Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 V 199



Urteilskopf

134 V 199

24. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen
Kanton Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
9C_654/2007 vom 28. Januar 2008

Regeste

Art. 95 BGG; Art. 73 Abs. 4 BVG (in Kraft bis 31. Dezember 2006). Das kantonale
und kommunale öffentliche Berufsvorsorgerecht wird vom Bundesgericht frei
überprüft, jedenfalls soweit es um die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen geht (E. 1).

Auszug aus den Erwägungen: ab Seite 199

BGE 134 V 199 S. 199
Aus den Erwägungen:

1.

1.1 Die Beschwerdeführerin gründet ihren Leistungsanspruch auf kantonales
Recht, nämlich § 5 der Verordnung vom 5. Januar 1994 über die Leistungen der
Versicherungskasse für das Staatspersonal an die Mitglieder des Regierungsrates
(Leistungsverordnung; LS 177.24). Nach Auffassung des Beschwerdegegners kann
das Bundesgericht die Anwendung dieser Verordnung nicht frei, sondern nur auf
die Verletzung von Bundesrecht oder kantonalen verfassungsmässigen Rechten hin
überprüfen. Dies ist in der Tat die ordentliche Kognition des Bundesgerichts im
Rahmen der Anwendung kantonalen Rechts (Art. 95 lit. a und c BGG).
BGE 134 V 199 S. 200

1.2 Unter der Herrschaft des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die
Organisation der Bundesrechtspflege (OG) hat indessen das Eidg.
Versicherungsgericht in Streitigkeiten um die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen der beruflichen Vorsorge auch die Anwendung kantonalen
oder kommunalen öffentlichen Vorsorgerechts frei geprüft. Dies wurde mit der
Gleichstellung von öffentlich- und privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtungen
begründet sowie mit der speziellen Verfahrensordnung des Art. 73 Abs. 4 BVG (
BGE 116 V 333 E. 2b S. 334 f.).
Mit dem Inkrafttreten der Justizreform auf den 1. Januar 2007 wurde allerdings
Art. 73 Abs. 4 BVG aufgehoben (AS 2006 S. 2197, 2278) mit der Begründung, der
Rechtsschutz folge den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege und
bedürfe keiner spezialgesetzlichen Regelung (Botschaft des Bundesrates zur
Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 S. 4202
ff., 4460). Indessen ist das Anliegen einer Gleichbehandlung von öffentlich-
und privatrechtlich Versicherten unverändert gültig. Hinzu kommt, dass auch das
kantonale und kommunale Berufsvorsorgerecht sich an die Vorgaben des BVG zu
halten hat (Art. 48 Abs. 2 und Art. 49 BVG) und gewissermassen als
konkretisierende Gesetzgebung im Rahmen der weitgehend bundesrechtlich
geregelten beruflichen Vorsorge (vgl. Art. 113 Abs. 1 BV) betrachtet werden
kann. Es rechtfertigt sich daher, auch unter der Herrschaft des BGG das
kantonale und kommunale öffentliche Berufsvorsorgerecht frei zu überprüfen,
jedenfalls soweit es um die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen geht (ebenso Seiler/von Werdt/Güngerich,
Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, N. 16 zu Art. 95 BGG; MARKUS SCHOTT,
Basler Kommentar zum BGG, Basel 2008, N. 46 zu Art. 95 BGG). Das ist hier der
Fall.