Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 136 I 142



Urteilskopf

136 I 142

12. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Gemeinde
Samnaun gegen X. AG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
1C_501/2009 vom 4. Januar 2010

Regeste

Art. 127 Abs. 1 BV, Art. 27 RPG; Planungszone und verwaltungsrechtlicher
Vertrag über eine Lenkungsabgabe zur Beschränkung des Zweitwohnungsbaus.
Legalitätsprinzip im Abgaberecht (E. 3.1). Gesetzliche Grundlage für eine
Planungszone (E. 3.2). Kompetenz der Bündner Gemeinden, Erstwohnungsanteile
festzulegen oder gleichwertige Regelungen zu treffen (E. 3.3).
Zulässigkeit verwaltungsrechtlicher Verträge allgemein (E. 4.1) und im
Abgaberecht (E. 4.2). Der verwaltungsrechtliche Vertrag beruht auf einer
hinreichenden gesetzlichen Grundlage im kantonalen Raumplanungsgesetz und
stellt eine rechtmässige Grundlage für die Erhebung der Lenkungsabgabe im
Rahmen der Baubewilligung dar (E. 4.3). Keine unzulässige positive Vorwirkung
einer geplanten kommunalen Regelung des Zweitwohnungsbaus (E. 4.4).

Sachverhalt ab Seite 143

BGE 136 I 142 S. 143

A. Die X. AG reichte bei der Gemeinde Samnaun am 23. Oktober 2008 ein Baugesuch
für den Neubau eines Mehrfamilienhauses (...) in der Wohnzone Samnaun-Ravaisch
(...) ein. Gegen das publizierte Gesuch gingen keine Einsprachen ein.
Am 12. November 2008 erliess der Gemeindevorstand Samnaun in Bezug auf das
ganze Gemeindegebiet einstweilen für ein Jahr eine Planungszone mit dem Ziel,
den Erstwohnungsbau zu fördern und den Zweitwohnungsbau einzuschränken. Die im
Kantonsamtsblatt vom 20. November 2008 veröffentlichte Planungszone wurde
rechtskräftig. In der Folge unterstellte der Gemeindevorstand das (...)
Bauvorhaben der X. AG der Planungszone. Die Unterstellungsverfügung wurde nicht
angefochten.
Am 26. Februar 2009 publizierte der Gemeinderat Samnaun (Parlament) den
bereinigten Entwurf "Förderung des Erst- und Einschränkung des
Zweitwohnungsbaus (Gesetzesentwurf)". Dieser sieht in Art. 14 eine
Lenkungsabgabe von Fr. 700.- pro m^2 Bruttogeschossfläche für nicht touristisch
bewirtschaftete Zweitwohnungen vor. Nach Art. 16 des Gesetzesentwurfs wird die
Abgabe zweckgebunden, d.h. zur Förderung des Erstwohnungsbaus bzw.
Erstwohnungserwerbs und der Hotellerie sowie für die touristischen
Infrastrukturanlagen verwendet. Diese Regelung entspricht dem Mustergesetz,
welches im "Werkzeugkasten" zu einer beabsichtigten Änderung des kantonalen
Richtplans enthalten ist.
Nach Publikation des Gesetzesentwurfs ersuchte die Gemeinde die
Bauherrschaften, welche bereits Baugesuche eingereicht hatten, zu erklären, ob
sie sich der vorgesehenen neuen Regelung betreffend die Förderung des Erst- und
Einschränkung des Zweitwohnungsbaus vorläufig unterstellen wollten. Werde dies
abgelehnt, so könnten die Baugesuche erst weiter behandelt werden, wenn über
das Schicksal der Gesetzesvorlage definitiv Klarheit herrsche.
BGE 136 I 142 S. 144
Die X. AG gab (...) am 16. März 2009 die geforderte vorbehaltlose vorläufige
Unterstellungserklärung ab. Gleichzeitig bezeichnete sie die Erstwohnungen, die
touristisch bewirtschafteten Wohnungen und die Zweitwohnungen in den
Planunterlagen und brachte mit Bezug auf die Lenkungsabgabe eine Bankgarantie
bei.

B. Am 25. März 2009 erteilte die Gemeinde Samnaun der X. AG die nachgesuchte
Baubewilligung. In Ziffer 2 des Dispositivs des Bewilligungsentscheids
auferlegte die Gemeinde der Baugesuchstellerin zahlreiche Auflagen. Ziff. 2.4
dieser Auflagen lautet wie folgt:
"Die X. AG wird verpflichtet, der Gemeinde für die Zweitwohnungen eine
Lenkungsabgabe von Fr. 700.- pro m^2 zu bezahlen. Für die insgesamt 507.51 m^2
BGF beläuft sich die Ersatzabgabe also auf Fr. 355'257.- und ist innert 10
Tagen vor Baubeginn zu bezahlen bzw. sicherzustellen.
Vor der Bezahlung bzw. Sicherstellung dieses Betrags darf mit dem Bau nicht
begonnen werden.
Der obgenannte Betrag kann auch durch Bankgarantie sichergestellt werden und
ist der Gemeinde Samnaun definitiv zu entrichten, wenn das Gesetz in
Rechtskraft erwächst."

C. Gegen diesen Entscheid der Gemeinde Samnaun gelangte die X. AG mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
und beantragte die Aufhebung von Ziff. 2 des Dispositivs. (...) Mit Urteil vom
15. September 2009 hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerde teilweise gut
und hob die in Ziff. 2.4 der Baubewilligung verfügte Auflage auf. Im Übrigen
wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.

D. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 6. November
2009 beantragt die Gemeinde Samnaun, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei
aufzuheben, soweit darin die in Ziff. 2.4 der Baubewilligung vom 25. März 2009
verfügte Auflage betreffend Lenkungsabgabe aufgehoben wurde. (...)
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und hebt das angefochtene Urteil
auf.
(Auszug)

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

3.

3.1 In Ziff. 2.4 des Dispositivs der Baubewilligung vom 25. März 2009
auferlegte die Gemeinde Samnaun der privaten Beschwerdegegnerin eine
öffentliche Abgabe. Aus dem Legalitätsprinzip im
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Abgaberecht folgt, dass Abgaben in rechtssatzmässiger Form festgelegt sein
müssen, so dass den rechtsanwendenden Behörden kein übermässiger Spielraum
verbleibt und die möglichen Abgabepflichten voraussehbar und rechtsgleich sind
(vgl. Art. 164 Abs. 1 lit. d und Art. 127 Abs. 1 BV; BGE 131 II 735 E. 3.2 S.
739 mit Hinweisen). Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage
(Legalitätsprinzip) im Abgaberecht ist ein selbstständiges verfassungsmässiges
Recht, dessen Verletzung unmittelbar gestützt auf Art. 127 Abs. 1 BV geltend
gemacht werden kann (BGE 132 II 371 mit Hinweisen). Die formell-gesetzliche
Grundlage muss zumindest den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand und
die Bemessungsgrundlagen selbst enthalten (Art. 127 Abs. 1 BV; BGE 132 II 371
E. 2.1 S. 374; BGE 131 II 735 E. 3.2 S. 739 mit Hinweisen; VALLENDER/
WIEDERKEHR, in: Die Schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl. 2008,
N. 4 ff. zu Art. 127 BV). Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Gesetzgeber
die Kompetenz zur Festlegung einer Abgabe an eine nachgeordnete Behörde
delegiert (BGE 132 II 371 E. 2.1 S. 374 mit Hinweisen).

3.2 Das Raumplanungsgesetz vom 6. Dezember 2004 für den Kanton Graubünden (KRG;
BR 801.100) enthält keine gesetzliche Grundlage für die Erhebung der
umstrittenen Lenkungsabgabe. Art. 21 KRG sieht lediglich das Institut der
Planungszone vor und ordnet demzufolge an, Bauten und Anlagen dürften nicht
bewilligt werden, wenn sie den in Aussicht genommenen Planungsmassnahmen und
Baugesetzesänderungen widersprächen oder deren Ausführung beeinträchtigen
könnten. Nach Art. 27 Abs. 1 RPG (SR 700) kann die zuständige Behörde für genau
bezeichnete Gebiete Planungszonen bestimmen, wenn Nutzungspläne angepasst
werden müssen. Von einer Ermächtigung der Gemeinde zur Erhebung einer Abgabe
ist in diesen Vorschriften keine Rede.
In einer Planungszone dürfen Bauvorhaben in Anwendung von Art. 21 Abs. 2 KRG
(vgl. auch Art. 27 Abs. 1 Satz 2 RPG) nur bewilligt werden, wenn sie weder den
rechtskräftigen noch den vorgesehenen neuen Planungen und Vorschriften
widersprechen (vgl. RUCH, in: Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung,
Stand: 2009, N. 46 zu Art. 27 RPG). Insofern kommt der geplanten Regelung
bereits eine negative Vorwirkung zu. Unzulässig ist dagegen die positive
Vorwirkung, d.h. die Anwendung des künftigen, noch nicht in Kraft gesetzten
Rechts unter Nichtanwendung des geltenden Rechts (BGE 125 II 278 E. 3c S. 282;
BGE 100 Ia 157 E. 5d S. 161 f.; Urteil des Bundesgerichts 1C_274/2007 vom 1.
Februar 2008 E. 4.1; RUCH, a.a.O., N. 47 zu Art. 27 RPG).
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3.3 Gemäss Art. 27 Abs. 4 KRG können die Gemeinden zur Sicherung eines
genügenden Angebots an erschwinglichen Wohnungen für die ortsansässige
Bevölkerung und eines angemessenen Verhältnisses zwischen dauernd bewohnten
Wohnungen und Ferienwohnungen Erstwohnungsanteile festlegen oder gleichwertige
Regelungen treffen. Dazu gehören grundsätzlich auch Vorschriften über
Lenkungsabgaben. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts sind die Bündner
Gemeinden gestützt auf diese Bestimmung des KRG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 3
des kantonalen Gesetzes vom 31. August 2006 über die Gemeinde- und
Kirchensteuern (GKStG; BR 720.200) befugt, eine gesetzliche Grundlage für die
Erhebung einer raumplanerisch motivierten Lenkungsabgabe einzuführen. Solche
Bestimmungen über Lenkungsabgaben können jedoch mit Blick auf das
Legalitätsprinzip grundsätzlich nur als Grundlage für Abgabeveranlagungen
herangezogen werden, wenn sie den formellen Anforderungen an gesetzliche
Grundlagen im Abgaberecht entsprechen und in Kraft sind (vgl. Urteil des
Bundesgerichts 1C_363/2009 vom 4. Januar 2010 E. 3.3). Diese Voraussetzungen
sind hier, da die spezifische gesetzliche Grundlage für die Erhebung der
kommunalen Lenkungsabgabe noch nicht in Kraft steht, offensichtlich nicht
erfüllt.

4. Es stellt sich die Frage, ob die Lenkungsabgabe in einem
verwaltungsrechtlichen Vertrag zwischen der Gemeinde und dem Baugesuchsteller
vereinbart werden kann, wenn noch keine dem Legalitätsprinzip im Abgaberecht
genügende gesetzliche Grundlage für die Abgabeerhebung besteht. Die von der
Gemeinde Samnaun mit der Beschwerdegegnerin geschlossene Vereinbarung über die
Lenkungsabgabe steht unter der Bedingung, dass die Abgabe entfällt und
nachträglich zurückerstattet werden muss, wenn die mit der Planungszone in
Aussicht genommene gesetzliche Grundlage nicht geschaffen wird.

4.1 Der verwaltungsrechtliche Vertrag ist heute als Handlungsform des
Verwaltungsrechts anerkannt und weit verbreitet. Um zu vermeiden, dass das
Legalitätsprinzip ausgehöhlt wird, müssen zwei Voraussetzungen kumulativ
erfüllt sein. Zunächst muss eine kompetenzgemäss erlassene Rechtsnorm den
Vertrag vorsehen, dafür Raum lassen oder ihn jedenfalls nicht ausdrücklich
ausschliessen; eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung ist nicht
erforderlich (BGE 105 Ia 207 E. 2a S. 209; BGE 103 Ia 31 E. 1b S. 34, BGE 103
Ia 505 E. 3a S. 512). Weiter muss der Vertrag nach Sinn und Zweck der
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gesetzlichen Regelung, die er im Einzelfall konkretisiert, die geeignetere
Handlungsform sein als die Verfügung (Urteil des Bundesgerichts 1A.266/2005 vom
13. März 2006, in: URP 2006 S. 361 E. 2.4; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines
Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2006, Rz. 1071). Der Vertragsinhalt darf nicht gegen
eine gültige Rechtsnorm verstossen und muss auf einem generell-abstrakten,
genügend bestimmten Rechtssatz beruhen, der in Form eines Gesetzes erlassen
worden sein muss, wenn es sich um eine wichtige Regelung handelt. Die
Anforderungen an die Bestimmtheit des Rechtssatzes sind geringer als bei
Verfügungen, sofern das Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit
wegen der Zustimmung zur Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses durch die
Privaten als geringfügig erscheint. Auch die Grundlage im Gesetz kann bei
Verträgen im Allgemeinen schmaler sein als bei Verfügungen, weil staatliche
Eingriffe in die Rechte der Privaten weniger intensiv und damit weniger wichtig
sind, wenn die Betroffenen ihnen zustimmen (GEORG MÜLLER, Zulässigkeit des
Vertrags und zulässige Vertragsinhalte, in: Der verwaltungsrechtliche Vertrag
in der Praxis, Häner/Waldmann [Hrsg.], 2007, S. 36 f.).

4.2 In besonderen Fällen kann ein verwaltungsrechtlicher Vertrag somit auch
dann abgeschlossen werden, wenn keine Norm ausdrücklich dazu ermächtigt, und es
darf eine Vertragspartei auch zu Leistungen verpflichtet werden, die ihr die
Behörde mittels Verfügung nicht auferlegen könnte; doch müssen die vertraglich
vereinbarten Leistungen auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen (Urteil 1A.266
/2005 vom 13. März 2006, in: URP 2006 S. 361 E. 2.4 und 2.5; vgl. auch GEORG
MÜLLER, a.a.O. S., 30 ff.). Das gilt im Hinblick auf das Legalitätsprinzip im
Abgaberecht umso mehr, wenn der Vertrag die Entrichtung öffentlicher Abgaben
regelt (Urteil des Bundesgerichts 2A.414/2006 vom 19. März 2008 E. 8.3).
In Bezug auf Erschliessungsabgaben erscheint es zulässig, wenn Private
gegenüber einer Gemeinde auf dem Vertragsweg einen höheren Beitragssatz
akzeptieren als im kommunalem Reglement vorgesehen, solange sie gesamthaft
nicht mehr als den voraussichtlichen Gesamtaufwand der Erschliessung
übernehmen. Im Übrigen erachten Rechtsprechung und Lehre verwaltungsrechtliche
Verträge über die Abgabepflicht im Hinblick auf die Erschliessung von Bauland
grundsätzlich als zulässig, sofern damit keine eigentliche Abgabevergünstigung
bezweckt wird (vgl. BGE 105 Ia 207 E. 2a S. 209 f.; BGE 103 Ia 505 E. 3b S.
513; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O.,
BGE 136 I 142 S. 148
Rz. 1082; HUNGERBÜHLER, Grundsätze des Kausalabgabenrechts, ZBl 104/2003 S. 505
ff., 519 f.; Urteil 1P.360/2006 vom 15. Januar 2007 E. 5.3). Steuerabkommen
sind hingegen insbesondere aus Gründen der Gleichbehandlung der
Steuerpflichtigen nur in ganz beschränktem Umfang zulässig (HÄFELIN/MÜLLER/
UHLMANN, a.a.O., Rz. 1088).

4.3 Nach Art. 27 Abs. 4 KRG können die Gemeinden zur Sicherung eines genügenden
Angebots an erschwinglichen Wohnungen für die ortsansässige Bevölkerung und
eines angemessenen Verhältnisses zwischen dauernd bewohnten Wohnungen und
Ferienwohnungen Erstwohnungsanteile festlegen oder gleichwertige Regelungen
treffen. Dazu gehören grundsätzlich auch Vorschriften über Lenkungsabgaben (E.
3.3 hiervor). Die Gemeinde hat das Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung von
Art. 27 Abs. 4 KRG eingeleitet und gleichzeitig gestützt auf Art. 21 KRG eine
Planungszone erlassen, welche sich für neue Bauvorhaben mit Zweitwohnungen als
Bausperre auswirkt. Die Art. 21 und 27 Abs. 4 KRG schliessen vertragliche
Abreden zur Sicherstellung von Vorschriften über Regelungen des Erst- und
Zweitwohnungsbaus nicht aus. Die vertragliche Vereinbarung zwischen Gemeinde
und Bauherrschaft, welche Neubauten mit Zweitwohnungen unter Einhaltung der
vorgesehenen Bestimmungen über die Lenkungsabgabe während der Bausperre
ermöglicht, entspricht Sinn und Zweck der Art. 21 und 27 Abs. 4 KRG. Mit dem
gewählten Vorgehen kann eine frühzeitige Anwendung von Bestimmungen zur
Beschränkung des Zweitwohnungsbaus im Einzelfall erreicht werden. Die
vertragliche Vereinbarung trägt zudem der Unsicherheit Rechnung, dass die
endgültige abgaberechtliche Regelung anders lauten könnte als die in Aussicht
genommene Gesetzesvorschrift. Die Lenkungsabgabe muss erst definitiv entrichtet
werden, wenn die neue gesetzliche Regelung in Kraft tritt. Art. 21 und Art. 27
Abs. 4 KRG erscheinen somit als hinreichende gesetzliche Grundlage für den
Vertrag der Gemeinde mit der Beschwerdegegnerin über die in Ziff. 2.4 des
Dispositivs der Baubewilligung vom 25. März 2009 vorgesehene Lenkungsabgabe.
Die Beschwerdegegnerin hat sich freiwillig bereit erklärt, die Lenkungsabgabe
zu akzeptieren, bevor die kommunale gesetzliche Regelung in Kraft gesetzt wird.
Sie tat dies im Wissen darum, dass die Abgabe aufzuheben ist, soweit der vom
Samnauner Gemeindeparlament verabschiedete Gesetzesentwurf "Förderung des Erst-
und Einschränkung des Zweitwohnungsbaus" oder Teile davon vom Gemeindesouverän
abgelehnt oder von der Regierung nicht genehmigt werden.
BGE 136 I 142 S. 149
Der verwaltungsrechtliche Vertrag beruht somit insgesamt auf einer
hinreichenden gesetzlichen Grundlage im KRG und stellt eine rechtmässige
Grundlage für die Erhebung der Lenkungsabgabe im Rahmen der Baubewilligung dar.

4.4 Das Verwaltungsgericht hob die in Ziff. 2.4 der Baubewilligung vom 25. März
2009 festgelegte Lenkungsabgabe auf, weil sie auf einer unzulässigen positiven
Vorwirkung des vom Gemeindeparlament verabschiedeten aber noch nicht
rechtskräftigen Gesetzes "Förderung des Erst- und Einschränkung des
Zweitwohnungsbaus" beruhe. Damit hat es die Tragweite der Art. 21 und 27 Abs. 4
KRG verkannt und dieses kantonale Recht willkürlich angewendet, was zu einer
Verletzung der Autonomie der Gemeinde Samnaun führte.
Die Beschwerdegegnerin hat zudem durch die Anfechtung von Ziffer 2.4 des
Dispositivs der Baubewilligung vom 25. März 2009, der sie zuvor schriftlich
zugestimmt hatte, den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt (Art. 9 BV). Die
Billigung dieses treuwidrigen Verhaltens durch das Verwaltungsgericht kommt
ebenfalls einer Verletzung der Gemeindeautonomie gleich.