Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 135 III 185



Urteilskopf

135 III 185

26. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. B.F. und Mitb.
gegen E.F. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_398/2008 vom 18. Dezember 2008

Regeste

Art. 2 LugÜ; räumlich-persönlicher Anwendungsbereich. Die Anwendung von Art. 2
LugÜ setzt den Wohnsitz des Beklagten in einem Vertragsstaat sowie ein weiteres
internationales Element voraus; dieses ist gegeben, wenn der Kläger Wohnsitz im
Ausland hat, selbst wenn der Wohnsitzstaat nicht Lugano-Staat ist (E. 3.3).

Regeste

Art. 1 Abs. 2 Ziff. 1 LugÜ; sachlicher Anwendungsbereich. Ansprüche eines Erben
gegen Dritte fallen in den sachlichen Anwendungsbereich des LugÜ, wenn sich der
geltend gemachte Anspruch bereits im Vermögen des Erblassers befand, mithin nur
die Aktivlegitimation durch das Erbstatut bestimmt ist (E. 3.4).

Sachverhalt ab Seite 186

BGE 135 III 185 S. 186

A. E.F. (Kläger und Beschwerdegegner) mit Wohnsitz in Pakistan ist einer von
vier Nachkommen des am 10. März 2004 in Pakistan verstorbenen A.F. (Erblasser).
Dieser soll nach Darstellung des Beschwerdegegners verschiedene Konto- und
Depotbeziehungen zur X. (Beklagte) unterhalten haben. Mit seinen drei
Geschwistern B.F., C.F. und D.F. (Nebenintervenienten und Beschwerdeführer),
die alle ebenfalls in Pakistan Wohnsitz haben, liegt der Beschwerdegegner seit
längerer Zeit im Streit. Die X. verweigerte dem Beschwerdegegner im Jahre 2006
unter Berufung auf das schweizerische Bankkundengeheimnis die
Auskunftserteilung über die angeblichen Beziehungen des Erblassers zu ihr und
verlangte dafür ein gemeinsames Begehren sämtlicher vier Erben.

B.

B.a Am 31. Oktober 2006 erhob der Beschwerdegegner beim Handelsgericht Zürich
Klage mit dem Begehren, die X. sei zu verpflichten, ihm oder einer von ihm
bezeichneten Drittperson Einsicht in sämtliche sich bei der Beklagten
befindenden oder ihr zugänglichen Konto- bzw. Depotunterlagen zu gewähren, die
auf den Namen des Vaters des Beschwerdegegners, allein oder zusammen mit
anderen Personen oder unter Nummernbezeichnung auf diesen Namen lauten bzw.
lauteten, alles für den Zeitraum von zehn Jahren vor Klageanhebung und darüber
hinaus hinsichtlich früherer Geschäftsjahre, über welche die Beklagte noch
Unterlagen besitze.

B.b Nachdem der Beklagten Frist zur Erstattung der Klageantwort angesetzt
worden war, verkündete diese den Beschwerdeführern den Streit. In der Folge
erklärten die Streitberufenen ihren Beitritt als Nebenintervenienten zum
Prozess, worauf die Beklagte die Fortführung des Prozesses gestützt auf § 48
der Zivilprozessordnung vom
BGE 135 III 185 S. 187
13. Juni 1976 (ZPO/ZH; LS 271) den Beschwerdeführern überliess. Diese gaben in
der Folge die Erklärung ab, sie wollten den Prozess auf eigene Kosten
weiterführen.

B.c In ihrer Klageantwort erhoben die Beschwerdeführer namens der Beklagten die
Einrede der örtlichen Unzuständigkeit. Mit Beschluss vom 8. Mai 2007 wies das
Handelsgericht diese ab und erklärte sich für zuständig. Es kam zum Schluss,
das Einsichtsbegehren sei vertragsrechtlicher Natur und falle nicht unter den
Begriff der "erbrechtlichen Streitigkeit" im Sinne des Art. 86 Abs. 1 IPRG (SR
291). Gestützt auf Art. 2 Abs. 1 LugÜ (SR 0.275.11) i.V.m. Art. 1 Abs. 2 IPRG
sei ein Gericht im Sitzstaat der Beklagten international und innerhalb der
Schweiz gemäss Art. 112 Abs. 1 IPRG ein Gericht am Beklagtenwohnsitz örtlich
zuständig. Das Handelsgericht des Kantons Zürich sei damit international,
örtlich und gestützt auf §§ 62 und 63 Ziff. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes
vom 13. Juni 1976 (GVG/ZH; LS 211.1) auch sachlich zuständig. Gegen diesen
Entscheid legten die Beschwerdeführer Nichtigkeitsbeschwerde beim
Kassationsgericht des Kantons Zürich ein, in der sie im Wesentlichen die
Verletzung von Art. 86 IPRG und die Verweigerung des rechtlichen Gehörs mangels
genügender Begründung des angefochtenen Entscheids rügten. Das
Kassationsgericht trat mit Zirkulationsbeschluss vom 26. Juni 2008 nicht auf
die Nichtigkeitsbeschwerde ein. Es kam zum Schluss, dass das Bundesgericht im
Rahmen der Beschwerde in Zivilsachen beide Rügen frei überprüfen könne, weshalb
in Anwendung von § 285 Abs. 1 und 2 ZPO/ ZH die kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde nicht zulässig sei.

C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 2. September 2008 beantragen die
Beschwerdeführer dem Bundesgericht, es seien der Zirkulationsbeschluss des
Kassationsgerichts vom 26. Juni 2008 (Ziff. 1, 3 und 4) und der Beschluss des
Handelsgerichts vom 8. Mai 2007 (Ziff. 1) aufzuheben und auf die Klage mangels
Zuständigkeit nicht einzutreten. Eventualiter sei die Sache zur neuen
Beurteilung an das Handelsgericht, subeventualiter an das Kassationsgericht
zurückzuweisen.
Der Beschwerdegegner und sinngemäss auch das Kassationsgericht schliessen in
ihren Vernehmlassungen auf Abweisung der Beschwerde, sofern auf sie einzutreten
sei. In der Stellungnahme dazu bekräftigen die Beschwerdeführer ihre Anträge.
BGE 135 III 185 S. 188
Mit Präsidialverfügung vom 25. September 2008 wurde der Beschwerde
aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

3. Dem Handelsgericht werfen die Beschwerdeführer sinngemäss vor, es habe Art.
86 IPRG nicht bzw. nicht richtig angewendet, indem es das Einsichtsbegehren
nicht erbrechtlich, sondern vertragsrechtlich qualifiziert und sich zu Unrecht
als örtlich zuständig erklärt habe.

3.1 Hat eine Partei ihren Wohnsitz oder Sitz im Ausland, liegt nach
bundesgerichtlicher Rechtsprechung immer ein internationales Verhältnis im
Sinne von Art. 1 Abs. 1 IPRG vor (BGE 134 III 475 E. 4 S. 477; BGE 131 III 76
E. 2.3 S. 79 f.). Dabei ist unerheblich, welche Partei ihren Sitz oder Wohnsitz
im Ausland hat (BGE 131 III 76 E. 2.3 S. 80). Da der Beschwerdegegner seinen
Wohnsitz in Pakistan hat, findet das IPRG im vorliegenden Fall Anwendung, falls
kein völkerrechtlicher Vertrag vorgeht (Art. 1 Abs. 2 IPRG). In Zivil- und
Handelssachen ist auf die Frage der internationalen Zuständigkeit das
Lugano-Übereinkommen (LugÜ) anwendbar, sofern der hier zur Diskussion stehende
Sachverhalt in den räumlich-persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des
Übereinkommens fällt.
Welches der räumlich-persönliche Anwendungsbereich des LugÜ ist, ergibt sich
nicht aus einer entsprechenden allgemeinen Norm dieses Abkommens, sondern ist
anhand seiner einzelnen Zuständigkeitsbestimmungen zu prüfen (Urteil 5C.139/
2002 vom 26. September 2002 E. 2.2; IVO SCHWANDER, Gerichtszuständigkeiten im
Lugano-Übereinkommen, in: Das Lugano-Übereinkommen, 1990, S. 61/62). Vorliegend
fällt die Zuständigkeit im Sitzstaat der Beklagten gemäss Art. 2 Abs. 1 LugÜ in
Betracht. Dabei stellt sich die Frage, ob diese Norm auch dann zur Anwendung
gelangt, wenn wie hier der Kläger (Beschwerdegegner) Wohnsitz in einem Staat
hat, der nicht Lugano-Vertragsstaat ist. Mangels entsprechender Regelung ist
durch Auslegung des Übereinkommens zu entscheiden, ob die Anwendung von Art. 2
Abs. 1 LugÜ einen Bezug zu mehreren Lugano-Staaten voraussetzt.
BGE 135 III 185 S. 189

3.2 Das Lugano-Übereinkommen schliesst sich als Parallelübereinkommen sehr eng
an das von den Mitgliedern der Europäischen Union unterzeichnete Brüsseler
Übereinkommen (Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und
Handelssachen; EuGVÜ) sowie an die dieses Abkommen für die Vertragsstaaten der
EU (mit Ausnahme von Dänemark) ersetzende Verordnung Nr. 44/2001 des Rates vom
22. Dezember 2000 an (EuGVO; in Kraft seit 1. März 2002). Damit besteht Bedarf
nach einer harmonisierten Auslegung der aufeinander abgestimmten Normen.
Folgerichtig verpflichtet Art. 1 des Protokolls Nr. 2 zum Lugano-Übereinkommen
die Gerichte der Vertragsstaaten, bei der Anwendung und Auslegung der
Staatsvertragsbestimmungen den Grundsätzen gebührend Rechnung zu tragen, die in
massgebenden Entscheidungen von Gerichten der anderen Vertragsstaaten
entwickelt worden sind. Dies gilt in besonderem Masse auch für die
Rechtsprechung des EuGH (BGE 134 III 218 E. 3.3 S. 221 f.; BGE 131 III 398 E. 4
S. 399, BGE 131 III 227 E. 3.1 S. 230). Dabei ist gleichermassen unerheblich,
ob die europäische Rechtsprechung vor oder nach dem Inkrafttreten des
Lugano-Übereinkommens, zum EuGVÜ oder zu den mit dem Lugano-Übereinkommen
inhaltlich übereinstimmenden Normen der EuGVO ergangen ist (BGE 131 III 227 E.
3.1 S. 230; im Ergebnis schon BGE 129 III 626 E. 5.2.1 S. 632 f.). Eine
Differenzierung verbietet sich schon deshalb, weil sonst das mit dem
Lugano-Übereinkommen angestrebte Ziel, die Schweiz in einen europäischen Raum
vereinheitlichter Gerichtszuständigkeiten in Zivil- und Handelssachen
einzubinden, untergraben würde. Der Rechtsprechung des EuGH ist daher bei der
Auslegung des Lugano-Übereinkommens grundsätzlich zu folgen. Eine abweichende
Auslegung bleibt nur dann vorbehalten, wenn die europäische Rechtsprechung
eindeutig an den Zielen der Europäischen Union orientiert ist, welche die
Schweiz nicht mitträgt (BGE 131 III 227 E. 3.1 S. 230).

3.3 Nach der Rechtsprechung des EuGH setzt die Anwendung des dem Art. 2 LugÜ
entsprechenden Art. 2 EuGVÜ lediglich den Wohnsitz des Beklagten in einem
Vertragsstaat sowie ein weiteres internationales Element wie z.B. den Wohnsitz
des Klägers im Ausland voraus (Urteil vom 1. März 2005 C-281/02 Owusu, Slg.
2005 I-1383 Randnrn. 24 ff.; vgl. dazu PAUL VLAS, in: Brussels I Regulation,
München 2007, N. 6-7 zu Art. 2 EuGVO; BURKHARD
BGE 135 III 185 S. 190
HESS, The Brussels I Regulation 44/2001, München 2008, Rz. 48; PETER GOTTWALD,
in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Bd. III, 3. Aufl., München
2008, N. 26 zu Art. 2 EuGVO). Im Lichte dieser Rechtsprechung ist Art. 2 LugÜ
auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar, denn die Beklagte hat ihren Sitz in
der Schweiz, und aus dem klägerischen Wohnsitz in Pakistan ergibt sich ein
Auslandbezug. Eine solche Konstellation wird vom räumlich-persönlichen
Anwendungsbereich des harmonisiert ausgelegten Art. 2 LugÜ erfasst (so im
Ergebnis auch schon das vor dem Owusu -Entscheid ergangene Urteil 4C.98/2003
vom 15. Juni 2004 E. 2.1, wenn auch im Zusammenhang mit Art. 5 Ziff. 3 LugÜ;
anders demgegenüber in einem obiter dictum noch BGE 124 III 176 E. 4 S. 180).
Diese Auslegung wird auch in der neueren Schweizer Lehre vertreten (GERHARD
WALTER, Internationales Zivilprozessrecht der Schweiz, 4. Aufl. 2007, S. 182
f.; FELIX DASSER, Kommentar zum Lugano-Übereinkommen [LugÜ], 2008, N. 12 zu
Art. 1 LugÜ; PAUL VOLKEN, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N. 17
vor Art. 2 IPRG; SCHNYDER/GROLIMUND, in: Basler Kommentar zum Internationalen
Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 40 zu Art. 1 IPRG).

3.4 Das Einsichtsbegehren stützt sich auf ein Rechtsverhältnis zwischen
Privaten und ist daher als Zivil- oder Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1
LugÜ zu qualifizieren. Es wird vom sachlichen Anwendungsbereich des
Lugano-Übereinkommens erfasst, sofern es nicht in einen nach Art. 1 Abs. 2 LugÜ
ausgeschlossenen Sachbereich fällt.

3.4.1 Nach Art. 1 Abs. 2 Ziff. 1 LugÜ ist das Übereinkommen auf das Gebiet des
"Erbrechts einschliesslich des Testamentsrechts" nicht anzuwenden. Die
Auslegung dieser Norm hat nach den allgemeinen Grundsätzen des
Staatsvertragsrechts vertragsautonom zu erfolgen (BGE 124 III 382 E. 6d S. 395;
WALTER, a.a.O., S. 167; DASSER, a.a.O., N. 50 zu Art. 1 LugÜ; grundlegend in
Bezug auf die Auslegung der EuGVÜ das Urteil des EuGH vom 14. Oktober 1976 C
29-76 LTU Lufttransportunternehmen GmbH & Co. KG, Slg. 1976 S. 1541 Randnr. 3;
PIPPA ROGERSON, in: Brussels I Regulation, München 2007, N. 8 ff. zu Art. 1
EuGVO; PETER SCHLOSSER, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl., München 2003, N. 13 zu
Art. 1 EuGVO). Aus diesem Grund ist die von den Beschwerdeführern vorgetragene
Auslegung des Begriffs der "erbrechtlichen Streitigkeit" im
BGE 135 III 185 S. 191
Sinne des Art. 86 IPRG unbeachtlich, namentlich auch die dazu ergangene, von
den Beschwerdeführern mehrfach angerufene bundesgerichtliche Rechtsprechung.
In "das Gebiet des Erbrechts einschliesslich des Testamentsrechts" i.S. des
Art. 1 Abs. 2 Ziff. 1 LugÜ fallen alle Ansprüche des Erben "auf und an den
Nachlass" (so bezüglich des EuGVÜ PETER SCHLOSSER, Bericht zu dem Übereinkommen
über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, unterzeichnet in Brüssel am 27.
September 1968, ABl. 1979 C 59 S. 71 Rz. 52). Ob ein Auskunftsrecht eines Erben
gegenüber einem Dritten als ein solcher Anspruch zu qualifizieren ist, hat das
Bundesgericht noch nie entschieden. Ebenso wenig gibt es einschlägige
europäische Rechtsprechung zu den Parallelnormen des EuGVÜ bzw. der EuGVO.
Demgegenüber wird in der Doktrin zur EuGVO vertreten, dass die Verordnung in
vermögensrechtliche Streitigkeiten des Erben mit Dritten immerhin dann
eingreift, wenn sie ihren Grund nicht im Erbrecht haben und die Erbberechtigung
nur als Vorfrage auftreten kann. So findet die EuGVO auf die Klage aus einem
vom Erblasser geschlossenen Schuldvertrag Anwendung, auch wenn die Klage erst
nach dem Erbfall erhoben wird (JAN KROPHOLLER, Europäisches Zivilprozessrecht,
8. Aufl. 2005, N. 28 zu Art. 1 EuGVO). Das Auftreten erbrechtlicher Vorfragen
hindert die Anwendung der Verordnung nicht (SCHLOSSER, a.a.O., N. 18 zu Art. 1
EuGVO).

3.4.2 Ansprüche gegen Dritte, in die ein Erbe causa mortis nachfolgt, fallen
folglich dann in den sachlichen Anwendungsbereich des Lugano-Übereinkommens,
wenn sich der geltend gemachte Anspruch bereits im Vermögen des Erblassers
befand, mithin nur die Aktivlegitimation des Erben auf einem erbrechtlichen
Titel beruht. In solchen Fällen ist der Bestand und Inhalt des geltend
gemachten Anspruchs nicht nach dem Erbstatut, sondern nach einem anderen
vermögensrechtlichen Statut zu beurteilen und nur die Aktivlegitimation durch
das Erbrecht im Sinne einer Vorfrage bestimmt. Macht ein angeblicher Erbe einen
wie auch immer gearteten Anspruch gegen die Bank geltend, mit welcher der
Erblasser in einer Kontobeziehung stand, ist nach dem auf die
Bankkundenbeziehung anwendbaren Vertragsstatut zu prüfen, ob ein solcher
Anspruch besteht. Ist er begründet, befand er sich bereits im Vermögen des
Erblassers und beruht nur die Aktivlegitimation des
BGE 135 III 185 S. 192
Erben auf einem erbrechtlichen Titel. Ein derart geltend gemachter Anspruch
fällt damit nicht unter die ausgeschlossenen Materien gemäss Art. 1 Abs. 2
Ziff. 1 LugÜ.
Freilich kann zugleich ein erbrechtlicher Anspruch gegenüber der Bank bestehen,
für den das Lugano-Übereinkommen keine Zuständigkeit vorsieht (bezüglich sich
direkt aus dem Erbstatut ergebender Ansprüche vgl. das Urteil des
Bundesgerichts 5C.235/2004 vom 24. März 2005 E. 2.2). Das ändert aber nichts
daran, dass jedenfalls der sich aus dem Vertragsstatut ergebende Anspruch nicht
zu den ausgeschlossenen Materien des Lugano-Übereinkommens gehört. Insofern
fällt das Einsichtsbegehren, das der Beschwerdegegner nach den Feststellungen
des Handelsgerichts auf eine vorbestehende Bankkundenbeziehung des Erblassers
mit der Beklagten stützt, in dem Umfang nicht unter die ausgeschlossenen
Materien, als dessen Bestand und Inhalt vertragsrechtlich begründet ist.

3.5 Das Handelsgericht des Kantons Zürich hat sich in Anwendung von Art. 2 Abs.
1 LugÜ i.V.m. Art. 112 Abs. 1 IPRG zu Recht für international und örtlich
zuständig erklärt. Es wird die Begründetheit des Einsichtsbegehrens
hauptfrageweise gestützt auf ein Vertragsstatut und vorfrageweise gestützt auf
ein Erbstatut zu beurteilen haben.