Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 135 III 656



Urteilskopf

135 III 656

95. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S.
Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE) gegen X. (Beschwerde in
Zivilsachen)
4A_447/2009 vom 9. November 2009

Regeste

Art. 34 Abs. 3 PatG, Art. 105 Abs. 2 PatV; Eintragung einer Lizenz im
Patentregister.
Der Lizenznehmer, der beim Registerführer die Eintragung seiner Patentlizenz
beantragt, muss sich auf das Einverständnis des Patentinhabers stützen können.
Beweis des Bestands der Lizenz und des Einverständnisses zum Eintrag;
Gehörswahrung. Bietet der Patentinhaber keine Hand zur Eintragung, bleibt dem
Lizenznehmer nur der Weg über eine Zivilklage (E. 3).

Sachverhalt ab Seite 657

BGE 135 III 656 S. 657

A. Am 8. Oktober 2001 räumte A. der X. (Beschwerdegegnerin) in einem
Lizenzvertrag eine exklusive Lizenz an zwei Patenten im Zusammenhang mit
Zahnimplantaten ein, die im Schweizerischen Patentregister auf seinen Namen
registriert sind. Der Vertrag sieht für den Fall schwerer Vertragsverletzungen
("significant contract violations") ein beidseitiges Kündigungsrecht vor. Als
Beispiel einer schweren Vertragsverletzung nennt er unter anderem das
Nichteinhalten der Zahlungsfristen für die vierteljährlich zu entrichtenden
Lizenzgebühren. Mit Schreiben vom 8. Mai 2008 trat A. vom Lizenzvertrag zurück
und kündigte diesen zugleich mangels pünktlicher Bezahlung der Lizenzgebühr. In
der weiteren Diskussion zwischen den Vertragsparteien bestritt die
Beschwerdegegnerin eine gültige Auflösung des Vertrags und hielt am Bestand
ihrer Exklusivlizenz fest.
Am 28. Januar 2009 beantragte die Beschwerdegegnerin dem Eidgenössischen
Institut für Geistiges Eigentum (IGE) unter Vorlage des Lizenzvertrags aus dem
Jahre 2001, ihre exklusive Lizenz für die europäischen Patente Nr. y und z im
Patentregister einzutragen. Mit Schreiben vom 29. Januar 2009 teilte das IGE
der Beschwerdegegnerin die beantragte Änderung im Register mit.
Am 6. Februar 2009 ersuchte A. das IGE um Wiedererwägung und Widerruf,
eventuell Löschung der Lizenzeintragungen. Zur Begründung führte er aus, dass
die Lizenz mit der Auflösung des Lizenzvertrags untergegangen sei.
Mit Verfügung vom 13. Februar 2009 hiess das IGE das Wiedererwägungsgesuch gut
und widerrief den Registereintrag vom 29. Januar 2009, den es gleichentags
löschte.

B. Die Beschwerdegegnerin erhob dagegen Beschwerde an das
Bundesverwaltungsgericht und beantragte (im Wesentlichen), die Eintragungen
seien zu bestätigen und die Lizenz - falls gelöscht - wieder einzutragen.
BGE 135 III 656 S. 658
Mit Zwischenverfügung vom 24. März 2009 ordnete das Bundesverwaltungsgericht
die vorläufige Wiedereintragung der beiden ausschliesslichen Lizenzen bis zum
rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens an. Das IGE trug daraufhin die
Lizenzen am 1. April 2009 wieder ein.
Mit Urteil vom 7. Juli 2009 hiess das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde
gut und hob die Verfügung des IGE vom 13. Februar 2009 auf. Das
Eventualbegehren des Patentinhabers um Anordnung einer Sicherheitsleistung wies
es ab.

C. Das IGE beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen, das
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2009 sei aufzuheben. Das IGE
sei anzuweisen, die vom Bundesverwaltungsgericht mit Zwischenverfügung vom 24.
März 2009 angeordnete und mit Urteil vom 7. Juli 2009 bestätigte Eintragung der
ausschliesslichen Lizenz für die europäischen Patente Nr. y und z zu löschen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Die Eintragung der
exklusiven Lizenz zugunsten von X. bei den EP Patenten Nr. y und z sei zu
bestätigen. Das Bundesverwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde
unter Verzicht auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

3. Damit stellt sich die weitere Frage, ob die neu getroffene Verfügung vom 13.
Februar 2009, mithin die Verweigerung der beantragten Eintragung der Lizenz,
rechtens war.
Das IGE begründet die Verweigerung damit, dass die vom Patentinhaber
vorgebrachten Tatsachen darauf schliessen liessen, dass der Lizenzvertrag zur
Zeit der Einreichung beim IGE am 28. Januar 2009 aufgrund des Rücktritts des
Patentinhabers vom Vertrag nicht mehr rechtswirksam gewesen sei. Daher könne
gestützt darauf die Lizenz nicht eingetragen werden. Die Eintragung einer
Lizenz setze das Einverständnis des Patentinhabers voraus. Der Lizenznehmer
habe kein Recht auf Eintragung, sondern lediglich einen selbständig
einklagbaren Anspruch gegen den Lizenzgeber.
Die Vorinstanz vertritt demgegenüber die Ansicht, dass die Vorlage des
Lizenzvertrags als Voraussetzung für die Eintragung ausreiche.
BGE 135 III 656 S. 659
Die ausdrückliche Zustimmung des Lizenzgebers sei nicht verlangt. Der
Lizenzvertrag diene als Beleg für das Bestehen der Lizenz, die als solche den
Anspruch des Lizenznehmers auf Vormerkung begründe. Die Vormerkung einer Lizenz
sei bereits dann vorzunehmen, wenn die Lizenz unstrittig zustande gekommen sei
und an ihrer vom Lizenzgeber eingewendeten seitherigen Aufhebung erhebliche
Zweifel bestünden.

3.1 Die Eintragung von Lizenzen an Patenten im Patentregister ist in der
Gesetzgebung nur rudimentär geregelt. Art. 34 Abs. 3 PatG (SR 232.14) bestimmt:
"Gegenüber einem gutgläubigen Erwerber von Rechten am Patent sind
entgegenstehende Lizenzen unwirksam, die im Patentregister nicht eingetragen
sind." Das Gesetz beschränkt sich mithin darauf, die grundsätzliche Möglichkeit
zur Eintragung von Lizenzen an Patenten vorzusehen und die Wirkung der
Eintragung zu regeln.
Zum Eintragungsverfahren bestimmt Art. 105 Abs. 2 PatV (SR 232. 141), dass die
Lizenz durch eine schriftliche Erklärung des (bisherigen) Patentinhabers oder
Anmelders oder durch eine andere genügende Beweisurkunde nachgewiesen werden
muss. Art. 106 PatV verlangt zur Löschung einer eingetragenen Lizenz auf Antrag
des Patentinhabers eine ausdrückliche Verzichtserklärung des Lizenznehmers.
Nicht geregelt ist namentlich, wer die Vormerkung einer Lizenz beantragen kann,
ob die Vorlage des Lizenzvertrags ausreicht oder ob die ausdrückliche
Zustimmung des Patentinhabers erforderlich ist und insbesondere, wie der
Registerführer vorzugehen hat, wenn umstritten ist, ob ein eingereichter
Lizenzvertrag (noch) rechtsgültig ist.

3.2 Die Eintragung der Lizenz wirkt im Innenverhältnis zwischen Patentinhaber
und Lizenznehmer bloss deklaratorisch, das heisst das Entstehen der Lizenz ist
nicht von der Eintragung abhängig (BLUM/PEDRAZZINI, Das schweizerische
Patentrecht, Bd. II, 2. Aufl. 1975, N. 109b zu Art. 34 PatG; ROLAND VON BÜREN,
Der Lizenzvertrag, in: SIWR Bd. I/1, 2002, S. 334; RETO M. HILTY,
Lizenzvertragsrecht, 2001, S. 323; MATTHIAS REY, Der Gutglaubenserwerb im
Immaterialgüterrecht, 2009, S. 238). Im Aussenverhältnis jedoch verstärkt die
Eintragung die Rechtsstellung des Lizenznehmers, indem der Erwerber des Patents
dem eingetragenen Lizenznehmer die Nutzung des Patents nach Massgabe des
Lizenzvertrags gestatten muss (BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O., N. 109c zu Art. 34
PatG; VON BÜREN, a.a.O., S. 334 f.;
BGE 135 III 656 S. 660
HILTY, a.a.O., S. 325; KASPAR SPOENDLIN, Unklare Rechtswirkungen des
Patentregisters, SMI 1978 S. 166 ff., 173; hier kann offenbleiben, ob die
Eintragung den Lizenznehmer auch gegenüber späteren Lizenznehmern schützt [vgl.
dazu etwa BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O., N. 109d zu Art. 34 PatG]). Daraus erhellt,
dass der Patentinhaber durch die Eintragung der Lizenz im Aussenverhältnis
insofern eine Belastung erfährt, als die Veräusserbarkeit seines Patentes mit
Blick auf die vorgemerkte Lizenz erschwert wird (HILTY, a.a.O., S. 323 ff.). In
casu ist denn auch aktenkundig, dass ein Kaufinteressent die Verhandlungen
abbrach, nachdem er von der eingetragenen exklusiven Lizenz zugunsten der
Beschwerdegegnerin Kenntnis erhalten hatte. Aus der Belastung des
Patentinhabers durch die Eintragung folgt, dass seine Zustimmung zum
Registereintrag vorliegen muss. Wenn die Vorinstanz aus dem Sicherungszweck der
Eintragung einer Lizenz nach Art. 34 Abs. 3 PatG einen Anspruch des
Lizenznehmers auf Vormerkung ohne Einverständnis des Patentinhabers ableiten
will, so kann dem nicht gefolgt werden. Diese Meinung lässt die Auswirkung der
Lizenzeintragung im Aussenverhältnis, namentlich die damit verbundene Belastung
des Patentinhabers durch eine erschwerte Verfügbarkeit seines Patents, ausser
Acht und kann sich nicht auf Art. 34 Abs. 3 PatG stützen.
Anders als die Regelung zur Eintragung einer Markenlizenz, die auf Antrag
"eines Beteiligten" (Art. 18 Abs. 2 MSchG [SR 232.11]; dazu LUCAS DAVID,
Kommentar zum MSchG, 1974, N. 11 zu Art. 18 MSchG) bzw. des Markeninhabers oder
des Lizenznehmers (Art. 29 Abs. 1 MSchV [SR 232.111]) erfolgen kann, schweigt
sich die Regelung betreffend Eintragung einer Lizenz an einem Patent über die
Antragsberechtigung aus. Art. 105 Abs. 2 PatV verleiht dem Lizenznehmer kein
selbständiges Antragsrecht. Andererseits wird nicht ausgeschlossen, dass das
IGE ein vom Lizenznehmer gestelltes Gesuch auf Eintragung der Lizenz
entgegennimmt. Tritt jedoch der Lizenznehmer als Antragsteller auf, muss er
sich nach dem vorstehend Ausgeführten auf das Einverständnis des Lizenzgebers
stützen können (in diesem Sinn BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O., N. 110 zu Art. 34 PatG
und wohl auch VON BÜREN, a.a.O., S. 337). Er muss daher zweifelsfrei
nachweisen, dass der Patentinhaber mit dem Eintrag einverstanden ist. Hierzu
genügt entgegen der Vorinstanz die Vorlage des Lizenzvertrags allein nicht
(ohne Begründung a.A. REY, a.a.O., S. 238), da dessen gültiges Zustandekommen
oder dessen Fortbestand streitig sein kann und überdies mit dem Nachweis des
Fortbestands der
BGE 135 III 656 S. 661
Lizenz noch nicht dargetan ist, dass der Patentinhaber mit deren Eintrag im
Register einverstanden ist. Der Lizenzvertrag reicht daher grundsätzlich nicht
als "andere genügende Beweisurkunde" im Sinne von Art. 105 Abs. 2 PatV aus.
Nichts anderes folgt aus der von der Vorinstanz angeführten Literaturstelle
(BÜHLER/BLIND BURI, Entstehung des Patents, in: SIWR Bd. IV, 2006, S. 263). Die
genannten Autoren führen in Übereinstimmung mit Art. 105 Abs. 2 PatV aus, es
könne anstelle der schriftlichen Erklärung des Patentinhabers auch eine andere
Beweisurkunde eingereicht werden, aus der die Einräumung von Nutzungsrechten
hervorgehe. Es ist klar, dass eine Lizenz nur eingetragen werden kann, wenn sie
effektiv besteht. Der Lizenzvertrag genügt aber für sich allein nicht zum
Beweis des Bestehens der Lizenz, da - wie ausgeführt - dessen Zustandekommen
oder Fortbestand streitig sein kann. Wird vom antragstellenden Lizenznehmer
bloss ein Exemplar eines Lizenzvertrags vorgelegt, bedarf es darüber hinaus der
Zustimmung des Patentinhabers zur Eintragung. Diese darf namentlich als
konkludent erteilt betrachtet werden, wenn dem Patentinhaber vom IGE
Gelegenheit eingeräumt worden ist, zum Eintragungsgesuch Stellung zu nehmen und
er sich diesem nicht widersetzt. Ob und gegebenenfalls unter welchen
Voraussetzungen die Zustimmung auch ohne Anhörung des Patentinhabers als
erteilt betrachtet werden darf, wenn die Eintragung im vorgelegten
Lizenzvertrag selbst vereinbart wurde (hierzu: HILTY, a.a.O., S. 306) oder eine
separate Urkunde vorgelegt wird, in der der Patentinhaber sein Einverständnis
zur Eintragung erklärt, ist hier nicht zu entscheiden.
Bietet der Lizenzgeber nicht Hand zur Eintragung auf Antrag des Lizenznehmers,
bleibt diesem nur der Weg über eine Klage (HILTY, a.a.O., S. 307). Entgegen der
Ansicht der Vorinstanz besitzt der Lizenznehmer kein eigenständiges Recht auf
Eintragung, sondern lediglich einen selbständig einklagbaren Anspruch gegen den
Lizenzgeber (BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O., N. 109c zu Art. 34 PatG; VON BÜREN,
a.a.O., S. 335; WERNER STIEGER, Zur Beendigung des Lizenzvertrages nach
schweizerischem Recht, sic! 1/1999 S. 3 ff., 7 Fn. 34). Er kann sein
Sicherungsinteresse hinreichend wahrnehmen, indem er die Möglichkeit hat, beim
zur Durchsetzung dieses Anspruchs angerufenen Zivilgericht die Anordnung
vorsorglicher Massnahmen zu beantragen.

3.3 Aus dem oben Gesagten folgt, dass der Patentinhaber in das
Eintragungsverfahren auf Antrag des Lizenznehmers grundsätzlich
BGE 135 III 656 S. 662
einzubeziehen ist, damit er seinen Standpunkt einbringen kann, und ihm
jedenfalls die Verfügung über den Eintrag der Lizenz zu eröffnen ist. Bei
Streitigkeiten über Bestand oder Fortbestand der Lizenz muss eine Eintragung
unterbleiben, da es nicht Aufgabe des Registerführers sein kann, den Bestand
bzw. Fortbestand des Lizenzvertrags zu prüfen. Solche Vertragsstreitigkeiten
sind vom Zivilrichter zu entscheiden.

3.4 Die Verfügung des IGE vom 29. Januar 2009 war mithin in doppelter Hinsicht
ursprünglich fehlerhaft. Einerseits wurde das rechtliche Gehör des
Patentinhabers (A.) verletzt, indem dieser gar nicht in das Verfahren
einbezogen wurde und ihm die Verfügung nicht eröffnet wurde. Die
Beschwerdegegnerin unterliess es, das IGE darüber zu unterrichten, dass der
Fortbestand des eingereichten Lizenzvertrags aus dem Jahre 2001 streitig war.
Als Folge davon erging die Verfügung gestützt auf einen unvollständig
abgeklärten Sachverhalt, indem einzig auf den (angeblich bestehenden)
Lizenzvertrag abgestellt wurde und Zweifel an dessen Fortbestand
unberücksichtigt blieben. Andererseits lag die Zustimmung des Patentinhabers
zur Eintragung nicht vor.
Bei dieser Sachlage hätte die Lizenz nicht eingetragen werden dürfen und der
Widerruf der Lizenzeintragung durch die Verfügung vom 13. Februar 2009 erfolgte
auch materiell zu Recht, nachdem sich herausgestellt hatte, dass der
Patentinhaber sich dem Eintrag widersetzt. Der gegenteilig lautende Entscheid
der Vorinstanz erweist sich als bundesrechtswidrig. Die von der Vorinstanz mit
Zwischenverfügung vom 24. März 2009 angeordnete und mit dem angefochtenen
Urteil bestätigte Eintragung der ausschliesslichen Lizenz für die europäischen
Patente Nr. y und z ist zu löschen.