Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 135 III 127



Urteilskopf

135 III 127

18. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. SAirLines in
Nachlassliquidation gegen Staat Belgien, So- ciété Fédérale de Participations
et d'Investissement SA und SA Zephyr-Fin (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_20/2008 vom 30. September 2008

Regeste

Kollokationsklage im Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (Art. 321 Abs. 1
i.V.m. Art. 250 Abs. 1 SchKG); Sistierung. Zulässigkeit der Beschwerde in
Zivilsachen und Beschwerdegründe (E. 1). Für die Kollokation ist einzig der
Ausgang des Kollokationsprozesses und nicht derjenige eines in Belgien
pendenten Prozesses massgebend. Die Sistierung des Kollokationsprozesses kommt
daher nur in Betracht, wenn sie mit dem verfassungsmässigen Anspruch auf
Beurteilung innert angemessener Frist vereinbar ist (E. 2-4).

Sachverhalt ab Seite 127

BGE 135 III 127 S. 127

A. Am 8. August 2006 erhoben der Staat Belgien, die Société Fédérale de
Participations et d'Investissement SA und die S.A.
BGE 135 III 127 S. 128
Zephyr-Fin (Kläger) beim Bezirksgericht Zürich, Einzelrichter im beschleunigten
Verfahren, Klage gemäss Art. 250 Abs. 1 SchKG gegen die Masse der SAirLines in
Nachlassliquidation (Beklagte) und verlangten die Kollokation von verschiedenen
Forderungen (als Schadenersatz u.a. für Vertragsverletzungen). Die Kläger
stellten u.a. den Antrag, die Kollokationsklage sei bis zum Vorliegen eines
rechtskräftigen Urteils der Cour d'Appel de Bruxelles zu sistieren. Mit
Verfügung vom 29. September 2006 sistierte der Einzelrichter den
Kollokationsprozess.

B. Gegen die Verfügung des Einzelrichters rekurrierte die Beklagte an das
Obergericht des Kantons Zürich mit dem Antrag, die Sistierung sei aufzuheben.
Mit Beschluss vom 2. März 2007 wies das Obergericht den Rekurs ab. Die Beklagte
focht den Beschluss des Obergerichts beim Kassationsgericht des Kantons Zürich
an, welches die Nichtigkeitsbeschwerde mit Zirkulationsbeschluss vom 15.
November 2007 abwies.

C. Mit Eingabe vom 7. Januar 2008 führt die Beklagte (Beschwerdeführerin)
Beschwerde in Zivilsachen gegen die Beschlüsse des Kassationsgerichts und des
Obergerichts. Sie beantragt dem Bundesgericht, die beiden Beschlüsse und die
auf Antrag der Kläger (Beschwerdegegner) ergangene Sistierung des
Kollokationsprozesses seien aufzuheben.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut.

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägungen:

1.

1.1 Angefochten ist ein Entscheid des Kassationsgerichts als letzter kantonaler
Instanz über eine Ansprüche des Bundeszivilrechts betreffende Kollokationsklage
im Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (Art. 321 Abs. 1 i.V.m. Art. 250 Abs.
1 SchKG). Dieser Entscheid unterliegt der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72
ff. BGG). Soweit die Beschwerdeführerin Rügen vorbringt, welche das
Kassationsgericht nicht oder mit engerer Kognition als das Bundesgericht
geprüft hat, ist die Anfechtung des Beschlusses des Obergerichts möglich (Art.
100 Abs. 6 BGG); insoweit sind die Rügen gegen den obergerichtlichen Beschluss
umfassend zu prüfen.

1.2 Im Kollokationsprozess ergibt sich der Streitwert aus der Differenz
zwischen der Dividende nach der angefochtenen und der
BGE 135 III 127 S. 129
beanspruchten Kollokation (BGE 82 III 94 S. 95). Nach den Angaben in den
angefochtenen Entscheiden liegt die mutmasslich zu erwartende Dividende bei
mindestens 0, BGE 82 III 4 %, d.h. im Fall, dass alle noch strittigen
Forderungen im Kollokationsplan anerkannt würden, entfielen auf die Forderungen
der Beschwerdegegner ca. 3 Mio. Franken. Das Streitwerterfordernis ist damit
erfüllt (Art. 74 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 51 Abs. 1 lit. c BGG).

1.3 Bei den angefochtenen Beschlüssen handelt es sich nicht um das Verfahren
abschliessende Entscheide (Art. 90 BGG), sondern um Zwischenentscheide i.S.v.
Art. 93 BGG, gegen welche die Beschwerde in Zivilsachen - abgesehen vom hier
nicht gegebenen Ausnahmefall gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG - nur zulässig
ist, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art.
93 Abs. 1 lit. a BGG). Für den Begriff des nicht wieder gutzumachenden
Nachteils ist Art. 87 Abs. 2 OG und die hierzu ergangene Rechtsprechung
heranzuziehen (BGE 133 III 629 E. 2.3 S. 632). Danach ist bei einer Beschwerde
gegen die Suspendierung eines Verfahrens vom Erfordernis eines weiteren, nicht
wieder gutzumachenden Nachteils abzusehen, wenn - wie hier - eine
ungerechtfertigte Verfahrensverzögerung bzw. Rechtsverweigerung geltend gemacht
wird (BGE 120 III 144 E. 1b S. 144). Die Beschlüsse des Kassations- und
Obergerichts können daher mit Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich
angefochten werden.

1.4 Entscheide über die Einstellung des Verfahrens stellen nicht zwangsläufig
vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG dar. Mit der Suspendierung des
Verfahrens aus dem Grund, dass das belgische Urteil verbindlich für Vorfragen
des Kollokationsurteils sei, haben die kantonalen Instanzen im Grunde keine
bloss prozessuale Massnahme getroffen (vgl. Botschaft zum BGG, BBl 2001 4336
Ziff. 4.1.4.2), sondern wird über die materielle Rechtskraft entschieden (vgl.
BGE 126 III 327 E. 1c S. 329). Es rechtfertigt sich daher, die vorliegende
Verfahrenseinstellung als definitive und nicht als vorsorgliche Massnahme im
Sinne von Art. 98 BGG zu betrachten.

1.5 Mit der Beschwerde nach Art. 72 ff. BGG kann u.a. die Verletzung von
Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 BGG). Soweit die Vorbringen
der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegner im von den kantonalen Instanzen
verbindlich festgestellten Sachverhalt keine Stütze finden (Art. 105 Abs. 1
BGG), kann darauf nicht eingetreten werden. Die Feststellung des
BGE 135 III 127 S. 130
Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Dabei bedeutet "offensichtlich unrichtig" willkürlich (BGE 133 II 249 E.
1.2.2 S. 252).

1.6 In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der
angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Verletzung von
Grundrechten und kantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur insofern, als
eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art.
106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 638 E. 2 S. 639).

2. Das Obergericht hat die Frage der Sistierung zunächst unter
staatsvertraglichen Aspekten geprüft und ist dabei zum Schluss gelangt, dass
Art. 22 LugÜ nicht unmittelbar zur Anwendung komme. Zur Begründung hielt es
fest, die im Sinne von Art. 22 LugÜ zusammenhängenden Verfahren müssten als
solche sachlich in den Anwendungsbereich des LugÜ fallen, was für die
Kollokationsklage nicht zutreffe. Demzufolge hat das Obergericht die Frage der
Sistierung ausschliesslich nach dem kantonalen Prozessrecht geprüft. Es hat
gefolgert, die Voraussetzungen einer Sistierung des Kollokationsprozesses
gemäss § 53a der Zürcher Zivilprozessordnung vom 13. Juni 1976 (LS 271;
nachfolgend: ZPO/ZH) seien erfüllt. Das Kassationsgericht ist im Wesentlichen
von der Begründung des Obergerichts ausgegangen und ebenfalls zum Ergebnis
gelangt, dass vor dem Hintergrund des laufenden belgischen Zivilverfahrens
zureichende Gründe im Sinne von § 53a ZOP/ZH bestehen, um den
Kollokationsprozess zu sistieren.

3. Die Forderungen, welche im von den Beschwerdegegnern angehobenen
Kollokationsprozess zur Diskussion stehen, sind Gegenstand eines in Belgien
hängigen Prozesses, welcher am 3. Juli 2001 - schon vor der Bewilligung der
provisorischen Nachlassstundung über die SAirLines vom 5. Oktober 2001 -
eingeleitet worden ist. Beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung gelten für
die Kollokation der Gläubiger die Vorschriften des Konkursverfahrens (Art. 321
Abs. 2 SchKG). Umstritten ist, ob der Kollokationsrichter den
Kollokationsprozess im Hinblick auf den Ausgang des Zivilprozesses in Belgien
sistieren darf.

3.1 Die kantonalen Instanzen haben die Sistierung auf § 53a ZPO/ZH gestützt,
wonach ein Verfahren aus zureichenden Gründen
BGE 135 III 127 S. 131
eingestellt werden kann. Nach der kantonalen Praxis ist ein zureichender Grund
für die einstweilige Verfahrenseinstellung schon dann gegeben, wenn der Ausgang
eines Verfahrens voraussichtlich eine bedeutende Vereinfachung des Verfahrens
bringt (FRANK/STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung,
3. Aufl. 1997, N. 2 zu § 53a ZPO/ZH); es genügen Gründe der Zweckmässigkeit (ZR
1985 Nr. 48 S. 121).

3.2 Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, dass eine Sistierung des
Kollokationsprozesses mit den bundesrechtlichen Bestimmungen über das
beschleunigte Verfahren nicht vereinbar sei bzw. die Anwendung von § 53a ZPO/ZH
gegen den Vorrang des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV) verstosse. Das
Kassationsgericht hat eine Verletzung von Art. 25 Ziff. 1 SchKG frei geprüft,
auch wenn es die Zulässigkeit der Rüge offen gelassen hat. Es hat festgehalten,
dass Art. 25 Ziff. 1 SchKG die Behandlung des Kollokationsstreites im
beschleunigten Verfahren vorschreibe, indessen daraus kein Verbot der
Sistierung des Kollokationsprozesses abgeleitet werden könne.
Der Kollokationsprozess ist im beschleunigten Verfahren zu führen (Art. 250
Abs. 3 SchKG). Art. 25 Ziff. 1 SchKG setzt den Rahmen für die kantonale
Prozessgesetzgebung, wonach die Parteien auf kurze Frist zu laden sind. Zudem
soll der Prozess - im Sinne einer Ordnungsvorschrift - binnen sechs Monaten
seit Anhebung der Klage durch Haupturteil der letzten kantonalen Instanz
erledigt sein (BRUNNER/REUTTER, Kollokations- und Widerspruchsklagen nach
SchKG, 2. Aufl. 2002, S. 52). Daraus kann - wie das Kassationsgericht zu Recht
erwogen hat - nicht abgeleitet werden, dass Art. 25 Ziff. 1 SchKG die
Sistierung eines Prozesses ausschliesse, wenn das kantonale Recht mit Bezug auf
die Prozessleitung keine weiteren Anordnungen trifft. Nach der ZPO/ZH kommen in
Bezug auf die Prozessleitung vollumfänglich die Bestimmungen des ordentlichen
Verfahrens zur Anwendung (BRUNNER/REUTTER, a.a.O., S. 53), mithin auch § 53a
ZPO/ZH betreffend die Sistierung von Verfahren. Insofern ist die Beschwerde
unbegründet.

3.3 Die Beschwerdeführerin wirft den kantonalen Instanzen weiter
Rechtsverzögerung im Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV vor, weil sie zu Unrecht eine
in materiellrechtlicher Hinsicht präjudizierende Wirkung des endgültigen
belgischen Urteils annehmen und insoweit in unzulässiger Weise einen Grund zur
Sistierung des Kollokationsprozesses sehen. Das Obergericht ist in der Tat
davon
BGE 135 III 127 S. 132
ausgegangen, dass das eigentliche Kollokationsverfahren erst durchgeführt
werde, wenn das bereits pendente Zivilverfahren beendet sei. Das
Kassationsgericht hat die Zulässigkeit der Sistierung mit Bezug auf Art. 207
SchKG und Art. 63 KOV geprüft und festgehalten, dass nicht einzusehen sei,
weshalb ein rechtskräftiges, anerkennungsfähiges ausländisches Urteil
hinsichtlich einer Konkursforderung in materieller Hinsicht für den hiesigen
Kollokationsrichter nicht ebenso verbindlich sein sollte wie das Urteil eines
schweizerischen Zivilrichters.

3.3.1 Das Kassationsgericht verkennt (wie das Obergericht), dass nach Ausbruch
des Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht der Zivilrichter mit Bezug auf die
Kollokation verbindlich über einen noch im Prozess liegenden Anspruch
entscheidet. Ein im Zeitpunkt der Konkurseröffnung hängiger Prozess über
Kollokationsforderungen wird im Fall, dass der Prozess fortgeführt wird (Art.
63 Abs. 3 KOV), zum Kollokationsprozess gemäss Art. 250 SchKG, mithin der
Zivilrichter zum Kollokationsrichter und das Urteil zum Kollokationsurteil (BGE
133 III 386 E. 4.1 S. 388 mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung ist Art. 63
KOV, der wohl der Prozessökonomie dient, aber seine gesetzliche Grundlage in
Art. 207 SchKG hat, auf im Ausland hängige Prozesse grundsätzlich nicht
anwendbar (BGE 130 III 769 E. 3.2.3 S. 773, mit Hinweis auf die gegensätzlichen
Lehrmeinungen in E. 3.2.1); sodann wurde die Vormerkung streitiger Forderungen
im Kollokationsplan beim in Belgien hängigen Prozess verneint (BGE 133 III 386
). Die Überlegung des Kassationsgerichts läuft indessen darauf hinaus, dass der
belgische Richter für den schweizerischen Kollokationsrichter verbindlich über
den Bestand der Forderung entscheiden könne.

3.3.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet diese Verbindlichkeit zu Recht. Wenn
die Forderung nicht pro memoria vorgemerkt bzw. vormerkbar ist, so kommt es,
was die Teilnahme der Forderung im schweizerischen Konkurs betrifft, einzig auf
den Ausgang eines allfälligen Kollokationsprozesses und nicht auf denjenigen
des pendenten Auslandprozesses an (DIETER HIERHOLZER, in: Kommentar zum
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 1998, N. 76 zu Art. 247 SchKG).
Zu diesem Ergebnis ist das Bundesgericht in BGE 130 III 769 gelangt, wenn es
(in E. 3.2 S. 774) festgehalten hat, dass die Hängigkeit des ausländischen
Prozesses weder die hoheitliche Kompetenz der schweizerischen Konkursverwaltung
(Art. 245
BGE 135 III 127 S. 133
SchKG) zu beschneiden, noch deren Kollokationsverfügung der Anfechtung vor dem
schweizerischen Kollokationsrichter zu entziehen vermag, zumal der belgische
Richter gemäss Sachverhaltsfeststellungen keine Einstellung des Prozesses
vorgenommen hat bzw. sich (erwartungsgemäss) nicht dem schweizerischen
Konkursrecht unterzogen hat (HIERHOLZER, a.a.O., N. 76 zu Art. 247 SchKG).
Folglich gilt für den Kollokationsstreit (BGE 133 III 386 E. 4.3.3 S. 390) wie
für andere betreibungsrechtlichen Zwischenstreitigkeiten in einem in der
Schweiz durchgeführten Zwangsvollstreckungsverfahren, dass alle in dessen
Verlauf auftauchenden, mit ihm zusammenhängenden Rechtsfragen im Streitfall
ausschliesslich von den in der Schweiz örtlich zuständigen Behörden
(Aufsichtsbehörden und Gerichte) zu beurteilen sind (KURT AMONN, Zur Frage des
Gerichtsstandes für die paulianische Anfechtung, in: Festschrift Walder, 1994,
S. 431 f., mit Bezug auf den Kollokationsstreit).

3.3.3 Weiter wendet die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang ein, das
Kassationsgericht habe die Frage, ob das belgische Urteil in der Schweiz
anerkannt werden könne, übergangen. In der Lehre wird darauf hingewiesen, dass
aus schweizerischer Sicht - wie erwähnt (E. 3.3.1) - ein nach Ausbruch des
Zwangsvollstreckungsverfahrens fortgeführter Prozess zum Kollokationsprozess
gemäss Art. 250 SchKG und das Urteil zum Kollokationsurteil wird, dessen
Anerkennung jedoch in Frage steht (ANDREA BRACONI, La collocation des créances
en droit international suisse de la faillite, Diss. Zürich 2005, S. 151). Die
Anerkennbarkeit eines ausländischen Urteils als Kollokationsurteil muss in der
Tat verneint werden (vgl. DANIEL STAEHELIN, Die Anerkennung ausländischer
Konkurse und Nachlassverträge in der Schweiz [Art. 166 ff. IPRG], Diss. Basel
1989, S. 162). Mit Bezug auf das Lugano-Übereinkommen ergibt sich aus dem
Territorialitätsprinzip, dass der Richter in der Schweiz für die
Kollokationsklage - wegen der verfahrens- bzw. vollstreckungsrechtlichen Natur
der Auseinandersetzung - international zwingend zuständig ist (BGE 133 III 386
E. 4.3.2 und 4.3.3 S. 389 ff. mit Hinweisen; vgl. CHARLES JAQUES, in:
Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 26 zu Art. 250 SchKG;
AMONN, a.a.O., mit Bezugnahme auf den Kollokationsstreit sowie das LugÜ). Das
Abkommen vom 29. April 1959 zwischen der Schweiz und Belgien über die
Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und
Schiedssprüchen (SR 0.276.191.721) ist nicht
BGE 135 III 127 S. 134
anwendbar auf Entscheidungen in "Konkurs- und Nachlassvertragssachen" (Art. 1
Abs. 2 des Abkommens). Darunter fallen Entscheidungen, welche - wie
Kollokationsurteile - in ihrer rechtlichen Wirksamkeit auf das hängige
Vollstreckungsverfahren beschränkt bleiben (BGE 129 III 681 E. 4.2 S. 686,
betreffend den gleichlautenden Ausschluss in den meisten bilateralen
Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen). Schliesslich fällt die Anerkennung
nach den allgemeinen Bestimmungen gemäss Art. 25 ff. IPRG ausser Betracht, weil
diese nur für Zivilsachen gelten; dazu gehören betreibungsrechtliche
Streitigkeiten mit Reflexwirkungen auf das materielle Recht (wie
Kollokationssachen) nicht, da sie vollstreckungsrechtlicher Natur sind (BGE 129
III 683 E. 5.2 S. 687).

3.3.4 Entgegen der Auffassung der kantonalen Instanzen ist demnach mangels
einer gesetzlichen Grundlage das in Belgien ergehende Urteil hinsichtlich der
Konkursforderungen in materieller Hinsicht für den schweizerischen
Kollokationsrichter nicht verbindlich. Insoweit kann es für die Sistierung des
Kollokationsprozesses nicht ausschlaggebend sein.

3.4 Nach kantonalem Recht (§ 53a ZPO/ZH) setzt die Sistierung allerdings nicht
voraus, dass der Ausgang des einen Verfahrens von der Anerkennung des Urteils
eines anderen Verfahrens bzw. hier der Ausgang des Kollokationsverfahrens von
der Anerkennung des belgischen Entscheides abhängig ist. Der
Kollokationsrichter hat - dies ergibt sich bereits aus seiner
Prozessleitungsbefugnis - grundsätzlich das Recht, den Kollokationsprozess
auszusetzen, um den Ausgang eines anderen Verfahrens abzuwarten, das für die
Beurteilung des Streitgegenstandes Material liefern könnte (vgl. WALTER J.
HABSCHEID, Schweizerisches Zivilprozess- und Gerichtsorganisationsrecht, 2.
Aufl. 1990, Rz. 152, betreffend Zivilprozess und Strafverfahren). Im Fall, in
dem der Zivilrichter an die Beurteilung von Vorfragen durch einen anderen
Richter (wie den Strafrichter) nicht gebunden ist, bleibt die Sistierung zwar
möglich, jedoch wird sie auf seltenste Ausnahmen beschränkt (FRANK/STRÄULI/
MESSMER, a.a.O., sowie Ergänzungsband, 2000, N. 3 ff. zu § 53 ZPO/ZH). Ebenso
gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, dass die Einstellung eines
Verfahrens die Ausnahme sein soll und demzufolge im Zweifelsfall das
verfassungsmässige Beschleunigungsgebot (Art. 29 Abs. 1 BV) entgegenstehenden
Interessen vorgeht (Urteil 1P.178/1995 vom 28. Juli 1995 E. 2, in: Pra 85/1996
Nr. 141 S. 471).
BGE 135 III 127 S. 135
Dieses Interesse wird von der Beschwerdeführerin in Bezug auf die vorliegende
Sistierung in Frage gestellt und ist im Folgenden zu prüfen.

3.4.1 Das Kassationsgericht hat in diesem Zusammenhang (wie das Obergericht)
festgehalten, dass der in Belgien bereits vor zweiter Instanz pendente
Zivilprozess aller Voraussicht nach rascher erledigt sein dürfte als der hier
vor erster Instanz im Anfangsstadium hängige Kollokationsprozess. Im Weiteren
gehe es bei der Beurteilung des Bestandes der Forderungen um die Anwendung
belgischen Rechts, was bei Verfahren in komplexen Fällen besonders aufwändig
sei; zudem sei bei den belgischen Gerichten erhöhte Beweisnähe gegeben.

3.4.2 Die Beschwerdeführerin rügt zu Recht, dass diese Umstände die Sistierung
nicht zu rechtfertigen vermögen. Die Anwendung belgischen Rechts in - wie hier
vorliegenden - komplexen Verhältnissen kann zwar für die Sistierung sprechen.
Ebenso könnten die Beweismittel aus dem belgischen Verfahren den
Kollokationsprozess vereinfachen. Allerdings ändert die Annahme, dass der
belgische Prozess wohl früher als das Kollokationsverfahren in der Schweiz
beendet sein werde, nichts daran, dass in Belgien bis zur Durchführung der
Hauptverhandlung, Verkündung des zweitinstanzlichen Urteils und dessen
Ausfertigung noch viele Monate, wenn nicht Jahre vergehen dürften, insbesondere
wenn es zu einem Rechtsmittelverfahren vor dem belgischen Höchstgericht kommen
sollte. Gegen die Sistierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt spricht im Weiteren,
dass der Kollokationsrichter materielle SchKG-Bestimmungen (wie Ansprüche aus
Art. 285 ff. SchKG, welche einredeweise vorgebracht werden können) anzuwenden
hat (BRUNNER/REUTTER, a.a.O., S. 62). Es ist nicht ausgeschlossen, dass der
Kollokationsrichter zuerst prüft, ob die Anwendung von materiellen
SchKG-Bestimmungen zur gänzlichen oder teilweisen Abweisung der
Kollokationsklage führt. Ist dies der Fall, könnte er die Klage vollständig
oder durch Teilurteil abweisen. Ob die Berufung auf materielle
SchKG-Bestimmungen erfolgreich ist, ist nicht jetzt zu entscheiden. Vor diesem
Hintergrund ist mit dem Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Beurteilung
der Streitsache innert angemessener Frist (Art. 29 Abs. 1 BV) nicht vereinbar,
den Kollokationsprozess für viele Monate, eventuell Jahre einzustellen. Die
Beschwerde gegen die Beschlüsse, mit welchen die Sistierung bestätigt wurde,
ist begründet.
BGE 135 III 127 S. 136

4. Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde gutzuheissen. Bei diesem
Verfahrensausgang werden die Beschwerdegegner gemeinsam kostenpflichtig (Art.
66 Abs. 1 und 5 BGG). Dagegen schulden sie der nicht anwaltlich vertretenen
Beschwerdeführerin keine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 BGG; BGE 125 II
518 E. 5b S. 519 f.).