Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 136 III 23



Urteilskopf

136 III 23

4. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG in
Liquidation gegen Schweizerische Eidgenossenschaft (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_106/2009 vom 1. Oktober 2009

Regeste

Art. 10 Abs. 2 lit. c und Art. 9 Abs. 1 und 2 UWG; Art. 18 und 136 IPRG;
Klagerecht des Bundes zum Schutz des guten Rufs der Schweiz im Ausland;
Anwendbarkeit von schweizerischem Recht.
Das Klagerecht des Bundes nach Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG und die
Spezialbestimmungen des UWG, auf die Art. 9 UWG verweist, stellen bei Erhebung
einer Klage durch den Bund eine "loi d'application immédiate" im Sinn von Art.
18 IPRG dar, die im öffentlichen Interesse eine unbedingte Anwendung verlangt,
unabhängig von anderslautenden Verweisen in den Spezialnormen des IPRG (E. 5
und 6).

Regeste

Art. 2 und 3 lit. b UWG; Gebot der Klarheit des Marktauftritts; irreführende
Vertragsformulare.
Unlauterkeit der Verwendung von Vertragsformularen für den Eintrag in einen
privaten Hotelführer, mit denen der Adressat darüber getäuscht wird, dass er
mit der Unterzeichnung eine erhebliche finanzielle Verpflichtung eingeht und
nicht eine unentgeltliche Leistung in Anspruch nimmt (E. 9).

Sachverhalt ab Seite 24

BGE 136 III 23 S. 24

A. Die X. AG in Liquidation (Beschwerdeführerin) betreibt mittels Internet und
CD-Rom (kurz: CD) ein TouristDirectory. Mit Formularverträgen, die sie
ausschliesslich an potentiell interessierte Betriebe im Ausland versendet,
können sich diese einerseits unentgeltlich eintragen lassen (Grundeintrag) und
andererseits einen entgeltlichen Auftrag für einen ausführlichen Eintrag (nur
auf der CD) abschliessen.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft (Beschwerdegegnerin; der Bund) wirft der
Beschwerdeführerin vor, von der Schweiz aus fragwürdige Geschäftspraktiken mit
Einträgen in einem Firmenregister zu betreiben. Die entsprechenden
Antragsformulare erweckten den Eindruck, der Eintrag sei kostenlos. In Tat und
Wahrheit werde mit dem Ausfüllen und Unterzeichnen ein mehrjähriger
Insertionsvertrag geschlossen. Die Kosten für den Eintrag stünden in keinem
Verhältnis zum Nutzen. Zur Eintreibung der Insertionskosten würden zuerst
Mahnbriefe, dann Inkasso-Gesellschaften eingesetzt. Letztlich gehe es um eine
Kommerzialisierung einer irrtümlich geleisteten Unterschrift. Diese Praktiken
hätten zu einer Vielzahl von Anzeigen aus der ganzen Welt geführt, die sich zum
Teil gegen die von der Schweiz aus operierende Registerfirma oder gegen die
schweizerischen Inkassogesellschaften richteten. Durch das Geschäftsgebaren der
Beschwerdeführerin werde das Ansehen der Schweiz im Ausland beeinträchtigt.

B. Am 28. Dezember 2006 erhob die Beschwerdegegnerin gegen die
Beschwerdeführerin Klage beim Amtsgericht Luzern-Stadt wegen unlauteren
Wettbewerbs.
BGE 136 III 23 S. 25
Das Amtsgericht bejahte mit Urteil vom 14. April 2008 eine Verletzung von Art.
2 und Art. 3 lit. b UWG und entschied wie folgt:
"1. Der Beklagten (= Beschwerdeführerin) wird verboten, die Formulare gemäss
Anhang 1-11 sowie ähnliche Formulare zu verwenden.
2. Der Beklagten wird verboten, Formulare zu verwenden, die eine der folgenden
Vorgaben nicht erfüllen:
- Zwischen der entgeltlichen und unentgeltlichen Leistung muss klar
unterschieden werden.
- Für die entgeltliche und unentgeltliche Leistung ist je ein separates
Unterschriftsfeld vorzusehen.
2.
3. Der Beklagten wird verboten, Ansprüche durchzusetzen und/oder durchsetzen zu
lassen, die sich auf Formulare stützen, die nach Ziff. 1 und 2 des
Rechtsspruchs verboten sind.
4. Bei Widerhandlungen gegen die Verbote gemäss Rechtsspruch Ziff. 1, 2 und 3
werden die verantwortlichen Personen und Organe der Beklagten nach Art. 292
StGB mit einer Busse bestraft.
5. Die Klägerin (= Beschwerdegegnerin) wird ermächtigt, Ziff. 1-6 des
Rechtsspruchs zusammen mit einem verkleinerten Formular gemäss Anhang 1-11 auf
Kosten der Beklagten (inkl. Übersetzungskosten) in einer Tageszeitung folgender
Länder zu publizieren: Belgien, China, Dänemark, Deutschland, Finnland,
Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Indonesien, Irland, Italien,
Kambodscha, Kanada, Kroatien, Lettland, Litauen, Niederlande, Norwegen, Peru,
Portugal, Slowenien, Schweden, Spanien, Südafrika, Tschechien, Türkei, Ungarn
und USA.
6. Die Klägerin wird ermächtigt, auf Kosten der Beklagten (inkl.
Übersetzungskosten) Ziff. 1-6 des Rechtsspruchs auf Deutsch, Französisch,
Italienisch und Englisch zusammen mit einer verkleinerten Fassung des Formulars
in der deutschen (Anhang 1), französischen (Anhang 4 oder 5), italienischen
(Anhang 7) und englischen Fassung (Anhang 2 oder 3) im Schweizerischen
Handelsamtsblatt zu publizieren.
(...)"
Eine von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Appellation wies das
Obergericht des Kantons Luzern am 16. Januar 2009 ab, soweit es darauf eintrat,
und bestätigte das Urteil des Amtsgerichts.

C. Die Beschwerdeführerin beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil
des Obergerichts vom 16. Januar 2009 aufzuheben und die Klage der
Beschwerdegegnerin abzuweisen, eventuell die Sache zu neuer Entscheidung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin und das Obergericht schliessen auf Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
BGE 136 III 23 S. 26
Der Beschwerde wurde mit Präsidialverfügung vom 23. März 2009 die aufschiebende
Wirkung gewährt.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde grösstenteils ab, soweit es darauf
eintritt.
Einzig bezüglich der klaren Formulierung der Verbote durch die Vorinstanz wird
sie (aufgrund einer nicht publizierten Erwägung) teilweise gutgeheissen und
werden die Dispositivziffern 1 und 2 des angefochtenen Urteils aufgehoben und
durch die folgende Fassung ersetzt:
"1. Der Beschwerdeführerin wird verboten, die Formulare gemäss Anhang 1-11 zu
verwenden.
2. Der Beschwerdeführerin wird verboten, den Formularen gemäss Anhang 1-11
ähnliche Formulare zu verwenden, die nicht - durch ein zu unterzeichnendes
Schriftfeld für die Beanspruchung von entgeltlichen und durch ein separat zu
unterzeichnendes Schriftfeld für die Beanspruchung von unentgeltlichen
Dienstleistungen - zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Dienstleistungen
unterscheiden."

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

5. Es ist strittig, ob die Vorinstanz zu Recht bejahte, dass die
Eidgenossenschaft zur Erhebung einer Zivilklage gegen die Beschwerdeführerin
befugt und dass die Klage nach schweizerischem Recht zu beurteilen sei.
Diese beiden Fragen sind eng miteinander verquickt. Denn die Aktivlegitimation
ist als materiellrechtliche Voraussetzung des eingeklagten Anspruchs nach den
materiellrechtlichen Normen zu beurteilen, auf die der geltend gemachte
Anspruch gestützt wird (BGE 128 III 50 E. 2b/bb S. 55; BGE 114 II 345 E. 3a).
Bei internationalen Sachverhalten, wie vorliegend einer gegeben ist, heisst
dies, dass sich die Aktivlegitimation nach dem nationalen Recht bestimmt, das
kollisionsrechtlich auf den geltend gemachten Anspruch anwendbar ist, d.h. der
lex causae (VISCHER, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2005, N. 38 zu
Art. 18 IPRG; BERNARD DUTOIT, Droit international privé suisse, 4. Aufl. 2004,
N. 14 zu Art. 136 IPRG; DASSER, in: Basler Kommentar, Internationales
Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 6 zu Art. 136 IPRG; GUIDO SUTTER, Zum Klagerecht
des Staates im UWG [im Folgenden: Klagerecht], in: Jahrbuch des Schweizerischen
BGE 136 III 23 S. 27
Konsumentenrechts [JKR] 2001, S. 145 ff., 179; ANN-KRISTIN KOBERG,
Zivilprozessuale Besonderheiten bei Sachverhalten mit Auslandsbezug, 1992, S.
193).

5.1 Die Eidgenossenschaft stützte ihre Klagebefugnis auf Art. 9 Abs. 1 und 2
und Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG.
Wer durch unlauteren Wettbewerb in seiner Kundschaft, seinem Kredit oder
beruflichen Ansehen, in seinem Geschäftsbetrieb oder sonst in seinen
wirtschaftlichen Interessen bedroht oder verletzt wird, kann dem Richter nach
Art. 9 UWG beantragen: a. eine drohende Verletzung zu verbieten; b. eine
bestehende Verletzung zu beseitigen; c. die Widerrechtlichkeit einer Verletzung
festzustellen, wenn sich diese weiterhin störend auswirkt (Abs. 1). Er kann
insbesondere verlangen, dass eine Berichtigung oder das Urteil Dritten
mitgeteilt oder veröffentlicht wird (Abs. 2).
Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG räumt sodann dem Bund - neben den Berufs- und
Wirtschaftsverbänden (lit. a) und Konsumentenschutzorganisationen (lit. b) -
das Recht ein, nach Art. 9 Abs. 1 und 2 UWG zu klagen, wenn er es zum Schutz
des Ansehens der Schweiz im Ausland als nötig erachtet und die
klageberechtigten Personen im Ausland ansässig sind.

5.2 Wie sich schon aus dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG ergibt, ist
es der Zweck dieser Bestimmung, im öffentlichen Interesse das Ansehen der
Schweiz im Ausland zu wahren. In der Botschaft bzw. dem Bericht vom 28. August
1991 an die vorberatenden Kommissionen der eidgenössischen Räte zur Ergänzung
des UWG mit dieser Bestimmung (BBl 1992 I 355 ff. [im Folgenden: Botschaft])
wurde dazu ausgeführt, dass seit Jahren unseriöse Firmen den guten Ruf der
Schweiz für die weltweite Verbreitung ihrer zweifelhaften Angebote von Telex-
und Telefaxverzeichnissen, privaten Patent- und Markenregistern usw.
missbrauchten. Zum Teil hätten diese Firmen ihren Sitz tatsächlich in der
Schweiz, zum Teil operierten sie mittels Postfachadressen von der Schweiz aus.
Unternehmen in Ländern, die einen strengeren Betrugstatbestand als die Schweiz
kennen, verstünden nicht, weshalb die Schweizer Behörden gegenüber solchen
Machenschaften nicht von Amtes wegen einschritten. In jüngster Zeit werde der
Absender Schweiz zudem für unlautere Werbegewinnspiele und Werbesendungen im
Gebiet der ehemaligen DDR missbraucht. Auch diese Art von Vertriebsmethoden
bringe das Ansehen der Schweiz im Ausland in Verruf. Da einerseits in diesen
Fällen ein
BGE 136 III 23 S. 28
von Amtes wegen zu verfolgender Betrug mangels der erforderlichen Arglist
selten vorliege und andererseits die betroffenen Unternehmen und Kunden im
Ausland auf eine Zivil- oder Strafklage in der Schweiz wegen des damit
verbundenen beträchtlichen Aufwands verzichteten, fehle ein wirksamer
Rechtsschutz. Um gegen Praktiken der genannten Art vorgehen zu können, werde
dem Bund ein Klagerecht und damit auch das Strafantragsrecht eingeräumt (S. 356
ff.; vgl. BGE 124 IV 73 E. 1c/bb).

5.3 Das Klagerecht des Bundes ist nach Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG an die
folgenden zwei Voraussetzungen geknüpft: Die Klage muss vom Bund zum Schutz des
Ansehens der Schweiz im Ausland als nötig erachtet werden und die
klageberechtigten Personen müssen im Ausland ansässig sein. Die
Beschwerdeführerin bestreitet sowohl das Vorliegen der einen wie auch der
anderen dieser Voraussetzungen.

6. Es wird zunächst geprüft, ob die Vorinstanz zutreffend angenommen hat, es
wären im Sinne der zweiten Klagevoraussetzung nach Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG
"die klageberechtigten Personen im Ausland ansässig" und die Klage sei nach
Schweizer Recht zu beurteilen.

6.1 Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG sieht seinem Wortlaut nach eine Klageberechtigung
des Bundes zur Geltendmachung von Ansprüchen nach Art. 9 Abs. 1 und 2 UWG vor,
wo geregelt wird, welche Ansprüche der durch unlauteren Wettbewerb in seinen
wirtschaftlichen Interessen Betroffene geltend machen kann. Die
Klageberechtigung des Bundes setzt dabei voraus, dass die im Ausland
betroffenen Personen ihrerseits klageberechtigt sind. Da die Klageberechtigung
gemäss Art. 9 UWG, auf die in Art. 10 Abs. 2 UWG verwiesen wird, eine
Verletzung von Art. 2-8 UWG voraussetzt, scheint der Gesetzgeber dem Bund nur
für den Fall ein Klagerecht eingeräumt zu haben, dass gegen ein Verhalten
vorgegangen werden soll, das gegen das schweizerische UWG verstösst bzw. dem
schweizerischen UWG unterstellt ist (vgl. dazu BAUDENBACHER, Lauterkeitsrecht,
2001, N. 39 zu Art. 10 UWG; RAUBER, Lauterkeitsrecht, Klageberechtigung und
prozessrechtliche Bestimmungen, in: SIWR Bd. V/1, 2. Aufl. 1998, S. 267;
PEDRAZZINI/PEDRAZZINI, Unlauterer Wettbewerb, 2. Aufl. 2002, S. 273 f.). Dies
entspricht dem Prinzip, dass sich die Aktivlegitimation nach dem gleichen
nationalen Recht bestimmt, das bei internationalen Sachverhalten
kollisionsrechtlich auf den geltend gemachten
BGE 136 III 23 S. 29
Anspruch anwendbar ist, was auch mit dem allgemeinen Grundsatz harmoniert, dass
die Aktivlegitimation als materiellrechtliche Voraussetzung des eingeklagten
Anspruchs nach den materiellrechtlichen Normen zu beurteilen ist, auf die der
geltend gemachte Anspruch gestützt wird (vgl. E. 5 vorne).
Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin die
beanstandeten Formularverträge ausschliesslich im Ausland einsetzt. Nach Art.
136 IPRG gilt bei unlauterem Wettbewerb bezüglich des anwendbaren Rechts das
sogenannte Marktauswirkungsprinzip, d.h. Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb
unterstehen dem Recht jenes Staates, auf dessen Markt die unlautere Handlung
ihre Wirkung entfaltet (SUTTER, Klagerecht, a.a.O., S. 179; DAVID, Was soll die
Klage des Bundes im UWG, in: Neue Entwicklungen des UWG in der Praxis,
Meier-Schatz [Hrsg.], 2001, S. 151 ff., 159). Als Markt gilt dabei derjenige
Ort im Sinne eines Staatsgebiets, an dem der Wettbewerber mit seinem Angebot
auftritt, mit allfälligen Mitbewerbern in Konkurrenz tritt und sich an
potentielle Abnehmer richtet; massgebend ist der Ort der Marktgegenseite, d.h.
das Umfeld des potentiellen Abnehmers (DASSER, a.a.O., N. 12 zu Art. 136 IPRG;
VISCHER, a.a.O., N. 13 zu Art. 136 IPRG; DUTOIT, a.a.O., N. 2 zu Art. 136 IPRG;
BÄR, in: Grundlagen, Das Internationale Privatrecht, Deliktsansprüche aus
Wettbewerbsrecht, SIWR Bd. I/1, 2. Aufl. 2002, S. 160 f.). Mit der Anwendung
des Marktauswirkungsprinzips soll die Chancengleichheit aller Marktteilnehmer
sichergestellt werden, indem sie auf einem bestimmten Markt alle denselben
Regeln unterworfen werden (VISCHER, a.a.O., N. 12 zu Art. 136 IPRG; DUTOIT,
a.a.O., N. 2 zu Art. 136 IPRG; BÄR, a.a.O., SIWR Bd. I/1, S. 157 f., 170;
SIEHR, Das internationale Privatrecht der Schweiz, 2002, S. 372 f.).

6.2 Da die Beschwerdeführerin ihre Angebote an Abnehmer im Ausland richtet,
ihre Handlungen sich mithin nur auf ausländischen Märkten auswirken, sind die
im Ausland ansässigen Personen damit, obwohl durch ein von der Schweiz
ausgehendes Verhalten betroffen, nicht berechtigt, Ansprüche gemäss dem
schweizerischen UWG durchzusetzen. Folglich scheint diesfalls auch dem Bund ein
Klagerecht nach der schweizerischen Norm von Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG zu
fehlen, was hiesse, dass diese Bestimmung in den vom Gesetzgeber hauptsächlich
anvisierten Fällen toter Buchstabe bliebe (BAUDENBACHER, a.a.O., N. 39 zu Art.
10 UWG; PEDRAZZINI/PEDRAZZINI, a.a.O., S. 274 f.; RAUBER, a.a.O., S. 267;
DAVID, a.a.O., S. 161; CHRISTIAN SAGER-GLUR, Direktmarketingmethoden, 2001, S.
201). Dass das
BGE 136 III 23 S. 30
an wendbare ausländische Recht dem Bund ein entsprechendes Klagerecht einräumt,
kann mit Bestimmtheit ausgeschlossen werden (GUIDO SUTTER, Das Lockvogelverbot
im UWG [im Folgenden: Lockvogelverbot], 1993, S. 370 f.; SUTTER, Klagerecht,
a.a.O., S. 179). Die Frage, ob dem Bund gestützt auf Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG
trotz der Regelung von Art. 136 IPRG ein Recht zur Erhebung einer Zivilklage
zusteht, wenn sich die Klage gegen ein Verhalten richtet, das sich nur auf
ausländischen Märkten auswirkt, wurde vom Bundesgericht bislang nicht
entschieden.

6.2.1 In BGE 126 III 198 war eine vom Bund erhobene Zivilklage gegen sechs
Beklagte zu beurteilen, die von der Schweiz aus eine irreführende Werbung an in
Frankreich wohnhafte Personen versandten, mit dem Ziel, eine Tabelle zu
verkaufen, die ihnen erlauben sollte, im französischen Lotto das grosse Los zu
gewinnen. Das Bundesgericht hat in diesem Urteil die Fragen nach dem
anwendbaren Recht und nach der Klageberechtigung des Bundes angeschnitten. In
diesem Zusammenhang hat es festgehalten, dass der Bund im Falle der
Anwendbarkeit von französischem Recht nicht zum Vorgehen nach Art. 10 Abs. 2
lit. c UWG berechtigt wäre. Es liess die Frage nach dem anwendbaren Recht
jedoch offen, da es zum Schluss kam, dass die Klage auch bei einer Anwendung
von Schweizer Recht abzuweisen wäre (BGE 126 III 198 E. 2a; vgl. dazu auch BÄR,
ZBJV 2001 S. 594).

6.2.2 Zu erwähnen ist weiter BGE 124 IV 73. In diesem Urteil hatte sich das
Bundesgericht mit einer Nichtigkeitsbeschwerde gegen eine vom Bund als
Strafkläger erwirkte (BÄR, ZBJV 1999 S. 599; DAVID, a.a.O., S. 156)
Verurteilung wegen Verletzung von Lauterkeitsrecht durch Werbegewinnspiele zu
befassen, die von den Bahamas aus über die Schweiz mit Auswirkungen im Ausland
organisiert worden waren. Das schweizerische Lauterkeitsrecht wurde hier
mangels besonderer Vorschriften im UWG über dessen strafrechtliche räumliche
Geltung aufgrund des nach Art. 3-7 StGB in der damals geltenden Fassung
herrschenden Ubiquitätsprinzips als anwendbar anerkannt. Damit wären
ausländische Betroffene der Taten im Sinne von Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG zum
Strafantrag berechtigt gewesen (vgl. dazu FIOLKA, Anwendungsfall von Art. 23
UWG, AJP 11/1998 S. 1368 ff., 1370 Ziff. 2.4) und war auch der Bund zur
Stellung des Strafantrags nach Art. 23 in Verbindung mit Art. 9 und 10 UWG
berechtigt. Da es sich um eine strafrechtliche Angelegenheit und nicht um eine
BGE 136 III 23 S. 31
Zivilklage handelte, hatte sich das Bundesgericht mit der Frage, welches Recht
nach den internationalprivatrechtlichen Kollisionsnormen anwendbar wäre, nicht
zu befassen (zutreffend: SUTTER, Klagerecht, a.a.O., S. 171; FIOLKA, a.a.O., S.
1369 f. Ziff. 2.2 und 2.3; BÄR, a.a.O., SIWR Bd. I/1, S. 170; vgl. auch
derselbe, ZBJV 1999 S. 598 ff.; DUTOIT, a.a.O., N. 6^bis zu Art. 136 IPRG).
Namentlich kann darin, dass es die Ausführungen in der Botschaft zum Klagerecht
des Bundes nach Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG wiedergab (BGE 124 IV 73 E. 1c/bb;
vgl. E. 5.2 vorne) keine Bezugnahme auf das im internationalen Privatrecht
herrschende Marktauswirkungsprinzip gesehen werden, zumal mit Art. 10 Abs. 2
lit. c UWG dem Bund auch das Recht zur Stellung eines Strafantrags eingeräumt
werden sollte (Botschaft, a.a.O., S. 358 Ziff. 32; AB 1992 N 2; DAVID, a.a.O.,
S. 158).

6.3 Die Beschwerdeführerin steht auf dem Standpunkt, die Klage sei abzuweisen,
da nach Art. 136 Abs. 1 IPRG ausländisches Lauterkeitsrecht und nicht das UWG
anwendbar und der Bund damit nicht klageberechtigt sei.
Das Amtsgericht bejahte das Klagerecht des Bundes mit dreifacher Begründung. Es
erwog zunächst, Voraussetzung für das Klagerecht des Bundes sei eine
eingetretene oder drohende Rufschädigung der Schweiz. Insofern wirkten sich im
Anwendungsfall von Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG die unlauteren Handlungen
notwendigerweise auch auf dem Markt in der Schweiz aus, so dass schon nach Art.
136 Abs. 1 IPRG Schweizer Recht anzuwenden sei. Ferner hielt das Amtsgericht
dafür, Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG verfolge ausschliesslich öffentliche
Interessen und sein Kerngehalt sei daher öffentlichrechtlicher Natur. Der
Verweis in Art. 136 IPRG gelte indes nur für Privatrecht. Schliesslich wies das
Gericht darauf hin, dass gemäss den Formularen der Beschwerdeführerin im
Verhältnis zwischen ihr und den Kunden Schweizer Recht anzuwenden sei. Da der
Bund anstelle der Kunden klage, gelte die vereinbarte Anwendung von Schweizer
Recht auch gegenüber dem Bund.
Die Vorinstanz äusserte Zweifel daran, dass im vorliegenden Fall, in dem die
Beschwerdeführerin ihre Formulare ausschliesslich im Ausland einsetzte,
relevante Auswirkungen auf dem schweizerischen Markt einträten, nahm aber dazu
nicht abschliessend Stellung. Denn es hielt mit dem Amtsgericht dafür, es sei
sachgerecht, das zulässigerweise in den Formularverträgen gewählte
schweizerische Recht
BGE 136 III 23 S. 32
auch auf die vorliegende Klagekonstellation anzuwenden. Der Wortlaut von Art.
10 Abs. 2 lit. c UWG verlange, dass die im Ausland betroffenen Personen
ihrerseits klageberechtigt wären. Der Bund nehme in diesen Fällen
stellvertretend für die Betroffenen im Ausland die Klagebefugnis wahr. Gemeint
sei damit kaum, dass ein eigentliches Stellvertretungsverhältnis im Sinne von
Art. 32 ff. OR vorliege. Indes werde damit eine gewisse Parallelität zwischen
Bund und ausländischen Betroffenen herausgestrichen.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die von der Vorinstanz angeführten Gründe
vermöchten die Anwendbarkeit des schweizerischen Lauterkeitsrechts nicht zu
begründen. Im Sinne der von der massgebenden Lehre und Rechtsprechung
vertretenen Meinung sei, soweit überhaupt ein zivilrechtliches Klagerecht des
Bundes bejaht werde, von der Anwendbarkeit des massgebenden ausländischen
Wettbewerbsrechts auszugehen. Nachdem die Beschwerdegegnerin in keinem einzigen
Fall nachgewiesen habe, dass das massgebende ausländische Recht eine
Aktivlegitimation des Staates vorsehe, sei die Klage abzuweisen.

6.4 Zunächst ist zu prüfen, ob für die Bestimmung des Rechts, das für die
(Voraussetzung des Bundesklagerechts bildende) Klageberechtigung der im Ausland
ansässigen Betroffenen massgebend ist, auf die Rechtswahlklausel in den
Formularverträgen zwischen der Beschwerdeführerin und den ausländischen
Betroffenen abgestellt werden, mithin eine subjektive Anknüpfung des
anwendbaren Lauterkeitsrechts vorgenommen werden kann, wie dies die Vorinstanz
getan hat.

6.5 Dies ist zu verneinen. Zwar sieht Art. 136 Abs. 3 IPRG in Verbindung mit
Art. 133 Abs. 3 IPRG als Ausnahme von der Regelanknüpfung an das
Lauterkeitsrecht des Marktes eine akzessorische Anknüpfung vor. Danach
unterstehen Ansprüche aus unerlaubter Handlung in Fällen, in denen durch die
unerlaubte Handlung ein zwischen Schädiger und Geschädigtem bestehendes
Rechtsverhältnis verletzt wird, dem Recht, dem das vorbestehende
Rechtsverhältnis unterstellt ist. Diese akzessorische Anknüpfung ist allerdings
nach ihrem Sinn und Zweck nicht auf die vorliegende Konstellation anzuwenden.
Die Bestimmung spricht klar von einem vorbestehenden Rechtsverhältnis. Zu
denken ist etwa daran, dass ein Vertragspartner im Wettbewerb in unlauterer
Weise Vorteile ausnutzt, die er im Rahmen eines vorbestehenden Lizenz-,
Alleinvertriebs- oder Arbeitsvertrags gewinnen konnte, und dass dadurch
gleichzeitig dieses Vertragsverhältnis
BGE 136 III 23 S. 33
verletzt wird (vgl. VISCHER, a.a.O., N. 20 zu Art. 136 IPRG; DUTOIT,a.a.O., N.
8 zu Art. 136 IPRG; DASSER, a.a.O., N. 20 zu Art. 136IPRG;SIEHR, a.a.O., S.
373). Vorliegend geht es indessen nicht darum, welches Wettbewerbsrecht auf
Handlungen anzuwenden ist,die gleichzeitig einen vorbestehenden Vertrag
verletzen, sondern darum, ob die fraglichen Formularverträge der
Beschwerdeführerin inunlauterer Weise abgeschlossen werden. Würde in einem
solchen Falleine Rechtswahlklausel berücksichtigt, wäre es zudem ein
Leichtes,in Formularverträgen das auf einem Markt geltende Wettbewerbsrecht
auszuschalten.Weiter ist zu prüfen, ob sich das Klagerecht des Bundes im
vorliegenden Fall direkt aus den Bestimmungen von Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG und
Art. 136 Abs. 1 IPRG ableiten lässt.

6.5.1 Das Amtsgericht hielt dafür, wenn eine Rufschädigung des
Wirtschaftsstandorts Schweiz gegeben sei, wie sie Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG für
das Klagerecht des Bundes voraussetze, wirkten sich die unlauteren Handlungen
notwendigerweise auch auf dem Schweizer Markt aus, unabhängig davon, dass die
Formularverträge der Beschwerdeführerin ausschliesslich im Ausland eingesetzt
würden. Demzufolge sei nach Art. 136 IPRG schweizerisches Recht anzuwenden. Die
Vorinstanz scheint diese Ansicht nicht zu teilen. Zwar möge die Schweiz infolge
der Rufschädigung als Handelspartner ins Abseits geraten. Indessen bleibe eine
solche indirekte Auswirkung im Rahmen von Art. 136 Abs. 1 IPRG unbeachtlich,
was allerdings vom Bundesgericht in BGE 124 IV 73 E. 1c/bb anders gesehen zu
werden scheine.
Zwar hat das Bundesgericht im zitierten Entscheid ausgeführt, unlautere Werbe-
und Verkaufsmethoden der fraglichen Art gegenüber Personen im Ausland, die das
Ansehen der schweizerischen Wirtschaft in Verruf brächten, wirkten sich
indirekt auch auf die Wettbewerbsstellung von seriösen Schweizer Unternehmen
nachteilig aus. Wie bereits ausgeführt (E. 6.2.2 vorne), war in diesem Urteil
eine strafrechtliche Angelegenheit zu beurteilen, bei der das anwendbare Recht
nicht nach dem internationalen Privatrecht zu bestimmen war, das daran
anknüpft, auf welchem Markt das unlautere Verhalten Wirkung entfaltet. Mit der
zitierten Urteilspassage wies das Bundesgericht darauf hin, dass das Verhalten
strafrechtlich auch insoweit unter das Schweizer Lauterkeitsrecht fiel, als in
der Schweiz ein Erfolg im Sinne von Art. 7 Abs. 1 StGB in der damals geltenden
Fassung eingetreten war und die Tat auch insoweit als in der Schweiz
BGE 136 III 23 S. 34
begangen galt (vgl. dazu DAVID, a.a.O., S. 156). Daraus kann für den
vorliegenden Fall nichts abgeleitet werden.
Es mag sodann zutreffen, dass unlautere Geschäftsmethoden unter Schweizer
Flagge sich indirekt auch in der Schweiz bzw. auf die Stellung von Schweizer
Wettbewerbsteilnehmern auswirken, wenn der Ruf der Schweiz geschädigt wird.
Auch können solche Praktiken dazu führen, dass seriöse Anbieter aus der Schweiz
gegenüber den mit unlauteren Machenschaften auftretenden Konkurrenten
benachteiligt werden. Darin liegt aber keine relevante Auswirkung auf den
Schweizer Markt im Sinne von Art. 136 IPRG. Vielmehr treten die entsprechenden
Wirkungen auf den ausländischen Märkten ein, auf denen die Konkurrenten ihre
Waren oder Dienstleistungen anbieten. Denn als Markt gilt geographisch - wie
bereits ausgeführt (E. 6.1 vorne) - derjenige Ort, an dem der Wettbewerber mit
seinem Angebot auftritt, mit allfälligen Mitbewerbern in Konkurrenz tritt und
sich an potentielle Abnehmer richtet, nicht der Ort, an dem er ansässig ist.
Eine Anwendung von Schweizer Recht gestützt auf Art. 136 IPRG aus dem Grund,
dass sich die beanstandeten Handlungen der Beschwerdeführerin indirekt auch in
der Schweiz auswirken würden, fällt damit ausser Betracht.

6.5.2 Es rechtfertigt sich sodann, auch auf die weitere Eventualbegründung des
Amtsgerichts einzugehen, die es auf eine Literaturstelle von SIEHR (a.a.O., S.
295) stützte. Danach sei der Kerngehalt von Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG
öffentlichrechtlicher Natur, weil diese Bestimmung ausschliesslich öffentliche
Interessen verfolge. Entsprechend sei Art. 136 IPRG nicht anwendbar, da der in
dieser Norm enthaltene Verweis nur für Privatrecht gelte.
Auch dem kann nicht gefolgt werden. Wie aus den Materialien hervorgeht, war es
der Wille des Gesetzgebers, dem Bund im Rahmen des UWG ein ziviles Klagerecht
einzuräumen, was er als wirksamste Methode betrachtete, um das Ansehen der
Schweiz vor einer Beeinträchtigung durch unlautere Absatz- und
Aquisitionsmethoden unter Ausnutzung des guten Rufs der Schweiz zu schützen
(Botschaft, a.a.O., S. 357 Ziff. 23; DAVID, a.a.O., S. 158; SUTTER, Klagerecht,
a.a.O., S. 157). Dieses Klagerecht sollte dem Bund ermöglichen, ein
zivilrechtliches Verfahren in der Schweiz zu eröffnen. Daraus ergibt sich klar,
dass das Klagerecht den Voraussetzungen für die Erhebung einer zivilrechtlichen
Klage unterliegt, unabhängig davon, dass mit ihm das öffentliche Interesse
verfolgt wird, das Ansehen der
BGE 136 III 23 S. 35
Schweiz im Ausland zu schützen. Entsprechend ist die Klageberechtigung nach
Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG gemäss dem Statut zu beurteilen, welches das
internationale Privatrecht als anwendbar bezeichnet.

6.6 Die Beschwerdegegnerin vertritt die Auffassung, dass in Fällen, in denen
das Klagerecht des Bundes nach Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG ausgeübt wird, diese
Bestimmung in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 und 2 UWG sowie die
Spezialbestimmungen des UWG, auf die Art. 9 UWG verweist, als "lois
d'application immédiate" im Sinne von Art. 18 IPRG anwendbar sind.

6.6.1 Die Tragweite der im IPRG enthaltenen Verweisungen auf ein ausländisches
Recht wird im 3. Abschnitt der gemeinsamen Bestimmungen (Art. 13-19) geregelt.
Für die einzelnen Verweisungen gilt damit u.a. generell die Einschränkung der
zwingenden Anwendung des schweizerischen Rechts (Art. 18). Die Bestimmung von
Art. 18 IPRG behält gegenüber den Regelverweisungen des IPRG auf ein
ausländisches Recht (Art. 13 IPRG) die Anwendung von Bestimmungen des
schweizerischen Rechts vor, die wegen ihres besonderen Zwecks, unabhängig von
dem durch das IPRG bezeichneten Recht, zwingend anzuwenden sind. Diese
sogenannten "lois d'application immédiate" umfassen den positiven Ordre public.
Die zwingend anwendbare Bestimmung des schweizerischen Rechts hat somit einen
eigenen räumlichen Anwendungsbereich, der sich gegen die allgemeinere
Kollisionsregel durchzusetzen vermag und sie ausschaltet. Für eine solche
Bestimmung erfolgt eine kollisionsrechtliche Sonderanknüpfung. Zum positiven
Ordre public gehören namentlich Normen, die den wesentlichen Interessen der
Gesellschaftsordnung, der politischen oder wirtschaftlichen Ordnung Rechnung
tragen, mithin im öffentlichen Interesse gesetzt worden sind, so dass deren
Durchsetzung gegenüber dem an sich anwendbaren ausländischen Recht im
öffentlichen Interesse liegt, soweit ein genügender Inlandbezug gegeben ist.
Solche Bestimmungen verdrängen die Anwendung des verwiesenen ausländischen
Rechts ohne Rücksicht auf das konkrete Ergebnis seiner Anwendung (vgl. zum
Ganzen BGE 128 III 201 E. 1b S. 205 f. und 1d S. 207 mit zahlreichen Hinweisen;
BGE 125 III 443 E. 3d S. 447; BGE 117 II 494 E. 7 S. 501; Urteil 5C.184/1995
vom 10. Januar 1996 E. 5b; VISCHER, a.a.O., N. 1 zu Art. 18 IPRG).

6.6.2 Ob eine Regelung des schweizerischen Rechts eine "loi d'application
immédiate" im Sinn von Art. 18 IPRG darstellt, ist durch Auslegung der
entsprechenden Bestimmung zu ermitteln, sofern ihr
BGE 136 III 23 S. 36
Geltungsbereich - was nur ausnahmsweise der Fall ist - nicht ausdrücklich
bestimmt wird. "Loi d'application immédiate" kann dabei nur eine Sachnorm sein,
die eine einseitige Rechtsanwendungsnorm enthält (vgl. VISCHER, a.a.O., N. 6 zu
Art. 18 IPRG; SUTTER, Klagerecht, a.a.O., S. 179).
Eine Besonderheit besteht vorliegend darin, dass Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG
selber lediglich die besondere Klageberechtigung des Bundes für die darin
umschriebene Konstellation regelt und nicht eine Sachnorm in dem Sinne
darstellt, dass sie Rechte und Pflichten ihrer Adressaten regelt. Sachnormen
bestimmen im Regelfall für die darin geregelten Rechte und Pflichten zugleich
die Aktivlegitimation und Passivlegitimation, wenn auch oftmals nur implizit,
wie auch die materiellen Anspruchsvoraussetzungen und die Rechtsfolgen, für den
Fall, dass diese erfüllt sind, bzw. die einklagbaren Ansprüche (so z.B. Art. 41
und 55 OR). Im Fall der Bundesklage sind diese Elemente in verschiedenen
Bestimmungen enthalten. Die Anspruchsvoraussetzungen finden sich in den
Spezialnormen von Art. 2-8 UWG und in Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 UWG, wo
als "Klagevoraussetzung" eine Bedrohung oder Verletzung der betroffenen Kunden
in wirtschaftlichen Interessen verlangt wird (vgl. dazu BAUDENBACHER, a.a.O.,
N. 3 zu Art. 9 UWG; hinsichtlich der Anspruchsberechtigung von Kunden ändert
nichts, dass Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG nur auf Art. 9 Abs. 1 und 2 UWG und
nicht auf Art. 10 Abs. 1 UWG verweist, wo die Kunden genannt werden [BGE 126
III 198 E. 1a]). Die Klageberechtigung an sich und die einklagbaren Ansprüche
werden in den Art. 10 Abs. 2 lit. c bzw. Art. 9 Abs. 2 UWG geregelt. Dies
heisst aber nicht, dass die Bestimmung von Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG, in der
die Klageberechtigung separat geregelt ist, nicht den Sachnormen zuzurechnen
ist, entsprechend dem Grundsatz, dass sich die Aktivlegitimation nach den
materiellrechtlichen Normen beurteilt, auf die der geltend gemachte Anspruch
gestützt wird (E. 5 vorne).

6.6.2.1 Es ist im Folgenden zu prüfen, ob sich Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG ein
unbedingter Wille des Gesetzgebers entnehmen lässt, dass das Klagerecht des
Bundes zwingend nach schweizerischem Recht zu bestimmen ist, unabhängig von
anderslautenden Verweisen in den Spezialnormen des IPRG (nachfolgende E.
6.6.2.2). Weiter wird abzuklären sein, ob sich aus Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG
auch ableiten lässt, dass bestimmte Sachnormen des Schweizer Rechts, konkret
die Spezialbestimmungen in Art. 2 ff. sowie Art. 9 Abs. 1 und 2 und Art. 10
Abs. 1 UWG, zwingend und unter Ausschluss ausländischen
BGE 136 III 23 S. 37
Wettbewerbsrechts anzuwenden sind, wenn vom Bund Klage erhobenwird, weil es zum
Schutz des Ansehens der Schweiz im Ausland erforderlich erscheint (nachfolgende
E. 6.6.2.3).Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst
nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zu Grunde liegenden Wertungen auf
der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die
Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der
Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und
konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im
normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio
legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus
und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer
hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien
können beigezogen werden, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort
geben (BGE 135 III 20 E. 4.4, BGE 135 III 112 E. 3.3.2; je mit Hinweisen).

6.6.2.2 Wie bereits ausgeführt (E. 5.2 vorne), liegt der Zweck von Art. 10 Abs.
2 lit. c UWG darin, dem Bund die prozessualen Möglichkeiten einzuräumen, um das
Ansehen der Schweiz im Ausland zu wahren, wenn von der Schweiz aus oder über
die Schweiz im Ausland angewendete unlautere Geschäftsmethoden dazu führen,
dass dieses Schaden genommen hat oder Schaden zu nehmen droht. Insbesondere
sollte dem Bund die Möglichkeit gegeben werden, zivilrechtliche Klagen zu
erheben, weil dies vom Gesetzgeber als die wirksamste Art angesehen wurde, um
gegen die anvisierten unlauteren Praktiken vorzugehen (E. 6.5.2 vorne).
Verfolgt werden sollen damit allerdings nicht Interessen des Bundes, in denen
er wie ein Privater tangiert ist, sondern ausschliesslich öffentliche
Interessen (SUTTER, Klagerecht, a.a.O., S. 180). Das zivilrechtliche Klagerecht
sollte dem Bund insbesondere auch deshalb zur Verfügung gestellt werden, weil
die ausländischen Betroffenen regelmässig wegen der damit verbundenen Umtriebe
auf eine Einleitung einer Zivil- oder Strafklage in der Schweiz verzichten und
der Bund an deren Stelle für einen wirksamen Rechtsschutz sorgen solle
(Botschaft, a.a.O., S. 357 Ziff. 22; AB 1992 N 2; SUTTER, Lockvogelverbot,
a.a.O., S. 370 in Fn. 630).
Um diese "stellvertretende Funktion" des Bundesklagerechts zu betonen, hat der
im bundesrätlichen Entwurf von Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG vorgesehene Text im
Rahmen der parlamentarischen Beratung eine Ergänzung erfahren. Nach der
ursprünglichen Fassung im
BGE 136 III 23 S. 38
Entwurf hätte das Klagerecht des Bundes allein von der Voraussetzung
abgehangen, dass der Bund es zum Schutze des Ansehens der Schweiz im Ausland
als nötig erachtete, Klage zu erheben (BBl 1992 I 359 Ziff. 32). Diese
Formulierung wurde im Nationalrat um den Halbsatz mit der zusätzlichen
Voraussetzung erweitert, dass "die im Ausland ansässigen Personen
klageberechtigt" sein müssen (AB 1992 N 2). Es blieb allerdings nicht bei
dieser Formulierung. In der Redaktionskommission wurde dieser Halbsatz durch
die schliesslich ins Gesetz aufgenommene Fassung ersetzt, dass "die
klageberechtigten Personen im Ausland ansässig" sein müssen. Daraus geht
deutlich hervor, dass die Ergänzung den Aspekt betont, dass der Bund nur in
Fällen klagen soll, dass im Ausland ansässige, klageberechtigte Personen
existieren, weil diese - wie in der Botschaft ausgeführt - regelmässig den
Aufwand für eine Klageerhebung in der Schweiz scheuen und damit ohne
Bundesklagerecht kein wirksamer Rechtsschutz bestünde (vgl. auch SUTTER,
Klagerecht, a.a.O., S. 180; DAVID, a.a.O., S. 162).
Der Berichterstatter im Nationalrat erklärte zwar, dass mit der zusätzlichen
Klagevoraussetzung nicht bloss die stellvertretende Funktion des
Bundesklagerechts besser zum Ausdruck gebracht, sondern auch klargestellt
werden solle, dass die vom unlauteren Wettbewerb betroffenen, im Ausland
ansässigen Personen nach schweizerischem UWG klageberechtigt sein müssten (AB
1992 N 2). Bei der Aussage, die im Ausland ansässigen Betroffenen müssten nach
schweizerischem UWG klageberechtigt sein, wurde aber offenbar gar nicht an die
Möglichkeit gedacht, dass sich (die Ansprüche und damit auch) die
Klagemöglichkeit von ausländischen Betroffenen nach ausländischem Recht
bestimmen könnte. Denn die internationalprivatrechtliche Problematik, die sich
mit der neuen Klagevoraussetzung stellte, hat der Gesetzgeber mit keinem Wort
bedacht, mithin anscheinend schlicht übersehen, wobei die Vorstellung
geherrscht haben dürfte, dass schweizerisches Recht anwendbar sein werde (vgl.
BÄR, a.a.O., SIWR Bd. I/1, S. 170 bei Fn. 197; SUTTER, Klagerecht, a.a.O., S.
181). Diese Annahme wird durch den Umstand erhärtet, dass die Bestimmung von
Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG in einem eigentlichen Eilverfahren ins Gesetz
aufgenommen wurde. Der Gesetzesänderung liegt keine Botschaft des Bundesrates
an die beiden eidgenössischen Räte zugrunde, sondern ein "Bericht" des
Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD). Dieses hatte sich
"gestützt auf den Auftrag gemäss Bundesratsbeschluss vom 28. August 1991" mit
dem Vorschlag zur
BGE 136 III 23 S. 39
Änderung des UWG an die vorberatenden Kommissionen der beiden Räte gewandt, in
denen anlässlich der Revision des Vermögensstrafrechts offenbar der Wunsch
geäussert worden war, die missbräuchliche Ausnutzung des Ansehens der Schweiz
im Ausland zu unterbinden. Ein Vernehmlassungsverfahren ging dem nicht voraus.
Der Bericht des EJPD wurde erst am 4. Februar 1992 durch Veröffentlichung in
BBl 1992 I 355 ff. allgemein publik gemacht. Dies nach der Beratung im
Nationalrat, die bereits am 27. Januar 1992 stattgefunden hatte (AB 1992 N 2),
und lediglich 5 Wochen vor der Verabschiedung der Revisionsvorlage durch den
Zweitrat am 10. März 1992. Aufgrund dieses zeitlichen Ablaufs konnte keine
öffentliche Diskussion über die vorgeschlagene Ergänzung des UWG stattfinden,
in der auf die internationalprivatrechtliche Problematik hätte hingewiesen
werden können (AB 1992 S 136 f., 303; vgl. zum Ganzen DAVID, a.a.O., S. 152
ff.; SUTTER, Klagerecht, a.a.O., S. 148 ff.; vgl. auch RAUBER, a.a.O., S. 267).
Ein weiteres Indiz, dass der Gesetzgeber als selbstverständlich von der
Anwendbarkeit von schweizerischem Recht ausging, ist, dass die UWG-Ergänzung im
Rahmen der Revision des Vermögensstrafrechts erfolgte, und daher nur an die
Anwendung des schweizerischen Rechts am Handlungsort gedacht wurde (BÄR, ZBJV
2001 S. 593; vgl. E. 5.2.2 vorne zu BGE 124 IV 73).
In Anbetracht des Ausgeführten ist die im Nationalrat aufgegriffene zusätzliche
Anforderung, dass im Ausland ansässige Betroffene nach schweizerischem UWG
klageberechtigt sind, so zu verstehen, dass die Klageberechtigung von im
Ausland ansässigen Personen, läge ein reiner Binnensachverhalt vor, gegeben
wäre, weil sie durch ein von der Schweiz ausgehendes Geschäftsgebaren im Sinne
von Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 UWG in ihren wirtschaftlichen Interessen
betroffen sind. Dass den Betroffenen nach internationalprivatrechtlichen Regeln
ein Klagerecht nach schweizerischem UWG zukommt, ist nicht erforderlich.
Dasselbe Ergebnis ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des Klagerechts des
Bundes. Dieses sollte geschaffen werden, um dem Bund ein möglichst wirksames
Instrument in die Hand zu geben, um anstelle der passiv bleibenden
ausländischen Betroffenen gegen unlautere Praktiken unter Schweizer Flagge im
Ausland wirksam vorzugehen, mit dem Ziel, den guten Ruf der Schweiz im Ausland
zu bewahren. Es ist auszuschliessen, dass der schweizerische Gesetzgeber dem
Bund ein spezielles Klagerecht mit diesem Zweck einräumen, dieses aber
BGE 136 III 23 S. 40
gleichzeitig wirkungslos gestalten wollte, indem er es für die anvisierten
Sachverhalte, dass Betroffene im Ausland ansässig sind, davon abhängig machte,
dass das nach Art. 136 Abs. 1 IPRG anwendbare ausländische Recht dem Bund eine
solche Klagebefugnis einräumt, was mit Bestimmtheit nie der Fall ist
(vgl.SUTTER, Klagerecht, a.a.O., S. 179; derselbe, Lockvogelverbot, a.a.O., S.
370 Fn. 630). Vielmehr ergibt die Auslegung von Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG klar,
dass das Bundesklagerecht im öffentlichen Interesse unbedingt zum Tragen kommen
soll, wenn von der Schweiz aus unlautere Geschäftsmethoden betrieben werden,
die zu einer Gefährdung des Ansehens der Schweiz im Ausland führen, und im
Ausland ansässige Personen in einer Weise betroffen sind, dass bei einem reinen
Inlandsachverhalt deren Klagerecht nach Art. 9 und 10 UWG zu bejahen wäre.
Es handelt sich mithin beim Klagerecht nach Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG um eine
"loi d'application immédiate" im Sinne von Art. 18 IPRG, die Sachverhalte
betrifft, die sich auf ausländischen Märkten auswirken, aber insoweit einen
hinreichenden Inlandbezug aufweisen, als die zu bekämpfenden Praktiken von der
Schweiz ausgehen. Als solche verlangt sie bei gegebenen Voraussetzungen im
öffentlichen Interesse eine unbedingte Anwendung, unabhängig von
anderslautenden Verweisen in den Spezialnormen des IPRG. Dem steht nicht
entgegen, dass Bestimmungen zum Schutz des lauteren Wettbewerbs, die auch im
öffentlichen Interesse, nämlich jenem an einem funktionierenden Wettbewerb,
aufgestellt sind, im Allgemeinen nicht dem positiven Ordre public zugerechnet
werden (vgl. BGE 132 III 389 E. 3). Denn mit dem Klagerecht des Bundes nach dem
schweizerischen UWG wird ein spezifisches öffentliches Interesse, jenes an der
Wahrung des guten Rufs der Schweiz, verfolgt, wozu der Gesetzgeber die
entsprechende Bestimmung zwingend angewandt haben will. Das Klagerecht des
Bundes untersteht damit allein dem schweizerischen Recht und nicht einem
ausländischen Recht, das aufgrund der Verweisung in den Spezialnormen des IPRG
allenfalls anwendbar sein könnte. Konkret heisst dies, dass der Bund
klageberechtigt ist, sobald im Ausland ansässige Personen in einer Weise
betroffen sind, dass diese, läge ein reiner Binnensachverhalt vor, nach Art. 9
UWG klagen könnten, und eine Klage zur Wahrung des Rufs der Schweiz im Ausland
als erforderlich erachtet werden darf (vgl. in diesem Sinne SUTTER, Klagerecht,
a.a.O., S. 179 f.; derselbe, Lockvogelverbot, a.a.O., S. 369 ff.; BÄR, a.a.O.,
SIWR Bd. I/1, S. 169, der zudem in Frage stellt, ob die Bestimmungen der lex
causae auf
BGE 136 III 23 S. 41
spezielle Institute wie Behördenklagen überhaupt anzuwenden wären [S. 172 Fn.
205; so auch KOBERG, a.a.O., S. 194 und SCHWANDER, SZIER 3/2002 S. 401];
anscheinend gl.M. BAUDENBACHER, a.a.O., N. 39 zu Art. 10 UWG; a.M. dagegen
DASSER, a.a.O., N. 24 zu Art. 136 IPRG, der sich dafür allerdings zu Unrecht
auf BGE 126 III 198 E. 2a beruft [vgl. E. 6.2.1 vorne]).
In die gleiche Richtung geht ein Entwurf zur Revision des UWG, den der
Bundesrat kürzlich den eidgenössischen Räten unterbreitet hat (Botschaft vom 2.
September 2009 zur Änderung des UWG, BBl 2009 6151 ff., insbes. 6163 Ziff.
1.2.2, 6182 und 6194). Darin wird vorgeschlagen, das Klagerecht des Bundes in
Fällen wie dem vorliegenden nur noch davon abhängig zu machen, dass das Ansehen
der Schweiz im Ausland bedroht oder verletzt ist und die in ihren
wirtschaftlichen Interessen bedrohten Personen im Ausland ansässig sind (Art.
10 Abs. 3 Entwurf). Überdies soll klargestellt werden, dass bei Klagen des
Bundes das schweizerische UWG im Sinne von Art. 18 IPRG zwingend anzuwenden ist
(Art. 10 Abs. 5 Entwurf).

6.6.2.3 Damit ist die Frage noch nicht beantwortet, nach welchem Statut die im
Rahmen einer Bundesklage nach Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG geltend gemachten
Ansprüche im Sinne von Art. 9 Abs. 1 und 2 UWG de lege lata zu beurteilen sind
bzw. ob die Spezialnormen in Art. 2-8 UWG als "loi d'application immédiate"
zwingend anzuwenden sind, wenn eine Bundesklage erhoben wird. Insoweit kommen
allerdings weitgehend analoge Überlegungen zum Tragen, die zur unbedingten
Unterstellung des Klagerechts unter das schweizerische Recht führen.
Wie in der vorstehenden Erwägung 6.6.2.2 dargelegt wurde, dachte der
Gesetzgeber bei der Einführung des Bundesklagerechts für die anvisierten
Sachverhalte nicht daran, dass allenfalls auch ausländisches Wettbewerbsrecht
anwendbar sein könnte, sondern ging als selbstverständlich von der
Anwendbarkeit von schweizerischem Recht aus. Das Bundesklagerecht würde denn
auch wesentlich erschwert, mithin die angestrebte Effizienz bei der Bekämpfung
von unlauteren Praktiken, die dem Ruf der Schweiz im Ausland schaden, stark
beeinträchtigt, wenn dies anders wäre, d.h. die Widerrechtlichkeit des
Verhaltens, gegen das vorgegangen werden soll, für jeden Staat, in dem es sich
auswirkt, nach dem jeweiligen nationalen Wettbewerbsrecht nachgewiesen bzw.
beurteilt werden müsste (SUTTER, Klagerecht, a.a.O., S. 181; für die Anwendung
der lex causae aber offenbar: BAUDENBACHER, a.a.O., N. 39 zu Art. 10 UWG;
SCHWANDER, a.a.O.,
BGE 136 III 23 S. 42
S. 401). Es kann ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber das Klagerecht des
Bundes derart erschweren wollte.
Ebenso ist es kaum vorstellbar, dass der Gesetzgeber das Institut einer
Behördenklage geschaffen hätte, wenn es nicht darum ginge, Verhaltensweisen zu
unterbinden, die nach den Massstäben des schweizerischen Lauterkeitsrechts zu
beanstanden sind, mithin im öffentlichen Interesse schweizerische
Verhaltensstandards sicherzustellen, um den guten Ruf der Schweiz zu bewahren
(SUTTER, Klagerecht, a.a.O., S. 181; BÄR, ZBJV 1999 S. 599; vgl. auch derselbe,
a.a.O., SIWR Bd. I/1, S. 170). In Fällen, in denen die weitere Voraussetzung
für die Erhebung einer Bundesklage gegeben ist, d.h. wenn der Bund eine solche
zum Schutze des Ansehens der Schweiz im Ausland und damit im öffentlichen
Interesse als erforderlich betrachten darf, scheint denn auch eine
Durchbrechung des Marktauswirkungsprinzips nach Art. 136 IPRG vertretbar (vgl.
für andere Fälle: MÄCHLER-ERNE/WOLF- METTIER, in: Basler Kommentar, a.a.O., N.
9 zu Art. 18 IPRG). Denn der mit diesem Prinzip zu wahrenden Chancengleichheit
auf den betroffenen Märkten wird hier insoweit hinreichend Rechnung getragen,
als der Bund eine Klage in der Regel nur als erforderlich betrachten darf, wenn
bei Schweizer Vertretungen im Ausland eine gewisse Anzahl Beanstandungen gegen
die Geschäftspraktiken der beklagten Personen eingegangen ist und somit ohne
weiteres davon ausgegangen werden kann, dass sich diese Praktiken auch an den
Massstäben stossen, die auf den betroffenen Märkten gelten. Soweit die
Praktiken auch gegen schweizerische Verhaltensstandards verstossen, besteht
unter solchen Gegebenheiten ein gewichtiges öffentliches Interesse daran, dass
sie unterbunden werden, um den guten Ruf der Schweiz im Ausland zu schützen.
Aus ähnlichen Überlegungen hat das Bundesgericht in BGE 124 IV 73 E. 1c/bb im
Zusammenhang mit einer Strafklage das öffentliche Interesse unabhängig von der
Regelung in Art. 3-7 StGB in Verbindung mit Art. 23 UWG als überwiegend
betrachtet, dubiose Machenschaften mittels Anwendung von schweizerischem
Lauterkeitsrecht zu unterbinden. Dies unter ausnahmsweiser Abweichung vom
Territorialprinzip, das den strafrechtlichen Schutz eines lauteren
Marktgeschehens eigentlich dem Staat überlassen würde, in dem sich das
Marktgeschehen zuträgt (vgl. dazu FIOLKA, a.a.O., S. 1370 Ziff. 2.4;
BAUDENBACHER, a.a.O., N. 39 zu Art. 10 UWG bei Fn. 148; E. 6.2.2 vorne).
Widerstrebende ausländische Interessen, die eine zwingende Anwendung des
jeweiligen ausländischen Marktrechts verlangen würden (vgl. VISCHER, a.a.O., N.
7 zu
BGE 136 III 23 S. 43
Art. 18 IPRG), sind, wie die Beschwerdegegnerin zu Recht vorbringt, nicht
ersichtlich. Im Gegenteil haben ausländische Staaten ein evidentes, erhebliches
Interesse an einem effizienten Schutz der dort ansässigen Personen vor
unlauteren Geschäftspraktiken, die von der Schweiz aus betrieben werden.
Die Spezialnormen von Art. 2-8 UWG erheischen aus den dargelegten Gründen
zwingende Anwendung, wenn der Bund gestützt auf Art. 10 Abs. 2 lit. c UWG im
öffentlichen Interesse Klage erhebt. Wird davon ausgegangen, dass der
Gesetzgeber die Anwendbarkeit von schweizerischem Lauterkeitsrecht als
selbstverständlich voraussetzte, spricht denn auch schon die Tatsache, dass er
für dessen Durchsetzung mit dem Ziel der Wahrung des guten Rufs der Schweiz im
Ausland eine Behördenklage vorsah, für einen unbedingten gesetzgeberischen
Anwendungswillen dieser Sachnormen als "loi d'application immédiate", wenn eine
solche Klage erhoben wird (vgl. Urteil 5C.184/1995 vom 10. Januar 1996 E. 5b).
Dies soll denn auch durch den de lege ferenda vorgeschlagenen Art. 10 Abs. 5
UWG klargestellt werden (vgl. die vorstehende E. 6.6.2.2 in fine).

6.6.3 Im Ergebnis hat die Vorinstanz zu Recht entschieden, dass das Klagerecht
des Bundes und die vom Bund erhobene Klage nach schweizerischem Recht zu
beurteilen sind.
(...)

9. Die Vorinstanz begründete die von ihr ausgesprochenen Verbote mit dem
Vorwurf, die Beschwerdeführerin versende täuschende bzw. irreführende
Vertragsformulare, mit denen die Adressaten im Sinne von Art. 2 und Art. 3 lit.
b UWG
BGE 136 III 23 S. 44
dahingehend getäuscht würden, dass ein Angebot für einen unentgeltlichen
Eintrag in ein privates Touristikverzeichnis bzw. für die unentgeltliche
Aktualisierung eines solchen vorliege, während sie bei Leistung der
Unterschrift in Wirklichkeit eine Verpflichtung zur Bezahlung von über EUR
3'000.- eingingen. Dieses Verhalten sei geeignet, die Beschwerdeführerin im
Wettbewerb zwischen Anbietern von Werbeleistungen zu bevorteilen. Dazu komme,
dass der Eintrag auf der CD nutzlos sei, während den Adressaten vorgegeben
werde, es handle sich dabei um die ideale Plattform zur Gewinnung von neuen
Kunden. Durch den Abschluss eines solchen Vertrags werde der Betroffene in
seinen wirtschaftlichen Interessen verletzt.
Es ist zunächst zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin mit ihren
Vertragsformularen im Sinne von Art. 2 und Art. 3 lit. b UWG unrichtige oder
irreführende bzw. täuschende Angaben über ihre Preise macht, indem sie die
Adressaten über die Entgeltlichkeit der angebotenen Dienstleistung täuscht, und
gegebenenfalls, ob diese Täuschung wettbewerbsrelevant ist (nachfolgende E.
9.1). Falls dies zu bejahen ist, stellt sich die Frage, ob die Unterzeichner
schon allein dadurch in ihren wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigt
werden, dass sie das Formular unterzeichnen (nachfolgende E. 9.2).

9.1 Nach Art. 2 UWG ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den
Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren
unlauter und widerrechtlich, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder
zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst. Unlauter können danach nur
Handlungen sein, die objektiv geeignet sind, den Wettbewerb bzw. die
Funktionsfähigkeit des Marktes zu beeinflussen (BGE 133 III 431 E. 4.1; BGE 132
III 414 E. 3.1; BGE 131 III 384 E. 3 S. 388). Unlauter handelt nach Art. 3 lit.
b UWG u.a. insbesondere, wer über die Preise seiner Leistungen unrichtige oder
irreführende Angaben macht. Damit wird ein umfassender Schutz gegen
irreführende Preisinformationen auch in Bereichen gewährleistet, in denen die
verwaltungsrechtlichen Regeln gegen eine irreführende Bekanntgabe von Preisen
nicht greifen (vgl. MAGDA STREULI-YOUSSEF, Unlautere Werbe- und
Verkaufsmethoden [Art. 3 UWG], in: Lauterkeitsrecht, SIWR Bd. V/1, 2. Aufl.
1998, S. 91; BAUDENBACHER, a.a.O., N. 196 ff. zu Art. 3 lit. b UWG). Das Verbot
von wettbewerbsbeeinflussender Täuschung oder Irreführung schafft dem Gebot der
Wahrheit und der Klarheit des Marktauftritts Nachachtung, indem es ein
Geschäftsgebaren untersagt, das darauf abzielt, den Adressaten beim
Vertragsschluss zu beeinflussen, indem beim potentiellen Vertragspartner eine
Diskrepanz zwischen dessen subjektiver Vorstellung und der Realität bewirkt
wird (vgl. DAVID/ JACOBS, Schweizerisches Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2005, S.
17 und 53; BAUDENBACHER, a.a.O., N. 41 ff. zu Art. 2 UWG, N. 45 f. zu Art. 3
lit. b UWG; STREULI-YOUSSEF, a.a.O., S. 83). Die Gefahr der Täuschung bzw.
Irreführung genügt. Massgebend dafür, ob von einer solchen ausgegangen werden
kann, ist das objektive Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise unter
Zugrundelegung durchschnittlicher Erfahrung, Sachkunde und Aufmerksamkeit
(BAUDENBACHER, a.a.O., N. 45 zu Art. 2 UWG, N. 64 ff. zu Art. 3 lit. b UWG;
JÜRG MÜLLER, Einleitung und Generalklausel [Art. 1-2 UWG], in:
Lauterkeitsrecht, SIWR Bd. V/1, 2. Aufl. 1998, S. 60). Es ist somit für die
Erfüllung des Tatbestands nicht erforderlich, dass jeder Adressat mit
BGE 136 III 23 S. 45
durchschnittlicher Erfahrung auf die Täuschung hereinfällt oder sich irreführen
lässt, sondern es genügt, wenn nach den allgemeinen Erfahrungen des Lebens
anzunehmen ist, dass sich eine nicht unerhebliche Anzahl von Adressaten der
Handlungen täuschen lässt bzw. einem Irrtum verfällt.

9.1.1 Zur Frage des täuschenden Verhaltens der Beschwerdeführerin stellten das
Amtsgericht bzw. die Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht Folgendes fest:
Die von der Beschwerdeführerin seit Sommer 2004 verwendeten Formulare seien im
Textteil inhaltlich in allen Sprachen gleichlautend. Sie begännen mit folgendem
Text:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
bitte schicken Sie uns dieses Formular zusammen mit Ihrem Prospekt mit dem
beigefügten Antwortcouvert zurück, denn damit helfen auch Sie, den
TouristDirectory aktuell zu
halten. Wir publizieren Ihren bestehenden Grundeintrag, der aus Ihrer
vollständigen Anschrift, der Telefon- und Faxnummer besteht, auch dann
kostenlos, wenn Sie uns keinen Auftrag
wie unten angegeben erteilen. Nachdem wir Ihr Formular erhalten haben, werden
wir Ihre Daten im TouristDirectory überprüfen und gegebenenfalls aktualisieren.
Bitte unterschreiben Sie nur, wenn Sie einen Auftrag gem. den unten
aufgeführten Bedingungen erteilen wollen; wir würden dann Ihre Daten als
Anzeige mit Informationen, Bild und Logo publizieren.
Der TouristDirectory ist die ideale Plattform zur Gewinnung neuer Kunden, ob
regional, national oder international!"
Danach folge eine Rubrik, in der die Kunden betreffend die Zimmer, den Preis,
die Kategorie und Art der Unterkunft Kästchen ankreuzen, bzw. leere Linien
ausfüllen könnten. Es folge ein leeres Feld mit Platz für die Anschrift und
Adresse des Betriebs. Schliesslich könne der Kunde betreffend Lage, Hotel-,
Zimmer-, Business- und Freizeiteinrichtungen verschiedene Eigenschaften
ankreuzen. Im untersten Fünftel des Formulars stehe Folgendes:
"Auftrag: Wir erteilen hiermit der X. AG (Verlag) den Auftrag, unsere oben
gemachten Angaben (Mindestgrösse 500 x 200 Pixel inklusive Logo und Foto) in
der nächsten und den beiden danach folgenden Ausgaben der CD-ROM
"TouristDirectory" zu publizieren. Wir erklären, dass sich dieser Auftrag nach
Ablauf des oben genannten Zeitraums automatisch um jeweils ein Jahr verlängert,
sollte er nicht schriftlich drei Monate vor Ablauf eines Kalenderjahres
gekündigt werden. Die Kosten für die Anzeigen betragen EUR 989.00 pro Ausgabe
und werden jährlich im Voraus berechnet. Wir bestätigen das Zahlungsziel von 20
Tagen ab Rechnungsdatum. Zusätzlich bestellen wir hiermit eine CD-ROM pro
Ausgabe zum
BGE 136 III 23 S. 46
Preis von EUR 98.00 inkl. Versandspesen, der wie oben in Rechnung gestellt
wird. Wir nehmen von der Widerrufsfrist von 10 Tagen ab Auftragserteilung
Kenntnis, danach wird der Auftrag unwiderruflich. Wir erteilen dem Verlag den
Auftrag, die Anzeigen zu gestalten. Bei dem Auftrag kommt Schweizer Recht zur
Anwendung und wir akzeptieren, dass der Sitz des Verlages Gerichtsstand und
Erfüllungsort ist, wobei der Verlag das Recht hat, an unserem Gerichtsstand zu
klagen."
Es folge je ein Feld für Ort und Datum sowie die Unterschrift.
Die Beklagte biete ihren Kunden nach dem beschriebenen Formular betreffend
Eintrag in die beklagtischen Register eine unentgeltliche Leistung und eine
entgeltliche Leistung an. Die kostenlose Leistung beinhalte den Eintrag der
Anschrift mit Adresse sowie der Telefon- und Faxnummer des Hotelbetriebs.
Dieser Eintrag erfolge sowohl auf der Internetseite der Beklagten wie auch auf
ihrer CD-ROM TouristDirectory. Der entgeltliche Eintrag beinhalte weitere
Angaben über den Hotelbetrieb entsprechend dem ausgefüllten Formular. Diese
Angaben erfolgten gemäss "Auftrag" ausschliesslich auf der CD-Rom
TouristDirectory und nicht auf der allgemein zugänglichen Internetseite der
Beklagten. Für diese Leistung habe der Kunde mindestens EUR 1'087.- zu bezahlen
(EUR 989.- für Eintrag und EUR 98.- für CD-Rom), bzw. EUR 3'261.-, da mit dem
"Auftrag" der Eintrag in mindestens drei Ausgaben der CD-Rom TouristDirectory
bestellt werde.
(...)

9.1.3 Nach den Feststellungen der Vorinstanz über den Adressatenkreis, an den
die Beschwerdeführerin ihre Vertragsformulare versendet (die Formulare
richteten sich nicht nur an grosse und fachmännische, sondern auch an kleinere
und wenig versierte Unternehmer mit geringer Professionalität und würden sogar
an private Zimmervermieter gesandt [nicht publ. E. 9.1.2]), kann nicht von
einer grossen durchschnittlichen Aufmerksamkeit und Erfahrung der
angesprochenen Kreise bei der Lektüre von Dokumenten mit juristischem Inhalt
ausgegangen werden. Um die Gefahr einer Irreführung über die Entgeltlichkeit
oder Unentgeltlichkeit der angebotenen Leistungen zu bannen, ist
dementsprechend ein strenger Massstab an die erforderliche Klarheit der mit den
Formularen erfolgenden Angebote bzw. der dazu enthaltenen Information anzulegen
(vgl. die vorstehende E. 9.1.1).
Für die Beurteilung der Formulare erscheint entscheidend, dass im ersten
Textabschnitt, auf den die Aufmerksamkeit mit der deutlich
BGE 136 III 23 S. 47
fett gedruckten Anrede "Sehr geehrte Damen und Herren" gezogen wird, zunächst
der Eindruck erweckt wird, es gehe mit dem Formular lediglich darum, das
Verzeichnis der Beschwerdeführerin aktuell zu halten. In der Folge wird
ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin den Grundeintrag auch dann kostenlos
publiziere, wenn kein Auftrag wie unten angegeben erteilt werde. Damit wird die
Unentgeltlichkeit der angebotenen Leistung betont und nicht klar zwischen der
entgeltlichen und der unentgeltlichen Leistung unterschieden, die im gleichen
Formular angeboten werden. Zwar wird der Adressat gebeten, das Formular nur zu
unterschreiben, wenn er einen Auftrag gemäss den unten aufgeführten Bedingungen
erteilen wolle. Auch dabei wird indes weder klar darauf hingewiesen, dass der
"Auftrag" entgeltlich ist, noch ausgeführt, wie vorzugehen ist, wenn nur der
unentgeltliche Grundeintrag gewünscht wird. Ebenso wenig wird hervorgehoben,
was der Vorteil des entgeltlichen Eintrags sein soll und dessen Preis
rechtfertigen soll, was geeignet wäre, den Leser auf den Unterschied zwischen
entgeltlicher und unentgeltlicher Leistung aufmerksam zu machen. Danach folgt
ein separater kurzer Abschnitt, in dem das TouristDirectory als die ideale
Plattform zur Gewinnung neuer Kunden angepriesen wird, an den die vom
Adressaten auszufüllende Rubrik mit den Angaben zu seinem Betrieb anschliesst.
Erst bei der genauen Lektüre des nachher folgenden, mit kleinen Wort- und
Zeilenabständen gedruckten Textteils kann der Adressat realisieren, dass ein
Volleintrag mit allen Angaben auf der CD der Beschwerdeführerin EUR 989.- pro
Ausgabe kostet und mit der Unterschrift für mindestens drei Jahresausgaben
bestellt wird, nebst der CD zum Preis von EUR 98.- pro Ausgabe. Es kann
allerdings - wie auch die Vorinstanz zu Recht festgehalten hat - als notorisch
bezeichnet werden, dass kleingedruckte Geschäftsbedingungen, die am Ende von
vorgedruckten Vertragsformularen stehen, im Geschäftsalltag aus Zeitgründen
oftmals nicht oder nur oberflächlich gelesen werden. Daran vermag nichts zu
ändern, dass es sich vorliegend nicht um einen mehrseitigen Vertrag mit
zahlreichen Bestimmungen, sondern um ein bloss einseitiges Formular handelt.
Der Adressat kann regelmässig darauf vertrauen, dass die Essentialia des
Vertrages - vorliegend die genaue Umschreibung der Leistung der
Beschwerdeführerin und der dafür zu entrichtende Preis - nicht erst in diesen
Textteilen am Ende des Formulars festgehalten sind. Im vorliegenden Fall
verhält es sich indessen genau umgekehrt, indem erst der Text am Ende des
Formulars die wesentlichen Vertragsbestimmungen
BGE 136 III 23 S. 48
ent hält. Es fehlt zudem an einem wirksamen Blickfang, mit dem auf die
Wichtigkeit dieses Abschnitts aufmerksam gemacht wird. Daran vermag nichts zu
ändern, dass das Wort "Auftrag" am Anfang des Abschnitts und der Preis von EUR
989.- pro Ausgabe leicht hervorgehoben sind, zumal die Hervorhebung der
Preisangabe dadurch praktisch unwirksam gemacht wird, indem sie in fast allen
Sprachversionen des Formulars durch einen Zeilenumbruch getrennt wird.
Insgesamt ist der Vorinstanz beizupflichten, wenn sie angesichts der geringen
durchschnittlichen Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise die Gefahr
bejahte, dass ein nicht unerheblicher Teil der Adressaten das Vertragsformular
unterschreiben wird, ohne den letzten Textteil gelesen zu haben, in der
Meinung, nur eine unentgeltliche Leistung in Anspruch zu nehmen. Für die Gefahr
der Irreführung spricht auch, dass der entgeltliche und der unentgeltliche
Auftrags- bzw. Dienstleistungsteil im Formular nicht klar getrennt sind und es
an der Möglichkeit fehlt, nur für den unentgeltlichen Eintrag eine Unterschrift
zu leisten. Entgegen der Beschwerdeführerin kann erfahrungsgemäss nicht davon
gesprochen werden, dass es in der Geschäftspraxis unüblich wäre, auch in
Formularen für unentgeltliche Leistungen ein Feld für eine Unterschrift
vorzusehen, und daher dem Adressaten automatisch klar würde, dass er eine
finanzielle Bindung eingeht, wenn er eine Unterschrift leistet. Ebenso wenig
ist es notorisch oder entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass
gestaltete Anzeigen überall auf der Welt Geld kosten, wie die
Beschwerdeführerin behauptet. Damit ist auch ihren auf der entsprechenden
Behauptung basierenden Rügen die Grundlage entzogen, wonach die Vorinstanz in
Willkür verfallen sei und Art. 8 ZGB verletzt habe, indem sie feststellte, es
sei nicht erhärtet, dass die Betroffenen im Ausland wüssten, dass gestaltete
Anzeigen in einem Verzeichnis in der Regel nicht kostenlos seien.
Als Ergebnis ist damit festzuhalten, dass das Formular, mit dem die
Beschwerdeführerin im Anzeigenmarkt auftritt, ein Irreführungspotential
aufweist, das sich mit dem durch Art. 2 und Art. 3 lit. b UWG geschützten Gebot
der Klarheit des Marktauftritts nicht vereinbaren lässt. Der Schluss drängt
sich auf, dass das Formular darauf angelegt ist, den durchschnittlichen Leser
davon abzulenken, dass er mit der Unterzeichnung des Formulars eine erhebliche
finanzielle Verpflichtung eingeht. Dafür spricht auch die Überlegung, dass sich
dem Formular, abgesehen von der Behauptung, das TouristDirectory sei die
BGE 136 III 23 S. 49
ideale Plattform zur Gewinnung neuer Kunden, nichts über die Qualität der
Publikationsleistung der Beschwerdeführerin entnehmen lässt und dass nicht
davon auszugehen ist, es gebe viele Geschäftsleute, die sich irrtumsfrei
verpflichten, für einen Eintrag in einem Hotelführer rund EUR 3'000.- zu
bezahlen, ohne mehr über die Qualität der Gegenleistung zu erfahren, die sie
dafür erhalten. Ob der Eintrag auf der CD der Beschwerdeführerin gar nutzlos
ist, wie die Vorinstanz angenommen hat, kann dabei offenbleiben.
(...)

9.1.5 Die Vorinstanz bejahte die Wettbewerbsrelevanz des der Beschwerdeführerin
vorgeworfenen irreführenden Verhaltens. Die fraglichen Formulare der
Beschwerdeführerin seien offenkundig objektiv geeignet, diese im Kampf um
Abnehmer für Werbeerzeugnisse bzw. für Raum auf Internetplattformen gegenüber
anderen Anbietern zu bevorteilen, die ihre Leistungen nur gegen Entgelt
anbieten. Denn es liege in der Natur des Menschen, dass er einem vermeintlichen
Gratisinserat, das als ideale Plattform zur Gewinnung von Kunden angeboten
werde, den Vorzug gebe.
Die Beschwerdeführerin geht fehl, wenn sie der Vorinstanz vorwirft, Art. 2 UWG
verletzt zu haben, weil sie sich damit begnügt hat festzustellen, dass das
beanstandete Verhalten geeignet sei, den Wettbewerb zwischen den Anbietern von
Werbeleistungen zu beeinflussen, und verkannt habe, dass sich das Verhalten
tatsächlich in konkret betroffenen ausländischen Märkten auswirken müsse.
Nach der vorstehend (E. 9.1) zitierten Rechtsprechung genügt es unter dem
vorliegend anwendbaren schweizerischen Recht (E. 6.6.2.3 vorne), dass das
beanstandete Verhalten objektiv geeignet ist, den Wettbewerb bzw. die
Funktionsfähigkeit des Marktes zu beeinflussen. Es muss dementsprechend
ausreichen, dass das Verhalten sich auf einem beliebigen Markt
wettbewerbsrelevant auswirken kann. Der Nachweis der tatsächlichen
Beeinflussung des Wettbewerbs auf einem bestimmten nationalen Markt ist nicht
erforderlich.

9.2 Es ist damit weiter zu prüfen, ob die betroffenen ausländischen Adressaten
schon allein dadurch im Sinne von Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 UWG in ihren
wirtschaftlichen Interessen bedroht oder verletzt werden, wenn sie das
streitgegenständliche Formular im Irrtum über die damit eingegangene
finanzielle Verpflichtung unterzeichnen (dazu: BAUDENBACHER, a.a.O., N. 292 zu
Art. 9 UWG; RAUBER, a.a.O., S. 255; PEDRAZZINI/PEDRAZZINI, a.a.O., S. 263 ff.).
BGE 136 III 23 S. 50
Dies ist zu bejahen. Die Tatbestandsvoraussetzung der Beeinträchtigung in
wirtschaftlichen Interessen durch das täuschende Verhalten im Sinne der
genannten Bestimmungen ist erfüllt, wenn die Unterschrift von den Kunden im
irrtümlichen Glauben geleistet wird, keine finanziellen Verpflichtungen
einzugehen, während sie sich damit in Wirklichkeit (bzw. wie ihnen von der
Beschwerdeführerin in der Folge vorgegeben wird) verpflichten, über EUR 3'000.-
zu bezahlen. Denn wenn die Kunden durch Täuschung dazu gebracht werden, eine
finanzielle Verpflichtung einzugehen, die sich namentlich kleinere Betriebe in
"Niedrigpreisländern" kaum leisten können, wird damit ihre Freiheit,
wirtschaftliche Dispositionen zu treffen oder zu unterlassen, beseitigt und
werden sie in ihren wirtschaftlichen Interessen bedroht oder verletzt
(PEDRAZZINI/PEDRAZZINI, a.a.O., S. 152 ff.). Daran ändert nichts, dass sich die
Betroffenen gegebenenfalls auf einen Willensmangel nach Art. 23 ff. OR berufen
können. Dies zumal die Beschwerdeführerin die Unterzeichner nach den
Feststellungen des Amtsgerichts nicht einfach aus dem Vertrag entlässt, wenn
sie sich auf Irrtum berufen und die Nichtigkeit des Vertrags geltend machen,
sondern vielmehr auf der Forderung beharrt und mit hohen zusätzlichen
Administrativkosten droht, sofern die Zahlung ausbleibt. Nur auf Intervention
eines Anwalts oder der Beschwerdegegnerin erklärt sich die Beschwerdeführerin
jeweils bereit, das Inkasso aufzugeben, wodurch den Betroffenen jedenfalls ein
beträchtlicher Aufwand durch Korrespondenzen, allenfalls gar Einschaltung eines
Anwalts anfällt.

9.3 Zusammenfassend hat die Vorinstanz zu Recht entschieden, dass das Verhalten
der Beschwerdeführerin Art. 2 und Art. 3 lit. b UWG verletze und die
Beschwerdegegnerin zur gerichtlichen Geltendmachung dieser Verletzung
berechtigt sei. Dies genügt zur Begründung der von der Vorinstanz gegen die
Beschwerdeführerin ausgesprochenen Verbote, die sich nur auf die Formulare und
nicht auch auf ihr Produkt schlechthin beziehen. Wie es sich mit den Rügen zum
weiteren Vorwurf verhält, die Beschwerdeführerin täusche im Sinne von Art. 2
und Art. 3 lit. b UWG über ihre Leistungen, weil sie die CD als die ideale
Plattform zur Gewinnung von Kunden bezeichnet, während der Eintrag auf der CD
in Wirklichkeit nutzlos sei, kann damit offenbleiben. Dasselbe gilt für die
Rügen gegen die Annahme, dass die Betroffenen mit der Bezahlung von EUR 3'000.-
für einen nutzlosen Eintrag in ihren wirtschaftlichen Interessen verletzt
werden.