Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 V 1



Urteilskopf

134 V 1

  1. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. CSS
Kranken-Versicherung AG gegen IV-Stelle Schwyz, betreffend Z.
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
  I 1098/06 vom 29. November 2007

Regeste

  Art. 64 ATSG; Leistungspflicht der Invalidenversicherung bei einem
Behandlungskomplex.

  Mehrere, in stationärer Heilbehandlung erbrachte medizinische Massnahmen
fallen, je für sich allein, in den Zuständigkeitsbereich verschiedener
Versicherungen und werden zwar gleichzeitig erbracht, betreffen jedoch
voneinander abgrenzbare Gesundheitsschäden. Dieser Sachverhalt ist
grundsätzlich nicht unter Art. 64 Abs. 3 ATSG zu subsumieren. Vielmehr hat
der Gesetzgeber in solchen Fällen eine Koordination im Sinne der absoluten
Priorität zu Lasten der nach Art. 64 Abs. 2 ATSG leistungspflichtigen
Sozialversicherung nicht beabsichtigt (E. 8.1).

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 6

  6.

  6.1  Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, hat nach dem in Art. 64 Abs.
1 ATSG verankerten Grundsatz der absoluten Priorität ausschliesslich eine
einzige Sozialversicherung die Heilbehandlung (soweit die Leistungen
gesetzlich vorgeschrieben sind) zu übernehmen. Ein in der Prioritätenordnung
von Art. 64 Abs. 2 ATSG subsidiärer Sozialversicherungsträger wird nicht
leistungspflichtig (vgl. UELI KIESER, ATSG-Kommentar, Zürich/Basel/Genf
2003, N. 3 zu Art. 64 ATSG). Art. 64 Abs. 3 ATSG regelt die grundsätzliche
Pflicht der nach Abs. 2 leistungspflichtigen Versicherung zur Übernahme
zweigfremder Heilungskosten bei stationärer Behandlung, wenn der (einzige)
Gesundheitsschaden (vgl. hiezu auch den französischen ["l'atteinte à la
santé"] und italienischen ["il danno alla salute"] Gesetzestext, die beide
auch nur von einem einzelnen Gesundheitsschaden sprechen; zur
Gleichwertigkeit der drei Amtssprachen: Art. 14 Abs. 1 des Bundesgesetzes
vom 18. Juni 2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt
[Publikationsgesetz, PublG; SR 170.512]) nur zum Teil auf einen von ihr zu
deckenden Versicherungsfall zurückzuführen ist (beispielsweise wenn ein
Wirbelsäulenleiden sowohl auf einem Unfall wie

auch auf degenerativen [unfallfremden] Entwicklungen beruht; KIESER, a.a.O.,
N. 17 zu Art. 64 ATSG). Wie sich die Leistungspflicht bei mehreren, auf
unterschiedlichen Ursachen beruhenden, aber - beispielsweise aus
medizinischen Zweckmässigkeitsüberlegungen - im Rahmen derselben stationären
Heilbehandlung therapierten Schäden bestimmt (beispielsweise wenn zum
Wirbelsäulenleiden ein Lungenkarzinom hinzutritt; KIESER, ebd.), wird in
Art. 64 Abs. 3 ATSG nicht und in Abs. 4 nur für den speziellen Fall
geregelt, wo weitere Schäden während der stationären Heilbehandlung
eintreten (sog. interkurrente Gesundheitsschäden) und eine getrennte
Behandlung nicht möglich ist.

  6.2
  6.2.1  In Anwendung der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Normen
bestimmte das Eidg. Versicherungsgericht den leistungspflichtigen
Sozialversicherungsträger bei einem sogenannten Behandlungskomplex (d.h.
beim Zusammentreffen verschiedener medizinischer Massnahmen, die
gleichzeitig verschiedene, jedoch unter sich zusammenhängende Zwecke
verfolgen, die für sich allein genommen sozialversicherungsrechtlich
unterschiedliche Folgen nach sich ziehen würden) nach dessen überwiegendem
Zweck (BGE 120 V 200 E. 7b S. 212 ff. mit Hinweisen). In BGE 112 V 347 hatte
das Eidg. Versicherungsgericht zu beurteilen, welcher Sozialversicherer
leistungspflichtig war für die gleichzeitige Vornahme einer auf ein
Geburtsgebrechen zurückzuführenden Orchidopexie (operative Verlagerung des
Hodens in den Hodensack) und einer Herniotomie (Leistenbruchoperation),
welche aufgrund einer nicht (mehr) in der Verordnung über Geburtsgebrechen
(GgV; SR 831.232.21) aufgeführten Inguinalhernie (Leistenbruch) notwendig
wurde. Das Gericht erwog, die Invalidenversicherung sei vollumfänglich
leistungspflichtig, wenn in einem einzigen operativen Eingriff gleichzeitig
ein Geburtsgebrechen und ein anderes, grundsätzlich in den Bereich der
Krankenversicherung gehörendes Gebrechen angegangen wird, soweit weder die
Behebung des einen noch des anderen Leidens im Vordergrund steht, der
Eingriff für beide Schäden medizinisch indiziert ist und durch deren
gleichzeitige Behebung keine Mehrkosten entstehen. Das Gericht begründete
seinen Entscheid damit, dass die Invalidenversicherung im Vergleich mit der
damals (d.h. vor dem 1. Januar 1996) noch nicht obligatorischen
Krankenversicherung die besseren Leistungen erbringe und es in Anbetracht
dessen, dass rein formell sowohl eine Leistungspflicht

der Kranken- wie auch der Invalidenversicherung (gleichermassen) begründbar
sei, nicht jene Lösung den Vorzug verdiene, welche dem Patienten die ihm
grundsätzlich in vollem Umfang zustehende invalidenversicherungsrechtliche
Deckung versage. Die ungeteilte Kostenzuweisung an die Invalidenversicherung
komme sowohl dem Wesen dieser Versicherung als auch jenem des
Krankenversicherungsrechts näher (BGE 112 V 347 E. 6 und 7 S. 353 ff.).

  6.2.2  Wie die Vorinstanz zutreffend erwägt, kann im Rahmen von Art. 64
Abs. 2 ATSG die Leistungspflicht nicht mehr nach dem überwiegenden Zweck
bestimmt werden, da dies zu einer Vermischung von Leistungspflicht und
Leistungsumfang führen würde (hiezu auch KIESER, a.a.O., N. 13 zu Art. 64
ATSG). Vielmehr ist zunächst für jede einzelne Heilbehandlung die einzige
oder die Mehrzahl der nach Ursache oder Ursachen des Gesundheitsschadens
grundsätzlich leistungspflichtige(n) Sozialversicherung(en) zu bestimmen und
anschliessend - sofern die versicherungsmässigen Voraussetzungen mehrerer
Versicherungszweige erfüllt sind - die Leistungspflicht nach der
gesetzlichen Prioritätenordnung festzusetzen. Soweit Vorinstanz und
IV-Stelle (unter Berufung auf KIESER) darauf abstellen, welche von mehreren
medizinischen Heilbehandlungsmassnahmen zuerst erbracht werden muss, ist mit
der Beschwerdeführerin festzuhalten, dass ein solches Kriterium weder im
Gesetzeswortlaut noch in den Materialien eine Stütze findet. Davon
abgesehen, dass das Abstellen auf die zeitliche Priorität - wie KIESER zu
Recht anführt - ein nicht zu unterschätzendes Missbrauchspotenzial birgt
(beispielsweise wenn eine zu Lasten der Krankenversicherung [KV] gehende
Behandlung aufgeschoben wird, damit die ebenfalls leistungspflichtige
Militärversicherung [MV] nach Art. 64 Abs. 3 ATSG die gesamten Kosten tragen
muss; vgl. KIESER, a.a.O., N. 13 zu Art. 64 ATSG) und der Entscheid über die
Reihenfolge mehrerer Eingriffe (Operationsablauf) wohl - von
Notfallsituationen abgesehen - regelmässig durch organisatorische Kriterien
und nicht durch zeitliche Dringlichkeit geprägt sein dürfte, ist ein solches
(zusätzliches) Kriterium unnötig, denn die Prioritätenordnung von Art. 64
Abs. 2 ATSG allein erlaubt bereits eine eindeutige Bestimmung der
Leistungspflicht. Immerhin spielt das zeitliche Moment aber insoweit eine
Rolle, als die Leistungspflicht eines Sozialversicherers höchstens so lange
dauert, wie noch eine Behandlung des "eigenen" Versicherungsfalles erfolgt
(KIESER, a.a.O., N. 20 zu Art. 64 ATSG).

Erwägung 7

  7.

  7.1  Ob die nach Art. 64 Abs. 2 ATSG prioritär leistungspflichtige
Versicherung gestützt auf Art. 64 Abs. 3 ATSG in jedem Fall des
Zusammentreffens "eigener" und "fremder" Ursachen die gesamten Kosten der
stationären Heilbehandlung zu übernehmen hat oder ob es einen (bestimmten)
Mindestanteil "eigener" Leistungen braucht, damit eine solche umfassende
Leistungspflicht entsteht (vgl. hiezu auch SUSANNE LEUZINGER-NAEF, Die
Leistungskoordination gemäss Art. 63-71 ATSG, in: René Schaffhauser/Ueli
Kieser [Hrsg.], Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts [ATSG], St. Gallen 2003, S. 172), hat das
Bundesgericht noch nicht entschieden. Diese Frage ist indes im vorliegenden
Verfahren nur zu klären, wenn Art. 64 Abs. 3 ATSG bei gleichzeitiger
stationärer Behandlung mehrerer Gesundheitsschäden überhaupt analoge
Anwendung finden kann. Dies ist im Folgenden zu prüfen.

  7.2  Ist der Wortlaut einer Bestimmung nicht klar und sind verschiedene
Interpretationen möglich, so muss unter Berücksichtigung aller
Auslegungselemente nach seiner wahren Tragweite gesucht werden. Abzustellen
ist dabei namentlich auf die Entstehungsgeschichte der Norm und ihren Zweck,
auf die dem Text zu Grunde liegenden Wertungen sowie auf die Bedeutung, die
der Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt. Die
Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber
als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen (statt vieler: BGE 133 V 9
E. 3.1 S. 11 mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung
von Erlassen stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen (BGE 133 V 9
E. 3.1 S. 11).

  7.3  Koordinationsbestimmungen im Leistungsbereich waren bereits im
Entwurf zu einem Allgemeinen Teil der Sozialversicherung der Arbeitsgruppe
der Schweizerischen Gesellschaft für Versicherungsrecht (SGVR) zur
Verbesserung der Koordination in der Sozialversicherung vorgesehen. Im
entsprechenden "Bericht und Entwurf" (publiziert in einem Beiheft zur
Schweizerischen Zeitschrift für Sozialversicherung und berufliche Vorsorge
[SZS], Bern 1984) wurde zu Art. 70 des Entwurfes (der im Wesentlichen dem
heutigen Art. 64 ATSG entspricht) auf S. 55 Folgendes festgehalten:

   "Für die Heilbehandlung gilt die Regel, dass jeweils nur ein System nach
    seinen Bestimmungen uneingeschränkt zu leisten hat, dass also keinerlei
    Leistungsaufteilung erfolgt. Dabei besteht insofern eine
    Prioritätenordnung, als je nach Ursache des Gesundheitsschadens vorerst

    die IV (Geburtsgebrechen), die MV oder die UV und, nur wenn keines
    dieser Systeme leistungspflichtig ist, die KMV (recte: KV) für die
    Heilbehandlung ihrer Versicherten aufzukommen hat. Als Konsequenz aus
    diesem Prinzip ergibt sich, dass auch bei nur partieller Erfüllung der
    Voraussetzungen (z.B. wenn der Gesundheitsschaden nur zum Teil auf
    Unfall zurückzuführen ist) oder beim Auftreten interkurrenter
    Gesundheitsschäden während der Heilbehandlung, der zuständige
    Sozialversicherungszweig die volle Leistung schuldet. Immerhin soll der
    Bundesrat über die Zuweisung komplexer Behandlungsfälle
    Detailvorschriften erlassen können."

  7.4  Die Mitglieder der nationalrätlichen Kommission für soziale
Sicherheit und Gesundheit (SGK; Subkommission ATSG) waren sich einig, dass -
wie im Entwurf der SGVR vorgesehen - für die Kosten der Heilbehandlung
grundsätzlich nur eine einzige Sozialversicherung aufkommen soll.
Verschiedene Kommissionsmitglieder wiesen aber auf die Probleme hin, welche
sich bei der ausschliesslichen Leistungspflicht einer Sozialversicherung
ergeben, insbesondere auch auf die Pflicht der Versicherung, Leistungen für
Schäden zu erbringen, für die sie keine Prämien einnimmt. Die
Leistungspflicht für "fremde" Schäden sollte daher eingeschränkt werden und
nur greifen, wenn sich eine getrennte Behandlung der Leiden als unmöglich
herausstellt. Diese Voraussetzung sei lediglich "in einer Minderheit der
Fälle" erfüllt (vgl. Votum des Präsidenten [Protokoll der Sitzung vom 15.
August 1995 S. 14]: "Denn auch der erste Satz in Abs. 3, wonach der
Gesundheitsschaden nur zum Teil auf einen von der Sozialversicherung zu
deckenden Versicherungsfall zurückzuführen ist, steht unter der
Voraussetzung, dass die Gesundheitsschäden nicht getrennt behandelt werden
können"). Einzelne Kommissionsmitglieder vertraten beispielsweise die
Meinung, dass selbst im Rahmen stationärer Behandlung bei Beteiligung
mehrerer Ärzte eine Aufteilung der Kosten möglich sei; und es wurde
diskutiert, ob etwa bei grösseren Unfällen im Rahmen einer
Krankheitsbehandlung die Unfallversicherung für die damit zusammenhängenden
Kosten aufzukommen habe, selbst wenn die Krankenversicherung prioritär
leistungspflichtig wäre (Protokolle der Sitzungen vom 29. Mai und 15. August
1995). Explizit besprochen wurde auch die Rechtslage bei Versicherten mit
einem Geburtsgebrechen. Aus den Diskussionsvoten geht hervor, dass
interkurrente Krankheiten in solchen Fällen als getrennt behandelbar
anzusehen seien, so dass die IV nicht für alle Krankheiten bis zum 20.
Lebensjahr bezahlen müsse (Protokoll vom 15. August 1995 S. 15). Die
(befürchteten) praktischen Schwierigkeiten bei der Aufteilung

der vorab im stationären Bereich typischen pauschalen Abgeltungen auf
mehrere Sozialversicherungen sprachen indes für die Mehrzahl der
Kommissionsmitglieder trotz der geäusserten Bedenken dafür, am Grundsatz der
absoluten Priorität festzuhalten (Protokoll der Sitzung der SGK vom 16./17.
November 1995, S. 30 f.; KIESER, a.a.O., N. 16 zu Art. 64 ATSG mit Hinweisen
auf den [unveröffentlichten] Bericht von alt Nationalrat Allenspach an die
nationalrätliche Kommission über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechtes vom 11. August 1996).

  7.5  In der Folge hielten die Räte am Prinzip der absoluten Priorität
fest, schränkten dessen Geltung aber (weiter) ein. Weil die
Unfallversicherer schwer abschätzbare Mehrkosten befürchteten, wenn die
ausschliessliche Leistungspflicht auch für "fremde" Gesundheitsschäden
generell eingeführt würde (schriftlicher Bericht der SGK, präsentiert von
Nationalrat Philipona anlässlich der Nationalratssitzung vom 15. Dezember
1997; AB 1997 N 2627; vgl. auch LEUZINGER-NAEF, a.a.O., S. 172), aber wohl
auch, um den innerhalb der SGK geäusserten Bedenken Rechnung zu tragen (E.
7.4 hievor), beschränkte der Gesetzgeber die exklusive Leistungspflicht
einer einzigen Versicherung im Rahmen des "ATSG light" auf die stationäre
Behandlung (vgl. Parlamentarische Initiative Sozialversicherungsrecht,
Bericht der Kommission des Nationalrates für soziale Sicherheit und
Gesundheit vom 26. März 1999, in: BBl 1999 S. 4533). In dieser
eingeschränkten Form wurde der Grundsatz der absoluten Priorität
schliesslich in Abs. 3 von Art. 64 ATSG verankert.

Erwägung 8

  8.

  8.1  Den soeben dargestellten Bedenken gegen eine generelle Umsetzung des
Grundsatzes der absoluten Priorität ist Rechnung zu tragen. Dass der
Gesetzgeber die ausschliessliche Leistungspflicht einer einzigen
Sozialversicherung auch für "fremde" Schäden gleich mehrfach begrenzte,
spricht für eine enge Auslegung des Art. 64 ATSG. Das Zusammentreffen
mehrerer, in stationärer Heilbehandlung erbrachter medizinischer Massnahmen,
die je für sich allein in den Zuständigkeitsbereich verschiedener
Versicherungen fallen und zwar gleichzeitig erbracht werden, jedoch
voneinander abgrenzbare Gesundheitsschäden betreffen, ist somit
grundsätzlich nicht unter Art. 64 Abs. 3 ATSG zu subsumieren. Vielmehr ist
davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in solchen Fällen eine Koordination
im Sinne der absoluten Priorität zu Lasten der nach Art. 64 Abs. 2 ATSG
leistungspflichtigen Sozialversicherung gerade nicht beabsichtigt

hatte. Im Übrigen gilt es zu beachten, dass selbst bei interkurrenten
Gesundheitsschäden eine Leistungspflicht für "fremde" Schäden nur dann
greift, wenn eine getrennte Behandlung nicht möglich ist (Art. 64 Abs. 4
ATSG). Wenn der Gesetzgeber aber sogar in solchen Fällen eine generelle
Leistungskoordination nach dem Prinzip der absoluten Priorität ablehnte,
besteht umso weniger Raum, diese bei der gleichzeitigen Behandlung mehrerer
Schäden, die von Beginn weg auf unterschiedlichen Ursachen beruhen,
anzunehmen. Nicht abschliessend geklärt zu werden braucht die Frage, ob bei
einer Mehrzahl von Eingriffen, die so eng miteinander verbunden sind, dass
die Nichtbehandlung des einen Gebrechens die Behandlung des oder der anderen
Leiden negativ beeinflussen würde, eine abweichende Betrachtungsweise
angezeigt ist, indem die mehreren Schäden rechtlich so zu behandeln sind,
wie wenn ein einziger Gesundheitsschaden vorliegen würde (was zur
Anwendbarkeit von Art. 64 Abs. 3 ATSG führt).

  8.2  Werden die operative Behebung eines Geburtsgebrechens und eines davon
unabhängigen, grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich der
Invalidenversicherung fallenden Gesundheitsschadens im Rahmen einer einzigen
stationären Heilbehandlung angegangen, etwa weil die Gebrechen im gleichen
körperlichen Bereich lokalisiert sind und es aus medizinischer Sicht sinnlos
oder gar unverantwortlich wäre, zwei selbstständige Eingriffe nebeneinander
(der eine zu Lasten der Invalidenversicherung, der andere zu Lasten der
Krankenversicherung) durchzuführen, sind die dabei entstehenden Kosten somit
in aller Regel aufzuteilen. Die Aufteilung der Kosten hat sich nach dem bei
getrennter Behandlung der Schäden von den jeweiligen Sozialversicherungen zu
übernehmenden Anteil zu richten, deren Bezifferung im Einzelfall gestützt
auf diesbezügliche ärztliche Angaben erfolgen muss. Allfällige
durchführungstechnische Schwierigkeiten (insbesondere Probleme bei der
Kostenaufteilung im Rahmen vereinbarter Vollpauschalen oder bei
austarifierten Einzelpositionen) vermögen zu keiner anderen Auslegung zu
führen (hiezu auch BGE 112 V 347 E. 6 und 7 S. 353 ff.). Im Übrigen hat das
Eidg. Versicherungsgericht bereits in den unter Geltung des bis 31. Dezember
2002 anwendbaren Rechts beurteilten Fällen die Frage der Kostenteilung
regelmässig aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles geprüft (dabei
indes soweit ersichtlich von einer Kostenteilung regelmässig abgesehen).