Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 135 II 172



Urteilskopf

135 II 172

19. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilungi.S.
Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) und Union des Associations
Européennes de Football (UEFA) gegen ProLitteris und Mitb. sowie Eidgenössische
Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten
Schutzrechten (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_658/2008 vom 18. März 2009

Regeste

Art. 6 und 48 VwVG; Art. 44, 46, 59 und 60 URG; Parteistellung der SRG und der
UEFA im Rahmen der Genehmigung des GT 3c betreffend Fernsehsendungen auf
Grossbildschirmen ("Public Viewing").
Die Beschwerdelegitimation gegen einen Tarifgenehmigungsbeschluss der
Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und
verwandten Schutzrechten richtet sich nach Art. 48 VwVG (E. 2.1). Zwar werden
die einzelnen Rechtsinhaber in den Tarifverhandlungen regelmässig durch die
Verwertungsgesellschaften vertreten; dies schliesst indessen nicht aus, dass
einzelne von ihnen - wie die SRG und die UEFA bezüglich des "Public Viewings" -
ausnahmsweise ein eigenständiges schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung des
Genehmigungsentscheids haben. Die Tatsache, dass neben dem
verwaltungsrechtlichen auch ein zivilrechtlicher Entscheid erwirkt werden kann,
lässt das schutzwürdige Interesse an der Überprüfung der Tarifgenehmigung für
sich allein nicht entfallen (E. 2.2 und 2.3).
Der Streit um die kollektive oder individuelle Geltendmachung von
Urheberrechten bzw. verwandten Schutzrechten ist regelmässig
vermögensrechtlicher Natur; das Bundesverwaltungsgericht muss den von ihm
angenommenen Streitwert minimal begründen (E. 3).

Sachverhalt ab Seite 173

BGE 135 II 172 S. 173
Mit Beschluss vom 8. April 2008 genehmigte die Eidgenössische Schiedskommission
für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten den
Gemeinsamen Tarif 3c (Empfang von Fernsehsendungen auf Grossbildschirmen
["Public Viewing"]). Gleichzeitig hielt sie fest, dass die UEFA und die SRG als
allfällige Rechtsinhaberinnen im Rahmen des GT 3c durch die
Verwertungsgesellschaften vertreten seien und deshalb nicht selbständig am
Verfahren teilnehmen könnten.
Am 13. Mai 2008 gelangten die SRG und die UEFA mit dem Antrag an das
Bundesverwaltungsgericht, den Beschluss der Eidgenössischen Schiedskommission
für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten aufzuheben
und dem Gemeinsamen Tarif 3c die Genehmigung zu versagen. Mit Urteil vom 23.
Juli 2008 trat das Gericht auf ihre Beschwerden nicht ein: Das allgemeine
Interesse eines Berechtigten an der richtigen Auslegung von
BGE 135 II 172 S. 174
Art. 22 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und
verwandte Schutzrechte (URG; SR 231.1) und am Verzicht auf Tarife, die nach
seinem Verständnis nicht im Bereich des kollektiven Verwertungszwangs lägen,
genüge nicht, um einen Tarifgenehmigungsentscheid beanstanden zu können. Das
Bundesverwaltungsgericht auferlegte die Verfahrenskosten von Fr. 16'000.- der
SRG und der UEFA; bei der Festsetzung von deren Höhe ging es mangels weiterer
Angaben der Parteien von einem Streitwert von 2,5 Mio. Fr. aus.
Das Bundesgericht heisst die von der SRG und der UEFA hiergegen eingereichte
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gut, hebt das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts auf und weist die Sache zu materiellem Entscheid an
die Vorinstanz zurück.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Die Frage der Beschwerdelegitimation ist als Prozess- oder
Sachurteilsvoraussetzung von den Beschwerdegründen und der materiellen
Tragweite von Art. 22 URG zu trennen; sie beurteilt sich ausschliesslich nach
Art. 48 VwVG (SR 172.021; vgl. BGE 123 II 376 E. 4c; MARANTELLI-SONANINI/HUBER,
in: VwVG, Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], 2009, N. 5 zu Art. 48 VwVG). Danach
ist zur Beschwerde berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen
oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch die
angefochtene Verfügung besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges
Interesse an deren Aufhebung oder Änderung geltend machen kann (lit. c). Die
Regelung entspricht Art. 89 Abs. 1 BGG und ist in Anlehnung an diese Bestimmung
auszulegen (ISABELLE HÄNER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das
Verwaltungsverfahren [VwVG], Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], 2008, N. 1 zu Art.
48 VwVG). Die verschiedenen Kriterien sollen die Popularbeschwerde
ausschliessen und den Charakter des allgemeinen Beschwerderechts als Instrument
des Individualrechtsschutzes unterstreichen (MARANTELLI-SONANINI/HUBER, a.a.O.,
N. 9 zu Art. 48 VwVG). Neben der formellen Beschwer (vgl. hierzu unten E.
2.2.1) und der spezifischen Beziehungsnähe zur Streitsache muss der
Beschwerdeführer einen praktischen Nutzen aus einer allfälligen Aufhebung oder
Änderung des angefochtenen Entscheids ziehen, d.h. seine Situation muss durch
den Ausgang des Verfahrens in relevanter Weise beeinflusst werden können (BGE
133 II 249
BGE 135 II 172 S. 175
E. 1.3.1 mit Hinweisen). Ein bloss mittelbares oder ausschliesslich allgemeines
öffentliches Interesse berechtigt - ohne die erforderliche Beziehungsnähe zur
Streitsache selber - nicht zur Verwaltungsbeschwerde (vgl. BGE 123 II 376 E. 2;
HÄNER, a.a.O., N. 20 zu Art. 48 VwVG). Das relevante Interesse kann rechtlicher
oder tatsächlicher Natur sein und braucht nicht mit jenem übereinzustimmen, das
durch die als verletzt bezeichnete Norm geschützt wird. Es genügt, dass der
Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid "stärker als jedermann"
betroffen ist und "in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur
Streitsache" steht; die Voraussetzungen der Beziehungsnähe und des
schutzwürdigen Interesses hängen eng zusammen (Urteil des Bundesgerichts 2C_527
/2007 vom 13. Mai 2008 E. 5.3).

2.2

2.2.1 Das Bundesverwaltungsgericht ging davon aus, dass die
Beschwerdeführerinnen am vorinstanzlichen Verfahren - trotz ihrer Bemühungen,
sich in dieses einzubringen (Eingaben, physische Präsenz an der
Schiedsverhandlung) - nicht im Sinn des ersten Halbsatzes von Art. 48 Abs. 1
lit. a VwVG beteiligt gewesen seien, da die Schiedskommission ihre
Parteistellung letztlich verneint habe; am Verfahren teilgenommen habe nur, wer
dort tatsächlich als Partei zugelassen worden sei, nicht wer dies nur
(erfolglos) versucht habe. Die Beschwerdeführerinnen bestreiten diese
Auffassung. Die Frage braucht hier nicht vertieft zu werden: Zwar muss die
beschwerdeführende Partei grundsätzlich am Verfahren vor der unteren Instanz
teilgenommen haben und mit ihren Anträgen dort ganz oder teilweise unterlegen
sein, doch sieht das Gesetz von diesem Erfordernis ab, wenn sie wie hier - ohne
ihr Verschulden - dazu nicht in der Lage war (BGE 133 II 181 E. 3.2 S. 187 mit
zahlreichen Hinweisen). Nach Art. 46 URG stellen die Verwertungsgesellschaften
für die von ihnen geforderten Vergütungen Tarife auf (Abs. 1), wobei sie über
deren Ausgestaltung mit den massgebenden Nutzerverbänden verhandeln (Abs. 2).
Die Beschwerdeführerinnen sind keine Verwertungsgesellschaften oder
Nutzerverbände, sondern - als allfällige Rechtsinhaberinnen - Dritte, die sich
(vergeblich) um einen Einbezug in das Verfahren bemüht haben. Hinsichtlich
ihrer Beteiligungsbefugnis an diesem kommt ihnen Parteistellung zu, da insofern
am Verfahren auch teilgenommen hat, wem die Vorinstanz durch formellen
Entscheid die Parteistellung abspricht (vgl. MARANTELLI-SONANINI/HUBER, a.a.O.,
N. 22 zu Art. 48
BGE 135 II 172 S. 176
VwVG); im Übrigen waren sie schuldlos nicht in der Lage, sich am Verfahren vor
der Schiedskommission zu beteiligen, weshalb sie die Voraussetzung der
formellen Beschwer im Sinne des 2. Halbsatzes von Art. 48 Abs. 1 lit. a VwVG
erfüllen. Die Vorinstanz hat die Legitimation der Beschwerdeführerinnen denn
auch zu Recht nicht wegen des Fehlens dieser Voraussetzung verneint.

2.2.2 Das Bundesverwaltungsgericht nahm an, dass die Verweigerung der
Parteistellung der SRG und der UEFA im Verfahren vor der Schiedskommission
unangefochten geblieben sei, weshalb deren Beschwerdelegitimation nur
hinsichtlich des Genehmigungsentscheids geprüft werden müsse. Diese Auffassung
ist vertretbar und verletzt kein Bundesrecht: Zwar beantragten die
Beschwerdeführerinnen in ihren Eingaben generell, den Beschluss vom 8. April
2008 aufzuheben, womit auch dessen Ziffer 3 gemeint war, worin die
Schiedskommission festgehalten hatte, dass die SRG und die UEFA als allfällige
Rechtsinhaberinnen im Rahmen des GT 3c durch die Verwertungsgesellschaften
vertreten würden und nicht selbständig am Verfahren teilnehmen könnten. Die
Beschwerdeführerinnen begründeten indessen nicht, dass und warum ihnen entgegen
der Ansicht der Schiedskommission in jenem Verfahrensstadium Parteirechte
einzuräumen gewesen wären. Ihre Ausführungen bezogen sich auf die Zuständigkeit
der Schiedskommission sowie die Angemessenheit und die Rechtmässigkeit des
Tarifs als solche. Nach Art. 52 Abs. 1 VwVG muss sich die Beschwerdebegründung
jeweils sachbezogen mit den verschiedenen Argumentationslinien in der
angefochtenen Verfügung auseinandersetzen. Bei einem Nichteintretensentscheid
hat der Betroffene darzulegen, inwiefern dieser bundesrechtswidrig sein soll;
es genügt nicht, wenn er einzig darauf eingeht, warum in der Sache selber
anders hätte entschieden werden müssen (vgl. BGE 118 Ib 134 ff.; SEETHALER/
BOCHSLER, in: VwVG, Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], 2009, N. 71 und 73 zu Art.
52 VwVG). Dies gilt auch im vorliegenden Zusammenhang, selbst wenn die
materielle Frage der Zuständigkeit der Schiedskommission eng mit jener nach dem
Umfang der damit verbundenen Beschränkung allfälliger absoluter Rechte
zusammenhängt. Die Beschwerdeführerinnen scheinen heute im Übrigen selber nicht
mehr an der Auffassung festhalten zu wollen, den Beschluss der
Schiedskommission bezüglich ihrer Parteistellung hinreichend begründet
angefochten zu haben; sie weisen in ihrer Beschwerde nunmehr darauf hin, dass
es "in der Natur des Tarifgenehmigungsverfahrens" liege,
BGE 135 II 172 S. 177
dass sie an diesem "nicht als Parteien" hätten teilnehmen können und dort
lediglich als "Dritte" zugelassen und angehört worden seien.

2.3

2.3.1 Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschwerdeführerinnen die
Legitimation abgesprochen, den Genehmigungsbeschluss der Schiedskommission
anzufechten, da das allgemeine Interesse der Berechtigten an der richtigen
Anwendung von Art. 22 Abs. 1 URG und am Verzicht auf Tarife, die nach ihrem
Verständnis nicht im Bereich des kollektiven Verwertungszwangs lägen, als
schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 48 Abs. 1 lit. c VwVG nicht genüge;
andernfalls würde der Ausschluss der Berechtigten vom
Tarifgenehmigungsverfahren, der nicht angefochten sei, hinfällig. Diese
Begründung überzeugt nicht: Die SRG und die UEFA haben unbestrittenermassen
ihre "Public Viewing"-Rechte bei Veranstaltungen mit Bildschirmen mit einer
Diagonale von über 3 Metern - vorbehältlich der Regelung im Tarif T - bisher
weitgehend selber wahrgenommen. Die Verwertungsgesellschaften gestehen zu,
diesbezüglich (nach ihrer heutigen Ansicht aufgrund einer unzutreffenden
Gesetzesauslegung) bisher nicht aktiv geworden zu sein; unter diesen Umständen
standen die SRG und die UEFA der Frage, ob und in welchem Umfang tatsächlich
voll oder teilweise eine Pflicht zur kollektiven Verwertung besteht, näher als
irgendwelche andere Rechtsinhaber oder Berechtigte. Grundlage des Gemeinsamen
Tarifs 3c bildete (weitgehend) eine vom bisherigen Gesetzesverständnis
abweichende Auslegung von Art. 22 URG durch die Verwertungsgesellschaften und
die massgebenden Nutzerverbände, womit die Beschwerdeführerinnen als Dritte,
welche sich bei der Ausgestaltung ihrer Verträge im Hinblick auf die Euro 2008
auf das bisherige Verwertungssystem verlassen durften, in schutzwürdigen
eigenen Interessen berührt waren. Wegen der Einführung des GT 3c kurz vor der
Euro 2008, welche besondere Übergangsbestimmungen nötig machte, unterscheiden
sie sich von allen anderen Rechtsinhabern, auf die der GT 3c allenfalls künftig
anwendbar ist. Das (neue) Verständnis des Verhältnisses allfällig bestehender
absoluter Vorführrechte zur Verwertungspflicht im Sinne von Art. 22 URG (vgl.
hierzu etwa die unterschiedlichen Auffassungen in der 1. [1994; dort N. 3 zu
Art. 22 URG] und in der 3. Aufl. [2008] von BARRELET/EGLOFF, Das neue
Urheberrecht) kann unter diesen Umständen nicht durch einen - mangels
Legitimation - richterlich nicht überprüfbaren Einigungstarif zwischen den
BGE 135 II 172 S. 178
Verwertungsgesellschaften und den massgebenden Nutzerverbänden geregelt werden.
In einer solchen Situation ist den Rechtsinhabern ein eigenständiges
schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung des Genehmigungsentscheids
zuzuerkennen; die Handlungsbefugnisse der Verwertungsgesellschaften setzen das
Bestehen einer rechtskräftigen Regelung in einem Tarif voraus, wogegen sich die
bisher als berechtigt Erachteten nicht nur zivil-, sondern auch
verwaltungsrechtlich zur Wehr setzen können. Es erscheint widersprüchlich, wenn
die Aufsichtsbehörde über die Verwertungsgesellschaften die massgebenden
Rechtsinhaberinnen wegen der (heiklen) Rechtsfragen zwar auf das
Genehmigungsverfahren verweist, an dem die Berechtigten im Normalfall gerade
nicht persönlich beteiligt sind (vgl. BARRELET/EGLOFF, a.a.O., N. 9a zu Art. 59
URG; BREM/SALVADÉ/WILD, in: Urheberrechtsgesetz [URG], Müller/Oertli [Hrsg.],
2006, N. 6 zu Art. 59 URG; Beschluss der Eidgenössischen Schiedskommission
[ESchK] vom 14. Dezember 2004 [GT 2b], in: sic! 2005 S. 641 ff.), das
Bundesverwaltungsgericht seinerseits eine richterliche Überprüfung der
Zulässigkeit der Tarifregelung in dem vom Bundesgericht verlangten
(beschränkten, vorfrageweisen) Umfang mangels Beschwerdelegitimation indessen
ablehnt (vgl. hierzu unten E. 2.3.2 sowie GOVONI/STEBLER, Die Bundesaufsicht
über die kollektive Verwertung von Urheberrechten, in: SIWR Bd. II/1, von Büren
/David [Hrsg.], 2. Aufl. 2006, S. 409 ff., dort S. 502 f.; kritisch: REHBINDER/
VIGANÒ, Urheberrecht, 3. Aufl. 2008, N. 2 zu Art. 74 URG).

2.3.2 Die Vorinstanz verweist für ihre Auffassung auf Art. 59 URG und das Wesen
der kollektiven Verwertung; sie verkennt dabei indessen, dass sich das
Beschwerdeverfahren gegen einen Tarifgenehmigungsentscheid ausschliesslich nach
dem Verwaltungsverfahrensgesetz richtet; das URG kennt für dieses keine
Spezialregelung. Das auf eine möglichst einvernehmliche Aushandlung von Tarifen
zwischen den Verwertungsgesellschaften als Vertreterinnen der Berechtigten
einerseits und den massgebenden Nutzerverbänden andererseits gerichtete
spezifische urheberrechtliche Verfahren (vgl. GOVONI/STEBLER, a.a.O., S. 489
ff.) beschränkt den Zugang zum anschliessenden Beschwerdeverfahren nicht: Nach
Art. 4 VwVG finden Bestimmungen des Bundesrechts, die ein Verfahren eingehender
regeln, Anwendung, soweit sie jenen des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht
widersprechen. Allenfalls von diesem abweichende Regelungen in späteren
Spezialerlassen sind ihrerseits möglichst VwVG-gerecht auszulegen (BGE 135 II
60 E. 3.1.3 S. 69 mit
BGE 135 II 172 S. 179
Hinweisen). Das Bundesgericht hat festgestellt, dass der Entscheid der
Schiedskommission (auch) dazu dient, Rechtssicherheit zu schaffen, was sie
verpflichtet, im Sinne einer Vorfrage abzuklären, welche Teile des vorgelegten
Tarifs der Bundesaufsicht unterliegen und auf welche Rechte sich ihr
Genehmigungsbeschluss bezieht (Urteil 2A.180/1994 vom 10. Mai 1995 E. 3c). Bei
der Festlegung der aufgrund des einzelnen Tarifs geschuldeten Entschädigung
sind allfällige weitere Leistungen des pflichtigen Nutzers
mitzuberücksichtigen; hierzu gehören auch solche, welche für die Wahrnehmung
von durch den Tarif nicht erfassten Nutzungsrechten zusätzlich geschuldet sind
(vgl. Art. 60 Abs. 1 lit. c URG). Die hiermit verbundenen materiellrechtlichen
Fragen können im Tarifverfahren nicht ausgeklammert werden; sie sind dort
vorfrageweise zu prüfen, auch wenn im Einzelfall letztlich die ordentlichen
Gerichte definitiv darüber zu befinden haben (so das Urteil 2A.539/1996 vom 20.
Juni 1997 E. 3b/bb, in: sic! 1/1998 S. 33 ff.; bestätigt im Urteil 2A.256/1998
vom 2. Februar 1999, in: sic! 3/1999 S. 255 ff.). Die entsprechende
Einschätzung durch die Schiedskommission ist im Rahmen der Vorgaben des
Verwaltungsverfahrensgesetzes beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar und
steht der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle offen, auch wenn parallel dazu
(direkt) der Zivilweg eingeschlagen werden könnte. Welchen Rechtsweg ein nach
Art. 48 VwVG Beschwerdelegitimierter aus welchen Gründen beschreitet, ist ihm
überlassen; die Tatsache, dass neben einem verwaltungsrechtlichen auch ein
zivilrechtlicher Entscheid erwirkt werden kann, lässt das schutzwürdige
Interesse nach Art. 48 VwVG für sich allein nicht dahinfallen.

2.3.3 Das Verhältnis zwischen verwaltungsrechtlichem und zivilrechtlichem
Verfahren bzw. die Problematik, welche Fragen wo zu prüfen sind, ist nicht
immer klar. Ausgangspunkt muss diesbezüglich Art. 59 Abs. 3 URG bilden, wonach
rechtskräftig genehmigte Tarife für die Gerichte verbindlich sind. In BGE 125
III 141 ff. hat die I. Zivilabteilung ausgeführt: "Den Zivilgerichten ist es
daher verwehrt, einen rechtskräftig genehmigten Tarif erneut auf seine
Angemessenheit hin zu prüfen. Sie sind an das Ergebnis der
Angemessenheitsprüfung im Genehmigungsverfahren gebunden. Das bedeutet indessen
nicht, dass die Verwertungsgesellschaften befugt wären, gestützt auf einen
genehmigten Tarif vor den Zivilgerichten auch Vergütungsansprüche geltend zu
machen, die mit zwingenden gesetzlichen Vorschriften unvereinbar sind.
Insbesondere ginge es
BGE 135 II 172 S. 180
nicht an, auf dem Umweg über einen genehmigten Tarif eine Vergütungspflicht für
Tätigkeiten einzuführen, die nach dem Gesetz vergütungsfrei sind. Denn auch die
Anwendung genehmigter Tarife hat sich im Rahmen des Gesetzes zu halten" (S. 144
f.). Die Zivilgerichte blieben somit befugt und verpflichtet, darüber zu
wachen, "dass aus den Tarifen im Einzelfall keine gesetzeswidrigen
Vergütungsansprüche abgeleitet" würden. Umgekehrt ist die Frage, ob die
gesetzlichen Voraussetzungen für eine umfassende oder teilweise
Kollektivverwertung von Urheber- oder verwandten Schutzrechten im Rahmen eines
Tarifs gegeben sind, was die Beschwerdeführerinnen vorliegend bestreiten, bzw.
die zwischen den Verwertungsgesellschaften und den massgebenden Nutzerverbänden
vorgesehene Lösung angemessen im Sinne von Art. 59 und Art. 60 URG ist, im
Verwaltungsverfahren zu prüfen. In BGE 133 III 568 ff. stellte die I.
Zivilrechtliche Abteilung im Zusammenhang mit der Weitersendung in einem
Kabelnetz zwar fest, dass die Ausübung der Verbotsansprüche der
Sendeunternehmen gemäss Art. 38 URG in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 URG
zwingend durch die Verwertungsgesellschaften erfolgt und ein Instruktionsrecht
des Sendeunternehmens im Einzelfall ausgeschlossen sei. Hierbei handelt es sich
indessen (verwaltungsrechtlich) um materielle Überlegungen zu Art. 22 URG,
welche das Bundesverwaltungsgericht bei seinem Sachentscheid wird
berücksichtigen können. Es kann daraus nicht auf eine fehlende
Beschwerdelegitimation im Sinne von Art. 48 Abs. 1 VwVG geschlossen werden.

2.3.4 Im Zivilstreit steht naturgemäss nur die Rechtsstellung eines Einzelnen
hinsichtlich eines konkreten Rechtsverhältnisses zur Diskussion; im
Tarifgenehmigungsverfahren geht es in Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben
um einen der Rechtssicherheit dienenden sachgerechten Interessenausgleich
zwischen den Werkschaffenden und anderen Schutzberechtigten einerseits sowie
den (Massen-)Nutzern andererseits. Der Zivilprozess kann diesen Interessen von
vornherein nicht umfassend gerecht werden und das öffentlich-rechtliche
Verfahren deshalb auch nicht ersetzen. Der Gesetzgeber hat dies dadurch
unterstrichen, dass er die rechtskräftig genehmigten Tarife für die (Zivil-)
Gerichte verbindlich erklärte (Art. 59 Abs. 3 URG; vgl. BGE 125 III 141 ff.).
Vor diesem Hintergrund hat das Bundesgericht in einem neueren Entscheid
inzwischen denn auch die Frage aufgeworfen, ob in gewissen Ausnahmesituationen
Dritte, die sich vom Gros der Urheber- oder
BGE 135 II 172 S. 181
Leistungsschutzberechtigten unterscheiden, nicht entgegen dem Wortlaut von Art.
59 Abs. 2 URG ebenfalls zum Schiedsverfahren zuzulassen sind: Nach Art. 6 VwVG
gelten als Parteien auch Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein
Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht. Es erscheint problematisch, wenn für
die Tarifgenehmigung massgebliche Gesichtspunkte nicht schon vor der
Genehmigungsbehörde, sondern erst nachträglich im Rechtsmittelverfahren
eingebracht werden können. Zwar ist in der Regel davon auszugehen, dass die
Verwertungsgesellschaften die Anliegen der Bezugsberechtigten in den
Tarifverhandlungen bzw. im Rahmen der Verteilreglemente wahrnehmen, doch können
- wie hier - divergierende eigenständige Interessen bestehen, welche es
rechtfertigen, einzelnen Rechtsinhabern ausnahmsweise den
verwaltungsrechtlichen Beschwerdeweg dennoch zu öffnen; in solchen Fällen liegt
es nahe, diese - über den Wortlaut von Art. 46 Abs. 2 bzw. Art. 59 Abs. 2 URG
hinaus - auch bereits in das Genehmigungsverfahren vor der Schiedskommission
einzubeziehen. Deren Zulassungspraxis ist insofern zu relativieren. Eine
(verwaltungsrechtliche) Gesamtschau begrenzt das Risiko unvorhergesehener und
im Zivilprozess unter Umständen nicht zu berücksichtigender Auswirkungen und
verringert die Gefahr der Notwendigkeit von zivilrechtlichen Folgeverfahren
(vgl. das Urteil 2C_527/2007 vom 13. Mai 2008 E. 5.6).

3.

3.1 Der angefochtene Entscheid ist demnach aufzuheben und die Sache zu
materiellem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird zu prüfen
haben, ob und wieweit bezüglich des "Public Viewings" eine gesetzliche
Kollektivverwertungspflicht besteht, die tarifarisch abzudecken ist. Die
Beschwerdeführerinnen beanstanden den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts
auch im Kostenpunkt; die Streitigkeit um den Bestand der Verwertungspflicht
bzw. den Fortbestand der behaupteten absoluten Rechte sei nicht
vermögensrechtlicher Natur, weshalb die Gerichtsgebühr falsch berechnet worden
sei. Da der vorinstanzliche Entscheid als Ganzes aufgehoben wird, erübrigt es
sich, auf diese Rüge detaillierter einzugehen; das Bundesverwaltungsgericht
wird so oder anders im Kostenpunkt neu zu entscheiden haben. Dennoch
rechtfertigen sich folgende Hinweise: Gestützt auf Art. 63 Abs. 4^bis VwVG
richtet sich die Spruchgebühr nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache,
Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. Sie beträgt bei
Streitigkeiten ohne Vermögensinteressen Fr. 100.- bis
BGE 135 II 172 S. 182
Fr. 5'000.-; in den übrigen Streitsachen Fr. 100.- bis Fr. 50'000.-. Bei einer
Streitsumme von 1 bis 5 Mio. Fr. liegt sie zwischen Fr. 7'000.- und Fr.
40'000.- (Art. 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und
Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE; SR 173.320.2]). Ein
Vermögensinteresse besteht nicht nur, wenn direkt die Leistung einer bestimmten
Geldsumme umstritten ist, sondern schon dann, wenn der Entscheid unmittelbar
finanzielle Auswirkungen zeitigt oder mittelbar ein Streitwert konkret
beziffert werden kann; in diesen Fällen werden von den Betroffenen letztlich
wirtschaftliche Zwecke verfolgt (vgl. BEAT RUDIN, in: Basler Kommentar,
Bundesgerichtsgesetz, Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], 2008, N. 12 zu Art.
51 BGG; MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht,
2008, Rz. 4.19 f.; BEUSCH, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das
Bundesverwaltungsverfahren [VwVG], Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], 2008, N. 32
zu Art. 63 VwVG).

3.2 Der Entscheid der Vorinstanz, bei der Streitigkeit um die Lizenzierung von
Public-Viewing-Veranstaltungen handle es sich in diesem Sinn um eine
vermögensrechtliche, ist nicht zu beanstanden: Die Beschwerdeführerinnen weisen
selber darauf hin, dass sie mit Entschädigungsprozessen zu rechnen haben,
sollten sie tatsächlich im Rahmen der Wahrnehmbarmachung gemäss Art. 22 URG
über keine selbständigen Vorführungsrechte mehr verfügen; ihr Vertreter hat an
der Instruktionsverhandlung vor der Vorinstanz unterstrichen, dass das
Inkrafttreten des Tarifs zur Ungültigkeit zahlreicher Verträge und zu
komplizierten Rückerstattungsvorgängen führen würde. Zu Recht wenden die
Beschwerdeführerinnen jedoch ein, die Vorinstanz sei bei der Festsetzung der
Gerichtsgebühr ihrer Begründungspflicht nicht hinreichend nachgekommen. Die
Vorinstanz bezifferte den mutmasslichen Streitwert auf 2,5 Mio. Fr.; indessen
hat sie es unterlassen, ihre Annahme auch nur ansatzweise zu begründen, so dass
die Rechtmässigkeit der den Beschwerdeführerinnen auferlegten Fr. 16'000.- -
selbst im Rahmen des ihr bei der Kostenregelung zustehenden weiten Ermessens -
nicht auf ihre Bundesrechtskonformität hin überprüft werden könnte. Sollte das
Bundesverwaltungsgericht in der Sache selber zu einer Abweisung der Eingabe
gegen den Beschluss der Schiedskommission vom 8. April 2008 kommen und die
Kosten wiederum den Beschwerdeführerinnen auferlegen, wird es seine
Streitwertberechnung in nachvollziehbarer Weise zu motivieren haben.