Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 III 511



Urteilskopf

134 III 511

80. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. V. gegen
Generali BVG-Stiftung (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
9C_99/2008 vom 3. Juli 2008

Regeste

Art. 4 und 6 VVG (in der bis Ende 2005 gültig gewesenen Fassung); Verletzung
der Anzeigepflicht und Rücktritt vom Vorsorgevertrag. Zusammenfassung der
Rechtsprechung zum Begriff der "Gefahrstatsache" im Sinne von Art. 4 VVG und
zur Anzeigepflicht im Bereich der weitergehenden beruflichen Vorsorge (E. 3).
In casu keine Anzeigepflichtverletzung eines alkoholabhängigen Antragstellers,
welcher die offengehaltene Frage "Bestanden in den letzten 5 Jahren jemals
Krankheiten (...)?" verneint hat; Auslegung des Begriffs "Krankheit" (E. 4 und
5).

Auszug aus den Erwägungen: ab Seite 512

BGE 134 III 511 S. 512
Aus den Erwägungen:

2. Es steht ausser Frage, dass der Beschwerdeführer Anspruch auf eine
Invalidenrente nach BVG (SR 831.40) hat. Streitig ist einzig, ob ihm eine
Invalidenrente aus weitergehender (überobligatorischer) beruflicher Vorsorge
zusteht, insbesondere die Frage, ob die Vorinstanz dies zu Recht mit der
Begründung verneint hat, infolge wahrheitswidrig ausgefüllter
Gesundheitserklärung vom 25. Januar 2000 sei die BVG-Stiftung berechtigterweise
vom überobligatorischen Vorsorgevertrag zurückgetreten. (...)

3.

3.1 Das kantonale Gericht hat zutreffend dargelegt, dass die
Vorsorgeeinrichtungen die weitergehende Vorsorge im Rahmen von Art. 49 Abs. 2
BVG grundsätzlich privatautonom ausgestalten und namentlich den
Versicherungsschutz durch Gesundheitsvorbehalte einschränken können, dabei aber
an die gesetzlichen (hier irrelevanten) Regeln von Art. 14 FZG (SR 831.42)
gebunden sind. Richtig dargelegt hat die Vorinstanz ferner, dass sich die
Verletzung der Anzeigepflicht und deren Folgen im Bereich der weitergehenden
beruflichen Vorsorge nach den statutarischen und/oder reglementarischen
Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung, beim Fehlen entsprechender statutarischer
und/oder reglementarischer Normen subsidiär und analogieweise nach Art. 4 ff.
des Bundesgesetzes vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag
(Versicherungsvertragsgesetz, VVG; SR 221.229.1) richten (BGE 130 V 9 E. 2.1 S.
11 f.; BGE 119 V 283 E. 4 S. 286 f.; BGE 116 V 218 E. 4 S. 225 f.). Auf die
entsprechenden Erwägungen wird verwiesen.

3.2 Der Tatbestand der Anzeigepflichtverletzung und dessen Rechtsfolgen sind im
Reglement der Beschwerdegegnerin wie folgt geregelt:
"Art. 3 AUFNAHMEVERFAHREN / AUSKUNFTSERTEILUNG
1. Der Arbeitgeber meldet der Stiftung jeden Arbeitnehmer, der gemäss
Vorsorgeplan dem Kreis der meldepflichtigen Arbeitnehmer angehört, zur Aufnahme
in die Personalvorsorge und die Versicherung.
2. ...
3. Die Aufnahme in die Versicherung erfolgt aufgrund eines ausgefüllten und
unterzeichneten Anmeldeformulares. Es werden die jeweiligen Aufnahmebedingungen
für Gruppenversicherungen der GENERALI angewandt.
4. Jede versicherte oder anspruchsberechtigte Person hat der Stiftung über alle
ihre Versicherung betreffenden massgebenden Verhältnisse
BGE 134 III 511 S. 513
wahrheitsgetreu Auskunft zu geben. Sie hat alle von der Stiftung für die
Abklärung eines Leistungsanspruchs verlangten Unterlagen einzureichen. Zur
Abklärung eines Anspruchs kann die Stiftung auf ihre Kosten ein
vertrauensärztliches Gutachten verlangen.
...
... ... Hat die versicherte Person tatsächlich bekannte, erhebliche
Gefahrentatsachen verschwiegen, kann die Stiftung innerhalb von vier Wochen,
nachdem sie von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat, jede
das BVG-Obligatorium übersteigende Leistungspflicht ablehnen."
Nach Art. 3 Ziff. 4 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 des Reglements der
Beschwerdegegnerin hat der durch den Arbeitgeber zur Aufnahme in die
Versicherung gemeldete Arbeitnehmer auf dem von ihm ausgefüllten und
unterzeichneten Anmeldeformular über alle seine die "Versicherung betreffenden
massgebenden Verhältnisse wahrheitsgetreu Auskunft zu geben". Mit dieser
Umschreibung sind im Reglement die erheblichen Gefahrstatsachen im Sinne von
Art. 4 VVG anvisiert, aber nicht konkretisiert, weshalb diesbezüglich auf die
zu erwähnter Gesetzesbestimmung ergangene Rechtsprechung zurückzugreifen ist.

3.3

3.3.1 Gemäss Art. 4 VVG hat der Antragsteller dem Versicherer an Hand eines
Fragebogens oder auf sonstiges schriftliches Befragen alle für die Beurteilung
der Gefahr erheblichen Tatsachen, soweit und so wie sie ihm beim
Vertragsabschlusse bekannt sind oder bekannt sein müssen, schriftlich
mitzuteilen (Abs. 1). Erheblich sind diejenigen Gefahrstatsachen, die geeignet
sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu den
vereinbarten Bedingungen abzuschliessen, einen Einfluss auszuüben (Abs. 2).

3.3.2 Gefahrstatsachen im Sinne des Art. 4 VVG sind alle Tatsachen, die bei der
Beurteilung der Gefahr in Betracht fallen und den Versicherer demzufolge über
den Umfang der zu deckenden Gefahr aufklären können; dazu sind nicht nur jene
Tatsachen zu rechnen, welche die Gefahr verursachen, sondern auch solche, die
bloss einen Rückschluss auf das Vorliegen von Gefahrenursachen gestatten. Die
Anzeigepflicht des Antragstellers weist indessen keinen umfassenden Charakter
auf. Sie beschränkt sich vielmehr auf die Angabe jener Gefahrstatsachen, nach
denen der Versicherer ausdrücklich und in unzweideutiger Art gefragt hat; der
Antragsteller ist daher ohne entsprechende Fragen nicht verpflichtet, von sich
aus über bestehende Gefahren Auskunft zu geben. In zeitlicher Hinsicht
erstreckt sich
BGE 134 III 511 S. 514
die Anzeige- bzw. Nachmeldepflicht auch auf (erhebliche) Gefahrstatsachen, die
zwar nach Einreichung des Antrages, aber vor Abschluss des Vertrages entstehen,
unabhängig davon, ob die Vertragswirkungen früher oder später einsetzen. Hat
der Antragsteller beim Abschluss einer Versicherung eine für ihn erkennbare
erhebliche Gefahrstatsache im soeben dargelegten Sinn, nach der er ausdrücklich
und in unzweideutiger Art gefragt worden war, unrichtig beantwortet oder
verschwiegen, so steht dem Versicherer nach Art. 6 VVG (in der bis Ende 2005
gültig gewesenen, hier anwendbaren Fassung; vgl. ab 1. Januar 2006: Art. 6 Abs.
1 und 2 VVG) das Recht zu, binnen vier Wochen seit Kenntnis der Verletzung der
Anzeigepflicht vom Vertrag zurückzutreten (BGE 116 V 218 E. 5a S. 226 f. mit
zahlreichen Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung; vgl. auch BGE 118 II 333 E.
2a S. 336; BGE 116 II 338 E. 1a S. 339, je mit Hinweisen; SZS 1998 S. 375, E.
3a, B 42/96).

3.3.3 Im Gegensatz zum vertraglich vereinbarten Rechtsnachteil bei der
Verletzung einer Obliegenheit gemäss Art. 45 Abs. 1 VVG fällt die Frage nach
dem Verschulden im Bereiche des Art. 6 VVG ausser Betracht. Wann die
Anzeigepflicht verletzt ist, beurteilt sich verschuldensunabhängig nach
subjektiven wie auch nach objektiven Kriterien. Denn nach dem Wortlaut von Art.
4 und 6 VVG hat der Antragsteller dem Versicherer in Beantwortung
entsprechender Fragen nicht nur die ihm tatsächlich bekannten (von seinem
positiven Wissen erfassten) erheblichen Gefahrstatsachen mitzuteilen, sondern
auch diejenigen, die ihm bekannt sein müssen. Damit stellt das Gesetz ein
objektives (vom tatsächlichen Wissen des Antragstellers über den konkreten
Sachverhalt unabhängiges) Kriterium auf, bei dessen Anwendung jedoch die
Umstände des einzelnen Falles, insbesondere die persönlichen Eigenschaften
(Intelligenz, Bildungsgrad, Erfahrung) und die persönlichen Verhältnisse des
Antragstellers, zu berücksichtigen sind. Entscheidend ist somit, ob und
inwieweit ein Antragsteller nach seiner Kenntnis der Verhältnisse und
gegebenenfalls nach den ihm von fachkundiger Seite erteilten Aufschlüssen eine
Frage des Versicherers in guten Treuen verneinen durfte. Er genügt seiner
Anzeigepflicht nur, wenn er ausser den ihm ohne weiteres bekannten Tatsachen
auch diejenigen angibt, deren Vorhandensein ihm nicht entgehen kann, wenn er
über die Fragen des Versicherers ernsthaft nachdenkt (BGE 118 II 333 E. 2b S.
337; BGE 116 II 338 E. 1c S. 341; BGE 116 V 218 E. 5b S. 227 f.; SZS 1998 S.
375 f., E. 3b, B 42/96).

3.3.4 Gemäss Art. 4 Abs. 3 VVG gilt eine Vermutung dafür, dass die
Gefahrstatsachen, auf welche die schriftlichen Fragen des
BGE 134 III 511 S. 515
Versicherers "in bestimmter, unzweideutiger Fassung gerichtet sind", erheblich
sind. Damit stellt das Gesetz eine widerlegbare Rechtsvermutung für die
Erheblichkeit derjenigen Tatsachen auf, über die der Versicherer mit den
schriftlichen Fragen Auskunft verlangt (ALFRED MAURER, Schweizerisches
Privatversicherungsrecht, 3. Aufl., Bern 1995, S. 253; vgl. URS CH. NEF, in:
Honsell/Vogt/Schnyder [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesgesetz über den
Versicherungsvertrag [VVG], Basel 2001, N. 50 zu Art. 4 VVG). Der Sinn und die
Tragweite der gestellten Fragen sind jedoch nach denselben
Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln, wie sie für Verträge gelten, somit normativ
nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (Vertrauensprinzip) sowie unter
Berücksichtigung der speziell für den Versicherungsvertrag im Gesetz (Art. 4
Abs. 3 VVG) statuierten Erfordernisse der Bestimmtheit und Unzweideutigkeit der
Fragenformulierung. Danach verletzt ein Versicherter die Anzeigepflicht, wenn
er eine bestimmte und unzweideutig formulierte Frage zu den bei ihm bestehenden
oder vorbestandenen gesundheitlichen Störungen verneint, denen er nach der ihm
zumutbaren Sorgfalt Krankheitscharakter beimessen müsste. Hingegen würde es zu
weit führen, wenn der Aufnahmebewerber vereinzelt aufgetretene
Unpässlichkeiten, die er in guten Treuen als belanglose, vorübergehende
Beeinträchtigungen des körperlichen Wohlbefindens betrachten darf und bei der
gebotenen Sorgfalt nicht als Erscheinungsformen eines ernsthafteren Leidens
beurteilen muss, anzuzeigen verpflichtet wäre. Das Verschweigen derartiger
geringfügiger Gesundheitsstörungen vermag keine Verletzung der Anzeigepflicht
zu begründen (BGE 106 V 170 E. 3b S. 174 betreffend Art. 5 Abs. 3 des bis 31.
Dezember 1994 in Kraft gewesenen Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 über die
Krankenversicherung [KUVG], das eine dem Art. 4 VVG weitgehend analoge,
allerdings verschuldensabhängige Regelung der Anzeigepflichtverletzung kannte;
vgl. auch BGE 116 II 338 E. 1b S. 340).

4.

4.1 Nach Auffassung der Vorinstanz hat V. die Anzeigepflicht dadurch verletzt,
dass er in der am 25. Januar 2000 zuhanden der BVG-Stiftung ausgefüllten
Gesundheitserklärung die Frage Nr. 7 - "Bestanden in den letzten 5 Jahren
jemals Krankheiten ...?" - verneint hat. Dabei ist das Gericht in tatsächlicher
Hinsicht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer seit Jahren unter
Alkoholismus leide, der eine Krankheit darstelle und bei ihm zu einem
Leberschaden sowie vollständiger Invalidität geführt habe. Bereits am 7. Januar
1992 habe ihn sein Hausarzt zwecks Gastroskopie und Sonographie der
BGE 134 III 511 S. 516
Leber an Dr. med. W., Spezialarzt FMH für Innere Medizin, überwiesen, der in
seinem Bericht vom 10. Januar 1992 ausgeführt habe, V. leide seit einigen
Monaten an mehr oder weniger konstanten Schmerzen im rechten Hypochondrium
(Oberbauch) und müsse am Morgen gelbliches, manchmal dunkelbraunes Magensekret
erbrechen; die Leber sei massiv vergrössert und plump, die Kanten abgerundet;
es bestehe Verdacht auf Fettleberzirrhose. Im Dezember 2000 sei die Leber
schliesslich so stark geschädigt gewesen, dass sie zu einer Arbeitsunfähigkeit
geführt habe; wenn dem aber so sei, müssten "auch im Januar 2000 spürbare
Beeinträchtigungen vorhanden" gewesen sein; im Mai 2000 habe V. dementsprechend
auch - gleich wie im Jahre 1992 - erneut unter rezidivierendem Erbrechen
gelitten und deshalb den Spezialarzt für Chirurgie Dr. med. T. aufgesucht. Im
Januar 2000 sei er "schon dermassen lange Zeit alkoholabhängig" gewesen und
habe "entsprechende sekundäre Gesundheitsschädigungen" aufgewiesen, dass er
diese auf dem Fragebogen als Krankheit hätte angeben müssen.

4.2 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz sei von einem falschen
Krankheitsbegriff ausgegangen. Er habe unter Krankheiten nur "Ereignisse"
verstehen dürfen und müssen, welche eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge gehabt
oder "weitergehende therapeutische Massnahmen" notwendig gemacht hätten. Das
kantonale Gericht habe die Rechtsprechung zur Anzeigepflichtverletzung gemäss
Art. 4 ff. VVG verkannt, wenn es einerseits aus der Tatsache, dass im Jahre
1992 ärztlicherseits eine Leberschädigung festgestellt worden sei und
andererseits aus dem im Mai 2000, also nach Unterzeichnung des Fragebogens
aufgetretenen Erbrechen und der deswegen erfolgten Arztkonsultation den Schluss
gezogen habe, V. habe "die Zwischenzeit durchgehend als 'Kranksein' empfinden
und verstehen müssen ..." (...).

5.

5.1 Soweit das kantonale Gericht aus den vom Gastroenterologen Dr. med. W. im
Januar 1992 erhobenen pathologischen Leberbefunden sowie der im Mai 2000 wegen
rezidivierendem Erbrechen erfolgten Konsultation des Chirurgen Dr. med. T. den
Schluss gezogen hat, der Beschwerdeführer habe im Zeitpunkt der Unterzeichnung
der Gesundheitserklärung am 25. Januar 2000 sowie in den fünf Jahren davor an
Alkoholismus gelitten und dadurch bedingte "sekundäre Gesundheitsschädigungen"
(insbesondere Leberschädigung) aufgewiesen, ist diese Feststellung weder
offensichtlich unrichtig noch rechtsfehlerhaft getroffen worden. Unter dem
Blickwinkel von Art. 105 Abs. 2
BGE 134 III 511 S. 517
BGG nicht halten lässt sich dagegen die Annahme der Vorinstanz, angesichts der
im Dezember 2000 eingetretenen vollständigen Arbeitsunfähigkeit müssten bereits
im Januar 2000 "spürbare Beeinträchtigungen" vorhanden gewesen sein. Diese
Feststellung entbehrt einer verlässlichen Grundlage in den medizinischen Akten;
sie ist vielmehr rein spekulativ und damit willkürlich, sodass eine
diesbezügliche Bindungswirkung des Bundesgerichts entfällt.

5.2 Die rechtserhebliche Frage, ob der Beschwerdeführer seine
Alkoholabhängigkeit mit daraus resultierenden sekundären
Gesundheitsschädigungen im Fragebogen der BVG-Stiftung als im Zeitraum 1995 bis
25. Januar 2000 bestandene "Krankheiten" hätte deklarieren müssen, hat die
Vorinstanz allein aufgrund der im Jahre 1992 erhobenen Leber-Befunde sowie der
bereits damals und erneut im Mai 2000 aus erwähnten Gründen (E. 4.1 hievor)
erfolgten ärztlichen Behandlung bejaht. Diese Betrachtungsweise greift indessen
zu kurz: Der Beschwerdeführer wusste im Januar 2000 wohl um seinen
überdurchschnittlich hohen Alkoholkonsum oder hätte bei gebotener Sorgfalt
zumindest darum wissen müssen. Dies bedeutet jedoch nicht ohne weiteres, dass
er sich zugleich einer anzeigepflichtigen "Krankheit" bewusst war oder hätte
sein müssen.

5.2.1 Die relevante Frage 7 auf dem Fragebogen der Beschwerdegegnerin -
"Bestanden in den letzten 5 Jahren jemals Krankheiten ...?"- ist sehr umfassend
und weit formuliert. Was unter "Krankheiten" zu verstehen ist (vorübergehende
Erkrankungen üblicher Art, Krankheiten mit oder ohne Arbeitsunfähigkeit, ...?),
geht daraus nicht hervor. Die Beschwerdegegnerin hätte den Krankheitsbegriff
ohne weiteres durch konkrete, für den Laien verständliche Krankheitsbilder
spezifizieren (betreffend Lumbago vgl. BGE 101 II 339 E. 2b S. 343 f.) oder
überhaupt nur nach solchen fragen können. Zudem stellte sie dem
Aufnahmebewerber auf dem Fragebogen nur für den Fall der Bejahung einer
Krankheit zwei Leerzeilen für deren Beschreibung zur Verfügung. Für den Fall
der Negation der Gesundheitsfrage 7 liess sie dem zu Versichernden keinen Raum,
um allfälligen Zweifeln über das Vorliegen einer ernsthaften Erkrankung oder
einer passageren, belanglosen Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens
Ausdruck zu geben. Bei solch offengehaltenen Fragen ist eine
Anzeigepflichtverletzung nach der Rechtsprechung zu Art. 6 VVG (in der bis Ende
2005 gültig gewesenen, hier anwendbaren Fassung) nur restriktiv anzunehmen
(vgl. SZS 1998 S. 376 f., B 42/96; BGE 116 II 338 E. 1d S. 341: ["... avec la
plus grande retenue"]; 101
BGE 134 III 511 S. 518
II 339 E. 2b S. 344; ferner Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts B 106/04
vom 6. Mai 2006, E. 5.2, und B 38/99 vom 18. September 2000, E. 3b).

5.2.2 Mit Blick auf den subjektiven Verständnishorizont des Beschwerdeführers
(vgl. E. 3.3.3 hievor) ist zu berücksichtigen, dass alkoholabhängige Personen
erfahrungsgemäss geradezu zwanghaft dazu neigen, ihre Sucht und deren
gesundheitliche Langzeitfolgen so lange zu verharmlosen, als nicht gravierende,
ihre Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigende Beschwerden auftreten. Zwar
kann unter vertrauensrechtlichen Gesichtspunkten nicht auf ein solch enges
Krankheitsverständnis abgestellt werden. In Anbetracht der weit gefassten
Gesundheitsfrage (E. 5.2.1 hievor) durfte jedoch der ärztlicherseits als
einfach strukturiert beschriebene Beschwerdeführer unter "Krankheiten" in guten
Treuen nur solche Gesundheitsstörungen verstehen, die zu nicht ganz
kurzfristigen Arbeitsunfähigkeiten und Absenzen vom Arbeitsplatz geführt
hatten. Unter einer Krankheit in diesem Sinne hat er aber in den fünf Jahren
von Januar 1995 bis Januar 2000 ausweislich der Akten nie gelitten: In der von
Dr. med. I. dokumentierten Krankengeschichte sind - was vorinstanzlich nicht in
Abrede gestellt wird - bezogen auf den Zeitraum von 1995 bis Januar 2000
insgesamt lediglich neun Hausarztkonsultationen - eine im Jahre 1995 (6. Mai
1995), drei im Jahre 1996 und fünf im Jahre 1997 - eingetragen. Soweit die
handschriftlichen ärztlichen Notizen lesbar sind, betraf davon einzig die
Konsultation vom 4. Januar 1996, für welche "vomitus matt." (vomitus matutinus)
vermerkt ist, eine Gesundheitsstörung, die mit der Leberschädigung in
Zusammenhang gebracht werden kann. Das morgendliche Erbrechen von Schleim (z.B.
beim Alkoholiker infolge Oesophagitis und Gastritis; vgl. Roche Lexikon
Medizin, 5. Aufl., München und Jena 2003, S. 1951) war somit beim
Beschwerdeführer bereits im Januar 1996 aufgetreten, in der Folge aber relativ
rasch wieder abgeklungen, weil Dr. med. I. im Jahre 1996 und auch in den
Folgejahren 1997, 1998 und 1999 nie mehr dieselbe oder eine ähnliche
Gesundheitsstörung notiert hat. Des Weitern ist den Akten für den gesamten
Zeitraum von Januar 1995 bis Januar 2000 keine krankheitsbedingte
Arbeitsunfähigkeit und Arbeitsplatzabsenz zu entnehmen. Im Bericht des Dr. med.
M., Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie, vom 12. November 1997 wurde
gegenteils festgehalten, der Beschwerdeführer sei "recht indolent" und arbeite
"körperlich schwer als Gipser". Erstmals beim Arbeitgeber krank gemeldet hat er
sich am 7. Dezember 2000 nach bereits erfolgter Kündigung des
Arbeitsverhältnisses per 22. Dezember 2000.
BGE 134 III 511 S. 519

5.2.3 Musste sich der Beschwerdeführer in den fünf Jahren vor dem Ausfüllen/
Unterzeichnen des Fragebogens nur einmal wegen einer Gesundheitsstörung, in
welcher er unter Umständen eine Folge seiner Alkoholsucht hätte erblicken
müssen, in ärztliche Behandlung begeben und war bei ihm bis Januar 2000 kein
nennenswerter Leistungsabfall als Gipser zu verzeichnen, kann ihm nach dem
unter E. 5.2.2 hievor Gesagten keine Anzeigepflichtverletzung zur Last gelegt
werden, wenn er die nicht eindeutige Frage nach dem Bestand von "Krankheiten"
in den letzten fünf Jahren verneinte (vgl. auch Urteil B 106/04 vom 16. Mai
2006, E. 5.1).

5.3 Hinsichtlich der in der Gesundheitserklärung vom 25. Januar 2000 verneinten
Frage 6 - "Beanspruchen Sie gegenwärtig eine ärztliche Behandlung?" - hat die
Vorinstanz eine Anzeigepflichtverletzung verneint, was sowohl in tatsächlicher
(Art. 105 Abs. 2 BGG) wie rechtlicher Hinsicht (Art. 95 BGG) standhält. Die in
der Vernehmlassung der BVG-Stiftung dagegen erhobenen Einwände vermögen nichts
daran zu ändern, dass der Beschwerdeführer nach Lage der Akten im Januar 2000
wie auch in den Monaten davor nicht in ärztlicher Behandlung stand (vgl. auch
E. 5.2.2 hievor [...]); ebenso wenig hatte er - mangels ausgewiesener
Beschwerden und feststellbarer Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit in jener
Zeit - Anlass, gerade damals einen Arzt aufzusuchen.

5.4 Zusammenfassend hat die Vorinstanz mit der Bejahung einer
Anzeigepflichtverletzung und eines berechtigten Rücktritts der BVG-Stiftung von
den überobligatorischen Leistungen Bundesrecht verletzt. (...).
(Das Bundesgericht heisst die Beschwerde insoweit teilweise gut, als es den
Anspruch auf eine Invalidenrente aus weitergehender Vorsorge bejaht).