Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 135 V 134



Urteilskopf

135 V 134

18. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. S. gegen
Fürsorgebehörde Y. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
8C_97/2008 vom 29. Januar 2009

Regeste

Art. 49 Abs. 1 BV; Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG; Art. 310 in Verbindung mit Art.
315 Abs. 1 ZGB; § 15 Abs. 2 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Zürich vom 14.
Juni 1981 (SHG); § 19 Abs. 3 und § 20 Abs. 1 der Verordnung vom 21. Oktober
1981 zum SHG (SHV). Die Sozialhilfebehörde ist an den (bundesrechtskonform
gefällten) Entscheid der zuständigen Vormundschaftsbehörde zur Unterbringung
eines unmündigen Kindes in einem Heim gebunden. Sie kann gestützt auf
kantonalrechtliche Sozialhilfebestimmungen die Übernahme der Kosten der
angeordneten Massnahme nicht verweigern (E. 3 und 4).

Sachverhalt ab Seite 135

BGE 135 V 134 S. 135

A. S., geboren 1993, wurde mit Beschluss vom 16. Dezember 1997 der elterlichen
Obhut ihrer von ihrem Ehemann getrennt lebenden Mutter entzogen und im Heim A./
ZH untergebracht, wo sie bis zum 14. Juli 2006 verblieb. Als Anschlusslösung
empfahl das Heim A. den Eintritt in das Internat B./BE, was sowohl von S. als
auch ihrer Mutter begrüsst wurde. Ihre Mutter war am 26. April 2000 von Y./ZH
nach Z./TG umgezogen. In der Folge wechselte sie mehrmals ihren Wohnort in den
Kantonen Thurgau und Appenzell Ausserrhoden, bis sie am 1. Juni 2005 bis auf
Weiteres Wohnsitz in X./TG nahm.
Da gegen den Lebenspartner ihrer Mutter und Vater ihres Halbbruders
strafrechtliche Ermittlungen liefen, ersuchte die Vormundschaftsbehörde Y. die
Vormundschaftsbehörde X. am 23. Februar 2006 um Übernahme der
Kindesschutzmassnahmen sowie um Errichtung einer Vertretungsbeistandschaft für
S. Am 25. April 2006 berichtete die Vormundschaftsbehörde X., die
Vertretungsbeistandschaft sei errichtet worden und man sei mit der
Weiterführung der Kindesschutzmassnahmen einverstanden. Die Übertragung an die
Vormundschaftsbehörde X. erfolgte mit Beschluss vom 11. September 2006.
In der Zwischenzeit war S. auf Anweisung ihrer Beiständin am 3. September 2006
im Heim C./ZH untergebracht worden. Mit Schreiben vom 18. Januar 2007 teilte
die Vormundschaftsbehörde X. der Fürsorgebehörde Y. mit, gemäss Beschluss vom
16. November 2006 sei S. per 4. Dezember 2006 im Internat B. untergebracht
worden, und ersuchte um Kostengutsprache. Die Fürsorgebehörde Y. lehnte am 16.
Februar 2007 jegliche Kostenübernahme ab, da es nicht Aufgabe der Sozialhilfe
sei, Privatschulen zu subventionieren, S. in C. bestens untergebracht gewesen
sei und kein Grund für eine Umplatzierung vorgelegen habe. Zudem habe die
Vormundschaftsbehörde X. die "erforderliche Mitwirkung der Stadt Y. ... nicht
eingeholt". Mit Beschluss vom 29. März 2007 bestätigte die Fürsorgebehörde Y.
die Ablehnung des Gesuches. Der Bezirksrat wies den hiegegen erhobenen Rekurs
mit Entscheid vom 13. Juli 2007 ab.

B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 6. Dezember 2007 ab.
BGE 135 V 134 S. 136

C. S. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem
Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die
Kostengutsprache für ihre Platzierung im Internat B. rückwirkend per 6.
Dezember 2006 zu erteilen. Eventualiter sei die Fürsorgebehörde Y. anzuweisen,
diese Kostengutsprache rückwirkend per 6. Dezember 2006 zu erteilen.
Subeventualiter sei die Vorinstanz zu verpflichten, die Fürsorgebehörde Y.
anzuweisen, diese Kostengutsprache rückwirkend per 6. Dezember 2006 zu
erteilen. Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit
darauf einzutreten sei. Die Fürsorgebehörde Y. beantragt Abweisung der
Beschwerde.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin ihren zivilrechtlichen
Wohnsitz in X. hat, ihr Unterstützungswohnsitz aber in Y. liegt (Art. 7 Abs. 3
lit. c des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die
Unterstützung Bedürftiger [ZUG; SR 851.1]). Demnach liegt die eher unübliche
Konstellation vor, in welcher zivil- und sozialhilferechtlicher Wohnsitz nicht
zusammenfallen. Es ist denn auch nicht die Frage des Kostenersatzes nach ZUG
streitig. Zu entscheiden ist vielmehr, ob die Beschwerdegegnerin als zuständige
Behörde am Unterstützungswohnsitz für die Kosten der Umplatzierung vom Heim C.
ins Internat B. gestützt auf den Beschluss der Vormundschaftsbehörde X. vom 16.
November 2006 aufzukommen hat. Es geht somit um den Anspruch der
Beschwerdeführerin auf Übernahme der Kosten des Internats B. gemäss kantonalem
Sozialhilferecht.

2.2 Nach Art. 308 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 310 Abs. 2 ZGB wird die
unmündige Beschwerdeführerin nicht durch ihre Eltern resp. die Mutter
vertreten, sondern durch ihre Beiständin (Übertragung der Beistandschaft an X.
gemäss Beschluss der Vormundschaftsbehörde Y. vom 11. September 2006). Diese
wiederum benötigt für die Führung eines Prozesses die Zustimmung der
Vormundschaftsbehörden (Art. 421 Ziff. 8 in Verbindung mit Art. 367 Abs. 3
ZGB). Dabei handelt es sich nach der Lehre lediglich um eine Zustimmung, nicht
jedoch um eine Vertretung durch die Vormundschaftsbehörde; d.h. der Vormund
(resp. die Beiständin) führen den Prozess nach Einholung der Zustimmung selbst
(PHILIPPE MEIER, Le consentement
BGE 135 V 134 S. 137
des autorités de tutelle aux actes du tuteur, 1994, S. 91, 169 und 391 ff.;
THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 3. Aufl. 2006, N.
2 zu Art. 421/422 ZGB).
Sowohl im Verwaltungsverfahren als auch vor Vorinstanz hat die
Vormundschaftsbehörde X. den Prozess geführt. Die Frage nach der Ermächtigung
zur Prozessführung durch die Beiständin ist nie gestellt worden. Angesichts der
Sach- und Aktenlage ist jedoch von ihrer (stillschweigenden) Zustimmung zur
Prozessführung der Vormundschaftsbehörde auszugehen. Dasselbe gilt für das
vorliegende Verfahren.

3. Die Beschwerdegegnerin macht geltend, ihr rechtliches Gehör sei verletzt
worden, da "die für eine Umplatzierung übliche Mitwirkung der
fürsorgeunterstützungsrechtlich verantwortlichen Stadt Y. nicht eingeholt"
worden sei. Diese formelle Rüge ist vorweg zu prüfen.

3.1 Nach Art. 310 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 315 Abs. 1 ZGB hat die
Vormundschaftsbehörde am Wohnort des Kindes über dessen Unterbringung zu
entscheiden, wenn seiner Gefährdung nicht anders begegnet werden kann und das
Verhältnis zwischen Eltern und Kind so schwer gestört ist, dass sein Verbleiben
in deren Haushalt unzumutbar geworden ist. Sie hat ihren Entscheid über eine
allfällige (Um-)Platzierung alleine am Kindeswohl auszurichten (vgl. dazu PETER
BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 16 zu Art. 310 ZGB; YVO
BIDERBOST, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Amstutz und andere
[Hrsg.], 2007, N. 1 ff. zu Art. 310 ZGB, sowie CHRISTOPH HÄFELI, Die Aufhebung
der elterlichen Obhut nach Art. 310 ZGB, ZVW 2001 S. 111 ff., 117). Der Begriff
des Kindeswohls lässt sich nicht allgemein konkretisieren. Er ist je nach der
sich stellenden Frage (z.B. Neuregelung der elterlichen Sorge, Besuchsrecht,
Adoption) und den konkreten Umständen des Einzelfalls verschieden. Zum Teil
nennt das Gesetz auch nur einen Aspekt des Kindeswohls als Kriterium (z.B.
Interesse des Kindes in Art. 288 Abs. 1 ZGB oder Entwicklung des Kindes in Art.
310 Abs. 3 ZGB). Der Inhalt des Kindeswohls bei Fragen des Kindesschutzes nach
Art. 307 ff. ZGB ist nach objektiven Gesichtspunkten zu eruieren (vgl. zum
Begriff des Kindeswohls KURT AFFOLTER, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 14 f.
zu Art. 405 ZGB; CYRIL HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 5. Aufl. 1999, Rz.
26.04a ff.; ANDREAS BRAUCHLI, Das Kindeswohl als Maxime des Rechts, 1982,
BGE 135 V 134 S. 138
S. 112 ff., 135 ff., 165 f. und 173 ff.; EYLEM COPUR, Gleichgeschlechtliche
Partnerschaft und Kindeswohl, 2008, S. 161 ff., sowie WOLF, Die UNO-Konvention
über die Rechte des Kindes [...], ZBJV 134/1998 S. 113 ff., 118).

3.2 Nach dem Gesagten war im massgebenden Zeitpunkt allein die
Vormundschaftsbehörde X. zuständig, im Rahmen des Kindesschutzes einen
abschliessenden Entscheid über die Unterbringung des Kindes zu fällen. Sie
hatte dabei die beteiligten Personen und Institutionen anzuhören. Die Frage, ob
das rechtliche Gehör der Fürsorgebehörde Y. im Rahmen der Umplatzierung der
Beschwerdeführerin ins Internat B. verletzt worden ist, kann indessen
vorliegend offenbleiben. Sie wäre im Rahmen des vormundschaftlichen Verfahrens
zu beantworten gewesen. Die Fürsorgebehörde Y. hätte ihre Rechte in jenem
Verfahren wahren müssen. Sie hätte nach Kenntnisnahme des Beschlusses der
Vormundschaftsbehörde X. vom 16. November 2006 die formelle Zustellung dieser
Verfügung verlangen und hernach dagegen Beschwerde erheben können. Dies hat sie
jedoch unterlassen. Damit ist der Beschluss vom 16. November 2006 in
Rechtskraft erwachsen.
Da eine Verfügung, welche das rechtliche Gehör verletzt, in der Regel nicht
nichtig, sondern lediglich anfechtbar ist (BGE 129 I 361 E. 2.1 S. 363 mit
Hinweisen; vgl. auch HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5.
Aufl. 2006, Rz. 970), ist im vorliegenden sozialhilferechtlichen Verfahren
nicht weiter auf die Frage der Gehörsverletzung einzugehen, sondern es ist die
Rechtmässigkeit der in Rechtskraft erwachsenen vormundschaftlichen Massnahme
(Unterbringung im Internat B.) festzustellen.
Im vorliegenden Sozialhilfeverfahren kann die Fürsorgebehörde Y. eine
Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht geltend machen. Als verfügende und
damit verfahrensleitende Instanz stand ihr dieser Anspruch jederzeit zu.

4.

4.1 Die Vorinstanz hat ausgeführt, Gesuche um Kostengutsprache seien gemäss §
20 Abs. 1 der Zürcher Verordnung vom 21. Oktober 1981 zum Sozialhilfegesetz
(SHV; LS 851.11) im Voraus einzureichen und nach § 19 Abs. 3 SHV bestehe bei
verspäteter Einreichung des Gesuchs kein Anspruch auf Kostenübernahme. Diese
Grundsätze würden aber nicht absolut gelten, sondern nach kantonaler Praxis
verwirke bei nachträglich oder verspätet eingereichten
BGE 135 V 134 S. 139
Gesuchen der Anspruch auf Sozialhilfe nicht von vornherein; vielmehr habe die
Behörde die tatsächlichen Verhältnisse zu ermitteln und zu prüfen, ob eine
situationsbedingte Leistung in Frage stehe, auf welche die gesuchstellende
Person einen Anspruch besitze. In der Folge sah das kantonale Gericht von
weiteren Sachverhaltsabklärungen jedoch ab und wies die Beschwerde mit der
Begründung ab, es habe keine therapeutische Indikation für den sofortigen
Wechsel vorgelegen und die Vormundschaftsbehörde sei wie jede Behörde, welche
eine hilfesuchende Person vertrete, an § 20 Abs. 1 SHV gebunden. Somit sei sie
von der Einholung einer vorherigen Kostengutsprache nicht entbunden und hätte
der Fürsorgebehörde Y. Gelegenheit zur Einbringung ihrer Argumente und
Mitentscheidung bei der Platzierung geben müssen. Das Zürcher Sozialhilfegesetz
vom 14. Juni 1981 (SHG; LS 851.1) verleihe keinen Anspruch auf Übernahme der
Kosten eines bestimmten Therapie- bzw. Heimplatzes.

4.2 Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, das Mittel der Mitsprache gebe
der Fürsorgebehörde nicht das Recht, rechtmässig gefasste Entscheidungen einer
zuständigen Vormundschaftsbehörde noch einmal zu überprüfen und mittels
Ablehnung der Kostenübernahme gar zu vereiteln. Damit verletze die
Fürsorgebehörde Y. nicht nur ihren Anspruch auf einen geeigneten Heimplatz,
sondern auch die der Vormundschaftsbehörde X. kraft Bundesrecht zustehenden
Kompetenzen. Die Auslegung der Vorinstanz von § 15 Abs. 3 und § 16 Abs. 2 SHG
sowie § 19 Abs. 3 und § 20 Abs. 1 SHV verstosse gegen Bundeszivil- und
-verfassungsrecht (Art. 310 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 315 Abs. 1 ZGB; Art.
9 BV). Gestützt auf die kantonale Praxis, wonach der Anspruch bei verspäteter
Einreichung des Gesuches nicht einfach verwirke, hätte die Vorinstanz das
Vorliegen einer situationsbedingten Leistung, auf welche sie Anspruch habe,
prüfen müssen. Sie habe nach § 15 Abs. 2 SHG Anspruch auf die notwendige
therapeutische Behandlung; da es sich dabei um eine Leistung Dritter im Sinne
von § 16 Abs. 3 SHG handle, habe die Fürsorgebehörde in der Regel Gutsprache zu
erteilen. Das auf kantonalem Recht beruhende Ermessen der Fürsorgebehörde finde
seine Grenzen am übergeordneten Bundesrecht. Die Platzierung der
Beschwerdeführerin stelle eine situationsbedingte Leistung dar, auf welche sie
gemäss den Normen des Kindesschutzes (Art. 307 ff. ZGB), gestützt auf kantonale
Bestimmungen über die Sozialhilfe und gemäss dem Recht auf Hilfe in Notlagen
(Art. 12 BV) einen Anspruch habe.
BGE 135 V 134 S. 140

4.3 Wie bereits in E. 3 dargelegt, ist die Rechtmässigkeit der Unterbringung im
Internat B. nicht zu überprüfen. Denn im Rahmen des sozialhilferechtlichen
Verfahrens ist nicht über die Begründetheit einer vormundschaftlichen Anordnung
zu entscheiden. Zu prüfen ist vielmehr, wer für die Kosten der angeordneten
Massnahme aufzukommen hat. Nachdem die Zuständigkeit der Beschwerdegegnerin als
Fürsorgebehörde am Unterstützungswohnsitz unbestritten ist (E. 2.1), könnte
höchstens gerügt werden, die Unterbringung sei aus sozialhilferechtlicher Sicht
rechtsmissbräuchlich, mit der Folge, dass die Fürsorgebehörde Y. zwar nicht die
Umplatzierung an sich, aber die Übernahme der (anderweitig nicht gedeckten)
Kosten für diese Unterbringung ablehnen könnte.

4.4 Die Beschwerdegegnerin vermag keine Gründe vorzubringen, welche die
Unterbringung der Beschwerdeführerin im Internat B. aus sozialhilferechtlicher
Sicht als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen würden. Dass eine andere
Institution dafür ebenfalls geeignet gewesen wäre, vermag daran nichts zu
ändern. Auch der Vorwurf, die Umplatzierung sei nur aus finanziellen
Überlegungen erfolgt, ist unbehelflich. Aus den Akten ergibt sich vielmehr,
dass der Vorschlag zur Unterbringung im Internat B. vom zuvor zuständigen Heim
ausgegangen ist, welches ihn einlässlich begründet hat. Die Beschwerdeführerin
verweist in diesem Zusammenhang zu Recht auf das Sozialbehörden-Handbuch des
Kantons Zürich, gemäss welchem den Fürsorgebehörden keine Entscheidungsfreiheit
zusteht, wenn die Vormundschaftsbehörde in Anwendung von Bundesrecht
Kindesschutzmassnahmen trifft, sondern die Fürsorgebehörde vielmehr
verpflichtet ist, die Kosten dieser Massnahmen zu tragen (Kapitel 2.3, Ziff.
21.1).

4.5 An diesem Ergebnis ändert auch der Einwand der Beschwerdegegnerin nichts,
das Gesuch sei verspätet im Sinne von § 19 Abs. 3 und § 20 Abs. 1 SHV
eingereicht worden. Denn unter den gegebenen Umständen bedurfte es keiner
vorgängigen Kostengutsprache seitens der Fürsorgebehörde, da kantonale
Verfahrensbestimmungen infolge der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art.
49 Abs. 1 BV) nicht dazu führen dürfen, dass die Umsetzung oder Durchführung
von Bundesrecht verhindert oder übermässig erschwert wird. Für den hier zu
beurteilenden Fall bedeutet dies, dass die Fürsorgebehörde Y. nicht mit dem
Verweis auf die (allfällige) Verspätung der Gesuchseinreichung die Übernahme
der Kosten des Internats B. verweigern kann. Vielmehr hat die
Beschwerdeführerin Anspruch
BGE 135 V 134 S. 141
auf eine ihrer Situation angemessene Betreuung, welche unbestrittenermassen am
besten im Rahmen einer stationären Unterbringung erfolgt. Welche Institution
dem Kindeswohl gerecht wird, liegt, wie in E. 3 dargelegt, nicht im Ermessen
der Beschwerdegegnerin. Somit hat sie als Fürsorgebehörde am
Unterstützungswohnsitz für die Kosten des Internats B. aufzukommen, soweit
diese nicht anderweitig (z.B. IV-Kinderrente, Beitrag der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung) gedeckt sind.