere die Abgabe
von Speisen oder Getränken zum Konsum gegen Entgelt. Diese Tätigkeiten können
unter der Geltung des Passivraucherschutzes weiterhin vollumfänglich ausgeübt
werden. Selbst das Rauchverbot fällt nicht absolut aus. Ein abgetrennter
Nebenraum darf als Fumoir unterhalten werden, womit das grundsätzliche
Rauchverbot wieder gelockert wird. Mit den angefochtenen Bestimmungen wird den
Wirten einzig untersagt, den Hauptraum des Gaststättenbetriebs als Fumoir zu
benutzen. Auch wenn dies detailliert erst im Verordnungsrecht festgelegt wird,
ergibt sich aus dem Gesetz doch eindeutig, dass im Hauptbereich des Betriebes
nicht geraucht werden darf und es sich beim Fumoir um einen Nebenraum handeln
muss.
BGE 136 I 17 S. 24

3.3 Die Beschwerdeführerin macht sinngemäss geltend, die Gesetzesordnung zum
Schutz vor Passivrauchen führe bei ihr zu einem Betriebsverbot, weil der Konsum
von Wasserpfeifen unverzichtbarer Bestandteil ihres Angebotes darstelle. In der
Tat betreibt die Beschwerdeführerin nicht einen reinen Gastgewerbebetrieb im
eigentlichen Sinne, der sich auf das Angebot von Speis und Trank beschränkt. In
ihrem Betriebskonzept hängt das Rauchen von Wasserpfeifen mit dem Konsum von
Getränken zusammen. Feilgehalten wird ein in diesem Sinne ganzheitliches
Angebot. In ihrem Betrieb in Bern erzielte die Beschwerdeführerin allerdings
bereits vor Inkrafttreten des Rauchverbots zwei Drittel ihres Umsatzes mit
allgemeinen gastgewerblichen Dienstleistungen und nur einen Drittel im Bereich
der Wasserpfeifen. In Thun war der Anteil aus diesem Bereich am gesamten Umsatz
sogar wesentlich (um mehr als die Hälfte) kleiner. Von einem eigentlichen
Betriebsverbot kann schon aus diesem Grunde nicht ausgegangen werden. Das
ändert aber nichts daran, dass die Beschwerdeführerin ein spezifisches Angebot
für den Konsum von Wasserpfeifen unterhält und sich insofern auf die
Wirtschaftsfreiheit berufen kann. Angesichts des Zusammenhanges von klassischen
Gastgewerbeleistungen mit dem Bereich der Wasserpfeifen und des doch nicht
unbedeutenden Anteils des Letzteren am Gesamtumsatz ist von einem schweren
Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit auszugehen. Die Einschränkung muss daher im
formellen Gesetz selbst vorgesehen sein (Art. 36 Abs. 1 BV). Überdies muss sie
durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter
gerechtfertigt sein (Art. 36 Abs. 2 BV), wobei zulässige öffentliche Interessen
nur solche sind, die sich an den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit halten (vgl.
Art. 94 Abs. 1 BV). Der Eingriff muss sodann verhältnismässig sein (Art. 36
Abs. 3 BV) und den Kerngehalt des berührten Grundrechts wahren (Art. 36 Abs. 4
BV).

4.

4.1 Das bernische Gesetz verbietet der Beschwerdeführerin die grundsätzliche
Fortführung ihres Betriebes nicht. Es verlangt lediglich gewisse
Voraussetzungen bzw. macht Auflagen, wie sie für andere Gastgewerbebetriebe,
die Angebote für Raucher unterhalten wollen, auch gelten. Die Argumentation der
Beschwerdeführerin läuft darauf hinaus, dass das nichtrauchende Publikum und
die Arbeitnehmenden in ihren Shisha Bars keinen Schutz vor Passivrauchen
beanspruchen können sollten. Sie geht davon aus, dass ihre Betriebe nur von
einer
BGE 136 I 17 S. 25
Kundschaft besucht würden, die sich bewusst auf den passiven Konsum von
Wasserpfeifen einliessen, und der Kanton keine Regelung zum Arbeitnehmerschutz
treffen dürfe. Die bernische Gesetzgebung nimmt eine entsprechende
Unterscheidung jedoch nicht vor. Alle dem Gesetz unterstehenden Betriebe,
selbst wenn sie sich vornehmlich an ein rauchendes Publikum richten, bieten
zwangsläufig ebenfalls gastgewerbliche Leistungen an. Das gilt auch für die
Betriebe der Beschwerdeführerin. Für den Konsum von Wasserpfeifen in
Gastgewerbebetrieben greift keine besondere Regelung. Genauso wenig lässt das
Gesetz eine Ausnahme bei Einverständnis zum Passivrauchen zu. Der Schutz davor
soll vielmehr unabhängig von allfälligem Sozialdruck greifen. Wird davon
ausgegangen, dass auch das Rauchen von Wasserpfeifen unter das allgemeine
Rauchverbot von Art. 27 GGG fällt, was sich, wie bereits dargelegt (vgl. E.
2.4), aus Gründen der Zweckrichtung und der Entstehungsgeschichte der
gesetzlichen Bestimmungen aufdrängt, ist das Rauchverbot im formellen Gesetz
verankert und nicht allenfalls bloss Folge der Regelung auf Verordnungsstufe.

4.2 Die Regelungen des Gastgewerbes und des Gesundheitsschutzes sind Bereiche,
die in die Kompetenz der Kantone fallen. Demgegenüber wird der
Arbeitnehmerschutz, auch im Bereich des Schutzes vor Passivrauchen, in erster
Linie durch Bundesrecht geregelt (vgl. BGE 132 III 257; so auch Art. 27 Abs. 4
GGG). Eine völlige Trennung des Schutzes von Konsumenten und Angestellten ist
jedoch einzig denkbar bei Regelungen, die sich ausschliesslich auf eine
Kategorie beziehen und wo auch faktisch, insbesondere örtlich, eine klare
Abgrenzung vorliegt, wie dies etwa bei Arbeitsstellen, die der Öffentlichkeit
nicht zugänglich sind, oder umgekehrt bei öffentlichen Räumen zutreffen kann,
in denen keine Arbeitnehmer tätig sind. Vermischen sich Angestellte und
Konsumenten, dient der Schutz vor Passivrauchen der gesamten Bevölkerung, es
sei denn, der Bund habe eine sinnvolle und umsetzbare abschliessende Regelung
für die Arbeitnehmer getroffen. Insoweit verbleibt den Kantonen eine ergänzende
Kompetenz jedenfalls dort, wo sich wie hier der Schutz der Adressaten eines
Angebots in einem dem Kanton unterstellten Regelungsbereich wie dem
Gastronomiewesen (vgl. JAAG/RÜSSLI, Schutz vor Passivrauchen,
verfassungsrechtliche Aspekte, AJP 2006 S. 23 und 27) nicht von demjenigen des
Personals unterscheiden lässt und der Bund nicht abschliessend legiferiert hat
(vgl. BGE 133 I 110 E. 4 S. 115 ff.). Art. 4 des noch nicht in Kraft getretenen
BGE 136 I 17 S. 26
Bundesgesetzes zum Schutz vor Passivrauchen (BBl 2008 8244) hält sogar
ausdrücklich fest, dass die Kantone auch künftig strengere Vorschriften als der
Bund zum Schutz der Gesundheit erlassen können. Umso mehr ist von einer solchen
Kompetenz auszugehen, solange das Bundesgesetz noch gar nicht gilt. Die
Anforderungen an die Legalität gemäss Art. 36 Abs. 1 BV erweisen sich damit als
erfüllt.

4.3 Der Schutz vor dem Passivrauchen dient dem Gesundheitsschutz insbesondere
der Gäste und der Angestellten von Restaurationsbetrieben. Dies liegt im
öffentlichen Interesse und vermag selbst Rauchverbote zu rechtfertigen (BGE 133
I 110 E. 7.1.1 S. 123 f.; AUER, a.a.O., S. 13 f.; JAAG/RÜSSLI, a.a.O., S. 28;
MARTENET, a.a.O., S. 257 f.). Ein solches wahrt denn auch mit Blick auf die
gesundheitspolizeiliche Herleitung den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit. Im
Übrigen dienen die gesetzlichen Bestimmungen dem Schutz der körperlichen
Unversehrtheit und damit der persönlichen Freiheit Dritter im Sinne von Art. 10
Abs. 2 BV. Die angefochtene Regelung hält damit auch vor Art. 36 Abs. 2 in
Verbindung mit Art. 94 BV stand.

4.4 Die Verhältnismässigkeit eines Grundrechtseingriffs bemisst sich im
Wesentlichen an dessen Zweckgeeignetheit, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit für
den oder die Betroffenen.

4.4.1 Die angefochtenen Bestimmungen sind geeignet, die Gäste und die
Angestellten vor den Auswirkungen des Passivrauchens zu schützen (MARTENET,
a.a.O., S. 272 ff.; vgl. dazu in einem weiteren Sinne auch BGE 133 I 110 E.
7.2-7.5 S. 124 ff.).

4.4.2 Die Beschwerdeführerin stellt die Erforderlichkeit der gesetzlichen
Regelung für das Rauchen klassischer Tabakwaren wie Zigaretten, Pfeifen oder
Zigarren ausdrücklich nicht in Frage. Eine andere Einschätzung bei
Wasserpfeifen erscheint nur zulässig, wenn sich das Rauchen bzw. die
Auswirkungen des Passivrauchens von solchen massgeblich von klassischen
Tabakwaren unterscheiden würden. Unterschiedliche Rauchertechniken für sich
allein begründen allerdings keine erhebliche Differenz. Wie bereits dargelegt
(vgl. E. 2.4), gilt das Rauchen von Wasserpfeifen in Fachkreisen als genauso
schädlich wie dasjenige anderer Raucherwaren. Der Gesetzgeber ist daher nicht
verpflichtet, eine Sonderlösung für Gaststätten mit einem Angebot von
Wasserpfeifen zu treffen, ja eine solche wäre angesichts des vergleichbaren
Gefährdungspotenzials unter dem Gesichtspunkt der Rechtsgleichheit sogar
fragwürdig. Die von der
BGE 136 I 17 S. 27
Beschwerdeführerin angestrebte - offenbar allgemeingültig gedachte -
Unterscheidung von "reinen Raucherbetrieben", wo das Rauchen ein
Hauptbestandteil des Angebots bilden soll, und anderen Gastronomiestätten, in
denen nur nebenbei geraucht wird, erscheint ebenfalls problematisch. Zwar hat
das Bundesgericht festgehalten, bei Betrieben, die sich ausschliesslich dem
Tabakkonsum widmeten, stelle sich die Frage des Passivrauchens nicht in
gleicher Weise wie bei den üblichen Gastgewerbestätten (BGE 133 I 110 E. 7.4 S.
126; vgl. auch MARTENET, a.a.O., S. 276 f.). Wie dargelegt, macht aber auch die
Beschwerdeführerin den Grossteil ihres Umsatzes mit dem Verkauf von Getränken
und nicht mit dem Angebot im direkten Zusammenhang mit den Wasserpfeifen, wobei
immerhin offen ist und sich nur schwer erheben lässt, wieweit die beiden
Angebote betriebswirtschaftlich so eng miteinander verknüpft sind, dass sie
sich nicht trennen liessen. So oder anders verbietet das bernische Gesetz
indessen mit der Zulassung von Fumoirs ein kombiniertes Angebot nicht. Mit der
Möglichkeit der Einrichtung von Raucherräumen steht es der Beschwerdeführerin
offen, den Konsum von Wasserpfeifen weiterhin anzubieten, gleichermassen wie
sie oder auch andere Gastgewerbebetriebe das Rauchen anderer Tabakwaren im
Fumoir zulassen können. Eine weitergehende Ausnahmeregelung für das Rauchen von
Wasserpfeifen ist nicht erforderlich. Es kann hier offenbleiben, ob es auch
andere taugliche Lösungen gäbe und was gälte, würde der Kanton Bern Fumoirs
nicht zulassen. Jedenfalls bietet das bernische Gesetz eine taugliche
Möglichkeit, das Rauchen von Wasserpfeifen in einem Gastronomiebetrieb in
Kombination mit dem üblichen Gastronomieangebot - Speis und Trank oder auch nur
Bargetränke - anzubieten.

4.4.3 Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der angefochtenen Regelung ist
massgeblich, dass die Haupttätigkeit des Führens eines Gastronomiebetriebes,
auch in der Form einer Bar, nicht verboten oder verunmöglicht wird. Selbst die
Beschwerdeführerin kann beide bestehenden Betriebe weiter unterhalten.
Denjenigen in Thun vermochte sie offenbar bereits durch betriebswirtschaftliche
bzw. räumliche Anpassungen derart umzugestalten, dass sie unter Beachtung der
neuen Gesetzesordnung das Angebot von Getränken mit demjenigen von
Wasserpfeifen in einem Raucherraum kombinieren kann. Das belegt, dass die
angefochtene Regelung auch für den Konsum von Wasserpfeifen in zumutbarer Weise
umsetzbar ist. Dass der Umsatz wegen der neuen gesetzlichen Einschränkungen
erheblich schrumpft, ist
BGE 136 I 17 S. 28
nicht belegt; im Übrigen wäre dies mit Blick auf das legitime Ziel des
Gesundheitsschutzes auch für sich allein nicht wesentlich. Zwar mögen die
räumlichen Möglichkeiten der Einrichtung eines Fumoirs in der Bar in Bern
beschränkt sein. Das führt aber nicht zur Unzumutbarkeit der gesetzlichen
Regelung. Es ist der Beschwerdeführerin unbenommen, sich entweder auf einen
reinen Gaststättenbetrieb ohne Raucherangebot zu beschränken oder tauglichere
Räumlichkeiten zu suchen (vgl. dazu auch MARTENET, a.a.O., S. 276 f.). Ihre
Situation unterscheidet sich insofern nicht von derjenigen anderer
Gastronomieanbieter, die ihren bisherigen Betrieb in ähnlichen
Kellerräumlichkeiten in Bern eingerichtet haben und denen es nicht möglich ist,
einen Raucherraum auszuscheiden. Mehr ist verfassungsrechtlich nicht
erforderlich.

4.4.4 Die angefochtene Regelung erweist sich mithin auch als verhältnismässig.

4.5 Eine Verletzung des Kerngehalts der Wirtschaftsfreiheit wird nicht geltend
gemacht und ist auch nicht ersichtlich, wobei hier offenbleiben kann, ob bzw.
wieweit sich der Kerngehaltsschutz bei Art. 27 BV nicht bereits mit dem
Erfordernis der Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (nach
Art. 94 BV) deckt.

4.6 Die angefochtenen Bestimmungen halten demnach vor Art. 27 BV stand.

5.

5.1 Die Beschwerdeführerin rügt überdies einen Verstoss gegen die
Eigentumsgarantie (Art. 26 Abs. 1 BV) und das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8
Abs. 1 BV).

5.2 Nach Art. 26 Abs. 1 BV ist das Eigentum gewährleistet. Auf dieses
Grundrecht kann sich grundsätzlich auch die Beschwerdeführerin als Mieterin von
Räumlichkeiten berufen, deren Nutzung durch die gesetzliche Regelung
beeinträchtigt wird (vgl. BGE 120 Ia 120 E. 1b S. 121). Das angefochtene
Rauchverbot berührt die Nutzung von Liegenschaften allerdings nur teilweise.
Wird eine Räumlichkeit nicht in einer öffentlich zugänglichen Art oder von
vornherein rauchfrei verwendet, entfaltet das Rauchverbot keine unmittelbaren
Wirkungen. Für die öffentliche Nutzung als Barräumlichkeit kann der
angefochtenen Regelung eine zumindest indirekte beschränkende Wirkung indes
nicht abgesprochen werden. Gleichermassen und aus den gleichen Gründen wie der
Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit erweist sich aber auch derjenige in die
Eigentumsgarantie als verfassungskonform, weshalb kein Verstoss gegen Art. 26
BV vorliegt.
BGE 136 I 17 S. 29

5.3 Der von der Beschwerdeführerin weiter angerufene Rechtsgleichheitsgrundsatz
nach Art. 8 Abs. 1 BV verlangt, dass Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit
gleich oder Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt
wird. Der Anspruch auf rechtsgleiche Behandlung wird insbesondere verletzt,
wenn hinsichtlich einer entscheidwesentlichen Tatsache rechtliche
Unterscheidungen getroffen werden, für die ein vernünftiger Grund in den zu
regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder wenn Unterscheidungen
unterlassen werden, die aufgrund der Verhältnisse hätten getroffen werden
müssen (vgl. BGE 134 I 23 E. 9.1 S. 42 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin
sieht eine massgebliche Differenz zwischen ihren Barbetrieben mit einem Angebot
von Wasserpfeifen und anderen Gaststätten. Wie bereits dargelegt, gibt es
jedoch mit Blick auf die hier wesentliche Frage des Schutzes vor Passivrauchen
keine ernsthaften sachlichen Unterscheidungsmerkmale. Vielmehr drängt es sich
im Gegenteil angesichts des vergleichbaren Gefährdungspotenzials für die
Gesundheit Dritter auf, das Rauchen von Shishas gleich zu behandeln wie
dasjenige anderer Tabakwaren (vgl. E. 2.4 und 4.4.2). Das
Rechtsgleichheitsgebot von Art. 8 Abs. 1 BV ist daher nicht verletzt.