Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 I 125



Urteilskopf

134 I 125

14. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Thommen
und Verein Referendum BWIS gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
1C_158/2007 vom 31. März 2008

Regeste

Kantonale Zuständigkeitsordnung zum Vollzug des Bundesgesetzes über Massnahmen
zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS), Art. 49 Abs. 1 BV. Die kantonale
Zuständigkeitsordnung, wonach die Kantonspolizei und die Stadtpolizeien von
Zürich und Winterthur zur Anordnung von Massnahmen gemäss BWIS befugt sind,
hält vor dem Bundesrecht stand (E. 2).

Regeste

Erfordernis einer formell-gesetzlichen Grundlage für die Bestimmung der
gerichtlichen Zuständigkeitsordnung; Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 73 und 38 KV/ZH.
Der Regierungsrat ist nicht befugt, die gerichtliche Zuständigkeitsordnung zur
richterlichen Überprüfung von Massnahmen gemäss BWIS in Abweichung von der
allgemeinen Gerichtsorganisation durch eine blosse Verordnung festzulegen (E.
3).

Regeste

Vereinbarkeit der gerichtlichen Zuständigkeitsordnung mit dem
Bundesgerichtsgesetz und dem Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der
inneren Sicherheit. Die in der angefochtenen Einführungsverordnung vorgesehene
Gerichtsorganisation steht mit dem Bundesgerichtsgesetz im Widerspruch (E.
3.5). Soweit die allgemeinen Regeln der kantonalen Verwaltungsrechtspflege
anwendbar sind, steht die Ordnung im Einklang mit dem Bundesgerichtsgesetz und
dem BWIS; hinsichtlich des Polizeigewahrsams bedarf es aufgrund des BWIS einer
ergänzenden Regelung (E. 4 und 5).

Sachverhalt ab Seite 126

BGE 134 I 125 S. 126
Das Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren
Sicherheit (BWIS; SR 120; im Folgenden auch Bundesgesetz) ist mit Beschluss der
Eidg. Räte vom 24. März 2006 ergänzt worden. Die Änderung verfolgt das Ziel,
Gewalt und insbesondere Gewalt an Sportveranstaltungen vorbeugend besser zu
erkennen und zu bekämpfen (vgl. Art. 2 Abs. 1 BWIS; Botschaft vom 17. August
2005, BBl 2005 S. 5613). Sie soll das Sicherheitsdispositiv für die
Durchführung der Fussballeuropameisterschaft EURO
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08 in der Schweiz und in Österreich im Speziellen und von Sportveranstaltungen
im Allgemeinen ergänzen. Vorgesehen werden namentlich Informationen über
Gewalttätigkeiten anlässlich von Sportveranstaltungen (Art. 24a BWIS),
Rayonverbote (Art. 24b BWIS), Ausreisebeschränkungen (Art. 24c BWIS),
Meldeauflagen (Art. 24d BWIS) und Polizeigewahrsam (Art. 24e BWIS). Die
Neuerungen im Bundesgesetz sind am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Die
Geltung von Art. 24b, 24d und 24e BWIS ist zeitlich beschränkt bis zum 31.
Dezember 2009 (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 5637 ff.).
Gestützt auf diese Änderungen des Bundesgesetzes hat der Bundesrat die
Verordnung vom 27. Juni 2001 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit
am 30. August 2006 ergänzt (VWIS; SR 120.2).
In Ausführung dieser bundesrechtlichen Vorgaben hat der Regierungsrat des
Kantons Zürich am 2. Mai 2007 die Einführungsverordnung zum Bundesgesetz über
Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (Massnahmen gegen Gewalt
anlässlich von Sportveranstaltungen) erlassen (EV BWIS/ZH; LS 551.19; im
Folgenden: Einführungsverordnung). Diese enthält folgende Bestimmungen:
§ 1 - Zuständige Behörden
1 Die Stadtpolizeien Zürich und Winterthur
a. legen auf dem Gebiet ihrer Stadt Rayons im Sinne von Art. 24b Abs. 1 BWIS
fest,
b. verfügen ein Rayonverbot gemäss Art. 24b Abs. 1 BWIS, wenn der Rayon auf dem
Gebiet ihrer Stadt liegt,
c. verfügen eine Meldeauflage gemäss Art. 24d BWIS, wenn die betroffene Person
in ihrer Stadt wohnt,
d. verfügen einen Polizeigewahrsam gemäss Art. 24e BWIS, wenn die betroffene
Person in ihrer Stadt wohnt oder die Gewalttätigkeit auf dem Gebiet ihrer Stadt
befürchtet wird,
e. beantragen eine Ausreisebeschränkung gemäss Art. 24c BWIS, wenn die
betroffene Person in ihrer Stadt wohnt,
f. erstatten in ihrem Zuständigkeitsbereich gemäss lit. a-d Meldungen gemäss
Art. 24h Abs. 3 BWIS.
2 Auf dem übrigen Kantonsgebiet ist die Kantonspolizei zuständig. Diese ist
auch im Zuständigkeitsbereich der Stadtpolizeien Zürich und Winterthur gemäss
Abs. 1 lit. b-e zum Handeln befugt.
§ 2 - Gerichtliche Beurteilung, Mitteilung der Strafentscheide
1 Die betroffene Person kann gegen Verfügungen betreffend Rayonverbot,
Meldeauflage oder Polizeigewahrsam innert zehn Tagen seit
BGE 134 I 125 S. 128
deren Mitteilung schriftlich das Begehren um gerichtliche Beurteilung stellen.
2 Zuständiges Gericht ist die Haftrichterin oder der Haftrichter des
Bezirksgerichts Zürich.
3 Für das Verfahren gelten sinngemäss die Verfahrensbestimmungen von §§ 9-12
des Gewaltschutzgesetzes vom 19. Juni 2006.
4 Die Strafbehörden melden der zuständigen Polizei Strafbescheide gemäss Art.
24h Abs. 3 lit. b BWIS.
§ 3 - Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Juni 2007 in Kraft und gilt bis 31. Dezember
2009."
Gegen diese Verordnung hat Christian Thommen beim Bundesgericht am 10. Juni
2007 in eigenem Namen und im Namen des Vereins Referendum BWIS staatsrechtliche
Beschwerde erhoben. Die Beschwerdeführer beantragen die vollumfängliche
Aufhebung der Einführungsverordnung. Sie machen Verletzungen von Art. 30 und 49
BV sowie von Art. 31 BV und Art. 5 EMRK geltend. Im Wesentlichen bringen sie
vor, die vorgesehene Zuständigkeit von mehreren kommunalen Behörden stehe im
Widerspruch zum BWIS. Ferner fehle dem Regierungsrat für die Bezeichnung von
Haftrichter und Haftrichterin als richterliche Behörde zur Überprüfung der
vorgesehenen Massnahmen die formell-gesetzliche Grundlage.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut und hebt die Bestimmungen
von § 2 Abs. 1-3 der regierungsrätlichen Einführungsverordnung auf. Im Übrigen
wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Vorrangs von Bundesrecht im
Sinne von Art. 49 Abs. 1 BV und macht geltend, die in § 1 EV BWIS/ZH
vorgesehene Zuständigkeitsordnung stehe mit dem Bundesgesetz im Widerspruch.

2.1 Der Grundsatz des Vorrangs von Bundesrecht nach Art. 49 Abs. 1 BV schliesst
in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend regelt, eine
Rechtssetzung durch die Kantone aus. In Sachgebieten, die das Bundesrecht nicht
abschliessend ordnet, dürfen die Kantone nur solche Vorschriften erlassen, die
nicht gegen Sinn und Geist des Bundesrechts verstossen und dessen Zweck nicht
beeinträchtigen oder vereiteln. Der Grundsatz der
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derogatorischen Kraft des Bundesrechts kann als verfassungsmässiges
Individualrecht angerufen werden. Das Bundesgericht prüft mit freier Kognition,
ob die kantonale Norm mit dem Bundesrecht in Einklang steht (BGE 133 I 286 E.
3.1 S. 290 mit Hinweisen).

2.2 Nach Art. 24b Abs. 1 BWIS bestimmt die zuständige kantonale Behörde die
Rayons, in denen einer Person, die sich nachweislich an Gewalttätigkeiten gegen
Personen oder Sachen beteiligt hat, der Aufenthalt verboten werden kann. Gemäss
Art. 24h Abs. 1 BWIS bezeichnen die Kantone allgemein die zuständige Behörde
für die Massnahmen im Sinne von Art. 24b, 24d und 24e BWIS.
Die angefochtene Einführungsverordnung sieht in § 1 vor, dass die
Stadtpolizeien Zürich und Winterthur für das Gebiet ihrer Städte (Abs. 1) und
die Kantonspolizei auf dem übrigen Kantonsgebiet (Abs. 2) die entsprechenden
Massnahmen treffen.
Der Beschwerdeführer erblickt in der Regelung der Einführungsverordnung zum
einen insofern einen Verstoss gegen das Bundesgesetz, als dieses in Art. 24b
Abs. 1 die kantonale Behörde nennt und der Regierungsrat u.a. die
Stadtpolizeien Zürich und Winterthur als kommunale Behörde einsetzt. Zum andern
darin, dass nach Art. 24h Abs. 1 BWIS die zuständige Behörde (im Singular) zu
bestimmen ist und der Regierungsrat mit den Stadtpolizeien Zürich und
Winterthur sowie der Kantonspolizei mehrere Behörden betraut.
Die Rüge der Verletzung von Art. 49 Abs. 1 BV erweist sich von vornherein als
unbegründet. Das BWIS weist die Kantone in genereller Weise an, die
Zuständigkeiten für den Vollzug der neu eingeführten Massnahmen festzulegen.
Die Kantone sind grundsätzlich frei, diese Zuständigkeiten vor dem Hintergrund
der kantonalen Besonderheiten und ihrer Organisations- und Verfassungsordnung
zu bestimmen und dabei auch kommunale Behörden einzusetzen. Nur in
Ausnahmefällen wird die kantonale Vollzugsordnung durch das Bundesrecht
mitbestimmt (vgl. BGE 128 I 254 zum Erfordernis einer einzigen kantonalen
Behörde nach Art. 25 Abs. 2 RPG [SR 700]). Im vorliegenden Fall kann dem BWIS
keineswegs entnommen werden, dass der Bund in die Organisationsfreiheit der
Kantone eingreifen und den Kantonen in dem Sinne eine bestimmte
Zuständigkeitsordnung vorschreiben wollte, als nur eine einzige Behörde mit dem
Vollzug betraut werden dürfte oder kommunale Organe davon ausgeschlossen werden
sollten. Daran ändern die
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Ausführungen des Beschwerdeführers in der Replik mit Hinweisen auf die
Botschaft und weitere Bestimmungen im Bundesgesetz nichts. Das Bundesgesetz
nennt an verschiedenen Orten kantonale Behörden (im Plural), so etwa in Art.
24b Abs. 3 oder Art. 24e BWIS. Ferner sieht die - nicht erst mit der Änderung
des Bundesgesetzes vom 24. März 2006 eingeführte - Bestimmung von Art. 6 Abs. 2
BWIS Aufgabenübertragungen an Gemeinden ausdrücklich vor. Es ist nicht
ersichtlich, dass der Bundesgesetzgeber die Organisationsautonomie der Kantone
hätte einschränken und den Kantonen untersagen wollen, mehrere und auch
kommunale Behörden mit dem Vollzug zu betrauen. Die Beschwerde ist daher in
diesem Punkte abzuweisen.

3. Weiter rügt der Beschwerdeführer, dass der Regierungsrat mit § 2 EV BWIS/ZH
ohne formell-gesetzliche Grundlage lediglich auf Verordnungsstufe den
Rechtsschutz geordnet und die gerichtliche Prüfung der verschiedenen Massnahmen
der Haftrichterin bzw. dem Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich zugewiesen
hat. Er macht insbesondere geltend, diese gerichtsorganisatorische Regelung
durch eine blosse Verordnung verstosse gegen den Anspruch auf ein durch ein
Gesetz geschaffenes Gericht nach Art. 30 Abs. 1 BV und stehe mit Art. 73 Abs. 1
der Zürcher Kantonsverfassung (KV/ZH) im Widerspruch, wonach die Gerichte
Streitigkeiten entscheiden, die ihnen das Gesetz zuweist. Er weist darauf hin,
dass der Einzelrichter nach § 24a des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 13. Juni
1976 (GVG; LS 211.1) lediglich als Haftrichter im Sinne der Strafprozessordnung
und bei ausländerrechtlichen Zwangsmassnahmen amtet und dass der Rechtsweg ohne
die angefochtene Bestimmung ans Verwaltungsgericht führen würde; zusätzlich ist
der Einzelrichter aufgrund des Gewaltschutzgesetzes zur richterlichen Prüfung
entsprechender Schutzmassnahmen zuständig (vgl. § 24a GVG in der Fassung gemäss
GSG/ZH). Schliesslich fügt der Beschwerdeführer an, dass der Regierungsrat
selber in seinem Bericht zur Einführungsverordnung auf die Problematik der
Regelung auf Verordnungsstufe hingewiesen habe. Der Beschwerdeführer beschränkt
seine diesbezügliche Rüge auf die Frage der Erlassstufe und unterzieht die
Einführungsverordnung keiner materiellen Kritik.

3.1 Zur Beurteilung der vorgebrachten Rügen ist vorerst die materielle
Ausgangslage nachzuzeichnen sowie die Bedeutung von § 2 EV BWIS/ZH
festzuhalten.
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Das Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit sieht die
von den Kantonen zu vollziehenden Massnahmen der Rayonverbote (Art. 24b), der
Meldeauflagen (Art. 24d) und des Polizeigewahrsams (Art. 24e) vor. Es
umschreibt insbesondere die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung der
entsprechenden Massnahmen. Hinsichtlich der Rayonverbote und Meldeauflagen
enthält es keine Bestimmungen zum Rechtsschutz. Hingegen räumt es in Bezug auf
den Polizeigewahrsam den Anspruch ein, dass die Rechtmässigkeit der Massnahme
auf Antrag der betroffenen Person gerichtlich überprüft wird (Art. 24e Abs. 5
BWIS). Auf die Bedeutung der letzteren Bestimmung im Einzelnen ist unten
einzugehen (E. 4.4).
§ 2 der Einführungsverordnung regelt in prozessualer Hinsicht die gerichtliche
Beurteilung von Rayonverboten, Meldeauflagen und Polizeigewahrsam in
einheitlicher Weise. Die von einer solchen Massnahme betroffene Person kann
gegen Verfügungen innert zehn Tagen schriftlich das Begehren um gerichtliche
Beurteilung stellen (Abs. 1). Als zuständiges Gericht für diese Prüfung wird
die Haftrichterin oder der Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich bezeichnet
(Abs. 2). Für das Verfahren gelten nach Abs. 3 sinngemäss die
Verfahrensbestimmungen des Gewaltschutzgesetzes (GSG/ZH; LS 351). Daraus folgt,
dass Haftrichterin und Haftrichter rasch sowie endgültig und unter Ausschluss
eines innerkantonalen Rechtsmittelweges entscheiden (vgl. § 9 Abs. 1 und § 10
Abs. 2 GSG/ZH); der Richter stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest, hört
die betroffene Person nach Möglichkeit an und nimmt Beweise ab, soweit solche
das Verfahren nicht verzögern (vgl. § 9 Abs. 2 und 4 GSG/ZH).
Gesamthaft betrachtet haben diese Bestimmungen von § 2 EV BWIS/ZH für die
betroffene Sachmaterie die Bedeutung einer eigenständigen und umfassenden
Regelung der Zuständigkeitsordnung und Gerichtsorganisation. Es wird
abschliessend umschrieben, in welcher Form der Richter angerufen werden kann,
welcher Richter in welchem Verfahren in funktionaler und örtlicher Sicht die
Prüfung vornimmt, dass ein kantonaler Rechtszug ausgeschlossen ist und wie die
Kosten zu verlegen sind. Umgekehrt bedeutet diese Ordnung, dass die allgemeinen
Bestimmungen der Verwaltungsrechtspflege und des Gerichtsverfassungsgesetzes
nicht zur Anwendung kommen (vgl. im Einzelnen unten E. 4.1); insbesondere kommt
dem Einzelrichter am Bezirksgericht nach der Einführungsverordnung eine
Zuständigkeit zu, die im Gerichtsverfassungsgesetz nicht
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vorgesehen ist (vgl. § 19 ff. GVG und insbes. § 24a GVG in der Fassung gemäss
GSG/ZH); es kommt hinzu, dass nach § 2 Abs. 2 EV BWIS/ZH ausschliesslich und
für den ganzen Kanton die Haftrichterin und der Haftrichter des Bezirkes Zürich
eingesetzt sind.
Zu prüfen ist, ob diese Zuständigkeits- und Gerichtsorganisationsordnung einer
formell-gesetzlichen Grundlage bedürfte oder ob sie auf Verordnungsebene
erlassen werden durfte. Hierfür ist einerseits das kantonale Verfassungs- und
Organisationsrecht, andererseits das Bundesverfassungsrecht in Betracht zu
ziehen.

3.2 Nach Art. 73 Abs. 1 KV/ZH entscheiden Gerichte Streitsachen und Straffälle,
die ihnen das Gesetz zuweist; das Gesetz kann ihnen weitere Aufgaben
übertragen. Für die Bestimmung, was unter "Gesetz" zu verstehen ist, ob
formelles Gesetzesrecht erforderlich ist oder ob dazu auch Verordnungsrecht des
Regierungsrates gehört, ist auf die Grundnorm zur Rechtssetzung gemäss Art. 38
KV/ZH Bezug zu nehmen. Nach Abs. 1 werden alle wichtigen Rechtssätze in der
Form des Gesetzes erlassen; dazu gehören namentlich die wesentlichen
Bestimmungen über die Organisation und Aufgaben der Behörden (lit. c).
Demgegenüber werden gemäss Abs. 2 weniger wichtige Rechtssätze, namentlich
solche über den Vollzug von Gesetzen, in der Form der Verordnung erlassen.
Der Begriff des Gesetzes gemäss Art. 38 Abs. 1 KV/ZH ist sowohl formell wie
materiell umschrieben (vgl. Matthias Hauser, in: Isabelle Häner et al. [Hrsg.],
Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, Zürich 2007, N. 1 ff. zu Art. 38 KV/
ZH). Zu den Bereichen, die in Form eines Gesetzes zu regeln sind, gehören
Organisation und Aufgaben der Behörden (lit. c). Dies gilt für sämtliche
Behörden, auch für die Gerichte. Zu den wesentlichen Bestimmungen im Bereiche
der Justiz zählen insbesondere die wesentlichen Verfahrensbestimmungen und die
Festlegung der Rechtsmittelinstanzen (Hauser, a.a.O., N. 26 zu Art. 38 KV/ZH
[mit Fn. 58]; vgl. allgemein zur Verordnungskompetenz des Regierungsrates KÖLZ/
BOSShart/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich,
2. Aufl. 1999, § 50 Rz. 134 f.).
Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass Bestimmungen über die
Gerichtsorganisation, die sachliche Zuständigkeit und den Rechtsmittelweg in
die Form des formellen Gesetzes zu kleiden sind. Davon ausgenommen sind nach
Art. 38 Abs. 2 KV/ZH lediglich weniger wichtige Rechtssätze, namentlich über
den Vollzug von
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Gesetzen, und im Falle des Notstandes Notverordnungen des Regierungsrates
gemäss Art. 72 KV/ZH.
Die umstrittene Einführungsverordnung stützt sich auf kein kantonales formelles
Gesetz ab. Wie dargelegt, hat § 2 EV BWIS/ZH für die betroffene Sachmaterie die
Bedeutung einer umfassenden gerichtsorganisatorischen Regelung. Die Bestimmung
betrifft keinen bloss untergeordneten Bereich im Sinne von Art. 38 Abs. 2 KV.
Damit hält die auf Verordnungsstufe getroffene Regelung des Rechtsweges vor dem
kantonalen Verfassungs- und Organisationsrecht nicht stand.

3.3 Art. 30 Abs. 1 BV garantiert den Anspruch auf ein durch Gesetz
geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Zur
Verhinderung von Missbrauch und Manipulation bzw. zum Ausschluss jeglichen
entsprechenden Anscheins oder Verdachts sollen Gerichte und ihre
Zuständigkeiten (in persönlicher, zeitlicher, örtlicher und sachlicher
Hinsicht) durch generell-abstraktes Verfahrensrecht im Voraus bestimmt sein (
BGE 131 I 31 E. 2.1.2.1 S. 34; BGE 129 V 196 E. 4.1 S. 198; BGE 123 I 49 E. 2b
S. 51; Regina Kiener, Richterliche Unabhängigkeit, Bern 2001, S. 375 f.). Nach
dem Wortlaut der Verfassungsbestimmung muss sich die Gerichtsorganisation auf
ein formelles Gesetz stützen; untergeordnete Fragen können der Exekutive zur
Regelung delegiert werden (BGE 129 V 196 E. 4.1 S. 198; vgl. Jörg P. Müller,
Grundrechte in der Schweiz, 3. Aufl. 1999, S. 573; Kiener, a.a.O., S. 378 ff.;
REGINA KIENER/WALTER KÄLIN, Grundrechte, Bern 2007, S. 441).
Auch vor dem Hintergrund des Bundesverfassungsrechts ist für die Regelung der
grundlegenden Gerichtsorganisation eine formell-gesetzliche Grundlage
erforderlich. Die angefochtene Ordnung betrifft nicht bloss untergeordnete
Fragen, welche von der Exekutive geregelt werden könnten. In Anbetracht ihrer
Bedeutung hält somit § 2 EV BWIS/ZH auch vor den Anforderungen von Art. 30 Abs.
1 BV nicht stand.

3.4 Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass das Bundesgesetz die
Kantonsregierungen ermächtigt, den Vollzug im Allgemeinen und die
Gerichtsorganisation im Speziellen auf dem Verordnungsweg zu regeln.
Insbesondere hat der Bundesgesetzgeber davon abgesehen, den Kantonsregierungen
förmlich eine Verordnungskompetenz einzuräumen (vgl. demgegenüber Art. 36 Abs.
2 RPG; Art. 130 Abs. 4 BGG; Art. 1 Abs. 2 der Schlussbestimmungen der
BGE 134 I 125 S. 134
Änderung des ANAG vom 18. März 1994). Auch kann nicht gesagt werden, dass Art.
24e Abs. 5 BWIS, wonach die Rechtmässigkeit des Polizeigewahrsams auf Antrag
der betroffenen Person richterlich zu überprüfen ist, dem Regierungsrat eine
Verordnungszuständigkeit einräumen würde; Art. 21g Abs. 4 VWIS bringt ohne
näheren Hinweis lediglich zum Ausdruck, dass die Kantone die richterliche
Instanz bezeichnen, welche für die Überprüfung der Rechtmässigkeit des
Polizeigewahrsams zuständig ist.
In der Vernehmlassung verweist der Regierungsrat auf das neue kantonale
Polizeigesetz vom 23. April 2007 (PolG) und vertritt die Auffassung, dass
dieses Gesetz eine hinreichende formell-gesetzliche Grundlage für die
gerichtsorganisatorische Bestimmung der Einführungsverordnung darstelle. Das
Polizeigesetz sieht gewisse Massnahmen vor, die denjenigen nach dem BWIS
nahekommen. Es ordnet in § 25 ff. den Polizeigewahrsam und in § 33 f. die
Wegweisung und Fernhaltung von Personen. Zur richterlichen Prüfung werden die
Haftrichterin und der Haftrichter eingesetzt (§ 27 Abs. 2 und § 34 Abs. 4). Der
Regierungsrat hat sich in der Einführungsverordnung offenbar an den
Rechtsschutzbestimmungen des Polizeigesetzes orientiert. Gleichwohl kann dieses
nicht als formell-gesetzliche Grundlage für die umstrittene
Einführungsverordnung dienen. Im Zeitpunkt des Erlasses der
Einführungsverordnung war das Polizeigesetz noch nicht formell zustande
gekommen; auf Referendum hin ist es erst am 24. Februar 2008 in der
Volksabstimmung angenommen worden; dem Vernehmen nach soll es erst auf Anfang
2009 in Kraft gesetzt werden. Bei dieser Sachlage kann das Polizeigesetz nicht
als formell-gesetzliche Grundlage für § 2 EV BWIS/ZH betrachtet werden.
Schliesslich kann auch aus der beschränkten zeitlichen Geltungsdauer der vom
Bundesgesetz vorgesehenen Massnahmen - Rayonverbote, Meldeauflagen und
Polizeigewahrsam - nicht geschlossen werden, dass dem Regierungsrat die
Zuständigkeit zur Bestimmung der gerichtsorganisatorischen Fragen zukäme und
aus diesem Grunde von den genannten kantonalen und eidgenössischen Vorgaben
abgerückt werden könnte.

3.5 Ungeachtet dieser verfassungsrechtlichen Betrachtungsweise verbleibt zu
prüfen, ob der von § 2 EV BWIS/ZH vorgesehene kantonale Rechtsschutz mit den
Anforderungen des Bundesgerichtsgesetzes im Einklang steht.
BGE 134 I 125 S. 135
Das Bundesgerichtsgesetz enthält in Art. 86 für den Bereich der
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eine Regelung über die Vorinstanzen des
Bundesgerichts. Nach Art. 86 Abs. 2 BGG setzen die Kantone als unmittelbare
Vorinstanzen grundsätzlich obere Gerichte ein, soweit nicht nach einem
Bundesgesetz Entscheide anderer richterlicher Behörden der Beschwerde ans
Bundesgericht unterliegen. Was unter Gerichten zu verstehen ist, ergibt sich
aus Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK sowie Art. 191c BV, allenfalls aus
kantonalem Verfassungs- und Justizorganisationsrecht. Erforderlich ist nach dem
Wortlaut von Art. 86 Abs. 2 BGG, dass ein oberes kantonales Gericht den beim
Bundesgericht anfechtbaren Entscheid trifft. Als obere kantonale Gerichte
werden kantonale Verwaltungsgerichte betrachtet. Soweit andere
Gerichtsinstanzen eingesetzt sind, wird in der Doktrin gefordert, dass diese
hierarchisch keiner andern Gerichtsinstanz unterstellt und für den ganzen
Kanton zuständig sind (vgl. zum Ganzen ESTHER TOPHINKE, Basler Kommentar,
Bundesgerichtsgesetz, Rz. 13 f. zu Art. 86 BGG, mit Hinweisen).
Vor diesem Hintergrund erweist sich die angefochtene Einführungsverordnung als
fragwürdig. Es kann nicht gesagt werden, dass der - entsprechend dem kantonalen
Gewaltschutzgesetz - eingesetzte Einzelrichter am Bezirksgericht Zürich eine
obere Gerichtsbehörde darstellt und die Vorinstanzenregelung den genannten
Anforderungen genügt.
In zeitlicher Hinsicht gilt es zu beachten, dass das Bundesgesetz in Bezug auf
die strittigen Massnahmen bis Ende 2009 gilt und dass dementsprechend auch die
Verordnung auf diese Dauer angelegt ist (§ 3 EV BWIS/ZH). Die Ordnung deckt
somit einen Zeitraum ab, der über die Übergangsfrist von Art. 130 Abs. 3 BGG
hinausreicht. Mit dem Ablauf der Übergangsfrist Ende 2008 ist die Regelung von
§ 2 EV BWIS/ZH demnach nicht mehr bundesrechtskonform.
Weiter fragt sich, ob die Kantone vor Ablauf der Übergangsfrist befugt sind,
dem Sinn und Geist des Bundesgerichtsgesetzes widersprechendes Recht zu
schaffen. Eine ähnliche Frage stellte sich nach dem Inkrafttreten des
Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG; SR 642.14). Das Bundesgericht befand, dass
während der achtjährigen Übergangsfrist geschaffenes neues kantonales Recht den
Anforderungen des Bundesrechts zu genügen habe und sog.
BGE 134 I 125 S. 136
disharmonisierendes kantonales Recht bundesrechtswidrig sei (BGE 124 I 101;
vgl. zur Aufrechterhaltung einer dem Steuerharmonisierungsgesetz
widersprechenden Praxis BGE 123 II 588 E. 2c S. 591). In vergleichbarer Weise
wurde in der Doktrin hinsichtlich des Art. 98a OG die Auffassung vertreten,
dass die Kantone während der Übergangsfrist von fünf Jahren kein
Verfahrensrecht schaffen dürften, welches dem Sinn und Geist von Art. 98a OG
widerspreche (vgl. CLAUDE ROUILLER, La protection juridique en matière
d'aménagement du territoire par la combinaison des art. 6 par. 1 CEDH, 33 LAT
et 98a OJ: complémentarité ou plénitude-, in: SJZ 90/1994 S. 21/29). Daraus
ergibt sich, dass die angefochtene Regelung ab dem 1. Januar 2009 in Bezug auf
den gerichtlichen Instanzenzug mit Bundesrecht im Widerspruch steht. Darüber
hinaus ist festzustellen, dass die Regelung bereits heute mit den Anforderungen
nach Art. 86 Abs. 2 BGG nicht vereinbar ist.

3.6 Damit erweist sich die Rüge als begründet, § 2 EV BWIS/ZH beruhe nicht auf
einer hinreichenden formell-gesetzlichen Grundlage und verletze kantonales und
eidgenössisches Verfassungs- und Organisationsrecht. Die Beschwerde ist daher
in diesem Punkte gutzuheissen und § 2 Abs. 1-3 EV BWIS/ZH sind aufzuheben. Von
der Aufhebung ausgenommen ist die Bestimmung von § 2 Abs. 4 EV BWIS/ZH, die
nicht in einer den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG
genügenden Form angefochten worden ist. Es verbleibt zu prüfen, welche Folgen
die Aufhebung der genannten Normen zeitigt.

4. Folge der Aufhebung von § 2 Abs. 1-3 EV BWIS/ZH ist, dass die allgemeinen
Bestimmungen des kantonalen Verwaltungsrechtspflegerechts Platz greifen. Diese
sind nachfolgend kurz aufzuzeigen, um anschliessend die sich daraus ergebende
Prozessrechtslage auf ihre Vereinbarkeit mit dem Bundesrecht prüfen zu können.

4.1 Die fraglichen Massnahmen - Rayonverbote, Meldeauflagen und
Polizeigewahrsam - stellen verwaltungsrechtliche Anordnungen dar; sie können
insbesondere nicht als Massnahmen strafprozessualer Natur verstanden werden.
Damit findet nunmehr grundsätzlich das Gesetz über den Rechtsschutz in
Verwaltungssachen (Verwaltungsrechtspflegegesetz vom 24. Mai 1959 [VRG; LS
175.2) Anwendung.
BGE 134 I 125 S. 137
Das Verwaltungsgericht kann nach § 43 VRG im hier betroffenen Bereich mit
Beschwerde angerufen werden. Ein Ausschlussgrund gemäss § 43 Abs. 1 VRG ist
nicht ersichtlich; die Zulässigkeit der Beschwerde ans Verwaltungsgericht
ergibt sich aus § 43 Abs. 2 VRG (vgl. auch § 5 der Verordnung über die
Anpassung des kantonalen Rechts an das Bundesgesetz über das Bundesgericht [VO
BGG;OS 61 S. 480]). Vorinstanz ist die Sicherheitsdirektion, die über Rekurse
gegen die Kantonspolizei entscheidet (vgl. § 19 Abs. 1 und § 19b Abs. 1 VRG
sowie § 57 der Verordnung über die Organisation des Regierungsrates und der
kantonalen Verwaltung mit Anhang 2 [VOG RR; LS 172.11]; vgl. auchTobias Jaag,
Staats- und Verwaltungsrecht des Kantons Zürich, 3. Aufl. 2005, Rz. 2004).
Ferner ist bei Anordnungen durch die Stadtpolizeien der Bezirksrat Vorinstanz
des Verwaltungsgerichts (vgl. § 19c Abs. 2 VRG, § 10 des Gesetzes über die
Bezirksverwaltung [LS 173.1]; fernerTobiasJaag, in: Isabelle Häner et al.
[Hrsg.], Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, Zürich 2007, N. 22 f. zu Art.
94 KV/ZH; derselbe, Staats- und Verwaltungsrecht, a.a.O., Rz. 2914 ff. sowie
Schema Rz. 2146; KÖLZ/BOSSHART/RÖHL, a.a.O., § 41 Rz. 28).

4.2 Diese Rechtsmittelwege stehen im Einklang mit den Anforderungen des
Bundesgerichtsgesetzes. Art. 86 Abs. 2 BGG verlangt für das öffentliche Recht
als Vorinstanz des Bundesgerichts ein oberes kantonales Gericht, das den
Sachverhalt und die Rechtsanwendung umfassend prüft (vgl. TOPHINKE, a.a.O., Rz.
13 zu Art. 86 BGG). Das Verwaltungsgericht genügt diesen Vorgaben klarerweise
(vgl. § 50 VRG).

4.3 Das Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit enthält
in Bezug auf Rayonverbote (Art. 24b BWIS) und Meldeauflagen (Art. 24d BWIS)
keine Vorgaben über die gerichtliche Anfechtung von entsprechenden Massnahmen.
In Bezug auf die Rayonverbote und die Meldeauflagen entspricht der
aufgezeichnete kantonale Rechtsmittelweg gemäss dem
Verwaltungsrechtspflegegesetz somit dem BWIS wie auch dem Bundesgerichtsgesetz.

4.4 Umgekehrt sieht Art. 24e Abs. 5 BWIS zum Polizeigewahrsam vor, dass die
Rechtmässigkeit des Freiheitsentzuges auf Antrag der betroffenen Person soll
richterlich überprüft werden können. Insoweit stellt sich die Frage, ob der
aufgezeichnete Rechtsmittelweg, der erst nach einer administrativen
Rechtsmittelinstanz
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(Sicherheitsdirektion und Bezirksrat) an ein Gericht führt, mit der genannten
Bestimmung des Bundesgesetzes im Einklang steht.
Dem Bundesgesetz kann nicht unmittelbar entnommen werden, welcher Sinn dem
Antrag auf gerichtliche Prüfung des Polizeigewahrsams unter dem Gesichtswinkel
des Rechtsmittelzuges zukommt. Denkbar ist, dass der Bundesgesetzgeber die
unmittelbare Anrufung eines Richters vorsehen und eine zwischengeschaltete
administrative Rechtsmittelinstanz ausschliessen wollte; ebenso liesse sich die
Auffassung vertreten, dass der Bundesgesetzgeber die Anrufung eines Gerichts
mit einer zwischengeschalteten Administrativinstanz zulassen wollte.
Die Botschaft zur Änderung und Ergänzung des Bundesgesetzes spricht sich dazu
nicht direkt aus. Sie bezeichnet den Polizeigewahrsam als Massnahme im Sinne
von Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK (Botschaft, a.a.O., S. 5633 f.). Danach ist
rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung
einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung
einer gesetzlichen Verpflichtung zulässig. Auf eine Freiheitsbeschränkung
gemäss Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK kommt die Bestimmung von Art. 5 Ziff. 3 EMRK
nicht zur Anwendung. Massgebend ist vielmehr Art. 5 Ziff. 4 EMRK. Diese
Bestimmung schliesst es im Grundsatz nicht aus, dass vor der Beurteilung durch
ein Gericht zusätzlich eine Administrativbehörde die Freiheitsentziehung prüft,
soweit gesamthaft dem Erfordernis der kurzen Frist zur Anrufung eines Gerichts
im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK Rechnung getragen wird (vgl. Urteil 1B_115/
2007 vom 12. Juli 2007, E. 2, mit Hinweisen).
Für eine direkte Anrufung einer gerichtlichen Behörde spricht indes der
Wortlaut von Art. 24e Abs. 5 BWIS. Dieser legt es nahe, dass die richterliche
Überprüfung direkt und ohne zwischengeschaltete Administrativbehörde verlangt
werden kann. In den Beratungen der Eidgenössischen Räte war die Frage nicht
ausdrücklich aufgeworfen worden. Verschiedene Votanten gingen in der Debatte
unwidersprochen davon aus, dass der richterliche Rechtsschutz innert 24 Stunden
soll verlangt werden können (vgl. Votum Aeschbacher, AB 1995 N S. 1950, Votum
Stahl und Votum Burkhalter AB 1995 N S. 1951). Es bedarf keiner weitern
Ausführung, dass eine richterliche Prüfung innert 24 Stunden nicht möglich
wäre, wenn vorgängig eine Administrativbehörde die Rechtmässigkeit des
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Polizeigewahrsams prüfen würde. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen,
dass eine Rechtsmittelordnung, welche vor der richterlichen Prüfung des
Polizeigewahrsams noch eine Administrativbehörde vorsieht, mit der Bestimmung
von Art. 24e Abs. 5 BWIS im Widerspruch stünde. Von dieser Auffassung geht auch
der Regierungsrat sowohl in seinem Bericht zur Einführungsverordnung wie in
seiner Vernehmlassung aus.
Daraus ergibt sich in Bezug auf den Polizeigewahrsam, dass die aufgezeigte
Rechtsmittelordnung gemäss den allgemeinen Bestimmungen des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes zwar den Anforderungen des
Bundesgerichtsgesetzes entsprechen würde, indes mit dem Bundesgesetz über
Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit im Widerspruch stünde.

4.5 Bei dieser Sachlage ist es in Anbetracht der Aufhebung von § 2 Abs. 1-3 EV
BWIS/ZH Sache der kantonalen Behörden, das Verfahren nach dem kantonalen
Verfassungs- und Organisationsrecht neu zu ordnen. Wie aufgezeigt, ist eine
Neuordnung in Bezug auf die Rayonverbote und die Meldeauflagen vor dem
Hintergrund des Bundesrechts (BGG und BWIS) nicht erforderlich. Hingegen bedarf
der Polizeigewahrsam einer Ordnung, die sowohl dem Bundesgesetz über Massnahmen
zur Wahrung der inneren Sicherheit (E. 4.4) wie dem Bundesgerichtsgesetz (oben
E. 3.5) Rechnung trägt.
Offen ist, wie mit beim Bundesgericht eingereichten Beschwerden gegen
Entscheide des Einzelrichters zu verfahren wäre, solange eine - allenfalls auch
erst provisorische - neue Regelung hinsichtlich des Polizeigewahrsams fehlt.
Denkbar ist, dass solche Beschwerden an das Verwaltungsgericht zur Beurteilung
weitergeleitet würden.