Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 135 II 12



Urteilskopf

135 II 12

2. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Kanton
Zürich gegen X. sowie Wettbewerbskommission (Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_15/2008 vom 13. Oktober 2008

Regeste

Art. 89 Abs. 1 BGG; Art. 2 Abs. 4 und 5, Art. 3 Abs. 1 und 2 sowie Art. 4 BGBM;
Zulassung einer ausserkantonalen Psychotherapeutin zur selbständigen
Berufsausübung im Kanton Zürich nach Massgabe der Vorschriften des Ortes der
Erstniederlassung. Legitimation des Kantons zur Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten; Betroffenheit in schutzwürdigen eigenen
hoheitlichen Interessen in Bezug auf die allgemeine Würdigung des geltend
gemachten binnenmarktrechtlichen Zulassungsanspruches (E. 1.2.1 und 1.2.2).
Darlegung der Vertretungsbefugnisse (E. 1.2.3). Grundsatz des freien
Marktzugangs nach Massgabe der Herkunftsvorschriften im Bereich der
gewerblichen Niederlassung gemäss revidiertem Binnenmarktgesetz (E. 2.1).
Prüfung der Gleichwertigkeit kantonaler Marktzugangsordnungen im Sinne von Art.
2 Abs. 5 BGBM (E. 2.4). Bejahte Gleichwertigkeit der Zulassungsregelungen
betreffend die selbständige Ausübung des Psychotherapeutenberufs in den
Kantonen Graubünden und Zürich (E. 2.5).

Sachverhalt ab Seite 13

BGE 135 II 12 S. 13
X., ausgebildete Primarlehrerin, arbeitete zunächst als Lehrerin und
Katechetin. Im Jahr 1997 schloss sie erfolgreich einen Theologiekurs für Laien
ab; 2004 erlangte sie das Diplom als Körperzentrierte Psychotherapeutin IKP.
Von 1999 bis 2002 absolvierte sie eine Aus- und Weiterbildung in
Transaktionsanalyse am Eric Berne Institut Zürich. Von 2004 bis 2006 besuchte
sie an der Donau Universität Krems (Österreich) den Universitätslehrgang
Psychotherapeutische Psychologie, den sie am 28. Juni 2006 mit dem Master of
Science abschloss.
Seit August 2003 ist X. als delegierte Psychotherapeutin in der Praxis von Dr.
med. R. in Zürich tätig mit einem durchschnittlichen Wochenpensum von 24
Stunden. Daneben studiert sie seit Herbst 2005 an der Theologischen Hochschule
Chur. Am
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10. November 2006 wurde X. die Bewilligung zur Berufsausübung als
Psychotherapeutin im Kanton Graubünden erteilt. Seit dem 1. Januar 2007
arbeitet sie einen Tag pro Woche als selbständige Psychotherapeutin in Chur.
Am 25. Januar 2007 ersuchte X. bei der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich
um die Bewilligung zur selbständigen Berufsausübung als nichtärztliche
Psychotherapeutin im Kanton Zürich. Mit Verfügung vom 13. Juni 2007 erteilte
die Gesundheitsdirektion die nachgesuchte Bewilligung unter der Bedingung, dass
X. eine Erstausbildung im Sinne von § 2 der zürcherischen Verordnung vom 1.
Dezember 2004 über die nichtärztlichen Psychotherapeutinnen und
Psychotherapeuten absolviere.
Mit Entscheid vom 15. November 2007 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich die von X. sowie der Wettbewerbskommission dagegen erhobenen Beschwerden
gut, stellte fest, dass die Verfügung der Gesundheitsdirektion vom 13. Juni
2007 den Marktzugang in unzulässiger Weise beschränke, hob die genannte
Verfügung auf und wies die Gesundheitsdirektion an, X. die Bewilligung zur
selbständigen Berufsausübung der nichtärztlichen Psychotherapie bedingungslos
zu erteilen.
Mit Eingabe vom 7. Januar 2008 erhebt der Kanton Zürich, handelnd durch die
Gesundheitsdirektion, beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten, mit welcher die Aufhebung des Entscheids des
Verwaltungsgerichts beantragt und darum ersucht wird, die Sache an das
Verwaltungsgericht oder an die Gesundheitsdirektion zurückzuweisen, mit der
Anweisung, "ein Verfahren durchzuführen, in dem zu beurteilen ist, welche
zusätzlichen Studienleistungen im Bereich der Psychologie die Gesuchsgegnerin
im Sinn einer Auflage oder Bedingung gemäss Art. 3 Abs. 1 BGBM zu erbringen
hat".
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

1.

1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss
Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 82 lit. a,
Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG).
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1.2

1.2.1 Da das in der vorliegenden Beschwerde als verletzt angerufene
Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM;
SR 943.02) ein (besonders ausgestaltetes) Behördenbeschwerderecht im Sinne von
Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG nur der Wettbewerbskommission einräumt (vgl. Art. 9
Abs. 2^bis BGBM in der Fassung vom 16. Dezember 2005 und dazu die betreffende
Botschaft in: BBl 2005 S. 489-491), kann sich die Legitimation des Kantons
einzig aus Art. 89 Abs. 1 BGG ergeben (vgl. dazu auch BGE 133 II 400 E. 2.4.1
S. 405 f.). Nach dem allgemeinen Beschwerderecht von Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer vor der
Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme
erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein
schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Diese Regelung
ist zwar in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnitten, doch kann sich auch
das Gemeinwesen darauf stützen, falls es durch einen angefochtenen Entscheid
gleich oder ähnlich wie ein Privater betroffen wird. Darüber hinaus können
Gemeinwesen zur Beschwerde gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG legitimiert sein, soweit
sie in schutzwürdigen eigenen hoheitlichen Interessen berührt sind (vgl. zum
Ganzen BGE 134 II 45 E. 2.2.1 S. 46 f.; BGE 133 II 400 E. 2.4.2 S. 406, je mit
Hinweisen). Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung
verschafft jedoch noch keine Beschwerdebefugnis (BGE 134 II 45 E. 2.2.1 S. 47
mit Hinweisen).

1.2.2 Das angefochtene Urteil verpflichtet den Kanton Zürich, einer
Gesuchstellerin gestützt auf die Regeln des Binnenmarktgesetzes die Bewilligung
zur selbständigen Ausübung eines reglementierten Berufes zu erteilen. Durch
einen einzelnen Zulassungsentscheid wird ein Kanton in der Regel noch nicht in
relevantem Mass in schutzwürdigen eigenen Hoheitsinteressen betroffen (vgl. zur
analogen Situation bei Anfechtung einer einzelnen ausländerrechtlichen
Bewilligung: BGE 134 II 45 E. 2.2.2 S. 47 f.). Eine erhöhte Tragweite kann
einem solchen Einzelentscheid dann zukommen, wenn er voraussichtlich als
Präjudiz die Erteilung einer erheblichen Anzahl weiterer Bewilligungen nach
sich ziehen wird. Durch das Risiko einer solchen Entwicklung werden
schutzwürdige hoheitliche Interessen des Kantons dann in erheblicher Weise
berührt, wenn - wie dies vorliegend zutrifft - die zu erteilenden Bewilligungen
der
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geltenden kantonalen Gesetzgebung widersprechen und zugleich bedeutsame
gesundheitspolizeiliche und -politische Interessen auf dem Spiele stehen. Die
Beschwerdelegitimation des Kantons Zürich nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist daher
vorliegend insoweit zu bejahen, als es um die der streitigen
Bewilligungserteilung zugrunde liegende allgemeine Würdigung des geltend
gemachten binnenmarktrechtlichen Zulassungsanspruches geht, unter Ausklammerung
der rein individuellen Aspekte des streitigen Einzelfalles (vgl. zur ähnlichen
Verfahrenslage bei der Überprüfung gegenstandslos gewordener, aber künftig
erneut möglicher Anordnungen: BGE 131 II 670 E.1.2 S. 674 mit Hinweisen).

1.2.3 Wenn ein Kanton als Gemeinwesen gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG als
Rechtsmittelkläger handeln will, obliegt seine prozessuale Vertretung in der
Regel dem Regierungsrat als oberster Exekutivbehörde, welche den Kanton von
Verfassungs wegen nach aussen vertritt (BGE 134 II 45 E. 2.2.3 S. 48 mit
Hinweis; vgl. auch Art. 71 Abs. 1 lit. c der Verfassung des Kantons Zürich vom
27. Februar 2005 [SR 131.211]). Will eine nachgeordnete Behörde namens des
Kantons Beschwerde führen, hat sie ihre Vertretungsbefugnis explizit darzutun
(zit. BGE, a.a.O.), sei es durch einen entsprechenden speziellen
Ermächtigungsbeschluss der Kantonsregierung oder durch Angabe der sie zur
Prozessführung namens des Kantons berechtigenden kantonalen Vorschriften. Die
Gesundheitsdirektion durfte aufgrund der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis
davon ausgehen, dass sie in Fragen des Gesundheitswesens als zur prozessualen
Vertretung des Kantons berechtigt angesehen wird (vgl. etwa Urteil 2A.505/2006
vom 29. Juni 2007; vgl. auch BGE 133 II 400 betreffend die Befugnis eines
solothurnischen Departements, für den Kanton Beschwerde zu führen), weshalb im
vorliegenden Verfahren von der Vorlage weiterer Belege für die
Vertretungsbefugnis abgesehen wird. Für künftige Verfahren bleibt dieser
Nachweis vorbehalten.
(...)

2.

2.1 Gemäss Art. 2 Abs. 4 BGBM in der revidierten Fassung vom 16. Dezember 2005
(in Kraft seit 1. Juli 2006) darf eine Person, welche an einem Ort in der
Schweiz eine Erwerbstätigkeit rechtmässig ausübt, sich zur Ausübung dieser
Tätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz niederlassen und diese Tätigkeit,
unter Vorbehalt von Art. 3 BGBM, nach den Vorschriften des Ortes der
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Erstniederlassung ausüben; dies gilt selbst nach Aufgabe der Tätigkeit am Ort
der Erstniederlassung. Nach Art. 3 BGBM kann der Anspruch Ortsfremder auf
freien Zugang zum Markt nach den Vorschriften des Herkunftsortes unter gewissen
Voraussetzungen zur Wahrung überwiegender öffentlicher Interessen des
Bestimmungsortes in Form von Auflagen oder Bedingungen eingeschränkt werden.
Dabei gilt aber die gesetzliche Vermutung der Gleichwertigkeit der
Marktordnungen (Art. 2 Abs. 5 BGBM). Entsprechend dieser Ordnung sieht Art. 4
BGBM vor, dass kantonale oder kantonal anerkannte Fähigkeitsausweise zur
Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz Geltung
haben, sofern sie nicht Beschränkungen nach Art. 3 BGBM unterliegen.
Ein Kernanliegen der Revision des Binnenmarktgesetzes vom 16. Dezember 2005 war
die Ausdehnung des freien Marktzugangs nach Massgabe der Herkunftsvorschriften
auf die gewerbliche Niederlassung, womit die berufliche Mobilität innerhalb der
Schweiz weiter erleichtert und die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft
gestärkt werden sollte (vgl. Botschaft vom 24. November 2004 zur betreffenden
Revision, in: BBl 2005 S. 481). Die Gesetzesänderung erfolgte vor dem
Hintergrund, dass es die bundesgerichtliche Rechtsprechung - zum einen mit
Blick auf den damaligen Wortlaut von Art. 2 BGBM und zum anderen aus
Überlegungen des territorialen Geltungsbereichs der verschiedenen kantonalen
Rechtsordnungen im föderalistischen Staatssystem - abgelehnt hatte, das
Herkunftsprinzip auch im Bereich der (gewerblichen) Niederlassungsfreiheit zur
Anwendung zu bringen (grundlegend BGE 125 I 276 E. 4 S. 278 ff.; ferner BGE 125
I 322 E. 2 S. 324 ff.; betreffend Psychotherapeuten BGE 128 I 92 E. 3 S. 98;
Urteil 2A.409/2003 vom 8. Juni 2004, E. 3; Botschaft, a.a.O., S. 472 ff.). Im
Weiteren sollte mit der Revision die Ausnahmebestimmung von Art. 3 BGBM, welche
unter gewissen Umständen Beschränkungen des freien Marktzugangs zulässt, enger
gefasst und eine widerlegbare Vermutung der Gleichwertigkeit kantonaler und
kommunaler Marktzugangsregelungen explizit im Gesetz verankert werden
(Botschaft, a.a.O., S. 481 f.; vgl. zum Binnenmarktgesetz in seiner revidierten
Fassung auch BGE 134 II 329 E. 5.2 und E. 6; ferner THOMAS ZWALD, Das
Bundesgesetz über den Binnenmarkt, in: Thomas Cottier/Matthias Oesch [Hrsg.],
Allgemeines Aussenwirtschafts- und Binnenmarktrecht, Schweizerisches
Bundesverwaltungsrecht [SBVR] Bd. XI, 2. Aufl., Basel 2007, S. 420 ff.; KLAUS
A. VALLENDER/PETER HETTICH/JENS LEHNE,
BGE 135 II 12 S. 18
Wirtschaftsfreiheit und begrenzte Staatsverantwortung, 4. Aufl., Bern 2006, S.
449 ff.).

2.2 Das Verwaltungsgericht stellte im angefochtenen Entscheid die
Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung zur Ausübung des
Psychotherapeutenberufs nach den massgeblichen Bestimmungen des Kantons
Graubünden jenen des Kantons Zürich gegenüber und kam dabei zum Ergebnis, dass
mit Blick auf die damit verfolgten, identischen öffentlichen Interessen
(Gesundheits- bzw. Patientenschutz) von gleichwertigen Zulassungssystemen im
Sinne von Art. 2 Abs. 5 BGBM auszugehen sei. In einem solchen Fall bestehe von
vornherein kein Raum mehr für eine Auflage oder Bedingung gemäss Art. 3 Abs. 1
BGBM; eine Beschränkung des durch Art. 2 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1
BGBM garantierten Marktzugangs sei weder verhältnismässig noch unerlässlich
(Art. 3 Abs. 1 lit. c bzw. b BGBM).

2.3 Der beschwerdeführende Kanton Zürich macht im Wesentlichen geltend, der vom
Verwaltungsgericht zwischen den beiden Marktzugangsordnungen der Kantone Zürich
und Graubünden angestellte "abstrakte" Vergleich entspreche nicht den Vorgaben
von Art. 2 Abs. 5 BGBM. Vielmehr hätte die konkrete Qualifikation der
Beschwerdegegnerin an den Zulassungskriterien des Kantons Zürich gemessen und
aufgrund des Ergebnisses, dass diese Anforderungen, namentlich jene eines
umfassenden psychologischen Hochschulstudiums im Hauptfach, offensichtlich
nicht erfüllt seien, eine Verhältnismässigkeitsprüfung gemäss Art. 3 Abs. 1
BGBM durchgeführt werden müssen. Indem das Verwaltungsgericht dem Kanton eine
solche Prüfung nicht zugestanden habe, verletze es das Binnenmarktgesetz.
Ergänzend wird gerügt, das angefochtene Urteil habe die kantonalen Vorschriften
über die berufsmässige selbständige Ausübung der Psychotherapie in einer dem
Binnenmarktgesetz widersprechenden Weise ausgelegt und angewandt (Art. 49 BV).
Das System der Anerkennung von Fähigkeitsausweisen für Erwerbstätigkeiten der
Europäischen Gemeinschaft, welches gemäss Art. 4 Abs. 3^bis BGBM auch im
innerstaatlichen Verhältnis massgeblich sei, erlaube es, die Dauer und den
Inhalt der absolvierten Ausbildung zu berücksichtigen. Daraus sei abzuleiten,
dass im Rahmen einer Gleichwertigkeitsprüfung mindestens die im Herkunftskanton
tatsächlich angewandten Zulassungsregeln mit den im Bestimmungskanton für die
Erstzulassung geltenden Zulassungsregeln verglichen werden müssten.
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2.4 Die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts, welches die einschlägigen
Zulassungsregeln gemäss bündnerischer Gesetzgebung mit jenen der zürcherischen
verglich, lässt sich nicht beanstanden. Die gesetzliche Vermutung der
Gleichwertigkeit von Art. 2 Abs. 5 BGBM bezieht sich auf die
Marktzugangsordnungen selber, wie sie sich aus den massgeblichen
generell-abstrakten Bestimmungen im kantonalen bzw. kommunalen Recht sowie der
darauf gründenden Praxis ergeben, und verlöre ihren Sinn, müsste die fachliche
Befähigung des Ansprechers - einem neuerlichen Zulassungsverfahren gleich - vom
Bestimmungskanton abermals individuell (rück-)überprüft werden. Dies muss im
Grundsatz auch dann gelten, wenn die Marktzulassung - wie vorliegend - an das
Vorhandensein eines Fähigkeitsausweises im Sinne von Art. 4 BGBM anknüpft.
Anders lägen die Dinge dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass
der Ansprecher die Voraussetzungen für die seinerzeitige Erteilung des
Fähigkeitsausweises bzw. die Marktzulassung im Herkunftskanton gar nie erfüllt
hat oder zwischenzeitlich nicht mehr erfüllt oder die dort zuständige Behörde
die betreffenden Vorgaben ihrer eigenen Zulassungsordnung systematisch
missachtet. Solches ist vorliegend weder ersichtlich noch dargetan, weshalb das
Verwaltungsgericht davon ausgehen durfte, dass die zuständige bündnerische
Behörde die dortigen Bewilligungsanforderungen korrekt angewendet hat.
Was die vom Beschwerdeführer geforderte Verhältnismässigkeitsprüfung gemäss
Art. 3 Abs. 1 BGBM anbelangt, ist ihm zu entgegnen, dass gemäss Art. 3 Abs. 2
lit. a BGBM eine Beschränkung des Marktzugangs von Gesetzes wegen dann als
nicht verhältnismässig anzusehen ist, wenn der hinreichende Schutz
überwiegender öffentlicher Interessen, welche im vorliegenden Zusammenhang
vornehmlich im Schutz der öffentlichen Gesundheit zu erblicken sind, bereits
durch die Vorschriften des Herkunftskantons erreicht wird. Kommt mithin die
Prüfung im angefochtenen Entscheid unter Berücksichtigung der in Frage
stehenden Schutzgüter zum Ergebnis, es lägen gleichwertige
Marktzugangsordnungen im Sinne von Art. 2 Abs. 5 BGBM vor, so bleibt für eine
zusätzliche Verhältnismässigkeitsprüfung nach dem dargelegten gesetzgeberischen
Konzept kein Raum.

2.5 Das Verwaltungsgericht durfte vorliegend zulässigerweise von der
Gleichwertigkeit der beiden Zulassungssysteme ausgehen. Sowohl die Bündner als
auch die Zürcher Gesetzgebung sehen als Bewilligungsvoraussetzung für
Psychotherapeuten eine genügende
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Erstausbildung, eine entsprechende Spezialausbildung sowie psychotherapeutische
Praxis vor (vgl. für den Kanton Graubünden Art. 29 ff. des Gesetzes vom 2.
Dezember 1984 über das Gesundheitswesen in Verbindung mit Art. 15 der
Verordnung vom 28. März 2006 zum Gesundheitsgesetz [im Folgenden:
Gesundheitsverordnung]; für den Kanton Zürich § 22 des Gesetzes vom 4. November
1962 über das Gesundheitswesen bzw. § 27 des neuen, auf den 1. Juli 2008 in
Kraft gesetzten Gesundheitsgesetzes vom 2. April 2007 in Verbindung mit §§ 1
ff. der Verordnung vom 1. Dezember 2004 über die nichtärztlichen
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten). Während die beiden
Zulassungssysteme bezüglich der verlangten Spezialausbildung und der
psychotherapeutischen Praxis nur in untergeordneter Weise voneinander
abweichen, besteht ein Unterschied hinsichtlich der Anforderungen an die
Grundausbildung: Der Kanton Zürich setzt ein abgeschlossenes Psychologiestudium
einschliesslich Psychopathologie an einer Schweizer Hochschule voraus, wogegen
der Kanton Graubünden neben einem Studienabschluss in Psychologie auch einen
solchen in einer anderen Humanwissenschaft in Verbindung mit Psychologie als
Nebenfach unter Einschluss der Psychopathologie und Neurosenlehre genügen
lässt. Ein Studienabschluss an einer mit den schweizerischen Hochschulen
vergleichbaren ausländischen Hochschule wird vom Kanton Graubünden anerkannt
(vgl. nunmehr auch § 27 Abs. 1 lit. a des neuen zürcherischen
Gesundheitsgesetzes vom 2. April 2007). Sodann ist das bündnerische
Gesundheitsamt ermächtigt, "in begründeten Fällen eine abweichende
Grundausbildung" anzuerkennen (Art. 15 lit. a der bündnerischen
Gesundheitsverordnung), was nach den einschlägigen Richtlinien des kantonalen
Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartements dann ausnahmsweise möglich ist, wenn
ein Hochschulabschluss nachgewiesen wird und die fehlenden Fächer im Rahmen
eines Ergänzungsstudiums auf Universitäts- oder Fachhochschulniveau ergänzt
wurden. Das Bundesgericht hat die Zulassungsregelung in der zürcherischen
Gesundheitsgesetzgebung mit dem Erfordernis eines Hochschulstudiums in
Psychologie einschliesslich Psychopathologie in Verbindung mit den übrigen
Voraussetzungen als konsistente Regelung bezeichnet, die einen wirksamen
Gesundheitsschutz gewährleiste. Es liess jedoch durchblicken, dass ebenso hätte
in Betracht gezogen werden können, als Erstausbildung einen Hochschulabschluss
geisteswissenschaftlicher Art, wie Philosophie, Pädagogik oder Theologie,
genügen zu lassen, ergänzt durch eine
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entsprechende Zusatzausbildung (vgl. BGE 128 I 92 E. 2c S. 97). Wenn der Kanton
Graubünden sich für ein solches Zulassungsmodell entschieden hat, durfte das
Verwaltungsgericht von einer gleichwertigen Marktzugangsordnung im Sinne von
Art. 2 Abs. 5 BGBM ausgehen. Eine zusätzliche Verhältnismässigkeitsprüfung
gemäss Art. 3 Abs. 1 BGBM erübrigte sich demgemäss (oben E. 2.4). Gründe des
öffentlichen Interesses, welche gegenüber Inhabern der bündnerischen
Berufsausübungsbewilligung das Absolvieren der verlangten Erstausbildung im
Hinblick auf das im Kanton Zürich angestrebte Schutzniveau als geradezu
"unerlässlich" (im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. b BGBM) erscheinen lassen
würden, sind nicht ersichtlich. Bei der Abwägung des seitens des
Beschwerdeführers geltend gemachten polizeilichen Interesses gegenüber dem
(durch das Binnenmarktgesetz geschützten) Interesse am freien Marktzugang fällt
vorliegend ausserdem ins Gewicht, dass auch verschiedene andere Kantone neben
einem Hochschulstudium in Psychologie Hochschulabschlüsse mit anderen
gleichwertigen Fächerverbindungen genügen lassen (vgl. die entsprechende
Übersicht im erläuternden Bericht vom Mai 2005 des Bundesamts für Gesundheit
zum Vorentwurf für ein Bundesgesetz über die Psychologieberufe, Ziff. 1.5 S. 12
f.) und die zürcherische Regelung als sich durch "recht hohe Anforderungen"
auszeichnend charakterisiert wird (vgl. UELI KIESER, Die Zulassung zur
psychotherapeutischen Tätigkeit, in: AJP 2007 S. 287 f.). Hinzu kommt, dass
ursprünglich auch die Regierung des Kantons Zürich den Verzicht auf die
Forderung eines Hochschulabschlusses in Psychologie im Hauptfach als vertretbar
erachtete und dass aufgrund der getroffenen Übergangsregelung (vgl. dazu BGE
128 I 92 E. 4 S. 99 f.) eine beträchtliche Anzahl der im Kanton praktizierenden
Psychotherapeuten diese Voraussetzung heute nicht erfüllen. Ob die streitige
Zulassungsvoraussetzung letztlich vor allem auf standespolitischen Überlegungen
der Berufsverbände beruht, wie dies seitens der Beschwerdegegnerin geltend
gemacht wird, kann dahingestellt bleiben. Es ist dem Kanton Zürich nach dem
Gesagten jedenfalls zumutbar, Inhaber der bündnerischen
Berufsausübungsbewilligung ohne die verlangte qualifizierte Erstausbildung zur
selbständigen Berufsausübung zuzulassen. Dem Verwaltungsgericht kann nicht
vorgeworfen werden, sein Entscheid beruhe auf einer unrichtigen Auslegung und
Anwendung des Binnenmarktgesetzes.
BGE 135 II 12 S. 22

2.6 Soweit der Kanton Zürich losgelöst von den vorstehend behandelten
generellen Aspekten die individuelle Ausbildung der Beschwerdegegnerin in Frage
stellt, fehlt ihm hiezu nach dem Gesagten (oben E. 1.2.2) die erforderliche
Legitimation.