Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 III 547



Urteilskopf

134 III 547

86. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S.
Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE) gegen X. (Beschwerde in
Zivilsachen)
4A_170/2008 vom 19. August 2008

Regeste

Art. 2 lit. a MSchG; dreidimensionale Marke; massgebender Adressatenkreis.
Unterschiedliche Beurteilung der Schutzvoraussetzungen im Marken- und
Designrecht (E. 2.3.1). Für allgemeine Konsumgüter bilden die Endverbraucher in
der Schweiz den massgebenden Adressatenkreis; er ist nicht nach Qualität oder
Preis einzuschränken (E. 2.3.2).

Sachverhalt ab Seite 548

BGE 134 III 547 S. 548

A. X. (Gesuchstellerin, Beschwerdegegnerin) ersuchte am 14. Juni 2004 beim
Institut für Geistiges Eigentum (IGE) unter der Nr. 53900/ 2004 um Markenschutz
für Waren der Klasse 20 (Möbel und Stühle) für folgende dreidimensionale Form:
[displayima]
Nach Beanstandungen, welche die Gesuchstellerin bestritt, gab das IGE mit
Verfügung vom 11. Juli 2007 dem Markeneintragungsgesuch Nr. 53900/2004
(dreidimensionale Marke) gestützt auf Art. 2 lit. a i.V.m. Art. 30 Abs. 2 lit.
c MSchG (SR 232.11) in Bezug auf alle beanspruchten Waren (Klasse 20) nicht
statt (Ziffer 1).

B. Mit Urteil vom 20. Februar 2008 hiess das Bundesverwaltungsgericht die
Beschwerde der Gesuchstellerin gut, hob Ziffer 1 der Verfügung des
Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum vom 11. Juli 2007 auf und wies
das Institut an, die Marke gemäss Gesuch Nr. 53900/2004 für Stühle in Klasse 20
im schweizerischen Markenregister einzutragen. Das Bundesverwaltungsgericht
vertrat im Gegensatz zum IGE die Ansicht, die beanspruchte Form werde vom
massgebenden schweizerischen Durchschnittsabnehmer für Stühle als
markenrechtlich originär unterscheidungskräftig wahrgenommen.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde des IGE teilweise gut, hebt das Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Februar 2008 auf und weist die Sache an
das Bundesverwaltungsgericht zur Ergänzung des Sachverhalts und neuer
Entscheidung zurück.
BGE 134 III 547 S. 549

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

2. Der "Panton"-Stuhl, dessen Form von der Beschwerdegegnerin als Marke für
Stühle beansprucht wird, war nach unbestrittener Darstellung der Beteiligten
als Designermöbel für die Formgebung bestimmter Stühle in den 1960er Jahren
prägend. Als Design ist eine Gestaltung von Erzeugnissen schutzfähig, die
namentlich durch die Anordnung von Linien, Flächen, Konturen oder Farben oder
durch das verwendete Material charakterisiert wird, soweit sie neu ist und
Eigenart aufweist (Art. 1 und 2 des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 2001 über den
Schutz von Design [Designgesetz, DesG; SR 232.12]). Der "Panton"-Stuhl dürfte
zudem die Voraussetzungen für den Urheberrechtsschutz erfüllen, denn
Möbelstücke können insbesondere dann Werke im Sinne von Art. 2 (lit. f) URG (SR
231.1) sein, wenn sie sich von bisherigen Stilrichtungen klar abheben und eine
neue Richtung einleiten oder wesentlich mitbestimmen (BGE 113 II 190 E. 2a S.
197).

2.1 Das IGE vertritt in der Begründung der Beschwerde die Ansicht, der
vorliegende Entscheid sei deshalb von prinzipieller Tragweite, weil der von der
Vorinstanz zugesprochene Markenschutz für die beanspruchte dreidimensionale
Form letztlich dazu führen würde, dass jede Form, welche die
Schutzvoraussetzungen als Design erfüllt, damit auch den - grundsätzlich
zeitlich unlimitierten - Schutz der Formmarke beanspruchen könne. Diese
Befürchtung erscheint nicht unbegründet, wenn berücksichtigt wird, dass
Warenformen Gestaltungen von Erzeugnissen im Sinne von Art. 1 DesG sein können,
die als dreidimensionale Form im Sinne von Art. 1 Abs. 2 MSchG grundsätzlich
auch als Marke schutzfähig sind. In der Lehre wird mehrheitlich vertreten, dass
unter den einzelnen Immaterialgüterrechten keine Hierarchie besteht und ein
kumulativer Rechtsschutz daher nicht ausgeschlossen ist, wenn die
Schutzvoraussetzungen für mehrere Immaterialgüterrechte erfüllt sind (STUTZ/
BEUTLER/KÜNZI, Handkommentar Designgesetz, Bern 2006, Teil A: Grundlagen, N. 41
ff. und 57 ff.; STAUB/CELLI, Designrecht, Zürich 2003, N. 6 f. und 8 ff. zu
Art. 1 DesG; MARBACH, Markenrecht, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und
Wettbewerbsrecht, Bd. III, Basel 1996, S. 12 f.; CHRISTOPH WILLI, Kommentar zum
Markenschutzgesetz, Zürich 2002, N. 199 zu Art. 2 MSchG; vgl. auch MARKUS
INEICHEN, Die Formmarke im Lichte der absoluten Ausschlussgründe nach dem
BGE 134 III 547 S. 550
schweizerischen Markenschutzgesetz, in: Gewerblicher Rechtsschutz und
Urheberrecht, Internationaler Teil [GRUR Int.] 2003, S. 193 sowie PETER
HEINRICH, DesG/HMA: Kommentar, Zürich 2002, Rz. 0.36 ff.). Nach der
Rechtsprechung kann etwa eine Gestaltung nach dem Design- bzw. nach dem
früheren Muster- und Modellgesetz geschützt werden, auch wenn sie gleichzeitig
als Werk den Schutz des Urheberrechts beanspruchen kann (BGE 113 II 190 E. 2a
S. 197). Ausserdem wird in der neueren Rechtsprechung die Eigenständigkeit des
Schutzes der Lauterkeit im Wettbewerb gegenüber dem Markenschutz anerkannt (BGE
129 III 353 E. 3.3 S. 358; BGE 127 III 33 E. 3a S. 38). Es ist grundsätzlich
davon auszugehen, dass die jeweils spezifischen Schutzvoraussetzungen für jedes
beanspruchte Recht eigenständig zu beurteilen sind und keine Abgrenzung der
Immaterialgüterrechte in dem Sinne angebracht ist, dass jeweils ein Normbereich
ausschliesslich gelten würde. Allerdings widerspräche es der Kohärenz der
Rechtsordnung, wenn die für ein Recht ausdrücklich definierten Grenzen mit
einer zu weit gezogenen Definition des Schutzes für ein anderes Recht
unterlaufen werden könnten.

2.2 Das Designgesetz bezweckt die Förderung der ästhetisch ansprechenden
Formgebung gewerblicher und industrieller Erzeugnisse (HEINRICH, a.a.O., Rz.
0.11; STAUB/CELLI, a.a.O., N. 34 zu Art. 1 DesG); es schützt die geistige
Leistung, die in der Gestaltung eines Erzeugnisses liegt (STUTZ/BEUTLER/KÜNZI,
a.a.O., N. 41; HEINRICH, a.a.O., Rz. 0.10). Für den Schutz als Design ist nach
Art. 2 Abs. 1 DesG erforderlich, dass die Form neu ist und Eigenart aufweist,
was zutrifft, wenn sich der Gesamteindruck der beanspruchten Form in der
Beurteilung der an einem Kauf der entsprechend gestalteten Produkte unmittelbar
interessierten Personen vom Vorbekannten massgeblich abhebt (BGE 133 III 189 E.
5.1.1 S. 193 f.; BGE 134 III 205 E. 5 und 6 S. 209 ff.). Der Schutz als Design
kann für eine beschränkte Zeit beansprucht werden, während nach deren Ablauf
die neue und ursprünglich eigenartige Gestaltung grundsätzlich nachgemacht oder
nachgeahmt werden darf. Die Marke soll dagegen die Produkte eines Unternehmens
im Verkehr kennzeichnen und von den Produkten anderer Unternehmen abheben (Art.
1 Abs. 1 MSchG). Sie ist grundsätzlich zeitlich unbeschränkt so lange gegen die
Verwendung verwechselbarer Zeichen für gleichartige Waren geschützt, als sie im
Register eingetragen ist und die damit gekennzeichneten Produkte auf dem Markt
angeboten werden. Formen von Waren, die gleichzeitig als Marke die
Zugehörigkeit zu einem Unternehmen
BGE 134 III 547 S. 551
kennzeichnen, dürfen wegen dieser Funktion als Kennzeichen von Mitbewerbern in
gleicher oder ähnlicher Gestaltung für gleichartige Waren nicht verwendet
werden, solange der Markenschutz besteht. Erforderlich ist dafür, dass die Form
von den Adressaten als Marke wahrgenommen wird.

2.3 Das Zeichen, das als Marke beansprucht wird, soll den Adressaten
ermöglichen, die damit gekennzeichneten Produkte eines bestimmten Unternehmens
aus der Fülle des Angebots jederzeit wieder zu erkennen (BGE 122 III 382 E. 1
S. 383 mit Hinweis). Das Zeichen muss daher in der Erinnerung der Adressaten so
haften bleiben, dass es diese Funktion im beanspruchten Warensegment oder
Dienstleistungsangebot erfüllt. Die Unterscheidungskraft fehlt insbesondere
Zeichen, die dem Gemeingut angehören und die sich im Verkehr nicht als Hinweis
auf ein bestimmtes - wenn auch dem Publikum nicht unbedingt namentlich
bekanntes - Unternehmen durchgesetzt haben (Art. 2 lit. a MSchG). Ob die
massgebenden Adressaten ein Zeichen für die beanspruchten Produkte als Hinweis
auf ein Unternehmen wahrnehmen, ist vor dem Hintergrund der gesamten Umstände
zu beurteilen (vgl. entsprechend für die Verwechslungsgefahr BGE 122 III 382 E.
1 S. 384 f.). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich als Rechtsfrage frei, wie
der massgebende Kreis der Adressaten für die beanspruchten Waren oder
Dienstleistungen abzugrenzen ist und - bei Gütern des allgemeinen Bedarfs - wie
die Adressaten aufgrund der erwarteten Aufmerksamkeit das Zeichen wahrnehmen (
BGE 128 III 96 E. 2 S. 97 f.; BGE 126 III 315 E. 4b S. 317 f.).

2.3.1 Ob ein Zeichen als Marke in Frage kommt, beurteilt sich nach dem
Gesamteindruck, den es bei den massgebenden Adressaten in der Erinnerung
hinterlässt (BGE 133 III 342 E. 4 S. 346; BGE 122 III 382 E. 1 S. 384 f., je
mit Hinweisen). Die erforderliche Unterscheidungskraft einer Marke hat ein
Kennzeichen nur, wenn es sich derart in der Erinnerung einprägt, dass es dem
Adressaten auch langfristig erlaubt, das gekennzeichnete Produkt eines
bestimmten Unternehmens in der Menge des Angebots wiederzufinden. Damit sich
die Form einer Ware als solche vom Gemeingut abhebt, muss sie in der
Wahrnehmung der massgebenden Adressaten daher als so originell erscheinen, dass
sie in ihrem Gesamteindruck längerfristig in der Erinnerung haften bleibt. Die
Neuheit und Eigenart, die einer Form den Schutz als Design verschafft, ist
demgegenüber nach dem Eindruck zu beurteilen, den die prägenden Hauptelemente
hinterlassen, wenn sie beim Kauf eines Gebrauchsgegenstands
BGE 134 III 547 S. 552
kurzfristig im Gedächtnis haften bleiben (BGE 129 III 545 E. 2.3 S. 551). Diese
der jeweiligen Funktion der immateriellen Rechte entsprechende unterschiedliche
Beurteilung der Schutzvoraussetzungen schliesst auch unabhängig von der
möglicherweise abweichenden Definition des Kreises der massgebenden Adressaten
aus, dass jede als Design geschützte Gestaltung auch als Marke eingetragen
werden kann.

2.3.2 Die umstrittene dreidimensionale Form wird im vorliegenden Fall als Marke
für Stühle beansprucht. Gegenstände für die Wohnungseinrichtung, namentlich
Stühle, gehören zu den allgemeinen Konsumgütern. Der massgebende Kreis der
Adressaten für Kennzeichen von Waren im beanspruchten Segment ist für
Konsumgüter durch die Endverbraucher in der Schweiz zu bestimmen, die als
Abnehmer dieser Waren in Frage kommen. Die Vorinstanz hat insofern im
angefochtenen Entscheid zutreffend abgelehnt, den Kreis der Adressaten für
Möbel einer bestimmten Preisklasse oder mit Designcharakter enger zu definieren
und insbesondere auf mögliche Käufer von "Designmöbeln" zu beschränken. Denn
Stühle gehören ihrer Art nach grundsätzlich zum Bedarf eines jeden
Endverbrauchers in der Schweiz. Eine Einschränkung des Adressatenkreises nach
Qualität und Preis ist für derartige Waren nicht angezeigt. Es ist vielmehr von
Endverbrauchern auszugehen, die sich im gesamten Angebot auf dem Markt
orientieren und ihre Wahl erst in Kenntnis des gesamten Angebots einschränken
auf ihre konkreten Bedürfnisse und finanziellen Möglichkeiten. Zur Beurteilung
der Unterscheidungskraft von Kennzeichen für Möbel, insbesondere von Formen der
Möbel selbst, ist die Wahrnehmung aller Endverbraucher in der Schweiz
massgebend.

2.3.3 An die Aufmerksamkeit, welche die Endverbraucher von Konsumgütern der
Kennzeichnung von Produkten durch Marken widmen, sind keine übertriebenen
Anforderungen zu stellen; es ist von einer durchschnittlichen Aufmerksamkeit
auszugehen (BGE 133 III 342 E. 4.1 S. 347; BGE 122 III 382 E. 1 S. 384 mit
Hinweis). Dies gilt unbesehen darum, ob das massgebende Warensegment aus eher
langlebigen Gütern oder aus zum kurzfristigen Verbrauch bestimmten Waren
besteht. Denn wenn der Erwerber von eher langlebigen Gegenständen wie Möbeln
bei der Auswahl etwas mehr Aufmerksamkeit aufwenden wird, dürften anderseits
geringfügigere Unterschiede in der Kennzeichnung von Waren eher in der
Erinnerung wachbleiben, wenn sie zum kurzfristigen Verbrauch bestimmt sind und
deshalb regelmässig und häufig erworben werden. Bei
BGE 134 III 547 S. 553
durchschnittlicher Aufmerksamkeit der massgebenden Adressaten ist erforderlich,
dass sich die Form der Ware im beanspruchten Warensegment von ähnlichen Formen
durch ihre Originalität so abhebt, dass sie in der Erinnerung nicht nur als
besondere Gestaltung der Ware, sondern als Hinweis auf ein bestimmtes
Unternehmen haften bleibt.

2.3.4 Damit eine Warenform als Herkunftshinweis im Sinne des Markenrechts
verstanden werden kann, muss sich die Form von sämtlichen im beanspruchten
Warensegment im Zeitpunkt des Entscheids über die Eintragung im Markenregister
üblichen Formen auffällig unterscheiden (BGE 133 III 342 E. 3.3 S. 346 mit
Hinweisen). Dabei ist zu beachten, dass Warenformen primär anderen Funktionen
dienen als dem Hinweis auf eine betriebliche Herkunft (STREULI-YOUSSEF, Zur
Schutzfähigkeit von Formmarken, in: sic! 11/2002 S. 796 f.). Das Publikum nimmt
daher konkrete Formen von Waren in der Regel nicht als Hinweis auf ein
Unternehmen, sondern nur als besondere Gestaltung wahr. Damit einer konkreten
Warenform ursprüngliche Unterscheidungskraft zukommen kann, muss ihre
auffällige Eigenart auch als Herkunftshinweis taugen, was insbesondere bei
grosser Formenvielfalt im beanspruchten Warensegment regelmässig zu verneinen
ist, sofern sich die als Marke beanspruchte dreidimensionale Form nicht
vollständig von den im Zeitpunkt der Eintragung vorhandenen Gestaltungen
unterscheidet (vgl. im Ergebnis übereinstimmend auch die Praxis des EuGH,
Urteil vom 8. April 2003 in den verbundenen Rechtssachen C-53/01 bis C-55/01,
Linde AG, Winward Industries Inc. und Rado Uhren AG, Slg. 2003, I-3177; a.M.
wohl RUTH ARNET, Markenschutz für Formen, in: sic! 11/2004 S. 839).

2.3.5 Die Vorinstanz beschreibt die als Marke beanspruchte Form des
"Panton"-Stuhls in der Ausgestaltung des Fusses als ungewöhnlich, weil dessen
Gestaltung als breite, nach hinten abgerundete Form an eine am Boden
nachgezogene Schleppe erinnere. Ausserdem verleihe der fliessende Übergang des
Sockels, d.h. des Fusses, in die Sitzschale sowie die nach hinten gerichtete
Spitze der Rückenlehne der Form des beanspruchten Stuhls als Ganzes einen
dynamischen, skulpturalen Charakter. Die Vorinstanz charakterisiert die
umstrittene Form als exzentrisches Design, das im Unterschied zu bloss
ästhetischen Gestaltungen nicht nur Anklang finden dürfte, weil der
schleierförmige Stuhlfuss der Form einerseits eine feminine Note verschaffe und
der Sockel im Gegensatz zu der
BGE 134 III 547 S. 554
scheinbar schwerelos darüber schwebenden, feingliedrigen Sitzschale sehr solide
erscheine. Die Vorinstanz hält im Ergebnis die angemeldete Form für genügend
auffällig, um aus Sicht des durchschnittlichen schweizerischen Abnehmers auch
unter Berücksichtigung der vorhandenen Formenvielfalt an Stühlen vom Gewohnten
und Erwarteten des betreffenden Marktsegments abzuweichen.
Die Vorinstanz verkennt den Massstab der Beurteilung, wenn sie annimmt, die
beanspruchte Form werde von den Endverbrauchern in der Schweiz originär als
Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wahrgenommen, so dass sie trotz der
notorischen Vielfalt von Gestaltungen der Stuhlformen langfristig wieder als
Produkt desselben Unternehmens erkannt werde. Die Formgebung von Stühlen
zeichnet sich durch eine reiche Vielfalt aus. Die Grundformen von Fuss,
Sitzgelegenheit und Lehne sind als solche und in ihrer Kombination nicht nur
fast unbeschränkt gestaltbar, sondern in entsprechend vielfältigen Abwandlungen
auch im Markt vorhanden. Die Vorinstanz stellt insofern zunächst auch fest,
dass sich die "ergonomisch gestaltete Sitzschale" durch nichts von gängigen
Formen unterscheide, sondern im Gegenteil zum Grundschatz der Formen für Stühle
gehöre. Sie hält jedoch zu Unrecht dafür, dass der solide, nach hinten
abgerundete Fuss sowohl als Teil wie in seinem Zusammenwirken mit den anderen
Elementen als derart originell erscheine, dass er auch ohne Nachweis der
Verkehrsdurchsetzung als Marke geschützt werden könne.
Angesichts der vielfältigen Formen von Stühlen im Markt hebt sich die
beanspruchte Gestaltung des Fusses in der Wahrnehmung des durchschnittlich
aufmerksamen Endverbrauchers von anderen Gestaltungen keineswegs so sehr ab,
dass die Form des Fusses als solche oder in ihrer Verbindung mit den anderen,
üblichen Elementen als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wahrgenommen
würde. Da die Endverbraucher an eine Vielfalt von Gestaltungen im Segment der
Stühle gewohnt sind, die teilweise durchaus auch exzentrisch anmuten können,
ist nicht anzunehmen, dass die von der Vorinstanz als überraschend
qualifizierte Fussform als solche oder im Zusammenwirken mit der gesamten Form
des Stuhls derart vom Gewohnten abweicht, dass sie in der längerfristigen
Erinnerung der Endverbraucher bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit als Hinweis
auf ein Unternehmen haften bleibt. Die beanspruchte Form hält sich im Rahmen
der auf dem Markt vorhandenen Formen für Stühle und ist damit als Gemeingut
nicht originär unterscheidungskräftig.
BGE 134 III 547 S. 555

2.4 Die Beschwerde ist begründet, soweit das IGE die Qualifikation der
beanspruchten dreidimensionalen Form für Stühle als originär
unterscheidungskräftiges Zeichen beanstandet. Es wird jedoch weder behauptet
noch ist ersichtlich, dass an der beanspruchten Form für Stühle ein absolutes
Freihaltebedürfnis im Sinne von Art. 2 lit. b MSchG bestünde. Die dem Gemeingut
zuzurechnende Form kann daher bei Durchsetzung im Verkehr als Marke geschützt
werden. Die Vorinstanz hat jedoch zur Frage der von der Beschwerdegegnerin
ebenfalls behaupteten Verkehrsdurchsetzung der als Marke beanspruchten Form für
Stühle keine Feststellungen getroffen. Die Angelegenheit ist daher in
teilweiser Gutheissung der Beschwerde an die Vorinstanz zur Ergänzung des
Sachverhalts und neuer Entscheidung zurückzuweisen.