Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 135 V 279



Urteilskopf

135 V 279

34. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S.
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen L. (Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
8C_531/2008 vom 8. April 2009

Regeste

Art. 9 Abs. 3, Art. 15 Abs. 1-3 UVG in Verbindung mit Art. 22 ff. UVV; Art. 28
ff., Art. 34 UVG in Verbindung mit Art. 44 f. UVV; versicherter Verdienst.
Der einer Hinterlassenenrente zugrunde zu legende versicherte Verdienst basiert
auf dem Lohn, welchen die - an den Auswirkungen einer Berufskrankheit -
verstorbene pensionierte Person letztmals bezogen hat, als sie noch
UVG-versichert war, angepasst an die allgemeine statistische
Nominallohnentwicklung im angestammten Tätigkeitsbereich bis zum Zeitpunkt des
Eintritts ins AHV-Rentenalter (E. 4).
Der derart ermittelte versicherte Verdienst ist für den Zeitraum zwischen der
Pensionierung der verstorbenen Person und der Entstehung des Anspruchs des
überlebenden Ehegatten auf eine Hinterlassenenrente der Teuerung anzupassen (E.
5).

Sachverhalt ab Seite 280

BGE 135 V 279 S. 280

A. Der am 30. Januar 1929 geborene H., gelernter Schreiner, war bis 1953 als
Unselbstständigerwerbender tätig gewesen und in dieser Eigenschaft bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) u.a. gegen die Folgen von
Berufskrankheiten versichert. Ab 1954 arbeitete er als selbstständigerwerbender
Geschäftsführer im väterlichen Betrieb, ohne sich freiwillig bei der SUVA zu
versichern. Auf Ende Januar 1994 beendete er seine Tätigkeit in der
familieneigenen Schreinerei altershalber (Pensionierung).
Im Februar 2005 wurde ein Pleuramesotheliom rechts festgestellt, welches H.
sich mutmasslich als Folge einer arbeitsbedingten Asbestexposition während
seiner unselbstständigen Erwerbsbeschäftigung zugezogen hatte. Er verstarb im
September 2005 infolge eines darauf zurückzuführenden respiratorischen
Versagens. Die SUVA anerkannte ihre Leistungspflicht und sprach der Witwe des
Verstorbenen, L., mit Verfügung vom 6. Juli 2006 rückwirkend ab 1. Oktober 2005
eine Hinterlassenenrente basierend auf einem Rentensatz von 40 % in Höhe von
Fr. 1'954.- monatlich zu; hierbei wurde als massgebender versicherter Verdienst
auf den letzten Lohn, den H. als Unselbstständigerwerbender erzielt hatte
(1953), abgestellt und dieser bis zum Jahr der Pensionierung (1994)
nominallohnbereinigt, woraus ein Betrag von Fr. 58'609.- resultierte. Daran
wurde auf Einsprache hin, mit welcher L. geltend machen liess, entweder sei der
vom Verstorbenen unmittelbar vor der Pensionierung im Rahmen seiner
selbstständigen Erwerbstätigkeit erzielte Lohn als versicherter Verdienst der
Berechnung der Hinterlassenenrente zugrunde zu legen und bis zum Ausbruch der
Berufskrankheit dem
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Nominallohnindex anzupassen oder es sei die bei Ausbruch der Berufskrankheit zu
gewährende Rente rückwirkend der Teuerung anzugleichen, festgehalten
(Einspracheentscheid vom 5. Februar 2007).

B. In Gutheissung der hiegegen eingereichten Beschwerde hob das
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn den angefochtenen
Einspracheentscheid auf und wies die Sache an den Unfallversicherer zurück,
damit dieser die Hinterlassenenrente im Sinne der Erwägungen neu festsetze und
entsprechende Nachzahlungen vornehme. Begründet wurde der Entscheid vom 26. Mai
2008 damit, dass als Basis für die Berechnung der Hinterlassenenrente der Witwe
das durch ihren verstorbenen Ehemann zuletzt als Selbstständigerwerbender vor
der Pensionierung erzielte Einkommen heranzuziehen und dieses ab Zeitpunkt der
Pensionierung (31. Januar 1994) bis zum Rentenbeginn (1. Oktober 2005) der
Teuerung anzupassen sei. Die dadurch bedingten Nachzahlungen seien durch die
SUVA zu einem Satz von 5 % zu verzinsen; die Pflicht zur Ausrichtung von
Verzugszinsen beginne zwei Jahre nach erstmaliger Rentenberechtigung, in casu
also ab 1. Oktober 2007.

C. Die SUVA führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Rechtsbegehren um Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids.
Das kantonale Gericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde. L. lässt den
Antrag stellen, die Beschwerde sei insofern abzuweisen, als beantragt werde,
den versicherten Verdienst zwischen der Pensionierung (des verstorbenen ehemals
Versicherten) und dem Beginn der Hinterlassenenrente nicht der
Nominallohnentwicklung bzw. der Teuerung anzupassen; ferner bestehe die von der
Vorinstanz grundsätzlich bejahte Verzugszinspflicht hinsichtlich der
Rentennachzahlungen nicht erst zwei Jahre nach Rentenbeginn, d.h. ab 1. Oktober
2007, sondern bereits ab 6. Juli 2006. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG)
seinerseits ersucht um Gutheissung der Rechtsvorkehr.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

4.

4.1 Nach Art. 15 UVG (SR 832.20) werden Taggelder und Renten nach dem
versicherten Verdienst bemessen (Abs. 1). Als versicherter Verdienst gilt für
die Bemessung der Taggelder der letzte vor dem Unfall bezogene Lohn, für die
Bemessung der Renten der
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innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn (Abs. 2). Gemäss Art. 22
Abs. 2 UVV (SR 832.202) gilt als versicherter Verdienst im Allgemeinen,
vorbehältlich hier nicht zur Diskussion stehender Ausnahmetatbestände (lit.
a-d), der nach der Bundesgesetzgebung über die AHV massgebende Lohn. Als
Grundlage für die Bemessung der Renten gilt der innerhalb eines Jahres vor dem
Unfall bei einem oder mehreren Arbeitgebern bezogene Lohn, einschliesslich noch
nicht ausbezahlter Lohnbestandteile, auf die ein Rechtsanspruch besteht (Art.
22 Abs. 4 Satz 1 UVV). Art. 15 Abs. 3 UVG räumt dem Bundesrat die Befugnis ein,
Bestimmungen über den versicherten Verdienst in Sonderfällen, wie
beispielsweise bei Berufskrankheiten (lit. b), zu erlassen, wovon dieser
Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 23 f. UVV). Unter der Marginalie "Massgebender
Lohn für das Taggeld in Sonderfällen" sieht Abs. 8 des Art. 23 UVV vor, dass
bei Rückfällen der unmittelbar zuvor bezogene Lohn, mindestens aber ein
Tagesverdienst von zehn Prozent des Höchstbetrages des versicherten
Tagesverdienstes massgebend ist, ausgenommen bei Rentnern der
Sozialversicherung. Abs. 2 des Art. 24 UVV ("Massgebender Lohn für Renten")
hält sodann fest, dass, falls die Rente mehr als fünf Jahre nach dem Unfall
oder dem Ausbruch der Berufskrankheit beginnt, der Lohn massgebend ist, den die
versicherte Person ohne den Unfall oder die Berufskrankheit im Jahre vor dem
Rentenbeginn bezogen hätte, sofern er höher ist als der letzte vor dem Unfall
oder dem Ausbruch der Berufskrankheit erzielte Lohn. Art. 34 Abs. 1 UVG ist
schliesslich zu entnehmen, dass die Bezüger von Invaliden- und
Hinterlassenenrenten zum Ausgleich der Teuerung Zulagen erhalten, wobei als
Grundlage für die Berechnung der Teuerungszulagen jeweils der für den Monat
September massgebende Landesindex der Konsumentenpreise gilt (Art. 44 Abs. 1
UVV). Für die erstmalige Berechnung der Teuerungszulagen zu einer Rente, die
seit dem Inkrafttreten des Gesetzes oder seit der letzten Gewährung einer
Teuerungszulage entstanden ist, wird auf den Septemberindex im Unfalljahr und
in den Fällen nach Art. 24 Abs. 2 UVV auf jenen im Vorjahr des Rentenbeginns
abgestellt (Art. 44 Abs. 2 UVV). Beim Wiederaufleben einer Rente sind die
Teuerungszulagen gleich hoch, wie wenn die Rente ununterbrochen gewährt worden
wäre (Art. 45 UVV).

4.2

4.2.1 Die dargestellten Normen verdeutlichen, dass für die hier zu beurteilende
Konstellation - die versicherte Person ist bei Ausbruch
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der Berufskrankheit infolge Erreichen des AHV-Alters aus dem Erwerbsleben
ausgeschieden und daher nicht mehr (weiter-)versichert (sog. Altersrentner) -
keine spezifische Lösung vorgesehen ist. Die Konzeption des UVG basiert denn
auch auf der Annahme, dass das versicherte Ereignis sich zu einem Zeitpunkt
zugetragen hat, in welchem die versicherte Person noch erwerbstätig ist. In
Fällen wie dem vorliegenden stellt die Unfallversicherung ausnahmsweise eine
Versicherung für Nichterwerbstätige dar, für die in Bezug auf die
Rentenbemessung keine einschlägigen Regelungen bestehen (vgl. MAURER,
Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, 1985, S. 362). Massgebend für die
Rentenbemessung ist daher prinzipiell die Grundregel, wonach auf den letzten
Lohn vor Eintritt des versicherten Ereignisses, d.h. hier des Ausbruchs der
Berufskrankheit (Februar 2005; vgl. Art. 9 Abs. 3 UVG), abzustellen ist. Da ein
solcher im Falle von Altersrentnern gemeinhin nicht vorhanden ist, hat der
Verdienst als relevant zu gelten, den die versicherte Person letztmals bezogen
hat, als sie noch versichert war (vgl. auch MAURER, a.a.O, S. 220 oben; ders.,
Recht und Praxis der Schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, 1963,
S. 133).

4.2.2 Vor diesem Hintergrund wird letztinstanzlich seitens der Parteien, wie
sich deren Ausführungen in der Beschwerdeschrift sowie in den Vernehmlassungen
von Beschwerdegegnerin (vom 10. September 2008) und BAG (vom 13. November 2008)
entnehmen lässt, zu Recht übereinstimmend nicht mehr beanstandet, dass für die
Bemessung des versicherten Verdienstes derjenige Lohn massgebend ist, den H.
als (bei der Beschwerdeführerin) versicherter Arbeitnehmer im Jahre 1953 -
angepasst an die allgemeine statistische Nominallohnentwicklung im angestammten
Tätigkeitsbereich bis zum Zeitpunkt der Pensionierung (31. Januar 1994) -
erzielt hatte. Der angefochtene (Rückweisungs-)Entscheid ist somit in diesem
Punkt aufzuheben.

5. Mit der Begründung, der Umstand, dass der Fall der Pensionierung nicht in
den Sonderkatalog (des Art. 24 UVV) Eingang gefunden habe, rechtfertige die
Annahme einer echten Verordnungslücke, welche das Gericht nach jener Regel zu
schliessen habe, die es als Verordnungsgeber aufstellen würde, hat die
Vorinstanz - in Analogie zu Art. 34 UVG in Verbindung mit Art. 44 UVV - alsdann
eine teuerungsbedingte Anpassung des versicherten Verdienstes zwischen der
Pensionierung und dem Rentenbeginn bejaht.
BGE 135 V 279 S. 284

5.1 Eine Lücke im Gesetz besteht, wenn sich eine Regelung als unvollständig
erweist, weil sie jede Antwort auf die sich stellende Rechtsfrage schuldig
bleibt oder eine Antwort gibt, die aber als sachlich unhaltbar angesehen werden
muss. Hat der Gesetzgeber eine Rechtsfrage nicht übersehen, sondern
stillschweigend - im negativen Sinn - mitentschieden (qualifiziertes
Schweigen), bleibt kein Raum für richterliche Lückenfüllung (BGE 134 V 182 E.
4.1 S. 185 mit Hinweisen).

5.2 Dem kantonalen Gericht ist darin beizupflichten, dass sich aus Wortlaut und
Systematik von Gesetz und Verordnung keine eindeutige Antwort auf die streitige
Rechtsfrage ergibt, ob der solcherart ermittelte versicherte Verdienst der bis
zum Eintritt des versicherten Ereignisses, d.h. vorliegend des Ausbruchs der
Berufskrankheit bzw. - hinsichtlich der Hinterlassenenrente - des Todes von H.,
eingetretenen Nominallohnentwicklung oder Teuerung anzupassen ist. Die hievor
zitierten Bestimmungen enthalten in Bezug auf die Festsetzung des versicherten
Verdienstes nach Massgabe des tatsächlich zuletzt erworbenen Lohnes im
Gegensatz zu anderen Konstellationen kein Korrektiv für diejenigen versicherten
Personen, welche bereits altershalber aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind.
Namentlich fällt sowohl die analoge Anwendung des Art. 23 Abs. 8 UVV wie auch
diejenige von Art. 24 Abs. 2 UVV ausser Betracht, da die erstgenannte
Bestimmung die - hier nicht interessierende - Taggeldbemessung beschlägt und
Art. 24 Abs. 2 UVV einen Sonderfall darstellt, der nicht gegeben ist. Letzterer
Artikel bezweckt einzig, allfällige Nachteile als Folge der Verzögerung in der
Rentenfestsetzung auszugleichen (BGE 127 V 165 E. 3b S. 173; Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts U 79/06 vom 19. September 2006 E. 4.2.1 mit Hinweis, in:
SZS 2007 S. 179). Mit dieser Sonderregelung, welche im Rahmen der erstmaligen
Rentenfestsetzung (nicht aber der revisionsweisen Neufestsetzung der Rente)
auch bei Rückfällen (oder Spätfolgen) zum Zuge kommt (Urteile des Eidg.
Versicherungsgerichts U 427/99 vom 10. Dezember 2001 E. 3a, nicht publ. in: BGE
127 V 456, aber in: RKUV 2002 S. 61, und U 286/01 vom 8. März 2002 E. 2b), soll
vermieden werden, dass eine versicherte Person mit langdauernder
Heilbehandlung, deren Rentenanspruch erst mehr als fünf Jahre nach dem Unfall
entsteht, auf dem vor dem Unfall erzielten Lohn haften bleibt, was vor allem
dann stossende Ergebnisse zu bewirken vermöchte, wenn die Löhne während dieser
Zeit zufolge überdurchschnittlicher Lohnerhöhung
BGE 135 V 279 S. 285
stark ansteigen (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U 427/99 vom 10.
Dezember 2001 E. 3a mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 127 V 456, aber in: RKUV
2002 S. 61). Mit der Aufgabe der entlöhnten Arbeitstätigkeit infolge Alters
partizipieren die Altersrentner indessen nicht mehr an der Lohnentwicklung und
können damit auch keine Nachteile mit Auswirkung auf den (massgebenden) Lohn
auf Grund von Unfall, Berufskrankheit oder deren Behandlung mehr erfahren.
Würde für diese Versichertengruppe - mit der Beschwerdegegnerin - die
hypothetische Lohnentwicklung über das Rentenalter hinaus berücksichtigt,
führte dies zu einer Ungleichbehandlung von Versicherten, die noch vor dem
Eintritt des Rentenalters eine Invalidenrente der Unfallversicherung
beanspruchen mussten. Denn auch bei ihnen würde mit Blick auf die obgenannten
Normen die Rentenberechnungsgrundlage des relevanten Lohnes im Regelfall nicht
mehr fortlaufend der Teuerung angepasst, sondern es käme ebenfalls einzig zu
einer teuerungsbedingten Angleichung der einmal festgesetzten Rente (vgl. in
diesem Sinne auch Art. 22 UVG, welcher generell eine Revision von an
Altersrentner ausgerichteten UVG-Renten ausschliesst). Daraus lässt sich für
den vorliegend zu beurteilenden Fall mit der Vorinstanz, welche ebenfalls von
einer derartigen Lösung abgesehen hat, schliessen, dass eine Anpassung des nach
den hievor dargelegten Grundsätzen ermittelten versicherten Verdienstes im
Zeitpunkt der Pensionierung an die zwischen 1994 und 2005 eingetretene
Nominallohnentwicklung als nicht sachgerecht einzustufen ist. Die
grundsätzliche Unabänderlichkeit des versicherten Verdienstes, welche dem
Willen des Gesetzgebers entspricht, wonach Veränderungen des von der
versicherten Person ohne den Versicherungsfall mutmasslich erzielbaren
Jahresverdienstes keinen Einfluss auf die Rente der Unfallversicherung haben
sollen (BGE 127 V 165 E. 3b S. 172; BGE 119 V 484 E. 4b S. 492 mit Hinweis;
Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U 286/01 vom 8. März 2002 E. 2b und 3a),
hat sodann dazu zu führen, dass auch keine Indexierung des versicherten
Verdienstes um die zwischen 1994 und 2005 aufgelaufene Teuerung erfolgen kann.
Nach dem klaren Wortlaut des Art. 34 UVG (in Verbindung mit Art. 44 f. UVV)
wird einzig die regelmässige Anpassung der Renten, nicht jedoch des dieser
zugrunde liegenden versicherten Verdienstes an die Teuerung vorgesehen.

5.3

5.3.1 Der Umstand, dass die vorliegende Fallkonstellation, in welcher die
versicherte Person altershalber aus dem Erwerbsleben
BGE 135 V 279 S. 286
ausgeschieden ist, nicht in den - einer gerichtlichen Erweiterung nicht
zugänglichen (vgl. Urteil 8C_16/2008 vom 2. September 2008 E. 4.2) -
Sonderkatalog gemäss Art. 24 UVV Eingang gefunden hat, bewirkt indessen nach
der zutreffenden Feststellung im angefochtenen Entscheid ein sachlich
stossendes Ergebnis. Würde auf eine Anpassung der zwischen Pensionierung und
Rentenbeginn eingetretenen Teuerung verzichtet, resultierte im Vergleich zu
hinterbliebenen Angehörigen einer versicherten Person, bei welchen die
Hinterlassenenrente noch während der beruflichen Aktivitätsdauer der
(verstorbenen) versicherten Person festgesetzt worden ist, eine nicht zu
rechtfertigende Schlechterstellung. Während die Renten bei dieser Kategorie von
Hinterbliebenen stetig um die teuerungsbedingte Kaufkraftminderung ausgeglichen
würden, könnte die Witwe im hier zu beurteilenden Fall lediglich eine auf der
Basis des für das Jahr 1994 ermittelten versicherten Verdienstes bemessene
geringere Rente beanspruchen. Für eine derart unterschiedliche
Betrachtungsweise bietet die Tatsache, dass die Berufskrankheit, deren Ursache
in Form der beruflich bedingten Asbestexposition bereits Jahre zuvor gesetzt
worden war, erst einige Zeit nach der Pensionierung ausgebrochen ist, keine
stichhaltigen Gründe. Unter Annahme einer richterlich auszufüllenden
Rechtslücke hat deshalb für den vorliegenden Sachverhalt des Ausbruchs der
Berufskrankheit im Rentenalter eine Anpassung der - hypothetisch für den Moment
des Eintritts ins AHV-Alter berechneten, fiktiven - (Hinterlassenen-)Rente an
die Teuerung zu erfolgen. Diese Lösung korreliert im Übrigen mit dem in Art. 45
UVV festgehaltenen Grundgedanken, wonach Teuerungszulagen beim Wiederaufleben
einer Rente in gleicher Höhe zu gewähren sind, wie wenn die Rente
ununterbrochen ausgerichtet worden wäre (siehe beispielsweise den Fall einer
Witwe, deren Rente wegen Wiederverheiratung erloschen ist und bei Scheidung der
neuen Ehe innert zehn Jahren wieder gewährt wird [Art. 33 UVG]).

5.3.2 Die seitens der Beschwerdeführerin im Weiteren erhobenen Einwendungen
vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Soweit darauf hingewiesen wird,
der verstorbene Versicherte H. habe seit seiner Pensionierung auf Dezember 1994
- und damit auch im Jahr vor Ausbruch der Berufskrankheit - auf Grund seines
Rentnerstatus über (praktisch) keine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mehr
verfügt, deren Ausfluss im Sinne eines Einkommens es teuerungsbedingt
anzupassen gegolten hätte, ist dem
BGE 135 V 279 S. 287
Unfallversicherer entgegenzuhalten, dass UVG-Renten auch ohne Weiterführung
einer Erwerbstätigkeit nach Erreichen des AHV-Rentenalters ausgerichtet werden.
In BGE 134 V 392 ist in diesem Sinne entschieden worden, dass der Anspruch auf
Invalidenrente einer Person, die während ihrer beruflichen Aktivitätsdauer
verunfallt ist, auch noch nach der Pensionierung begründet werden kann. Zwar
ereignete sich in diesem Fall der Unfall vor Eintritt des Rentenalters, während
vorliegend die Berufskrankheit erst nachher ausbrach. In beiden Fällen war aber
die Versicherteneigenschaft vor dem Eintritt ins Rentenalter gegeben und der
Rentenanspruch begann erst in einem späteren Zeitpunkt. Der Umstand, dass nach
Erreichen des AHV-Rentenalters kein Schaden in Form einer unfall- oder
berufskrankheitsbedingten Erwerbseinbusse mehr eintreten konnte, führt somit
weder zu einer Verneinung des Invalidenrentenanspruchs an sich, noch -
konsequenterweise - der Aufrechnung der aufgelaufenen Teuerung, hier auf der
Basis einer für das Jahr 1994 festgesetzten fiktiven Witwenrente bis zum
effektiven Beginn des Rentenanspruchs per 1. Oktober 2005.