Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 135 III 171



Urteilskopf

135 III 171

24. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Ka-
derversicherung der SAirGroup gegen Nachlassmasse der SAir- Group in
Nachlassliquidation (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_131/2008 vom 23. Oktober 2008

Regeste

Art. 219 Abs. 4 Erste Klasse lit. b SchKG; Konkursprivileg für die Forderungen
von Personalvorsorgeeinrichtungen gegenüber den angeschlossenen Arbeitgebern.
Das Konkursprivileg umfasst auch Forderungen einer Personalvorsorgeeinrichtung
gegenüber einem angeschlossenen Arbeitgeber aus Anleihensobligationen (E. 4.3).
Unerheblich ist dabei, ob die Titel im Rahmen einer Selbst- oder einer
Fremdemission ausgegeben worden sind (E. 5).

Sachverhalt ab Seite 172

BGE 135 III 171 S. 172

A. In den Jahren 1980, 1988 und 1993 gab die Swissair Schweizerische
Luftverkehr-Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich (nachfolgend: Swissair)
Anleihensobligationen über Fr. 120'000'000.-, Fr. 150'000'000.- und
schliesslich über Fr. 200'000'000.- aus. Einzelne Tranchen reservierte sie sich
für besondere Zwecke. Die übrigen legte sie zur öffentlichen Zeichnung auf.
Soweit dies der Fall war, wurden die entsprechenden Tranchen von den
beteiligten Banken fest übernommen. Der Erlös der Anleihen diente zur
Mitfinanzierung der Erneuerung und Erweiterung des Flugzeugparkes und der
zugehörigen Investitionen. Die Kaderversicherung der SAirGroup zeichnete bei
Ausgabe oder erwarb später Anteile dieser Anleihen zum Nennwert von insgesamt
Fr. 13'750'000.-.

B. Die SAirGroup entstand im Jahre 1997 als Rechtsnachfolgerin der im Jahre
1931 gegründeten Swissair. Als Holdinggesellschaft umfasst sie unter anderem
eine im Jahre 1997 unter der Firma Swissair Schweizerische
Luftverkehr-Aktiengesellschaft neu gegründete Aktiengesellschaft. Beiden
Gesellschaften wurde Ende 2001 die provisorische Nachlassstundung gewährt, und
der jeweilige Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung wurde im Mai bzw. Juni
2003 bestätigt.

C. Mit Kollokationsverfügung vom 10. Oktober 2006 anerkannte der Liquidator der
SAirGroup in Nachlassliquidation die von der Kaderversicherung der SAirGroup
angemeldeten Forderungen aus den Anleihensobligationen in der Höhe von
insgesamt Fr. 13'970'083.35 einschliesslich Zinsen in der dritten Klasse.

D. Die Kaderversicherung der SAirGroup gelangte daraufhin an das Bezirksgericht
Zürich und verlangte, es seien die anerkannten Forderungen aus den
Anleihensobligationen in der ersten Klasse zu kollozieren und es sei der
Kollokationsplan entsprechend anzupassen. Mit Urteil vom 5. April 2007 wurde
die Kollokationsklage abgewiesen.

E. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die gegen das erstinstanzliche
Urteil erhobene Berufung am 22. Januar 2008 ab.

F. Die Kaderversicherung der SAirGroup (nachfolgend: Beschwerdeführerin) ist
mit Beschwerde in Zivilsachen vom 27. Februar 2008 an das Bundesgericht
gelangt. Sie beantragt die Aufhebung
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des obergerichtlichen Urteils und die Kollokation ihrer anerkannten Forderungen
aus Anleihensobligationen in der ersten Klasse sowie die entsprechende
Anpassung des Kollokationsplanes der SAirGroup in Nachlassliquidation.
Die SAirGroup in Nachlassliquidation (nachfolgend: Beschwerdegegnerin)
schliesst in ihrer Vernehmlassung vom 11. April 2008 auf Abweisung der
Beschwerde. Über die Beschwerde wurde an der öffentlichen Beratung vom 23.
Oktober 2008 befunden.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

1. Der Entscheid über die Kollokation einer Forderung in eine bestimmte Klasse
stellt eine Zwangsvollstreckungssache dar, gegen welche die Beschwerde in
Zivilsachen zulässig ist (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG). Die Streitwertgrenze ist
angesichts der mutmasslichen Dividende bei Gutheissung der Kollokationsklage
klar überschritten (BGE 131 III 451 E. 1.2 S. 453). Auf die gegen den
letztinstanzlich ergangenen Endentscheid (Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG)
eingereichte Beschwerde ist daher einzutreten.

2. Nach Art. 219 Abs. 4 Erste Klasse lit. b SchKG sind die Ansprüche der
Versicherten nach dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die
Unfallversicherung sowie aus der nicht obligatorischen beruflichen Vorsorge und
die Forderungen von Personalvorsorgeeinrichtungen gegenüber den angeschlossenen
Arbeitgebern in der ersten Klasse zu kollozieren.
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Kollokation der im Bestand
anerkannten Forderungen aus Anleihensobligationen, welche von einer
Personalvorsorgeeinrichtung gezeichnet und erworben worden sind.
Das Obergericht begründete seinen Entscheid zum einen damit, dass die
Beschwerdeführerin mit der Zeichnung und Liberierung oder dem späteren Erwerb
von den betreffenden Bankenkonsortien Anleihensobligationen käuflich erworben
habe, denen kein Konkursprivileg angehaftet habe, da durch den Verkauf bzw.
Zukauf die rechtlichen Eigenschaften einer Forderung nicht verändert würden.
Zum andern führte das Obergericht aus, dass es sich bei den Ansprüchen der
Beschwerdeführerin um zivilrechtliche Forderungen handle, welche aus
vertraglichen Vereinbarungen zwischen
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Vorsorgeeinrichtung und Arbeitgeber entstünden, und nicht um Forderungen,
welchen ein Rechtsverhältnis aufgrund der BVG-Gesetzgebung zugrunde liege. Den
Gesetzesmaterialien lasse sich nicht entnehmen, dass derartigen und in einem
Wertpapier verbrieften Forderungen ein Konkursprivileg anhaften resp. zukommen
soll.

3. Dem Argument des Obergerichts, die Beschwerdeführerin habe vom
Bankenkonsortium Anleihensobligationen erworben, denen kein Konkursprivileg
angehaftet habe, und könne infolgedessen kein Privileg geltend machen, hält
diese entgegen, das Bankenkonsortium habe in direkter Stellvertretung des
Emittenten gehandelt und die Forderung sei direkt bei ihr entstanden, weshalb
das Obergericht Art. 32 Abs. 1 OR verletzt habe.
Die Beschwerdegegnerin ist in den Jahren 1980, 1988 und 1993 durch Einschaltung
eines Bankenkonsortiums mit Anleihensobligationen an das Publikum gelangt, um
sich auf dem Kapitalmarkt die notwendigen Mittel für die Investitionen in ihren
Flugzeugpark zu beschaffen. Eine solche Fremdemission zeichnet sich durch die
feste Übernahme einer bestimmten Tranche seitens der in eigenem Namen und auf
eigenes Risiko auftretenden Banken aus, wodurch der Anleihensschuldner über den
vereinbarten Betrag unmittelbar verfügen kann (MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE,
Wertpapierrecht, 2. Aufl. 2000, S. 290 § 20 Rz. 74 ff.). Die Beschwerdeführerin
erwarb von den Banken solche Anleihensobligationen zum Nennwert von insgesamt
Fr. 13'750'000.- auf dem Wege der öffentlichen Zeichnung und durch späteren
Kauf. Mit der Liberierung der ausgegebenen Obligationen wurde das
Bankenkonsortium Gläubiger des Emittenten (MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, a.a.O.,
S. 291 § 20 Rz. 79) und mit der Inbesitznahme deren Eigentümer. Erst mit der
käuflichen Übertragung der Titel vom Bankenkonsortium auf die
Beschwerdeführerin (MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, a.a.O., S. 291 § 20 Rz. 81)
wurde diese Anleihensobligationärin bzw. Gläubigerin der Beschwerdegegnerin.
Von einer Verletzung der Regeln über die Stellvertretung kann daher von
vornherein nicht die Rede sein. Allerdings stellt sich die Frage, ob das
Vorliegen einer Fremdemission für die Privilegierung der Forderung der
Beschwerdeführerin überhaupt massgeblich ist (s. dazu unten, E. 5).

4. Die Vorinstanz will in Anleihensobligationen verbriefte Forderungen vom
Privileg von Art. 219 Abs. 4 Erste Klasse lit. b SchKG ausnehmen (s. oben, E.
2).
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4.1 Der bundesrätliche Entwurf von Art. 219 Abs. 4 Erste Klasse lit. b SchKG
sah ein Privileg vor für die Ansprüche der Versicherten aus der nicht
obligatorischen beruflichen Vorsorge und für die Beitragsforderungen der
Vorsorgeeinrichtungen, soweit sie nicht durch den Sicherheitsfonds gemäss dem
Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge gedeckt sind, d.h. im nichtobligatorischen Bereich (BBl 1991
III 254). Dieser Vorschlag beruht auf dem Bestreben, im Interesse der
Gleichbehandlung der Gläubiger die vorrangige Befriedigung auf das "wirklich
Notwendige" zu beschränken. Privilegiert bleiben sollten nur Forderungen wegen
eines "spezifischen individuellen Schutzbedürfnisses" in "ausgeprägten
Abhängigkeitsverhältnissen", wie solche von Arbeitnehmern, Rentnern und Kindern
(Botschaft vom 8. Mai 1991 über die Änderung des Bundesgesetzes über
Schuldbetreibung und Konkurs, BBl 1991 III 128 f.). So wurde die Regelung im
Entwurf von Art. 219 Abs. 4 Erste Klasse lit. b SchKG mit der engen Verknüpfung
von Arbeitsverhältnis und beruflicher Vorsorge begründet (BBl 1991 III 129).
Ein Vorstoss in der nationalrätlichen Kommission führte zur Privilegierung
sämtlicher Forderungen der Vorsorgeeinrichtungen im Konkurs des Arbeitgebers.
Diese Änderung wurde mit der drohenden Schlechterstellung der Arbeitnehmer bei
ausstehenden Forderungen ihrer Vorsorgeeinrichtung begründet (Protokoll der
Sitzung der Kommission des Nationalrates vom 22./23. April 1992, S. 23).
Arbeitgeber in wirtschaftlichen Schwierigkeiten investierten oft bis zur
Maximalgrenze Gelder der Vorsorgeeinrichtung in ihren Betrieb. Forderungen der
Vorsorgeeinrichtungen sollten daher tel quel privilegiert sein (Protokoll der
Sitzung der Kommission des Nationalrates vom 16./17. November 1992, S. 57). In
den parlamentarischen Beratungen wurde hervorgehoben, es könne nicht angehen,
dass die Arbeitnehmer im Konkurs des Arbeitgebers über die Nichtprivilegierung
der Forderungen der Personalvorsorgeeinrichtungen auch noch bezüglich ihrer
Pensionskassenansprüche zu Schaden kämen (Votum Nationalrat Rechsteiner, AB
1993 N 36).
Wachsende Beitragsausstände bei den Sozialversicherern veranlassten den
Gesetzgeber bereits wenige Jahre später, deren Schutzbedürftigkeit
festzustellen und ihnen wieder ein Konkursprivileg für Beitragsforderungen
einzuräumen (Parlamentarische Initiative Konkursprivileg und
Sozialversicherungen, Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und
Gesundheit des Nationalrates vom 26. März
BGE 135 III 171 S. 176
1999, BBl 1999 9128 Ziff. 13; Stellungnahme des Bundesrates vom 27. September
1999, BBl 1999 9548 Ziff. 1). Nunmehr stand nicht mehr der unmittelbare Schaden
der Leistungsbezüger und damit ihre individuelle Schutzbedürftigkeit im
Vordergrund, sondern die Überwälzung des Verlustrisikos der Sozialversicherer
auf die Gemeinschaft der Beitragszahler (BBl 1999 9129 Ziff. 15). In Art. 219
Abs. 4 Zweite Klasse lit. b SchKG haben die Beitragsforderungen der
verschiedenen Sozialversicherer demzufolge Aufnahme gefunden.

4.2 Das Bundesgericht befasste sich im Jahre 2003 bereits mit der Tragweite des
Konkursprivilegs der Personalvorsorgeeinrichtungen. Es kam aufgrund der
Entstehungsgeschichte der Regelung in Art. 219 Abs. 4 Erste Klasse lit. b SchKG
zum Schluss, dass das Privileg erster Klasse ausdrücklich nicht auf die
Beitragsforderungen der Vorsorgeeinrichtungen beschränkt worden sei. Der
Gesetzgeber habe hier eine bewusste Wertentscheidung getroffen, welche eine
einschränkende Auslegung des klaren Gesetzeswortlautes ausschliesse. Damit
genössen alle Forderungen von Personalvorsorgeeinrichtungen gegenüber
angeschlossenen Arbeitgebern, unabhängig von ihrer rechtlichen Grundlage, das
Konkursprivileg erster Klasse (BGE 129 III 468 E. 3.5 S. 475). Mit diesem
Entscheid hat das Bundesgericht über eine in der Lehre kontrovers diskutierte
Frage befunden. Er ist denn auch unterschiedlich aufgenommen worden.
HUNKELER heisst die bundesgerichtliche Lösung mit Hinweis auf den
gesetzgeberischen Willen und die bekannten finanziellen Schwierigkeiten der
Pensionskassen gut (DANIEL HUNKELER, Kommentar zu BGE 129 III 468, BlSchKG 2004
S. 142 f.). PETER erachtet das Erstklassprivileg einzig für Forderungen aus dem
Recht der beruflichen Vorsorge (BVG) - da aus öffentlichem Recht - als
gerechtfertigt, während er die privatrechtlichen Forderungen der
Vorsorgeeinrichtung gegenüber dem Arbeitgeber entsprechend denjenigen der
übrigen Gläubiger in der dritten Klasse kollozieren möchte (HANSJÖRG PETER,
Kommentar zu BGE 129 III 468, BlSchK 2004 S. 143 f.; derselbe, Kommentar zum
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 1998, N. 46 zu Art. 219 SchKG).
Demgegenüber richtet sich die Kritik von WALTHER an den Gesetzgeber, dessen
Wertungsentscheid er angesichts der strengen Kontroll- und Haftungsmechanismen
für die Pensionskassen als fragwürdig bezeichnet (FRIDOLIN Walther, Die
Rechtsprechung des Bundesgerichts im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht der
Jahre 2003 und 2004, ZBJV 141/2005
BGE 135 III 171 S. 177
S. 875). Im gleichen Sinn äussern sich AMONN/WALTHER, die von einem mangels
sozialer Motivierung eigentlich systemwidrigen Privileg sprechen, das
"bedauerlicherweise aus dem Wildwuchs des alten Rechts übernommen" worden sei
(AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 8. Aufl.
2008, S. 391 § 42 Rz. 76).

4.3 Die Beschwerdegegnerin weist zwar - wie bereits das Obergericht (s. oben,
E. 2) - zu Recht darauf hin, dass sich in den Materialien zur SchKG-Revision
kein ausdrücklicher Hinweis auf ein Konkursprivileg für den hier zu
entscheidenden Fall findet. Darauf kommt es jedoch nicht an. Aus den Beratungen
in der nationalrätlichen Kommission sowie im Parlament ergibt sich klar, dass
eine Ausdehnung des Konkursprivilegs gewollt war und ein solches einzig im
Rechtsverhältnis von Personalvorsorgeeinrichtungen und angeschlossenem
Arbeitgeber begründet ist (s. oben, E. 4.1). Diesen gesetzgeberischen Entscheid
haben die rechtsanwendenden Instanzen zu respektieren, selbst wenn dem
Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer angesichts der Anlagevorschriften für die
Vorsorgeeinrichtungen, insbesondere Art. 57 Abs. 1 der Verordnung vom 18. April
1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2;
SR 831.441.1), bereits Rechnung getragen worden ist. Der Vorschlag von PETER,
nur Forderungen aus dem Recht der beruflichen Vorsorge zu privilegieren (s.
oben, E. 4.2), würde letztlich das Erstklassprivileg der
Personalvorsorgeeinrichtungen auf die Beitragsforderungen (Art. 66 BVG [SR
831.40]) beschränken, was dem Gesetz jedoch klar widerspricht.
Unbehelflich ist auch der Hinweis der Beschwerdegegnerin auf allfällige
Missbräuche. Dass eine privilegierte Forderung infolge einer Zession später
einmal von einem Dritten geltend gemacht werden kann, ist nicht
auszuschliessen. Diese Möglichkeit ergibt sich aber aus dem Umstand, dass die
Forderung und nicht der Gläubiger privilegiert ist (AMONN/WALTHER, a.a.O., S.
390 § 42 Rz. 67). Dies gilt nicht nur für die vorliegenden
Anleihensforderungen, sondern für sämtliche privilegierten Forderungen.
Es trifft zwar zu, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen der gesetzlichen
Vorgaben ihre Mittel anlegen muss. Zu diesem Zweck hat sie denn auch - wie die
Beschwerdegegnerin geltend macht - Anleihensobligationen gezeichnet bzw. später
erworben. Diesem Vorgang stand indes der Bedarf der Beschwerdegegnerin nach
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Mitteln für den Erwerb und die Erhaltung ihrer betrieblich notwendigen
Infrastruktur und damit die Sicherung der betrieblichen Zukunft gegenüber.
Somit entsprechen die Anlagen der einen Seite den Investitionen der andern
Seite. Vor diesem Hintergrund schlossen die Parteien die Darlehensverträge ab,
welche den Anleihensobligationen zugrunde liegen. Auch aufgrund dieser
Interessenlage rechtfertigt sich eine Privilegierung der Forderung der
Beschwerdeführerin.

5. Mit dem Erwerb der Anleihensobligation vom Bankenkonsortium verfügt die
Beschwerdeführerin über eine Forderung gegen eine angeschlossene Arbeitgeberin.
Das entspricht der gesetzlichen Tatbestandsumschreibung privilegierter
Forderungen gemäss Art. 219 Abs. 4 Erste Klasse lit. b SchKG. Sind Forderungen
von Personalvorsorgeeinrichtungen gegenüber einem angeschlossenen Arbeitgeber
privilegiert, kann es nicht massgeblich sein, ob der Gläubiger mit dem
Schuldner direkt kontrahiert hat, wie das bei einer reinen Selbstemission der
Fall wäre, oder ob er, wie vorliegend, im Rahmen einer Fremdemission den Titel
erst vom Bankenkonsortium käuflich erworben hat (s. dazu oben, E. 3).
Entscheidend ist, dass mit dem Kauf des einen Teilbetrag des gesamten Darlehens
verkörpernden Titels der Anleihensobligationär zum Darleiher wird und gegenüber
dem Emittenten ein (Rück-)Forderungsrecht erwirbt (BGE 113 II 283 E. 5a S. 288
mit Hinweisen). Handelt es sich beim Anleihensobligationär um eine
Personalvorsorgeeinrichtung und beim Schuldner (Emittenten) um einen
angeschlossenen Arbeitgeber, ist die Forderung laut Gesetz privilegiert.
Insgesamt besteht angesichts des gesetzgeberischen Entscheides,
Personalvorsorgeeinrichtungen durch die Einräumung eines Konkursprivileges
erster Klasse besserzustellen, keine Möglichkeit, die in Frage stehenden
Anleihensforderungen, welche auf einem Darlehen beruhen, in der dritten Klasse
zu kollozieren.