Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 136 III 401



Urteilskopf

136 III 401

59. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y.
(Beschwerde in Zivilsachen)
5A_827/2009 vom 27. Mai 2010

Regeste

Persönlichkeitsschutz; Recht am eigenen Bild; vertraglich vereinbarte
Veröffentlichung von erotischen Fotos im Internet.
Das Recht am eigenen Bild ist eine Unterart des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts (Art. 28 Abs. 1 ZGB). Stehen wirtschaftliche Interessen
im Vordergrund, so kann das Recht am eigenen Bild Gegenstand vertraglicher und
unwiderruflicher Verpflichtungen sein; eine vereinbarte Rücktrittsentschädigung
ist an sich verbindlich (E. 5.2). Rechtswirksame Einwilligung zur
Veröffentlichung eigener erotischer Bilder im Internet vorliegend bejaht (E.
5.3). Der Vertrag über die Veröffentlichung eigener Bilder erotischen Inhalts
im Internet verstösst weder gegen Art. 27 ZGB noch gegen Art. 20 OR (E. 5.4).
Recht zum Rücktritt vom Vertrag ohne Bezahlung der vereinbarten
Rücktrittsentschädigung im konkreten Fall verneint (E. 5.5 und 5.6).

Sachverhalt ab Seite 402

BGE 136 III 401 S. 402

A.

A.a X. führt das Einzelunternehmen "X. Informatik" und betreibt unter dieser
Firma u.a. einen Begleitservice (A.-Escort-Service) sowie die B.-Production,
welche Filme und Fotos herstellt und vertreibt.

A.b Am 23. Oktober 2006 schloss Y. mit X. einen Vermittlungsvertrag für den
A.-Escort-Service, einen Model-Vertrag sowie einen Vertrag über die Produktion
und den Vertrieb von Filmen und Fotos. Im Vermittlungsvertrag verpflichtete
sich X. unter anderem, die diskrete Vermittlungsarbeit zwischen den Kunden und
Y. zu übernehmen, für sie im Internet eine persönliche Homepage bzw. "Setcard"
aufzuschalten und um die Werbung besorgt zu sein. Die Agentur verpflichtete
sich ferner dazu, Y. Hilfe bei ihren Fotos anzubieten und von ihr gegen
Vorauszahlung von Fr. 220.- resp. Fr. 200.- einen ganzen Satz digitaler Bilder
zu schiessen, wobei das Fotoshooting bzw. die Filmerstellung kostenlos
angeboten wurde, falls Y. ihrerseits die Dienstleistung "Erotikfilme" anbot. Y.
erklärte sich unter anderem dazu bereit, Model-Dienste sowohl für Fotos als
auch für Filme anzubieten. Betreffend die Veröffentlichung der Fotos im
Internet gab sie folgendes Einverständnis ab: "Meine Bilder können im Original
ins Internet, wenn man das Gesicht fast nicht erkennt".
BGE 136 III 401 S. 403
Durch den Vermittlungs- und den Model-Vertrag übertrug Y. die Rechte am Bild
bzw. Film für die Veröffentlichung und den Vertrieb der Foto- und/oder
Filmaufnahmen unwiderruflich der Agentur und willigte überdies ein, dass im
Falle einer Veröffentlichung keine Ansprüche, auch nicht gegen Dritte, geltend
gemacht werden können. Ferner berechtigten diese Verträge die Agentur zu einer
uneingeschränkten, zeitlich und örtlich unbegrenzten Nutzung, Speicherung und
Verwertung der Bilder.
Ein Rückkauf der Rechte war gegen Bezahlung einer Entschädigung möglich, deren
Höhe sich nach den bereits erledigten Arbeiten und den bestehenden Film- und
Fotoaufträgen richtete. Weiter vereinbarten die Parteien einen jederzeit
möglichen Rücktritt, wobei sich Y. verpflichtete, der Agentur bei einem
Rücktritt vor Ablauf von sechs Monaten eine Umtriebsentschädigung von Fr. 390.-
für entgangenen Umsatz zu zahlen.

A.c In der Folge wurde unter einem Pseudonym im Internet eine "Setcard" mit
einer Bildgalerie von Y. aufgeschaltet. Über diese Homepage konnte auch ein
Pornofilm, in welchem sie mitwirkte, bestellt werden.

A.d Am 5. Januar 2007 vereinbarten die Parteien den "sofortigen Rücktritt bei
A.-Escort resp. Studio". Y. verpflichtete sich zur Bezahlung einer
"Rücktrittsgebühr" von Fr. 390.-. In der Rücktrittsbestätigung wurde sodann
festgehalten, dass der Film weiterhin verkauft werde, aber keine
Provisionszahlungen erfolgen würden, der Verkauf aber gegen Zahlung von Fr.
4'500.- gestoppt werden könne.

B.

B.a Y. erhob am 2. April 2008 beim Bezirksgericht Baden Klage gegen X. mit dem
Begehren, es sei diesem unter Androhung der Straffolgen von Art. 292 StGB im
Widerhandlungsfall gerichtlich zu verbieten, Fotos und DVDs, auf welchen sie
abgelichtet sei, der Öffentlichkeit auf dem Internet (generell und insbesondere
unter der Internetadresse x) zugänglich zu machen. Zuvor hatte die
Gerichtspräsidentin 4 des Bezirksgerichtes Baden X. unter Androhung des
polizeilichen Vollzugs und einer Bestrafung gemäss Art. 292 StGB vorsorglich
verboten, Fotos und DVDs, auf welchen Y. abgelichtet sei, der Öffentlichkeit
auf dem Internet zugänglich zu machen.

B.b Die 2. Abteilung des Bezirksgerichts Baden hiess die Klage mit Urteil vom
26. Februar 2009 gut. Auf die am 23. März 2009 von
BGE 136 III 401 S. 404
X. erhobene Appellation bestätigte das Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 1. Kammer, mit Urteil vom 27. Oktober 2009 das erstinstanzliche
Urteil.

C. Mit Beschwerde vom 8. Dezember 2009 beantragt X. (nachfolgend:
Beschwerdeführer) dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Obergerichts des
Kantons Aargau vom 27. Oktober 2009 aufzuheben und die Klage von Y.
(nachfolgend: Beschwerdegegnerin) abzuweisen.
Nach öffentlicher Beratung heisst das Bundesgericht die Beschwerde gut und
weist die Klage ab.
(Zusammenfassung)

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

5. Der Beschwerdeführer erblickt darin, dass die Beschwerdegegnerin auf ihre
Einwilligung zurückgekommen ist, ein rechtsmissbräuchliches Verhalten. Er wirft
damit im Ergebnis die Frage auf, ob die Einwilligung der Beschwerdegegnerin in
die Persönlichkeitsverletzung als Ausschlussgrund der Rechtswidrigkeit
angenommen werden kann.

5.1 Die Bedeutsamkeit und allenfalls die Tragweite der Einwilligung der
Beschwerdegegnerin als Ausschlussgrund der Rechtswidrigkeit bilden
Rechtsfragen, welche in Anwendung des Grundsatzes iura novit curia frei zu
prüfen sind.

5.2

5.2.1 Das sogenannte "Recht am eigenen Bild" ist eine Unterart des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts von Art. 28 ZGB (statt vieler ANDREAS MEILI, in: Basler
Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 3. Aufl. 2006, N. 17 zu Art. 28 ZGB).
Grundsätzlich darf niemand ohne seine (vorgängige oder nachträgliche)
Zustimmung abgebildet werden, sei es durch Zeichnung, Gemälde, Fotografie, Film
oder ähnliche Verfahren (BGE 127 III 481 E. 3 a/aa S. 492; MEILI, a.a.O., N. 19
zu Art. 28 ZGB; MARC BÄCHLI, Das Recht am eigenen Bild, 2002, S. 89). Nach
Auffassung verschiedener Autoren ist die Einwilligung kein
Rechtfertigungsgrund, sondern schliesst schon den Tatbestand der
Persönlichkeitsverletzung aus (vgl. etwa BÄCHLI, a.a.O., S. 86). Sie muss
gültig sein, also ein Rechtsgut betreffen, über welches der Träger
verfügungsberechtigt ist; ausnahmsweise kann sie auch stillschweigend erteilt
bzw. angenommen werden. So willigt der Schauspieler, der sich für eine
Mitwirkung in einem Film
BGE 136 III 401 S. 405
verpflichtet, selbstredend auch in die Veröffentlichung des Films und in die
Verwendung von Ausschnitten daraus zu Werbezwecken ein (BÄCHLI, a.a.O., S. 89
ff.). Zudem muss die Einwilligung rechtswirksam, insbesondere frei von
Willensmängeln sein. Sodann ist sie sowohl hinsichtlich des zu
veröffentlichenden Bildes als auch des Verwendungszwecks des Bildes genügend zu
konkretisieren, sodass sie nicht für eine andere als die vorgesehene Verwendung
eines bestimmten Bildes gilt (BÄCHLI, a.a.O., S. 87 und 90).

5.2.2 Die Einwilligung ist nach einem Teil der Lehre grundsätzlich jederzeit
frei widerrufbar, wenn auch im Einzelfall Ausnahmen denkbar sind und der
widerrufende Träger allenfalls schadenersatzpflichtig werden kann (MEILI,
a.a.O., N. 48 zu Art. 28 ZGB; PIERRE TERCIER, Le nouveau droit de la
personnalité, 1984, S. 92 Rz. 640 f.; eingehend auch BÄCHLI, a.a.O., S. 92 f.;
RAPHAËL HAAS, Die Einwilligung in eine Persönlichkeitsverletzung nach Art. 28
Abs. 2 ZGB, 2007, Rz. 559-566); dabei wird überwiegend eine analoge Anwendung
von Art. 404 Abs. 2 OR angenommen (statt vieler: HAAS, a.a.O., Rz. 559 S. 190,
mit weiteren Hinweisen in Fn. 1147). Eine abweichende Lehrmeinung hält dafür,
Persönlichkeitsgüter, die nicht zum Kernbereich der menschlichen Existenz
gehören, könnten Gegenstand von vertraglichen und unwiderruflichen
Verpflichtungen sein (ANDREA BÜCHLER, Persönlichkeitsgüter als
Vertragsgegenstand?, in: Festschrift für Heinz Rey, 2003, S. 166-195, insb. S.
187; REGINA AEBI-MÜLLER, Personenbezogene Informationen im System des
zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutzes, 2005, Rz. 220; implizit CHRISTIAN
BRÜCKNER, Das Personenrecht des ZGB, 2000, Rz. 449; THOMAS GEISER, Die
Persönlichkeitsverletzung insbesondere durch Kunstwerke, 1990, Nr. 9.25; HAAS,
a.a.O., Rz. 802 und Fn. 1756). Namentlich der Name, die Stimme oder das Bild
gehören nicht zum Kernbereich menschlicher Existenz (BRÜCKNER, a.a.O., Rz.
449).
Stehen bei der fraglichen Verpflichtung wirtschaftliche Interessen im
Vordergrund, ist der letztgenannten Lehrmeinung der Vorrang zu geben.
Angesichts der Bedeutung, welche die Vermarktung des eigenen Bildes, des Namens
oder der Stimme in den letzten Jahrzehnten erreicht hat, ist es lebensfremd
(BÜCHLER, a.a.O., S. 187), weiterhin die Einwilligung zur Abtretung der Rechte
am eigenen Bild als einer rechtlich bindenden Verpflichtung nicht zugängliches
Geschäft anzusehen, das jederzeit und frei widerrufbar sein soll. Dies gilt
grundsätzlich nicht nur für bekannte Persönlichkeiten, die ihren Namen oder ihr
Bild mit Lizenzverträgen für kommerzielle
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Zwecke zur Verfügung stellen, sondern auch für diejenigen, die sich nur
gelegentlich bzw. ein Mal im Leben öffentlich zur Schau stellen, namentlich
auch für Teilnehmer an neuen Sendeformaten in der Art der "reality shows" (vgl.
dazu AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 222). Es muss aber auch für Personen gelten, die
sich wie hier an bescheideneren Produktionen beteiligen: Denn obwohl nur der
Veranstalter beruflich handelt, sind derartige Produktionen professionell
organisiert. Zudem verfolgen auch Gelegenheitsteilnehmer in aller Regel eigene
wirtschaftliche Interessen (BÜCHLER, a.a.O., S. 187) in der Form von Werbung
und/oder unmittelbarer Entschädigung. Mit der hier aufgezeigten Lösung wird
sichergestellt, dass vertragliche Beziehungen der vorliegenden Art nicht im
rechtsfreien Raum belassen werden.
Dem liesse sich entgegenhalten, eine bindende vertragliche Verpflichtung mit
Rücktrittsentschädigung und eine jederzeit widerrufbare Einwilligung, verbunden
mit Schadenersatzpflicht gestützt auf Art. 404 Abs. 2 OR, laufe im Ergebnis auf
dasselbe hinaus. Es bestehen jedoch gewichtige prozessuale Unterschiede:
Einerseits ist ein gerichtliches Verfahren zur Feststellung des allfälligen
Schadens mit einem viel grösseren Aufwand verbunden als die blosse Einklagung
einer vertraglich vereinbarten Rücktrittsentschädigung; die Verbreitung
derartiger Geschäfte vor allem dank Internet ruft geradezu nach möglichst
einfachen Lösungen. Andererseits verlagert sich die Behauptungs- und
Beweislast: Nicht mehr der angebliche Störer der Persönlichkeit des Ansprechers
muss den zufolge Widerrufs der erteilten Einwilligung erlittenen Schaden als
rechtsbegründende Tatsache behaupten und nachweisen; vielmehr obliegt dem
Ansprecher, der sich von der eingegangenen Verpflichtung lösen will,
ausserordentliche Gründe im Sinne rechtshemmender Tatsachen darzulegen und
nachzuweisen, die ihn ausnahmsweise zum Rücktritt berechtigen und von der
Entrichtung der vereinbarten Rücktrittsentschädigung (bzw. Konventionalstrafe)
befreien. Diese Lösung scheint sachgerecht, zumal der Ansprecher auf seine
ursprüngliche Abmachung zurückkommen will.

5.2.3 Es ist deshalb im Ergebnis von einer grundsätzlichen Zulässigkeit von
vertraglichen Verpflichtungen auszugehen, durch welche das Recht am eigenen
Bild veräussert wird. Daraus folgt, dass Vertragsklauseln, die eine
Rücktrittsentschädigung vorsehen, nicht an sich unverbindlich sind. Allenfalls
sind für ganz aussergewöhnliche Lebenslagen streng zu handhabende
Einschränkungen dieses Prinzips vorstellbar (dazu AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 220
am Ende).
BGE 136 III 401 S. 407

5.3

5.3.1 Vorliegend ist nicht strittig, dass die Beschwerdegegnerin ihre
Einwilligung rechtswirksam, insbesondere irrtumsfrei abgegeben hat: Sie hat
genau gewusst, zu was sie sich verpflichtete, und hat schriftlich darin
eingewilligt. Gegenteiliges wird nicht behauptet.

5.3.2 Nicht bestritten ist weiter, dass die Einwilligung genügend konkretisiert
war: Zu keinem Zeitpunkt hat die Beschwerdegegnerin vorgetragen, es seien
Bilder ins Internet aufgeschaltet worden, zu denen sie keine Einwilligung
gegeben habe, oder ihre Bilder seien zu einem nicht vereinbarten Zweck
verwendet worden.

5.4 Die Einwilligung in eine Persönlichkeitsverletzung ist nur in den Grenzen
von Art. 27 ZGB möglich (AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 216). Nach Art. 27 ZGB
unzulässig sind sowohl übermässige Verpflichtungen als auch solche, die den
höchstpersönlichen Kernbereich der Persönlichkeit betreffen. Die Prüfung
erfolgt deshalb zweistufig: In einem ersten Schritt ist zu fragen, ob in den
betroffenen Persönlichkeitsbereichen überhaupt von einer Disponibilität
ausgegangen werden kann (AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 217). Im Kernbereich der
Persönlichkeit, z.B. bei der körperlichen Bewegungsfreiheit, der physischen und
psychischen Integrität, der Intimsphäre usw., aber auch bei gewissen
Ausdrucksformen der Vereinsfreiheit (HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, Das Personenrecht
des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 2. Aufl. 2008, Rz. 11.14), besteht ein
absoluter Bindungsausschluss, weshalb eine gültige vertragliche Vereinbarung
ausgeschlossen ist; es ist die vertragliche Bindung als solche abzulehnen, weil
die Vertragsparteien bzw. eine von ihnen aufgrund subjektiver Elemente in dem
infrage stehenden Bereich keiner vertraglichen Bindung unterworfen sein sollen
(EUGEN BUCHER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1993, N. 162 zu Art. 27 ZGB). Besteht
demgegenüber die grundsätzliche Möglichkeit einer vertraglichen Verpflichtung,
ist in einem zweiten Schritt das konkrete Rechtsgeschäft daraufhin zu
überprüfen, ob die Bindung beispielsweise in zeitlicher Hinsicht übermässig ist
(AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 217).
Davon zu unterscheiden ist eine dritte Kategorie von nicht durchsetzbaren
Verträgen, bei welchen die Verwerflichkeit (Sittenwidrigkeit) in deren Inhalt
liegt, d.h. in dem tatsächlichen Verhalten, zu dem sich die Parteien
vertraglich verpflichten. Einer rechtlichen Verbindlichkeit solcher Verträge
stehen objektive Gesichtspunkte der Moral und der guten Sitten entgegen. Die
Gültigkeit dieser
BGE 136 III 401 S. 408
Verträge richtet sich nach Art. 20 OR (BUCHER, a.a.O.; AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz.
221; zur Abgrenzung zwischen den Tatbeständen des nichtigen Geschäftes im Sinn
von Art. 20 OR und des übermässig bindenden gemäss Art. 27 Abs. 2 ZGB sowie zu
den jeweiligen Rechtsfolgen: vgl. BGE 129 III 209 E. 2.2 S. 213 f.).

5.4.1 Das Obergericht stellt die Wirksamkeit der Einwilligung der
Beschwerdegegnerin in Abrede, weil diese das von Art. 27 Abs. 2 ZGB verpönte
Übermass einer rechtsgeschäftlichen Bindung verkörpere, weshalb diesbezüglich
jegliche rechtliche, zukunftsgerichtete Bindung von vornherein ausgeschlossen
sei. Die Bilder beträfen die Intimsphäre der Beschwerdegegnerin und somit den
Kernbereich ihrer Persönlichkeit. Nach Ansicht der Vorinstanz war die
Beschwerdegegnerin deshalb berechtigt, auf ihren Entscheid hinsichtlich der
Bildrechte zurückzukommen und die Abtretungsbewilligung zu widerrufen.
Während die erste Instanz eine anfängliche Nichtigkeit der vertraglichen
Abmachung zwischen den Parteien betreffend die Veröffentlichung der fraglichen
Bilder im Internet angenommen hatte, hat das Obergericht die Frage ausdrücklich
offengelassen. Es hat berücksichtigt, dass der Beschwerdegegnerin bereits
dadurch gedient sei, wenn ihr erlaubt werde, die eingegangene Verpflichtung für
die Zukunft zu widerrufen; auf der anderen Seite habe der Beschwerdeführer
keine Forderung aus dem Vermittlungsvertrag widerklageweise geltend gemacht.
Aus diesen Gründen erübrige sich die Klärung der Frage, ob der Vertrag gegen
die guten Sitten verstosse und folglich anfänglich nichtig sei. Weil aber die
Einwilligung jederzeit und voraussetzungslos widerrufen werden könne, sei eine
mit dem Widerruf vertraglich verabredete Entschädigung unzulässig.

5.4.2 Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen: Daraus wird nicht
ersichtlich, in welcher Hinsicht die mit dem Beschwerdeführer eingegangene
Bindung übermässig wäre. Sodann ist daran zu erinnern, dass es vorliegend nicht
um die Einwilligung der Beschwerdegegnerin in Handlungen geht, die allenfalls
in die eigene Intimsphäre eingreifen würden, sondern lediglich um die
Veröffentlichung von Bildern, welche derartige Handlungen wiedergeben. Dadurch
wird der Kernbereich der Persönlichkeit der Beschwerdegegnerin nicht betroffen
(dazu vorne E. 5.2.2; BRÜCKNER, a.a.O., Rz. 449). Überhaupt erscheint fraglich,
ob die Einwilligung in eine Veröffentlichung derartiger Bilder gegen Art. 27
ZGB verstösst. Auch kann im Lichte der heutigen Moralvorstellungen und der
BGE 136 III 401 S. 409
Verbreitung pornografischen Materials im Internet nicht behauptet werden, ein
solches Rechtsgeschäft verstosse an sich inhaltlich gegen Art. 20 OR und sei
folglich nichtig (HAAS, a.a.O., Rz. 840; BRÜCKNER, a.a.O., Rz. 449). Ebenso
wenig besticht das Argument des Obergerichts, der Beschwerdeführer habe keine
Forderung aus dem Vermittlungsvertrag widerklageweise geltend gemacht. Dieses
ist einerseits sachfremd, anderseits aber auch mit der hier
unbestrittenermassen anwendbaren Dispositionsmaxime unvereinbar, die dem Träger
eines Rechtsanspruches den Entscheid überlässt, ob bzw. wann er diesen Anspruch
gerichtlich durchsetzen will.

5.5 Entscheidend ist vielmehr, ob sich die Beschwerdegegnerin rechtsgültig und
beständig verpflichten konnte, ihre eigenen Bilder erotischen Inhaltes dem
Beschwerdeführer zur Aufschaltung ins Internet zu überlassen oder ob sie
hingegen ihre ursprüngliche Einwilligung ohne Weiteres und vor allem
unentgeltlich widerrufen durfte.
Wie bereits dargelegt (E. 5.2.2) können Persönlichkeitsgüter, die nicht zum
Kernbereich der menschlichen Existenz gehören, Gegenstand von vertraglichen und
unwiderruflichen Verpflichtungen sein. In diesem Zusammenhang ist zunächst
darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdegegnerin ihre Bildrechte entgeltlich
abgetreten hat: Von ihr wurden unentgeltlich Bilder geschossen (vorne,
Sachverhalt lit. A.b); auch war sie an dem aus dem Verkauf des Pornofilms und
den Escort-Verabredungen erzielten Umsatz beteiligt; schliesslich waren die
Bilder bzw. ihre Aufschaltung ins Internet eine unverzichtbare Voraussetzung
für die von der Beschwerdegegnerin angebotenen Escort-Dienste. Die
Beschwerdegegnerin hat also aus rein finanziellen Interessen gehandelt und hat
auch genau gewusst, worauf sie sich einliess; sie hat auch frei entscheiden
können, wie weit sie in der Offenbarung ihres eigenen Bildes gehen wollte,
indem sie z.B. den Grad der Unkenntlichmachung ihres Gesichtes auf den Fotos
wählen konnte und sich für einen Pornofilm zur Verfügung stellte.

5.6 Damit sind keine Umstände nachgewiesen worden bzw. ersichtlich, die es
rechtfertigten, die Beschwerdegegnerin ausnahmsweise zum bedingungslosen
Rücktritt zuzulassen und sie von der eingegangenen Verpflichtung zur Zahlung
einer Rücktrittsentschädigung zu befreien. Auch hat die Beschwerdegegnerin zu
keinem Zeitpunkt die Höhe der Entschädigung beanstandet. Zu Recht hat sich der
Beschwerdeführer deshalb geweigert, die fraglichen Bilder
BGE 136 III 401 S. 410
ohne Entschädigung aus dem Internet zu entfernen. Nicht strittig ist hingegen,
dass er diese Bilder nach der Bezahlung der Rücktrittsentschädigung entfernt
hätte.

5.7 Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Beschwerdegegnerin rechtsgültig
ihre Bildrechte an den Beschwerdeführer abgetreten und keinen Grund behauptet
bzw. bewiesen hat, der sie zu einem ausnahmsweise entschädigungslosen Rücktritt
berechtigt. Unter diesen Umständen kann die Rüge unbeantwortet bleiben, die
Beschwerdegegnerin habe auch noch rechtsmissbräuchlich gehandelt.