Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 135 IV 76



Urteilskopf

135 IV 76

10. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S.
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen X. und Mitb. (Beschwerde in
Strafsachen)
6B_466/2008 vom 15. Dezember 2008

Regeste

Art. 146 Abs. 1 StGB; Anlagebetrug. Die aggressive mündliche Vermittlung von
Aktienoptionen unter Verschleierung der von den Kunden tatsächlich erhobenen
Kommissionen durch Telefonverkäufer, welche von den vermittelten Geschäften
weitgehend nichts verstanden und über die Kommissionsstruktur selber im Irrtum
waren, erfüllt den Tatbestand des Betruges. Dass die Opfer nachträglich
aufgrund korrekt erstellter Abrechnungen die Höhe der Kommissionen hätten
erkennen können, schliesst Arglist nicht aus (E. 5.3).

Sachverhalt ab Seite 76

BGE 135 IV 76 S. 76
Das Bezirksgericht Zürich erklärte mit Urteil vom 1. September 2005 schuldig:
1. X. des gewerbsmässigen Betruges im Sinne von Art. 146 Abs. 1 und 2 StGB, der
Geldwäscherei im Sinne von Art. 305^bis Ziff. 1
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StGB, des Vergehens gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb im
Sinne von Art. 23 i.V. mit Art. 3 lit. a UWG sowie des wirtschaftlichen
Nachrichtendienstes im Sinne von Art. 273 Abs. 1 StGB;
2. Y. des gewerbsmässigen Betruges im Sinne von Art. 146 Abs. 1 und 2 StGB, der
Geldwäscherei im Sinne von Art. 305^bis Ziff. 1 StGB, des Vergehens gegen das
Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb im Sinne von Art. 23 i.V. mit Art.
3 lit. a UWG sowie des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes im Sinne von Art.
273 Abs. 1 StGB;
3. Z. des gewerbsmässigen Betruges im Sinne von Art. 146 Abs. 1 und 2 StGB
sowie der Geldwäscherei im Sinne von Art. 305^bis Ziff. 1 StGB
und verurteilte:
1. X. zu zwei Jahren, elf Monaten und 23 Tagen Zuchthaus, teilweise als
Zusatzstrafe zum Strafbefehl des Bezirksamts Brugg vom 25. Mai 1999;
2. Y. zu drei Jahren Zuchthaus;
3. Z. zu einem Jahr, elf Monaten und 23 Tagen Zuchthaus, teilweise als
Zusatzstrafe zum Urteil des Amtsgerichtes Düsseldorf vom 13. Oktober 1999 sowie
zum Strafbescheid des Untersuchungsamtes Altstetten vom 3. März 2004.
Von der Ausfällung einer Ersatzforderung sah es ab. Mit Nachtragsurteil vom 2.
März 2006 zum Urteil und den Beschlüssen vom 1. September 2005 entschied das
Bezirksgericht Zürich über die geltend gemachten Schadenersatz- und
Genugtuungsansprüche der Geschädigten.
Auf Appellation der Beurteilten sowie zwei der Geschädigten hin sprach das
Obergericht des Kantons Zürich X., Y. und Z. mit Urteil vom 19. Dezember 2007
von der Anklage des gewerbsmässigen Betruges im Sinne von Art. 146 Abs. 1 und 2
StGB (evtl. der mehrfachen ungetreuen Geschäftsbesorgung im Sinne von Art. 158
Ziff. 1 StGB) sowie der Geldwäscherei im Sinne von Art. 305^bis Ziff. 1 StGB
frei. Die gegen X. und Y. ausgesprochenen Schuldsprüche wegen Vergehens gegen
das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb im Sinne von Art. 23 i.V. mit
Art. 3 lit. a UWG sowie wegen wirtschaftlichen Nachrichtendienstes im Sinne von
Art. 273 Abs. 1 StGB bestätigte es und verurteilte X. zu einer Geldstrafe von
100 Tagessätzen zu Fr. 100.- (unbedingt) und Y. zu einer Geldstrafe von 90
Tagessätzen zu Fr. 100.-, mit bedingtem Strafvollzug bei einer Probezeit von
zwei Jahren. Das Schadenersatzbegehren der Geschädigten B. AG verwies es
vollumfänglich auf den Weg des ordentlichen Zivilprozesses. Auf die
Zivilforderungen der übrigen Geschädigten trat es nicht ein.
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Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt Beschwerde an das
Bundesgericht, mit der sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben,
und es seien X., Y. und Z. des gewerbsmässigen Betruges im Sinne von Art. 146
Abs. 1 und 2 sowie der Geldwäscherei im Sinne von Art. 305^bis Ziff. 1 StGB
schuldig zu sprechen und entsprechend dem bezirksgerichtlichen Urteil zu
bestrafen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Vernehmlassung verzichtet. Y. und Z.
beantragen in ihren Vernehmlassungen, es sei auf die Beschwerde nicht
einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen und das angefochtene Urteil zu
bestätigen. X. hat sich innert der ihm mit Eröffnung im Bundesblatt
mitgeteilten Frist nicht vernehmen lassen.
Mit Verfügungen vom 24. September und vom 14. Oktober 2008 hat die
Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts Y. und Z. die unentgeltliche
Rechtspflege gewährt.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

5.

5.1 Gemäss Art. 146 Abs. 1 StGB macht sich des Betruges u.a. schuldig, wer in
der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch
Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt und so den
Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen
andern am Vermögen schädigt.
Angriffsmittel beim Betrug ist die Täuschung des Opfers. Als Täuschung gilt
jedes Verhalten, das darauf gerichtet ist, bei einem andern eine von der
Wirklichkeit abweichende Vorstellung hervorzurufen. Sie ist eine unrichtige
Erklärung über Tatsachen, d.h. über objektiv feststehende, vergangene oder
gegenwärtige Geschehnisse oder Zustände. Zukünftige Ereignisse sind, soweit sie
jedenfalls ungewiss sind, keine Tatsachen. Wer Äusserungen oder Prognosen über
künftige Vorgänge macht, täuscht somit nicht, auch wenn sie unwahr sind, d.h.
nicht seiner wirklichen Überzeugung entsprechen. Prognosen können aber in Bezug
auf die vom Täter zugrunde gelegten gegenwärtigen Verhältnisse
(Prognosegrundlage) eine Täuschung darstellen. Massgebend ist, ob die Äusserung
ihrem objektiven Sinngehalt nach einen Tatsachenkern enthält. Äusserungen
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oder Prognosen über künftige Vorgänge können zu einer Täuschung führen, wenn
sie innere Tatsachen wiedergeben. Die Zukunftserwartung kann mithin als
gegenwärtige innere Tatsache täuschungsrelevant sein (vgl. BGE 119 IV 210 E. 3b
mit Hinweis; STRATENWERTH/JENNY, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil,
Bd. I, 6. Aufl. 2003, § 15 N. 7 ff.; GUNTHER ARZT, in: Basler Kommentar,
Strafrecht, Bd. II, 2. Aufl. 2007, N. 32 ff. zu Art. 146 StGB; SCHÖNKE/SCHRÖDER
/CRAMER/PERRON, Strafgesetzbuch, Kommentar, 27. Aufl. 2006, N. 9 f. zu § 263
dStGB).

5.2 Die Erfüllung des Tatbestandes erfordert eine arglistige Täuschung.
Betrügerisches Verhalten ist strafrechtlich erst relevant, wenn der Täter mit
einer gewissen Raffinesse oder Durchtriebenheit täuscht. Ob die Täuschung
arglistig ist, hängt indes nicht davon ab, ob sie gelingt. Aus dem Umstand,
dass das Opfer der Täuschung nicht erliegt, lässt sich nicht ableiten, diese
sei notwendigerweise nicht arglistig. Wesentlich ist, ob die Täuschung in einer
hypothetischen Prüfung unter Einbezug der dem Opfer nach Wissen des Täters zur
Verfügung stehenden Selbstschutzmöglichkeiten als nicht oder nur erschwert
durchschaubar erscheint (URSULA CASSANI, Der Begriff der arglistigen Täuschung
als kriminalpolitische Herausforderung, ZStrR 117/1999 S. 164; WILLI WISMER,
Das Tatbestandselement der Arglist beim Betrug, 1988, S. 117).
Der Tatbestand des Betruges fusst auf dem Gedanken, dass nicht jegliches
täuschende Verhalten im Geschäftsverkehr strafrechtliche Folgen nach sich
ziehen soll. Dem Merkmal der Arglist kommt mithin die Funktion zu, legitimes
Gewinnstreben durch Ausnutzung von Informationsvorsprüngen von der
strafrechtlich relevanten verbotenen Täuschung abzugrenzen und den
Betrugstatbestand insoweit einzuschränken (vgl. zum geschichtlichen Hintergrund
der Grenzziehung ARZT, a.a.O., N. 1 ff., 13 zu Art. 146 StGB; KLAUS Tiedemann,
in: Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, Bd. VI, 11. Aufl. 2005, N. 34 ff. vor
§ 263 dStGB; MANFRED ELLMER, Betrug und Opfermitverantwortung, Berlin 1986, S.
31 ff., 214 f.). Dies geschieht einerseits durch das Erfordernis einer
qualifizierten Täuschungshandlung. Aus Art und Intensität der angewendeten
Täuschungsmittel muss sich eine erhöhte Gefährlichkeit ergeben (betrügerische
Machenschaften, Lügengebäude). Einfache Lügen, plumpe Tricks oder leicht
überprüfbare falsche Angaben genügen demnach nicht. Andererseits erfolgt die
Eingrenzung über die Berücksichtigung der Eigenverantwortlichkeit des Opfers.
Danach ist
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ausgehend vom Charakter des Betrugs als Beziehungsdelikt, bei welchem der Täter
auf die Vorstellung des Opfers einwirkt und dieses veranlasst, sich selbst
durch die Vornahme einer Vermögensverfügung zugunsten des Täters oder eines
Dritten zu schädigen, zu prüfen, ob das Opfer den Irrtum bei Inanspruchnahme
der ihm zur Verfügung stehenden Selbstschutzmöglichkeiten hätte vermeiden
können.
Diesen Gedanken hat die bundesgerichtliche Rechtsprechung schon früh in die
Formel gefasst, dass den Strafrichter nicht anrufen soll, wer allzu
leichtgläubig auf ein Lüge hereinfällt, wo er sich mit einem Mindestmass an
Aufmerksamkeit durch Überprüfung der falschen Angaben selbst hätte schützen
können (BGE 72 IV 126 E. 1), bzw. wer den Irrtum durch ein Minimum zumutbarer
Vorsicht hätte vermeiden können (BGE 99 IV 75 E. 4 a.E.). Ein Täter, der nicht
die mangelnden Geisteskräfte, sondern den offensichtlichen Leichtsinn des
Opfers zur Irreführung missbraucht, erscheine nicht strafwürdiger als
derjenige, der durch eine einfache Lüge zum Ziele gelangt (BGE 99 IV 75 E. 4
a.E.; vgl. BOMMER/VENETZ, Die Anfänge der bundesgerichtlichen Praxis zum
Arglistmerkmal beim Betrug, in: Gericht und Kodifikation, Luminati/Linder
[Hrsg.], 2007, S. 170 ff.). In diesem Sinne hat das Bundesgericht erkannt, bei
der Beantwortung der Frage, ob Arglist gegeben sei, sei auch der Gesichtspunkt
der Opfermitverantwortung zu berücksichtigen (BGE 120 IV 186 E. 1a).
Bei der Berücksichtigung der Opfermitverantwortung ist allerdings nicht
aufgrund einer rein objektiven Betrachtungsweise darauf abzustellen, wie ein
durchschnittlich vorsichtiger und erfahrener Dritter auf die Täuschung reagiert
hätte. Das Mass der vom Opfer erwarteten Aufmerksamkeit richtet sich vielmehr
nach einem individuellen Massstab. Es kommt mithin auf die Lage und
Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im Einzelfall an. Namentlich ist auf
geistesschwache, unerfahrene oder auf Grund von Alter oder Krankheit
beeinträchtigte Opfer oder auf solche, die sich in einem Abhängigkeits- oder
Unterordnungsverhältnis oder in einer Notlage befinden, und deshalb kaum im
Stande sind, dem Täter zu misstrauen, Rücksicht zu nehmen. Der Leichtsinn oder
die Einfalt des Opfers mögen dem Täter bei solchen Opfern die Tat erleichtern,
auf der anderen Seite handelt dieser hier aber besonders verwerflich, weil er
das ihm entgegengebrachte - wenn auch allenfalls blinde - Vertrauen missbraucht
(TIEDEMANN, a.a.O., N. 38 vor § 263 dStGB). Auf der anderen
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Seite sind die allfällige besondere Fachkenntnis und Geschäftserfahrung des
Opfers in Rechnung zu stellen, wie sie etwa im Rahmen von Kreditvergaben Banken
beigemessen wird (vgl. BGE 119 IV 28 E. 3f).
Auch unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Eigenverantwortlichkeit des
Betroffenen erfordert die Erfüllung des Tatbestands indes nicht, dass das
Täuschungsopfer die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle erdenklichen
ihm zur Verfügung stehenden Vorkehren trifft. Arglist scheidet lediglich aus,
wenn es die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet. Entsprechend
entfällt der strafrechtliche Schutz nicht bei jeder Fahrlässigkeit des Opfers,
sondern nur bei Leichtfertigkeit, welche das betrügerische Verhalten des Täters
in den Hintergrund treten lässt (BGE 128 IV 18 E. 3a; BGE 126 IV 165 E. 2a; BGE
122 IV 146 E. 3a mit Hinweisen). Die zum Ausschluss der Strafbarkeit des
Täuschenden führende Opferverantwortung kann daher nur in Ausnahmefällen bejaht
werden (Urteile des Bundesgerichts 6S.168/2006 vom 6. November 2006 E. 1.2 und
6S.167/2006 vom 1. Februar 2007 E. 3.4, beide zit. bei JÜRG-BEAT Ackermann,
Wirtschaftsstrafrechts-Report 2005-2007, Aktuelle Rechtsprechung, in: Aktuelle
Anwaltspraxis 2007, S. 829 ff.).
Arglist wird nach all dem - soweit das Opfer sich mithin nicht in
leichtfertiger Weise seiner Selbstschutzmöglichkeiten begibt - in ständiger
Rechtsprechung bejaht, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude errichtet (BGE
119 IV 28 E. 3c) oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe (manoeuvres
frauduleuses; mise en scène; BGE 133 IV 256 E. 4.4.3; BGE 132 IV 20 E. 5.4 mit
Hinweisen) bedient. Ein Lügengebäude liegt vor, wenn mehrere Lügen derart
raffiniert aufeinander abgestimmt sind und von besonderer Hinterhältigkeit
zeugen, dass sich selbst ein kritisches Opfer täuschen lässt (BGE 119 IV 28 E.
3c). Als besondere Machenschaften (machinations) gelten Erfindungen und
Vorkehren sowie das Ausnützen von Begebenheiten, die allein oder gestützt durch
Lügen oder Kniffe geeignet sind, das Opfer irrezuführen. Es sind eigentliche
Inszenierungen, die durch intensive, planmässige und systematische Vorkehren,
nicht aber notwendigerweise durch eine besondere tatsächliche oder
intellektuelle Komplexität gekennzeichnet sind (BGE 122 IV 197 E. 3d).
Arglist wird aber auch schon bei einfachen falschen Angaben bejaht, wenn deren
Überprüfung nicht oder nur mit besonderer Mühe
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möglich oder nicht zumutbar ist, und wenn der Täter das Opfer von der möglichen
Überprüfung abhält oder nach den Umständen voraussieht, dass dieses die
Überprüfung der Angaben auf Grund eines besonderen Vertrauensverhältnisses
unterlassen werde (BGE 128 IV 18 E. 3a; BGE 126 IV 165 E. 2a; BGE 125 IV 124 E.
3; BGE 122 IV 246 E. 3a).
Der Gesichtspunkt der Überprüfbarkeit der falschen Angaben erlangt nach der
neueren Rechtsprechung auch bei einem Lügengebäude oder bei betrügerischen
Machenschaften Bedeutung (BGE 126 IV 165 E. 2a ). Auch in diesen Fällen ist das
Täuschungsopfer somit zu einem Mindestmass an Aufmerksamkeit verpflichtet und
scheidet Arglist aus, wenn es die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht
beachtet hat.

5.3 Die Geschäftstätigkeit der Beschwerdegegner bestand in der Vermittlung von
Optionen an eine Vielzahl von Kunden. Das Optionsgeschäft ist ein bedingtes
Termingeschäft, dem ein starkes spekulatives Element eigen ist. Gewinn und
Verlustchancen hängen von der Höhe der zu leistenden Prämie und der Kommission
ab (vgl. im Einzelnen Urteil des Bundesgerichts 6P.133/2005 vom 7. Juni 2006 E.
15.4.1 mit Hinweisen).
Im zu beurteilenden Fall steht fest, dass die akquirierten Gelder über
Executing Broker und Brokergesellschaften tatsächlich in Optionsgeschäfte
investiert worden sind. Den Beschwerdegegnern wird vorgeworfen, sie hätten die
von ihren Mitarbeitern angeworbenen Kunden durch die aufsässige und auf
Zermürbung angelegte Strategie unter Beschönigung der Verlustrisiken und
Vertuschung der tatsächlich erhobenen massiven Kommissionen so lange
bearbeitet, bis sie sich zu einer ersten und anschliessend zu weiteren
Investitionen entschlossen hätten. Dieses Vorgehen wertet die Vorinstanz zu
Recht grundsätzlich als arglistige Täuschung. Sie erachtet indes den Tatbestand
des Betruges in Bezug auf die elf als Zeugen einvernommenen Geschädigten nicht
als erfüllt. Diese seien nicht schutzwürdig, weil sie aufgrund der ihnen
zugestellten Abrechnungen und Transaktionsbestätigungen hätten erkennen müssen,
dass ihnen viel höhere Kommissionen belastet worden sind, als ihnen von den
Verkäufern vorgegaukelt worden sei. Diese Auffassung verletzt Bundesrecht.
Es mag zutreffen, dass sich im Rahmen von spekulativen Geschäften die Frage
stellt, ob eine besondere Schutzwürdigkeit des Opfers besteht, wenn der Täter
den Leichtsinn oder die Risikofreudigkeit
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des Opfers oder seine Gewinnsucht oder Habgier ausnützt. Skrupelloses
deliktisches Ausnützen der allfälligen Leichtgläubigkeit und des fehlenden
Fachwissens anderer Personen lässt sich indes nicht unter dem Gesichtspunkt der
wirtschaftlichen Eigenverantwortlichkeit der Anleger rechtfertigen (vgl. SARA
CIMAROLLI, Anlagebetrug, 2000, S. 186 f.). Wie die Vorinstanz zu Recht
feststellt, verlieren Investoren, die sich bewusst auf Spekulationsgeschäfte
einlassen, den strafrechtlichen Schutz nicht, sofern ihnen jedenfalls das
Ausmass der mit der Investition verbundenen Risiken aufgrund der raffinierten
Täuschungen mittels falscher Werbeunterlagen und wahrheitswidriger mündlicher
Angaben verborgen bleibt. Ausserdem führt nicht jedes erheblich naive Verhalten
des Opfers zur Verneinung der Arglist und zur Straflosigkeit des Täters. Denn
das Strafrecht schützt, wie das Bundesgericht in einem Betrugsfall im Rahmen
eines Schneeballsystems festgehalten hat, auch unerfahrene, vertrauensselige
oder von Gewinnaussichten motivierte Personen vor betrügerischen Machenschaften
(Urteil des Bundesgerichts 6P.172/ 2000 vom 14. Mai 2001 E. 8; vgl. auch Urteil
des Bundesgerichts 6S.168/2006 vom 6. November 2006 E. 1.2). Das Strafrecht
darf diese nicht der Gefahr aussetzen, von skrupellosen Geschäftemachern
straflos hereingelegt zu werden (Urteil des Bundesgerichts 6S.168/2006 vom 6.
November 2006 E. 1.2).
Arglist ist im zu beurteilenden Fall zunächst uneingeschränkt für die Phase der
durch die Mitarbeiter des sog. "Opening" angebahnten Erstkontakte zu den Kunden
bis hin zum ersten Geschäftsabschluss zu bejahen. Die Arglist der Täuschung
über die Kommissionsstruktur ergibt sich hier zwanglos aus der Tatsache, dass
die Telefonverkäufer dieser Abteilung, die im Übrigen von den vermittelten
Optionsgeschäften weitgehend nichts verstanden, über die Höhe der tatsächlich
erhobenen Kommissionen nicht im Bilde waren und fälschlicherweise selbst
glaubten, den Kunden würde lediglich eine Beteiligung am erzielten Gewinn und
allenfalls zusätzlich eine einmalige Gebühr belastet. Die Angaben waren für die
kontaktierten Personen daher gar nicht überprüfbar. Zutreffend leitet die erste
Instanz aus diesem Umstand ab, die Beschwerdegegner hätten gar nie eine seriöse
Beratung und Information der potentiellen Anleger beabsichtigt. Die Arglist
ergibt sich hier darüberhinaus auch schon aus der durchtriebenen betrügerischen
Inszenierung einer angeblich seriösen Handelstätigkeit mit derivativen
Finanzinstrumenten (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6P.133/2005 vom 7. Juni
2006).
BGE 135 IV 76 S. 84
Nach Auffassung der Vorinstanz hätte den Geschädigten spätestens nach den ihnen
zugesandten Vertragsunterlagen bewusst sein müssen, dass gewisse Kommissionen
erhoben werden könnten. In welcher Höhe diese allenfalls anfallen würden, wird
aus den Unterlagen aber nicht ersichtlich. Insbesondere blieb den Kunden die
Beziehung zwischen Optionsprämie und Kommission und deren Einfluss auf die
Gewinnerwartung nach wie vor verborgen. Insofern nimmt die Vorinstanz zu Recht
an, die Verträge hätten zur Erhellung der Kommissionsstruktur nur wenig
beigetragen. Ausserdem fällt hier ins Gewicht, dass der Unterzeichnung der
Verträge intensive telefonische Kontakte vorausgegangen sind, bei welchen die
Kunden von den Telefonverkäufern im eigentlichen Sinne bearbeitet wurden. Die
Entscheidung zur Eingehung des finanziellen Engagements in die Optionsgeschäfte
beruht hier dementsprechend in erster Linie auf den Beteuerungen der
Telefonverkäufer anlässlich der aggressiv geführten mündlichen
Akquisitionsgespräche, in welchen - wie im Übrigen auch in den
Bestätigungsschreiben - im Wesentlichen nur von einer Gewinnbeteiligung der E.
AG bzw. F. AG die Rede war. Die Geschädigten haben auf diese Zusicherungen der
Vermittler vertraut. Angesichts der Komplexität des Handels mit derivativen
Finanzinstrumenten durften sie dies auch, waren sie doch als Laien auf das
Fachwissen und die Informationsbereitschaft der Berater angewiesen (vgl.
CIMAROLLI, a.a.O., S. 184). Aufgrund dieses Umstands treffen den Anlageberater
und -vermittler namentlich im Bereich der Vermittlung von hoch spekulativen und
damit risikobehafteten Terminoptionsgeschäften zivilrechtlich denn auch
umfassende Aufklärungs-, Beratungs- und Warnpflichten (BGE 124 III 155 E. 3a).
So wurde etwa dem Geschädigten G. auf Nachfrage versichert, dass er keine solch
hohen Kommissionen zu erwarten haben werde, wie er es früher schon einmal habe
erleben müssen. Andere Geschädigte haben die Verträge nicht verstanden
(Geschädigte I., J. und K.) und haben sich deshalb ganz auf die Berater
verlassen (Geschädigter L.) bzw. haben keine Fragen gestellt, weil ja schon
alles besprochen worden sei, und sich deshalb auf die Absprache verlassen
(Geschädigter A.).
Die Kunden befanden sich somit in einem fortdauernden Irrtum über die Belastung
durch die Kommissionen und sahen sich nicht veranlasst, den Angaben der
Verkäufer zu misstrauen, zumal diese von ihnen formulierte Bedenken jeweils
wortreich zerstreuten. Sie
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mussten nach alldem in den schriftlichen Verträgen nicht mit Bestimmungen über
die Kommissionen rechnen, die von den in den Telefongesprächen abgegebenen
Zusicherungen abwichen, sondern durften davon ausgehen, dass sie mit den
mündlichen Vereinbarungen übereinstimmten (vgl. zur zivilrechtlichen
Fragestellung INGEBORG SCHWENZER, Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I,
4. Aufl. 2007, N. 24 zu Art. 24 OR; KARL OFTINGER, Die ungelesen unterzeichnete
Urkunde, in: Aequitas und bona fides, Festgabe zum 70. Geburtstag von August
Simonius, 1955, S. 268 f.). Insofern kann der von der Vorinstanz an die Adresse
der Geschädigten gerichtete Vorwurf, sie hätten, indem sie die Dokumente
unterzeichneten, ohne sie zuvor gelesen zu haben, sorgfaltswidrig gehandelt,
nicht dazu führen, dass Arglist verneint wird. Entgegen der Auffassung der
Vorinstanz lässt sich aus dem Umstand, dass die Geschädigten nach Erhalt der
Abrechnungen, welche die Kommissionen auswiesen, untätig blieben und nicht
reagierten, auch nicht ableiten, dass ihnen schon beim ersten Geschäft
gleichgültig war, ob Kommissionen in dieser Höhe tatsächlich anfallen würden
oder nicht (vgl. ACKERMANN, a.a.O., S. 830). In Wirklichkeit hätte die genaue
Prüfung der den Kunden zugestellten Abrechnungen den Irrtum gar nicht
verhindert, sondern lediglich nachträglich beseitigt, so dass auch aus diesem
Grund jedenfalls bis zum ersten Abschluss des Geschäfts eine arglistige
Täuschung nicht verneint werden kann.
Arglist ist aber auch für die weitere Betreuung der akquirierten Kunden durch
die Mitarbeiter der Abteilung "Loading" zu bejahen. Hier trifft zwar zu, dass
den Geschädigten jeweils Depotauszüge, Abrechnungen und Transaktionsbelege über
die bereits getätigten Geschäfte zugingen, welche die erhobenen Kosten korrekt
auswiesen. Doch gilt auch für diese Phase, dass die Kunden in erster Linie den
mündlichen Angaben der neuen Berater vertrauten, die sie, wie die Vorinstanz
selbst ausführt, mit allen erdenklichen Mitteln unter Druck setzten, um ihnen
den Wunsch, aus den Geschäften auszusteigen, auszureden, sie weiter an sich zu
binden und sie zum Abschluss weiterer Geschäfte zu bewegen. Abgesehen davon,
wurden die Geschädigten, die sich direkt an ihre Betreuer wandten und
nachfragten, jeweils mit Beschönigungen oder mit falschen Angaben abgewimmelt.
Täuschungsopfer, die Anstrengungen unternehmen, um die ihnen gegenüber
gemachten falschen Angaben zu überprüfen, werden aber ihrer Mitverantwortung
gerecht und dürfen den Strafrechtsschutz, wenn sie dabei erneut Täuschungen
erliegen,
BGE 135 IV 76 S. 86
nicht verlieren. Insgesamt tritt hier der Gesichtspunkt der Mitverantwortung
der Opfer angesichts der von den Beschwerdegegnern mit enormem Aufwand
betriebenen betrügerischen Inszenierung in den Hintergrund (vgl. auch ARZT,
a.a.O., N. 64 zu Art. 146 StGB; ferner Urteil des Bundesgerichts 6S.116/2004
vom 7. Juli 2004 E. 2.4.2 a.E.). Denn die Strafbarkeit wird durch das Verhalten
des Täuschenden begründet und nicht durch jenes des Getäuschten, der im Alltag
seinem Geschäftspartner nicht wie einem mutmasslichen Betrüger gegenübertreten
muss (Urteil des Bundesgerichts 6S.168/ 2006 vom 6. November 2006 E. 2.3).
Anders als in dem vom Bundesgericht in einem früheren Entscheid beurteilten
Fall liegt hier somit im Untätigbleiben der Anleger keine Vernachlässigung
elementarster Vorsichtsmassnahmen und lässt sich aus der Duldung der
vermögensschädigenden Optionshandelskosten nicht ableiten, die Geschädigten
hätten die von den Beschwerdegegnern betriebene Kommissionspraxis gebilligt
(Urteil des Bundesgerichts 6S.98/2007 vom 8. Mai 2007 E. 3.4). Allerdings
erscheint für diese Phase, in welcher die Geschädigten trotz der Möglichkeit,
die um ein Vielfaches höhere Belastung durch die Kommissionen als irrtümlich
angenommen zu erkennen, weiterhin Geschäfte tätigten, das Tatbestandsmerkmal
der Arglist und damit der Schuldvorwurf in einem anderen Licht, was im Rahmen
der Strafzumessung berücksichtigt werden muss (Urteil des Bundesgerichts 6P.133
/2005 vom 7. Juni 2005 E. 15.4.3, 15.4.5 und 17.4.2).
Der Freispruch der Beschwerdegegner von der Anklage des gewerbsmässigen
Betruges aus Gründen der Opfermitverantwortung verletzt somit Bundesrecht. Die
Beschwerde erweist sich insofern als begründet.