Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 135 III 666



Urteilskopf

135 III 666

97. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. GmbH gegen
Y., als Insolvenzverwalter über die Z. GmbH in Konkurs (Beschwerde in
Zivilsachen)
5A_134/2009 vom 7. Juli 2009

Regeste

Konkurs nach Art. 166 ff. IPRG; Anfechtungsklage (Art. 171 IPRG, Art. 285 ff.
SchKG).
Voraussetzungen zur Erhebung der Anfechtungsklage durch die ausländische
Konkursverwaltung (E. 3.2).

Sachverhalt ab Seite 666

BGE 135 III 666 S. 666

A.

A.a Das Amtsgericht Ludwigsburg/Deutschland eröffnete mit Beschluss vom 1.
April 2004 über das Vermögen der Firma Z. GmbH,
BGE 135 III 666 S. 667
in P./Deutschland, das Insolvenzverfahren und ernannte Y., in Stuttgart, zum
Insolvenzverwalter. Auf Gesuch des Insolvenzverwalters hin verfügte der
Präsident des Zivilgerichts Seebezirk am 29. Mai 2006 gestützt auf Art. 166
IPRG die Anerkennung des Insolvenzbeschlusses vom 1. April 2004 und beauftragte
das Konkursamt des Kantons Freiburg mit dem Vollzug.

A.b Am 25. August 2006 erhob der Insolvenzverwalter beim Zivilgericht Seebezirk
eine Anfechtungsklage gemäss Art. 285 ff. SchKG gegen die X. GmbH in B./FR und
verlangte, die X. GmbH sei zu verpflichten, Fr. 280'000.- (nebst Zinsen) zu
bezahlen und in die Insolvenzmasse zurückzuführen. Zur Begründung machte er im
Wesentlichen geltend, die X. GmbH habe sich Beratungshonorare auszahlen lassen,
als die Z. GmbH bereits überschuldet gewesen sei.

A.c Das Zivilgericht Seebezirk beschränkte das Verfahren dahingehend, über die
Rechtzeitigkeit der Anfechtungsklage und die Aktivlegitimation des
Anfechtungsklägers zu entscheiden. Mit Urteil vom 4. Juli 2008 stellte das
Zivilgericht fest, dass die Anfechtungsklage nicht verwirkt sei und wies die
Einrede der fehlenden Aktivlegitimation ab.

B. Gegen diesen Entscheid erhob die X. GmbH kantonale Berufung und focht
(einzig) die Bejahung der Aktivlegitimation an. Mit Urteil vom 5. Januar 2009
wies das Kantonsgericht Freiburg die Berufung ab und bestätigte das
erstinstanzliche Urteil.

C. Die X. GmbH führt mit Eingabe vom 23. Februar 2009 Beschwerde in
Zivilsachen. Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht, das Urteil des
Kantonsgerichts aufzuheben und die Anfechtungsklage mangels Aktivlegitimation
abzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde in Zivilsachen ab.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

3.

3.2 Rechtsfolge der Anerkennung des Konkurses nach Art. 166 IPRG ist, dass die
ausländische Konkursverwaltung (oder ein dazu berechtigter Konkursgläubiger)
die Anfechtungsklage nach Art. 285 ff. SchKG erheben kann (Art. 171 IPRG; BGE
129 III 683 E. 5.3 S. 688).

3.2.1 Die Beschwerdeführerin hält zunächst zu Recht fest, dass die ausländische
Konkursverwaltung die Anfechtungsansprüche nur geltend machen und den
Prozesserlös direkt der ausländischen Masse
BGE 135 III 666 S. 668
zuführen kann, sofern das schweizerische Konkursamt und die privilegierten
Gläubiger auf die Geltendmachung verzichtet haben (BGE 135 III 40 E. 2.5.1 S.
44; VOLKEN, Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N. 21 zu Art. 171 IPRG;
BERTI, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 10
zu Art. 171 IPRG; vgl. KAUFMANN-KOHLER/SCHÖLL, in: Commentaire romand,
Poursuite et faillite, 2005, N. 15 ff. zu Art. 171 SchKG). Auf diese
Voraussetzungen hat die Vorinstanz abgestellt, allerdings ohne nähere Angaben
in tatsächlicher Hinsicht anzufügen. Dass die erwähnten Voraussetzungen -
Verzicht auf Geltendmachung durch die Konkursverwaltung und die privilegierten
Gläubiger - erfüllt seien, stellt die Beschwerdeführerin mit keinem Wort in
Frage. Insoweit ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz erwogen hat, dass
die Insolvenzverwaltung der Z. GmbH grundsätzlich - gestützt auf Art. 171 IPRG
- berechtigt ist, die Anfechtungsklage zu erheben und Leistung an die
ausländische Masse zu verlangen. Die Rüge, die vorliegende Anfechtungsklage
verstosse insoweit gegen das Territorialitätsprinzip, ist unbegründet.

3.2.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe verkannt, dass
der Beschwerdegegner (Insolvenzverwalter) die Anfechtungsklage als Vertreter
der Insolvenzmasse erheben müsse, wie dies im uneingeschränkt massgebenden
schweizerischen Recht vorgesehen sei. Dieser Einwand ist unbehelflich. Bei der
"ausländischen Konkursverwaltung" gemäss Art. 171 IPRG handelt es sich um die
Instanz, die das Vermögen des Konkursiten verwaltet, verwertet und verteilt
(KREN KOSTKIEWICZ, Internationales Konkursrecht [...], BlSchK 1993 S. 7/8;
BERTI, a.a.O., N. 20 zu Art. 166 IPRG). Dass nicht der Beschwerdegegner als
Insolvenzverwalter, sondern eine andere Instanz als "ausländische
Konkursverwaltung" zu qualifizieren sei, behauptet die Beschwerdeführerin
selber nicht. Das Kantonsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Frage, ob
der Beschwerdegegner zur Prozessführung legitimiert ist, sich im Einzelfall
nach dem Recht des Konkurseröffnungsstaates bestimmt (KREN KOSTKIEWICZ, a.a.O.;
BERTI, a.a.O., N. 20 zu Art. 166 IPRG; vgl. BGE 100 Ia 18 E. 2 S. 21). Die
Rüge, die Vorinstanz habe insoweit zu Unrecht deutsches Recht angewendet (Art.
96 lit. a BGG), geht fehl.

3.2.3 Die weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach der
Beschwerdegegner (Insolvenzverwalter) die Anfechtungsklage nicht in eigenem
Namen erheben könne, sondern als Vertreter der Insolvenzmasse erheben müsse,
sind unbehelflich. Nach den
BGE 135 III 666 S. 669
vorinstanzlichen Erwägungen ist (mit Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung) der
Beschwerdegegner als Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 der deutschen
Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 befugt, Prozesse in eigenem Namen und in
eigener Verantwortung mit Wirkung für die Insolvenzmasse zu führen. Die
Beschwerdeführerin verkennt, dass das Bundesgericht in vermögensrechtlichen
Angelegenheiten nicht prüfen kann, ob das ausländische Recht richtig angewendet
worden ist (Art. 96 lit. b BGG, e contrario), sondern nur die Rüge einer
Verletzung von Art. 9 BV möglich ist (BGE 133 III 446 E. 3.1 S. 447). Dass die
(belegte) Auffassung der Vorinstanz, nach der deutschen Insolvenzordnung sei
der Beschwerdeführer als Insolvenzverwalter zur Prozessführung befugt (vgl.
dazu BGE 135 I 63 E.1.1.2 [erster Absatz] S. 65), gegen das Willkürverbot
verstosse, rügt die Beschwerdeführerin nicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf das
Vorbringen, der Beschwerdegegner hätte "als Vertreter der Insolvenzmasse"
klagen müssen, kann mangels hinreichend begründeter Beschwerde nicht
eingetreten werden.