Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 III 59



Urteilskopf

134 III 59

  10. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Y. AG
gegen X. AG (Berufung)
  4C.3/2007 vom 12. November 2007

Regeste

  Steuerhinterziehung; ersatzfähiger Schaden; Art. 175 DBG.

  Steuerbussen, welche dem Gebüssten auf Grund seines Verschuldens auferlegt
wurden, sind höchstpersönlicher Natur und stellen damit keinen
zivilrechtlich ersatzfähigen Schaden dar (E. 2).

Sachverhalt ab Seite 59

  A.- Die Einzelfirma X. wurde 1991 in die X. AG (Klägerin) umgewandelt. Die
Klägerin, ihr Hauptaktionär A.A. und seine Ehefrau B.A. liessen sich in
Steuersachen von der Y. AG (Beklagte) beraten, betreuen und vertreten. Diese
erstellte zudem für die Klägerin die

Jahresabschlüsse. Mandatsleiter bei der Beklagten war C.A., der Bruder von
A.A.

  Im Juli 1990 kaufte die damalige Einzelfirma X. einen Porsche 911 Carrera
für Fr. 79'000.-. Auf diesem Wagen, der 1991 auf die Klägerin überging,
wurden jährlich Abschreibungen getätigt. Ende 1993 wurde er zum Restbuchwert
von Fr. 10'000.- von A.A. persönlich übernommen. Im März 1993 erwarb die
Klägerin einen Mercedes 600 SL Roadstar für Fr. 203'000.-, den sie 1993 um
40 % und 1994 auf Fr. 1.- abschrieb.

  Im Hinblick auf die Veranlagung der Klägerin für die Geschäftsjahre
1993/1994 hat der für juristische Personen zuständige Steuerkommissär des
Kantons Thurgau am 25. April 1995 bei der Beklagten insbesondere Angaben
über das 1993 von der Klägerin für Fr. 203'000.- erworbene Fahrzeug und über
die Angemessenheit des Verkaufspreises des Ende 1993 zum Buchwert ins
Privatvermögen überführten Porsche Carrera 911 verlangt. Die Beklagte
antwortete am 3. Januar 1996.

  Am 12. Januar 1996 reichte die Beklagte für die Eheleute A. die
Steuererklärung 1995/1996 ein, deren Bemessungsgrundlage ihre Einkünfte im
Jahr 1993 und 1994 bildeten. In dieser Steuererklärung wurden weder
bezüglich des übernommenen Porsche noch der Benutzung des Mercedes 600 SL
Roadstar geldwerte Leistungen der Klägerin an die Eheleute A. deklariert.

  Am 22. März 1996 erliess der für juristische Personen zuständige
Steuerkommissär die "Kantonale Veranlagung 1994" betreffend die Klägerin und
nahm darin per Geschäftsjahr 1993 insbesondere folgende Aufrechnungen vor:
"Unterpreisliche Entnahme Porsche Fr. 70'000.-" und "Abschreibung Mercedes
600 SL Roadstar Fr. 49'200.-"; Letzteres mit dem Hinweis, dass es sich um
die aufgerechnete Abschreibung auf dem auf insgesamt Fr. 123'000.-
geschätzten Luxusanteil des Mercedes handle. Für das Jahr 1994 wurde in der
Veranlagung unter der Rubrik "Abschreibungen auf Luxusanteil Mercedes 600 SL
Roadstar" Fr. 73'800.- aufgeführt.

  Auf Empfehlung der Beklagten hin akzeptierte die Klägerin die
Veranlagungen für die Bemessungsperiode 1993/1994.

  Für diese Periode veranlagte die Steuerbehörde Roggwil die Eheleute A. am
2. Juli 1996. In dieser Veranlagung wurden die bei der Klägerin als
juristischer Person in der Veranlagung vom 22. März

1996 per 1993 vorgenommenen Aufrechnungen nicht berücksichtigt.

  Nach Meldung eines Steuerkommissärs eröffnete die thurgauische
Steuerverwaltung am 8. April 1997 ein Nachsteuer- und Bussenverfahren gegen
die Eheleute A. und erliess am 7. Oktober 1998 eine Nachsteuer- und
Bussenverfügung. Damit wurden die geldwerten Leistungen der Klägerin
nachbesteuert und den Steuerpflichtigen eine Busse von 100 % - entsprechend
einem Betrag von Fr. 24'670.60 für die direkte Bundessteuer und von Fr.
58'127.20 für die Staats- und Gemeindesteuer auferlegt. Die Gebüssten zogen
die Entscheide weiter, wobei das Verfahren betreffend die Staats- und
Gemeindesteuer bis zum Entscheid über die direkte Bundessteuer sistiert
wurde.

  Am 9. Dezember 1998 eröffnete die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau
auch gegenüber der Klägerin ein Nachsteuer- und Bussenverfahren betreffend
die direkte Bundessteuer sowie die Staats- und Gemeindesteuer. Am 30. Juni
1999 wurde die Klägerin mit insgesamt Fr. 41'700.- gebüsst. Die Klägerin zog
diese Bussenverfügungen weiter.

  Gegen die Nach- und Strafsteuern betreffend die direkte Bundessteuer
erhoben sowohl die Klägerin als auch die Eheleute A. Einsprachen, welche am
4. Oktober 1999 abgewiesen wurden. Die Steuerrekurskommission des Kantons
Thurgau bestätigte diese Entscheide. Die dagegen erhobenen
Verwaltungsgerichtsbeschwerden wies das Bundesgericht mit Urteil vom 3.
November 2000 ab (2A.187/2000 und 2A.195/2000, vom Bundesgericht vereinigt).
Darin wurde in E. 3c/cc ausgeführt:

   "Es geht - sowohl beim Übernahmepreis für den Porsche als auch bei der
    streitigen Abschreibung für den Mercedes - nicht bloss um reine
    Bewertungsfragen, worüber in guten Treuen geteilte Meinungen möglich
    sein können. Die Beschwerdeführer wussten bzw. mussten wissen, dass ein
    ca. vierjähriger Porsche 911 Carrera mit 4000 km niemals bloss einen
    Marktwert von Fr. 10'000.- haben konnte. Analoges gilt für die
    Abschreibungen auf dem Mercedes, den die Beschwerdeführer
    unbestrittenermassen auch privat benutzten. Diesbezüglich wussten sie um
    die geldwerten Vorteile, die ihnen durch den privaten Gebrauch des
    Geschäftswagens der X. AG zuflossen. Sie haben daher ihr Einkommen und
    Vermögen nicht vollständig deklariert (vgl. E. 3b/cc) und den Erfolg,
    d.h. die unvollständige Veranlagung vom 2. Juli 1996, zumindest in Kauf
    genommen (Eventualvorsatz). Dies führt zur Verurteilung wegen
    vorsätzlicher vollendeter Steuerhinterziehung (vgl. auch [...]).

    Der Einwand, der Beschwerdeführer A.A. habe sich um die Buchhaltung bzw.
    Steuererklärung nicht näher gekümmert und damit auch keine vorsätzliche
    Steuerhinterziehung begehen können, dringt nicht durch. Wie ausgeführt,
    ist erwiesen, dass A.A. vor Einreichung der Steuererklärung um die
    geldwerten Vorteile, die ihm von der X. AG zugeflossen sind, gewusst
    hatte. Auf diese geldwerten Vorteile hätte er seinen Vertreter hinweisen
    und entsprechend dokumentieren müssen oder er hätte zumindest die
    Steuererklärung nicht ohne entsprechende Korrekturen unterzeichnen und
    einreichen dürfen. Die Steuerbehörden haben daher zu Recht auf ein
    zumindest eventualvorsätzliches Vorgehen der steuerpflichtigen Personen
    geschlossen (vgl. [...])."

  In den Verfahren betreffend Staats- und Gemeindesteuern konnten die
Klägerin sowie die Eheleute A. vor der Steuerrekurskommission und dem
Verwaltungsgericht eine Reduktion des Bussenbetrags auf Fr. 22'431.20 für
die Klägerin und Fr. 35'939.55 für die Eheleute A. erreichen.

  In der Folge machten die Klägerin und die Eheleute A. geltend, die
Steuerbussenverfahren seien auf mangelhafte Beratung der Beklagten
zurückzuführen, weshalb diese für den dadurch verursachten Schaden hafte. Am
10. Dezember 2004 traten die Eheleute A. sämtliche ihnen gegenüber der
Beklagten zustehenden Schadenersatzansprüche der Klägerin ab.

  B.- Mit Eingabe vom 4. März 2005 belangte die Klägerin die Beklagte beim
Handelsgericht des Kantons St. Gallen auf Zahlung von Fr. 121'084.65 nebst 5
% Zins seit 1. Januar 2003. Damit verlangte die Klägerin Schadenersatz für
die ihr und den Eheleuten A. auferlegten Steuerbussen von insgesamt Fr.
90'741.35, für entsprechende Verfahrensgebühren von Fr. 10'435.80 und
Anwaltskosten von Fr. 19'907.50.

  Mit Entscheid vom 13. November 2006 verpflichtete das Handelsgericht die
Beklagte in teilweiser Gutheissung der Klage, der Klägerin Fr. 82'189.75
zuzüglich 5 % Zins seit 1. Januar 2003 zu bezahlen.

  C.- Die Beklagte hat den Entscheid des Handelsgerichts vom 13. November
2006 sowohl mit eidgenössischer Berufung als auch mit kantonaler
Nichtigkeitsbeschwerde angefochten. Letztere hat das Kassationsgericht des
Kantons St. Gallen am 12. Juli 2007 abgewiesen, soweit darauf eingetreten
werden konnte. Mit ihrer Berufung stellt die Beklagte die Anträge, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Klage abzuweisen.

  Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung.

  Das Bundesgericht heisst die Berufung gut, hebt das Urteil des
Handelsgerichts des Kantons St. Gallen vom 13. November 2006 auf und weist
die Klage ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

  2.

  2.1  Die Beklagte wendete im kantonalen Verfahren ein, die Klägerin bzw.
die Eheleute A. könnten keinen Ersatz für ihnen persönlich auferlegte Bussen
verlangen. Das Handelsgericht führte dazu zusammengefasst aus, eigentliche
strafrechtliche Sanktionen, auch Geldbussen, seien höchstpersönlich und
damit grundsätzlich zivilrechtlich nicht ersatzfähig. Nach der neueren
Rechtsprechung des Bundesgerichts seien auch bei Strafsteuern die
strafrechtlichen Verfahrensgarantien einzuhalten. Dennoch könne unter
Umständen die Ersatzfähigkeit einer Steuerbusse bejaht werden, wenn der
Gebüsste das Steuerdelikt zufolge fehlerhafter Beratung oder
Risikoaufklärung begangen habe oder wenn bei der Bemessung der Busse dem
strafrechtlichen Verschuldensprinzip nicht entsprochen worden sei. Dies
treffe im vorliegenden Fall aufgrund der Erfolgsbezogenheit der
Strafandrohung für Steuerhinterziehung als auch eines gewissen Schematismus
in der Handhabung zu. So sei in keinem der Strafurteile auf die
unterschiedliche Situation bezüglich des Porsche und des Mercedes und die
unterschiedliche Konstellation bei der Klägerin und ihren Inhabern näher
eingegangen worden. Auch hätten die Steuer- und Steuerjustizbehörden dem
Umstand wenig Gewicht beigemessen, dass A.A. durch die Beklagte bzw. seinen
Bruder beraten und bei der Beklagten deutlich mehr steuerrechtlicher
Sachverstand vorhanden war als bei der Klägerin bzw. den Eheleuten A.
Demnach sei eine Überwälzung der vorliegend ausgefällten Sanktionen auf die
Beklagte nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Auf Grund ihrer
steuerrechtlichen Beratung sei ihr Kausalbeitrag stärker zu gewichten als
das Verschulden der Klägerin bzw. der Eheleute A. Diesen sei zwar im
Zusammenhang mit den innerhalb der Klägerin vorgenommenen Buchungen, welche
am Anfang der aufgetretenen Probleme gestanden hätten, ein Selbstverschulden
anzulasten. Jedoch hätte die Beklagte in dieser Hinsicht deutlich abmahnen
müssen, was sie nicht getan habe.

  Aus den dargelegten Gründen verpflichtete die Vorinstanz die Beklagte, der
Klägerin als Schadenersatz zwei Drittel der ihr bzw. den

Eheleuten A. auferlegten Strafsteuern sowie der mit den Strafverfahren
verbundenen Rechtsverfolgungskosten zu vergüten. Letztere seien teilweise
direkt auf den strafrechtlichen Aspekt bezogen. Sie stünden jedoch teilweise
auch im Zusammenhang mit dem der Klägerin und den Eheleuten A. anzulastenden
Selbstverschulden. Es rechtfertige sich daher die gleiche Aufteilung.

  2.2  Die Beklagte macht auch vor Bundesgericht geltend,
Steuerhinterziehungsbussen seien eigentliche strafrechtliche Sanktionen,
weshalb das Handelsgericht zu Unrecht angenommen habe, die der Klage zu
Grunde liegenden Bussen und die entsprechenden Rechtsverfolgungskosten
stellten ersatzfähigen Schaden dar.

  2.3
  2.3.1  Wer als Steuerpflichtiger vorsätzlich oder fahrlässig bewirkt, dass
eine Veranlagung zu Unrecht unterbleibt oder dass eine rechtskräftige
Veranlagung unvollständig ist, wird gemäss Art. 175 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR
642.11) und § 208 Abs. 1 Ziff. 1 des Steuergesetzes des Kantons Thurgau vom
14. September 1992 (StG/TG) wegen Steuerhinterziehung mit Busse bestraft.
Die Ansätze dieser Bussen werden in Art. 175 DBG und § 208 StG/TG analog
geregelt. Der Regelansatz liegt beim vollendeten Delikt bei 100 % des
hinterzogenen Steuerbetrags und kann je nach Verschulden bis auf einen
Drittel reduziert oder auf das Dreifache erhöht werden; beim versuchten
Delikt beträgt der Ansatz in der Regel 2/3 des Ansatzes für das vollendete
Delikt. Diese Regelstrafmasse sind nicht schematisch anzuwenden. Vielmehr
sind sie als blosser Ausgangspunkt für die Strafzumessung nach dem
Verschuldensprinzip zu betrachten (ROMAN SIEBER, in: Kommentar zum
schweizerischen Steuerrecht, Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.], Bd. I/2b,
N. 46 zu Art. 175 DBG; vgl. auch GUIDO JENNY, Verschuldensprinzip und
Strafzumessungsregeln im Steuerstrafrecht, ASA 66 S. 257 ff., 258 ff.). Wer
vorsätzlich zu einer Steuerhinterziehung anstiftet, Hilfe leistet oder als
Vertreter des Steuerpflichtigen eine Steuerhinterziehung bewirkt oder an
einer solchen mitwirkt, wird ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit des
Steuerpflichtigen mit Busse bestraft (Art. 177 Abs. 1 DBG und § 210 Abs. 1
StG/TG).

  2.3.2  Allgemein gilt, dass eine Busse den Gebüssten durch eine
Vermögensverminderung bestrafen soll. Wie jede Strafe ist auch die Busse
höchstpersönlicher Natur, woraus folgt, dass eine vertragliche

Vereinbarung, welche einen Dritten verpflichtet, die Busse ganz oder
teilweise zu bezahlen, widerrechtlich im Sinne von Art. 20 Abs. 1 OR ist
(BGE 86 II 71 E. 4 S. 76 ff.). Mit der höchstpersönlichen Natur der Busse
ist auch nicht vereinbar, dass der Gebüsste bezüglich der durch sie
erlittenen Vermögensverminderung von einem Dritten wegen einer
Vertragsverletzung Schadenersatz zugesprochen erhält (BGE 115 II 72 E. 3b S.
75). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind auch Steuerbussen als
echte Strafen zu qualifizieren (BGE 116 IV 262 E. 3b/aa S. 266 f.; 117 Ib
367 E. 4d S. 376; 119 Ib 311 E. 2 S. 314, je mit Hinweisen). In Bezug auf
die privatrechtliche Ersatzfähigkeit von Steuerbussen muss daher
grundsätzlich dasselbe gelten wie für gewöhnliche Bussen (THOMAS KOLLER,
Steuern und Steuerbussen als privatrechtlich relevanter Schaden, ZSR
113/1994 I S. 183 ff., 202). Etwas anderes kann aus dem Urteil 4C.316/2001
vom 7. Februar 2002 (zum Teil publ. in: AJP 2003 S. 713 f.) nicht abgeleitet
werden, weil dem Bundesgericht damals die Frage der Ersatzfähigkeit von
Steuerbussen nicht vorgelegt und sie daher nicht geprüft wurde.

  2.3.3  In der Lehre wird jedoch angenommen, bei Steuerbussen würden sich
in bestimmten Fallkonstellationen Ausnahmen aufdrängen. Eine solche sei
zuzulassen, wenn durch ein privatrechtliches Fehlverhalten eines Beraters,
insbesondere eines Steuerberaters, dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit
genommen wird, mittels rechtzeitiger Selbstanzeige eine Strafmilderung zu
erlangen (KOLLER, a.a.O., ZSR 113/1994 I S. 203; derselbe, Strafsteuern als
privatrechtlich ersatzfähiger Schaden? - Ein weiterer Meilenstein in der
Rechtsprechung zur Haftung rechtsberatender Berufe, AJP 2003 S. 713 ff.,
718; PETER AVANCINI/GERT M. IRO/HELMUT KOZIOL, Österreichisches
Bankvertragsrecht, Bd. 1, Wien 1987, S. 167 Rz. 2/146). Wie es sich damit
verhält, kann im vorliegenden Fall offenbleiben, da sich aus dem
angefochtenen Urteil nicht ergibt, dass die Beklagte den Gebüssten eine
Selbstanzeige verunmöglichte.

  2.3.4  Weiter wird die Meinung vertreten, wenn und soweit ein
Steuerpflichtiger eine Steuerbusse ohne eigenes Verschulden als Folge eines
Fehlverhaltens eines Dritten zu bezahlen habe, liege keine höchstpersönliche
Strafe und damit ein ersatzfähiger Schaden vor (KOLLER, a.a.O., ZSR 113/1994
I S. 204). Dies treffe zu, wenn ein Steuerberater in Verletzung seiner
vertraglichen Haupt- oder Nebenpflicht den beratenen Steuerpflichtigen nicht
über bestimmte steuerrechtliche Pflichten aufkläre und dieser deswegen ein
Steuerdelikt

begehe (KOLLER, a.a.O., ZSR 113/1994 I S. 202 f.; derselbe, a.a.O., AJP 2003
S. 718 f.; vgl. auch Urteil des BGH vom 31. Januar 1957, Entscheidungen des
Bundesgerichtshofes in Zivilsachen [BGHZ] Bd. 23 S. 222 ff., 225).

  2.3.5  Bei der letztgenannten Konstellation liegt eine für die Bestrafung
kausale Verletzung vertraglicher Aufklärungspflichten vor. Anders verhält es
sich jedoch, wenn der Steuerpflichtige für sein eigenes Verschulden bestraft
wurde, weil er - entsprechend dem Grundsatz, dass eine Person bezüglich ihr
bekannter Risiken keiner Aufklärung bedarf (BGE 133 III 97 E. 7.1.1 S. 102)
- das Steuerdelikt auch ohne die Aufklärung des Beraters bzw. trotz dessen
Tätigwerdens hätte erkennen und vermeiden müssen. In solchen Fällen ist eine
Busse höchstpersönlicher Natur. Diese könnte nur verneint werden, wenn einem
Steuerpflichtigen eine Busse auferlegt wird, obwohl ihm aufgrund der
vertraglich vereinbarten Beratung kein eigenes Verschulden anzurechnen ist.
Die Verhängung einer solchen verschuldensunabhängigen Strafe sollte jedoch
nach geltendem Recht ausgeschlossen sein, da das strafrechtliche
Verschuldensprinzip grundsätzlich auch für Steuerstrafen gilt (KOLLER,
a.a.O., AJP 2003 S. 718; JENNY, a.a.O., S. 258.; PETER
MÄUSLI-ALLENSPACH/MATHIAS OERTLI, Das schweizerische Steuerrecht, Ein
Grundriss mit Beispielen, 4. Aufl., S. 275; M. ZWEIFEL, Die Strafsteuer als
Strafe, ASA 58 S. 6 ff.). So setzt die Steuerhinterziehung gemäss Art. 175
DBG und § 208 StG/TG in subjektiver Hinsicht ein Verschulden in der Form von
Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus. Dies gilt auch für die Strafbarkeit
einer juristischen Person, welcher das Verschulden eines ihrer Organe gemäss
den zivilrechtlichen Zurechnungsregeln angelastet wird (SIEBER, a.a.O., N. 6
ff. zu Art. 181 DBG; PETER WIRTH, in: Handbücher für die Anwaltspraxis, Bd.
VII, Strafverteidigung, Marcel Niggli/Philippe Weissenberger [Hrsg.], S.
347; vgl. auch ZWEIFEL, a.a.O., S. 11 f.).

  2.4  Die im vorliegenden Verfahren umstrittenen Steuerbussen sind den
Eheleuten A. und der Klägerin aufgrund ihres eigenen Verschuldens in der
Form von Vorsatz bzw. Eventualvorsatz auferlegt worden, wobei auch nach den
Feststellungen des Handelsgerichts berücksichtigt wurde, dass die gebüssten
Personen von der Beklagten beraten bzw. vertreten wurden. Damit sind die
Bussen verschuldensabhängig ausgesprochen worden, weshalb sie als
höchstpersönliche Strafen und damit als zivilrechtlich nicht ersatzfähige
Vermögensverminderungen

zu qualifizieren sind. Daran vermag nichts zu ändern, dass das
Handelsgericht das Verschulden der Gebüssten anders bewertete als die
Steuerbehörden. Zwar ist gemäss Art. 53 Abs. 2 OR das strafrechtliche
Erkenntnis mit Bezug auf die Beurteilung der Schuld und die Bestimmung des
Schadens für den Zivilrichter nicht verbindlich. Diese Regelung bezieht sich
jedoch nur auf die Beurteilung des zivilrechtlich ersatzfähigen Schadens und
erfasst damit die höchstpersönlichen Strafen nicht. Es stand dem
Handelsgericht daher nicht zu, die Höhe der Bussen zu überprüfen und diese
faktisch zu reduzieren, indem es deren teilweise Bezahlung durch die
Beklagte anordnete. Andernfalls wäre die Rechtskraft der Strafurteile in
Frage gestellt (vgl. GEORGES SCYBOZ, L'effet de la chose jugée au pénal sur
le sort de l'action civile, Diss. Freiburg 1976, S. 55).

  Das Handelsgericht hat daher Bundesrecht verletzt, wenn es annahm, die der
vorliegenden Klage zu Grunde liegenden Steuerbussen seien zivilrechtlich
ersatzfähig. Demnach können auch die Kosten, welche in den durch das
Verschulden der Gebüssten verursachten Strafsteuerverfahren anfielen, nicht
als ersatzfähiger Schaden qualifiziert werden (vgl. KOLLER, a.a.O., AJP 2003
S. 721). Daraus folgt, dass die Klage abzuweisen ist, ohne dass die übrigen
Haftungsvoraussetzungen oder die Frage der Verjährung geprüft werden
müssten.