Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 135 V 163



Urteilskopf

135 V 163

22. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Stiftung
Sicherheitsfonds BVG gegen E. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten)
9C_920/2008 vom 16. April 2009

Regeste

Art. 52 und Art. 56a Abs. 1 BVG (je in der bis Ende 2004 gültig gewesenen
Fassung); Art. 169 Abs. 1 OR; Wirkung von Verjährungsverzichtserklärungen nach
Zession der auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche; Verjährung des Haftungs- und
Regressanspruchs des Sicherheitsfonds (Art. 56a Abs. 1 BVG).
Wer die auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche zessionsweise erwirbt, kann sich
auf eine Verjährungsverzichtserklärung, die der Schuldner dem ursprünglichen
Gläubiger abgegeben hat, berufen (E. 4.4). Die entsprechenden
Verjährungsverzichtserklärungen haben keine Wirkung auf die Ansprüche gemäss
Art. 56a Abs. 1 BVG (E. 5.2).
Das Gesetz regelt die Frage nicht, innert welcher Frist der Sicherheitsfonds
den Haftungs- und Regressanspruch (Art. 56a Abs. 1 BVG) klageweise geltend zu
machen hat. Diese echte Lücke (E. 5.3) ist dahingehend zu schliessen, dass - in
Analogie zu Art. 52 Abs. 3 AHVG - eine Verjährungsfrist von fünf Jahren ab
Leistung der Zahlungen des Sicherheitsfonds gilt (E. 5.5). Frage offengelassen,
ob die Frist mit jeder einzelnen oder gesamthaft mit der letzten Zahlung des
Sicherheitsfonds zu laufen beginnt (E. 5.6).

Sachverhalt ab Seite 164

BGE 135 V 163 S. 164

A. Ende 1984 wurde die Gemeinschaftsstiftung Y. im Hinblick auf das
Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen-
und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40; am 1. Januar 1985) in Anlagestiftung Z.
umbenannt und gleichzeitig die Sammelstiftung X. gegründet, welche als
registrierte Vorsorgeeinrichtung den Zweck der beruflichen Vorsorge übernahm.
E. war an dieser Umstrukturierung beteiligt, indem er die Statuten der
Sammelstiftung neu erarbeitete und jene der Anlagestiftung revidierte. Er war
zudem von 1984 bis 1995 Stiftungsrat und ab 1991 Vizepräsident der
Sammelstiftung X. Die Aufsichtsbehörde verfügte am 16. Januar 1996 die
Auflösung der beiden Stiftungen infolge Überschuldung. Die Stiftung
Sicherheitsfonds BVG stellte in der Folge gesetzliche Vorsorgeleistungen der
Sammelstiftung X. in Liquidation sicher.

B. Am 30. März 2006 erhob die Stiftung Sicherheitsfonds BVG beim
Verwaltungsgericht (heute: Kantonsgericht) des Kantons
BGE 135 V 163 S. 165
Freiburg Klage gegen E. mit dem Rechtsbegehren, der Beklagte sei zu
verpflichten, der Klägerin 5 Mio. Franken nebst Zins zu 5 % seit 30. Juli 1997
zu bezahlen, unter Vorbehalt der Nachklage. In der Klageantwort vom 5. Februar
2007 beantragte E. Abweisung der Klage, soweit darauf einzutreten sei, erhob
die Einrede der Verjährung und beantragte, das Verfahren sei auf die Frage der
Passivlegitimation und der Verjährung zu beschränken. Nach verschiedenen
weiteren Stellungnahmen der Parteien wies das Kantonsgericht mit Entscheid vom
16. September 2008 die Klage wegen Verjährung ab.

C. Die Stiftung Sicherheitsfonds BVG erhebt Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der angefochtene
Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht
zurückzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
E. schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das
Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Die Beschwerde wird gutgeheissen.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

3. Die Beschwerdeführerin begründet ihren Anspruch einerseits damit, dass ihr
die auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche der Sammelstiftung X. in Liquidation
gegen den Beschwerdegegner abgetreten worden seien, andererseits mit Art. 56a
Abs. 1 BVG. Die Verjährung ist für diese beiden Rechtsgrundlagen gesondert zu
betrachten.

4.

4.1 Art. 52 BVG in der bis Ende 2004 geltenden Fassung lautete wie folgt: "Alle
mit der Verwaltung, Geschäftsführung oder Kontrolle der Vorsorgeeinrichtung
betrauten Personen sind für den Schaden verantwortlich, den sie ihr absichtlich
oder fahrlässig zufügen." Die Frage der Verjährung war in dieser Bestimmung
nicht geregelt. Lückenfüllend hat die Rechtsprechung eine zehnjährige
Verjährungsfrist (analog Art. 127 OR) angenommen (BGE 131 V 55 E. 3.1 S. 56
f.), beginnend mit der tatsächlichen Aufgabe der Organstellung (ebd., E. 3.2.2
S. 58 f.). Mit dem Hinweis auf Art. 127 OR wird klargestellt, dass es sich
dabei um eine Verjährungs- und nicht um eine Verwirkungsfrist handelt. In der
1. BVG-Revision wurde
BGE 135 V 163 S. 166
Art. 52 BVG um einen zweiten und dritten Absatz ergänzt. Nach dem neu
eingefügten Absatz 2 verjährt die Haftung in fünf Jahren vom Tag an, an dem der
Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen
erlangt hat, auf jeden Fall aber in zehn Jahren vom Tag der schädigenden
Handlung an gerechnet.

4.2 Der Beschwerdegegner hat erstmals am 10. Januar 1997 gegenüber der
Sammelstiftung X. in Liquidation erklärt, auf die Einrede der Verjährung zu
verzichten, soweit diese am 10. Januar 1997 nicht bereits eingetreten sei.
Diese Verzichtserklärung wurde jeweils bis zum Zeitpunkt der Klageeinreichung
ununterbrochen verlängert. Der Beschwerdegegner war nach unbestrittener
Feststellung der Vorinstanz bis 1995 Mitglied des Stiftungsrates der
Sammelstiftung X.; die mit dieser Eigenschaft begründete zehnjährige
Verjährungsfrist war demnach bis zum 10. Januar 1997 klarerweise nicht
abgelaufen. Infolge der Verzichtserklärungen gilt dies auch für die Folgezeit
bis zur Klageeinreichung, so dass unerheblich ist, ob die Frist nach Art. 52
Abs. 2 BVG in der ab 1. Januar 2005 in Kraft stehenden Fassung allenfalls
früher enden würde. Die Haftung des Beschwerdegegners gegenüber der
Sammelstiftung X. in Liquidation ist demnach nicht verjährt.

4.3 Im vorinstanzlichen Verfahren hat der Beschwerdegegner die
Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin für die aus Art. 52 BVG abgeleiteten
Ansprüche bestritten mit der Begründung, die Zession sei nicht rechtsgültig.
Die Vorinstanz hat sich zu dieser Frage noch nicht geäussert, da sie das
Verfahren auf die Fragen der Verjährung und der Passivlegitimation des
Beschwerdegegners beschränkt hatte. Auch das Bundesgericht hat deshalb dazu
nicht Stellung zu nehmen. Verfahrensgegenstand bildet jedoch die Frage, wie es
sich mit der Verjährung des Anspruchs verhält, sofern die Aktivlegitimation der
Beschwerdeführerin zu bejahen sein wird.

4.4 Mit der Zession gehen auch die Vorzugs- und Nebenrechte auf den Zessionar
über, mit Ausnahme derjenigen, die untrennbar mit der Person des Abtretenden
verknüpft sind (Art. 170 Abs. 1 OR). Zu den übergehenden Rechten gehört auch
das Recht, die Verjährung zu unterbrechen (Urteil 4C.363/2002 vom 26. Februar
2003 E. 2.2.1). Umgekehrt kann der Schuldner Einreden, die der Forderung des
Zedenten entgegenstehen, auch gegen den Zessionar geltend machen, wenn sie
schon zur Zeit vorhanden waren, als er von der Abtretung Kenntnis erhielt (Art.
169 Abs. 1 OR). Das gilt
BGE 135 V 163 S. 167
insbesondere auch für die Einrede der Verjährung (Urteil 5C.98/2004 vom 6.
Oktober 2004 E. 4.2; FLAVIO LARDELLI, Die Einreden des Schuldners bei der
Zession, 2008, S. 29; INGEBORG SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht,
Allgemeiner Teil, 4. Aufl. 2006, S. 555 Rz. 90.48; EUGEN SPIRIG, Zürcher
Kommentar, 3. Aufl. 1993, N. 32 zu Art. 169 OR). Dies entspricht dem
Grundgedanken der Zession, dass der Schuldner durch die Zession nicht
schlechter gestellt werden soll (LARDELLI, a.a.O., S. 23; SCHWENZER, a.a.O., S.
555). Deshalb ist auch für den Beginn einer Verjährungsfrist, die auf die
Kenntnis des Schadens durch den Geschädigten abstellt, die Kenntnis des
ursprünglich Geschädigten massgebend, nicht diejenige des Zessionars (Urteil
des Bundesgerichts 4C.31/1991 vom 15. August 1991 E. 6b, nicht publ. in: BGE
117 II 315, aber in: SJ 1992 S. 152). Konsequenterweise muss sich dann aber der
Zessionar auch auf eine Verjährungsverzichtserklärung berufen können, die der
Schuldner dem ursprünglichen Gläubiger abgegeben hat. Denn der Schuldner wird
dadurch nicht schlechter gestellt. Die Verzichtserklärungen, die der
Beschwerdegegner ab dem 10. Januar 1997 regelmässig gegenüber der
Sammelstiftung X. in Liquidation abgegeben hat, haben daher auch Wirkung im
Verhältnis zur Beschwerdeführerin, soweit diese sich auf eine rechtsgültige
Zession berufen kann. Unter dieser von der Vorinstanz noch zu prüfenden
Voraussetzung sind demnach die auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche der
Beschwerdeführerin gegenüber dem Beschwerdegegner nicht verjährt.

5. Zu prüfen ist weiter die Verjährung allfälliger auf Art. 56a BVG gestützter
Ansprüche.

5.1 Nach der ursprünglichen, bis 31. Dezember 1996 in Kraft gewesenen Fassung
von Art. 56 Abs. 1 lit. b Satz 2 BVG (AS 1983 797) regelte der Bundesrat die
Voraussetzungen für die Leistungen des Sicherheitsfonds und das Rückgriffsrecht
auf Organe zahlungsunfähiger Vorsorgeeinrichtungen. Gestützt darauf hatte der
Bundesrat die Verordnung vom 7. Mai 1986 über die Verwaltung des
Sicherheitsfonds BVG (aSFV 2; AS 1986 867; in Kraft bis 30. Juni 1998, AS 1998
1662) erlassen. Nach deren Art. 11 hat der Sicherheitsfonds gegenüber den
Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung ein
Verschulden trifft, ein Rückgriffsrecht im Umfang der sichergestellten
Leistungen. Am 1. Januar 1997 trat Art. 56a Abs. 1 BVG (in der bis 31. Dezember
2004 gültig gewesenen Fassung) in Kraft (AS 1996 3067), wonach der
BGE 135 V 163 S. 168
Sicherheitsfonds gegenüber Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der
Vorsorgeeinrichtung oder des Versichertenkollektivs ein Verschulden trifft, ein
Rückgriffsrecht im Umfang der sichergestellten Leistungen hat. In der seit 1.
Januar 2005 geltenden Fassung sieht Art. 56a Abs. 1 BVG vor, dass der
Sicherheitsfonds gegenüber Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der
Vorsorgeeinrichtung oder des Versichertenkollektivs ein Verschulden trifft, im
Zeitpunkt der Sicherstellung im Umfang der sichergestellten Leistungen in die
Ansprüche der Vorsorgeeinrichtung eintreten kann.

5.2 Die Beschwerdeführerin leitet ihren Anspruch aus Umständen ab, die sich vor
dem 31. Dezember 2004 ereignet haben. Anwendbar ist daher die bis zu diesem
Zeitpunkt massgebende Fassung von Art. 56a BVG bzw. Art. 11 aSFV 2 (vgl. SVR
2006 BVG Nr. 30 S. 116, B 97/05 E. 3). Nach dieser Regelung subrogiert der
Sicherheitsfonds nicht in die Ansprüche, die der Vorsorgeeinrichtung nach Art.
52 BVG zustehen, sondern hat einen eigenen Anspruch, der sich im Unterschied
zur Haftung nach Art. 52 BVG nicht nur gegen Organe der Stiftung richtet,
sondern auch gegen andere Personen, die an der Zahlungsunfähigkeit der Stiftung
ein Verschulden trifft (BGE 130 V 277 E. 2.1 S. 280 ff.), und zwar gemäss Art.
11 aSFV 2 über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch bereits in der
ursprünglichen Fassung (SVR 2008 BVG Nr. 33 S. 135, 9C_92/2007 E. 1.2; 2006 BVG
Nr. 34 S. 131, B 10/05 E. 8). Dieser Anspruch kann auch verjährungsrechtlich
ein eigenes, von den Ansprüchen nach Art. 52 BVG getrenntes Schicksal haben. Ob
die neue, seit 1. Januar 2005 in Kraft stehende Fassung von Art. 56a BVG daran
etwas geändert hat, braucht hier nicht geprüft zu werden.
Die vom Beschwerdegegner gegenüber der Sammelstiftung X. in Liquidation
abgegebenen Verjährungsverzichtserklärungen haben deshalb in Bezug auf die
Ansprüche des Sicherheitsfonds nach Art. 56a BVG keine Wirkung. Ebenso wenig
unterbricht die im Januar 1997 von der Sammelstiftung X. in Liquidation gegen
den Beschwerdegegner eingeleitete Betreibung die Verjährung des auf Art. 56a
BVG gestützten Anspruchs der Beschwerdeführerin. Gegenüber der
Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegner erstmals am 17. März 2004 erklärt,
auf die Erhebung der Verjährungseinrede zu verzichten, soweit die Verjährung
bis zu diesem Zeitpunkt nicht bereits eingetreten sei. Wie es sich damit
verhält, ist im Folgenden zu prüfen.

5.3 Weder Art. 56a BVG noch eine andere Gesetzesnorm regelt die Frage, innert
welcher (Verwirkungs- oder Verjährungs-)Frist
BGE 135 V 163 S. 169
der Sicherheitsfonds den darin verankerten Haftungs- und Regressanspruch gemäss
Abs. 1 geltend zu machen hat, beziehen sich doch die Absätze 2 und 3 auf den
davon zu unterscheidenden Rückerstattungsanspruch bei unrechtmässiger
Leistungsausrichtung. Es liegt eine echte Gesetzeslücke vor. Denn es fehlen
jegliche Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Gesetzgeber bei den
Forderungen nach Art. 56a Abs. 1 BVG vom allgemeinen Rechtsgrundsatz der
Verjährbarkeit auch öffentlich-rechtlicher Forderungen abweichen wollte (SVR
2006 BVG Nr. 30 S. 116, B 97/05 E. 3). Die Lücke ist nach derjenigen Regel zu
schliessen, die der Richter als Gesetzgeber aufstellen würde (Art. 1 Abs. 2
ZGB). Das Bundesgericht hatte bisher nicht zu entscheiden, welche Frist
anwendbar ist; in E. 4 des Urteils B 97/05 hat es immerhin ausgeführt, es sei
nicht eine ein- oder zweijährige, sondern eine fünf- oder zehnjährige Frist
massgebend. Ebenso wenig hatte es sich bisher dazu zu äussern, wann die
Verjährungsfrist beginnt. Vorliegend sind die Fragen nach Beginn und Dauer der
Verjährungsfrist entscheiderheblich und zu beantworten.

5.4 Nach Auffassung der Vorinstanz beginnt die Verjährungsfrist mit der
Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung, weil die Leistungspflicht des
Sicherheitsfonds an diese anknüpfe. Von einer Zahlungsunfähigkeit sei
spätestens mit der aufsichtsrechtlichen Auflösung der Vorsorgeeinrichtung
auszugehen. Das kann nicht überzeugen: Die Zahlungsunfähigkeit der
Vorsorgeeinrichtung ist zwar notwendige Voraussetzung für die Leistungspflicht
des Sicherheitsfonds (Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG). Dessen Rückgriffsrecht knüpft
aber nicht bereits an die Zahlungsunfähigkeit an, sondern erst an die
Sicherstellung von Leistungen (Art. 56a Abs. 1 BVG). Mit der
Zahlungsunfähigkeit steht noch nicht fest, ob und in welchem Umfang der
Sicherheitsfonds überhaupt Leistungen sicherzustellen haben wird. Dazu ist
zunächst ein Antrag der zahlungsunfähig gewordenen Vorsorgeeinrichtung
erforderlich (Art. 24 der Verordnung vom 22. Juni 1998 über den
Sicherheitsfonds BVG [SFV; SR 831.432.1]), worauf der Sicherheitsfonds seine
Leistungspflicht prüft und gegebenenfalls Leistungen erbringt oder Vorschüsse
bezahlt (Art. 26 SFV). Den Fristbeginn auf den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit
der Vorsorgeeinrichtung festzusetzen, hätte zur Folge, dass die Verjährung
bereits läuft, obwohl der Anspruch noch gar nicht besteht. Die Verjährungsfrist
kann deshalb jedenfalls unter der bis 31. Dezember 2004 massgebenden Rechtslage
erst mit der Leistung des Sicherheitsfonds zu laufen beginnen.
BGE 135 V 163 S. 170

5.5 Für die Dauer der Verjährungsfrist hat die Vorinstanz auf die zehnjährige
Frist gemäss BGE 131 V 55 in Verbindung mit Art. 127 OR hingewiesen. Die
angemessene Dauer einer Verjährungsfrist kann jedoch nicht unabhängig von der
Frage des Fristbeginnes festgelegt werden. In BGE 131 V 55 hat das frühere
Eidg. Versicherungsgericht zwar für die Ansprüche nach Art. 52 BVG die
zehnjährige Frist gemäss Art. 127 OR als anwendbar erachtet, aber zugleich den
Beginn der Frist auf die Aufgabe der Organstellung festgesetzt und es
ausdrücklich abgelehnt, die Frist mit dem Eintritt des Schadens beginnen zu
lassen, da sich der Schaden unter Umständen viel später verwirklicht, wenn das
in Pflicht genommene Organ längst aus dem Stiftungsrat ausgetreten ist (BGE 131
V 55 E. 3.2.2 S. 58 f.). Der Zeitpunkt des hier massgeblichen Fristbeginns
(Erbringung der Leistungen durch den Sicherheitsfonds, vorne E. 5.4) kann
ebenfalls bedeutend später liegen als das anspruchsbegründende Verhalten. Würde
nun auch für den Anspruch nach Art. 56a Abs. 1 BVG eine zehnjährige
Verjährungsfrist angenommen, so könnten die Schuldner unter Umständen noch viel
später in Anspruch genommen werden als nach Ablauf der zehn Jahre seit der
Beendigung der schädigenden Handlung, welche Frist sowohl die Rechtsprechung
als auch der Gesetzgeber (Art. 52 Abs. 2 BVG in der Fassung gemäss 1.
BVG-Revision, in Kraft seit 1. Januar 2005) maximal festgelegt haben. Dies
spricht dafür, eine kürzere als die zehnjährige Frist anzunehmen. Es verhält
sich ähnlich wie bei der Haftung nach Art. 52 AHVG: Auch dort gilt eine
fünfjährige Verjährungsfrist ab Eintritt des Schadens (Art. 52 Abs. 3 Satz 1
AHVG), worunter der Zeitpunkt zu verstehen ist, ab welchem die Ausgleichskasse
die Beiträge infolge Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht mehr im
ordentlichen Verfahren geltend machen kann (Hinweise bei MARCO REICHMUTH, Die
Haftung des Arbeitgebers und seiner Organe nach Art. 52 AHVG, 2008, S. 86 ff.,
206). Auch der Sicherheitsfonds hat Kenntnis von seinem Schaden, sobald er
Zahlungen geleistet hat. Es ist ihm ohne weiteres zumutbar, innert fünf Jahren
seit diesem Zeitpunkt Klage zu erheben. In Analogie zu Art. 52 Abs. 3 AHVG ist
somit eine fünfjährige Verjährungsfrist ab diesem Zeitpunkt anzunehmen (ebenso
KRISTIN M. LÜÖND, Der Sicherheitsfonds BVG, 2004, S. 107, sowie Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 27. September 2000 E. 4, in:
Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide [LGVE] 2000 II Nr. 40 S. 303).
BGE 135 V 163 S. 171

5.6 Es stellt sich die Frage, ob die Frist mit jeder einzelnen oder gesamthaft
mit der letzten Zahlung des Sicherheitsfonds zu laufen beginnt (so zit.
Luzerner Entscheid E. 4e S. 307 f.). Zur Beantwortung der Frage ist zu
beachten, dass der Sicherheitsfonds bis zum Abschluss des Liquidations- oder
Konkursverfahrens Vorschüsse leisten kann (Art. 26 Abs. 1 Satz 2 SFV), was
möglicherweise während längerer Zeit der Fall sein kann. Dabei stehen
gegensätzliche Interessen in Widerstreit: Einerseits kann dem Sicherheitsfonds
kaum zugemutet werden, für jeden einzelnen Teilbetrag seine Forderung separat
geltend zu machen. Andererseits wäre es für die Belangten stossend, wenn sie
nach unter Umständen langer Zeit für den ganzen Betrag noch in Anspruch
genommen werden könnten, bloss weil möglicherweise mit grosser Verzögerung noch
eine geringfügige Restzahlung geleistet worden ist. Eine endgültige Antwort auf
diese Frage braucht vorliegend aus folgenden Gründen nicht gegeben zu werden:

5.7 Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Klage vom 30. März 2006 ausgeführt, sie
habe "bis heute" gemäss Art. 56 BVG Vorsorgeleistungen im Umfang von 62,5 Mio.
Franken sichergestellt; dies sei ihr Schaden im Sinne von Art. 56a BVG. Wie aus
den Klagebeilagen hervorgeht, wurde dieser Betrag bereits mit
Nachtragsverfügung vom 12. Oktober 1998 zugesprochen, wobei die letzte Tranche
von 12,5 Mio. Franken am 12. Oktober 1998 ausbezahlt wurde. Auch in der
Beschwerde ans Bundesgericht bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe die
letzte Vorschussleistung am 12. Oktober 1998 erbracht, und geht selber davon
aus, dass dieses Datum für den Beginn der Verjährungsfrist entscheidend sei.
Auch wenn die Liquidation der Sammelstiftung X. bisher noch nicht abgeschlossen
ist und möglicherweise in Zukunft noch weitere Sicherstellungen anfallen
könnten, kann jedenfalls bei einem solch langen Unterbruch nicht angenommen
werden, dass die Verjährungsfrist erst mit dem endgültigem Abschluss der
Liquidation zu laufen beginnt. Die fünfjährige (vorne E. 5.5) Verjährungsfrist
hat somit jedenfalls in Bezug auf den geltend gemachten Betrag von 62,5 Mio.
Franken am 13. Oktober 1998 zu laufen begonnen und war demnach bei Ausstellung
der Verjährungsverzichtserklärung vom 17. März 2004 abgelaufen.

6. Insgesamt ergibt sich, dass die auf Art. 56a BVG gestützten Ansprüche der
Beschwerdeführerin gegen den Beschwerdegegner jedenfalls im Umfang des per 12.
Oktober 1998 verfügten Betrags
BGE 135 V 163 S. 172
von 62,5 Mio. Franken verjährt sind, dass aber in Bezug auf die auf Art. 52 BVG
gestützten Ansprüche die Verjährung nicht eingetreten ist, soweit - was bisher
nicht geprüft wurde - die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin zu bejahen
ist. Die Sache geht an die Vorinstanz zurück, damit sie das Verfahren
weiterführe.