Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 134 III 406



Urteilskopf

134 III 406

67. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S.
Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE) gegen Verband
Schweizerischer Aufzugsunternehmer (VSA) (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_79/2008 vom 6. Juni 2008

Regeste

Art. 2 lit. d MSchG, Art. 7 f. des Bundesgesetzes betreffend den Schutz des
Zeichens und des Namens des Roten Kreuzes; Eintragung einer
Dienstleistungsmarke; Verwechslungsgefahr. Rechtsgrundlagen (E. 2). Das
Rotkreuzgesetz untersagt die Verwendung des Rotkreuzzeichens oder eines damit
verwechselbaren Zeichens als Bestandteil einer Marke schlechthin, ohne
Rücksicht darauf, welche Bedeutung ihm zusammen mit anderen Elementen der Marke
zukommt und welche Waren oder Dienstleistungen mit der Marke bezeichnet werden
sollen (E. 3-5). Prüfung der Zulässigkeit der beanspruchten Marken mit und ohne
Farbanspruch (E. 6).

Sachverhalt ab Seite 407

BGE 134 III 406 S. 407

A. Der Verband Schweizerischer Aufzugsunternehmer (VSA, ASA, Beschwerdegegner)
ersuchte am 4. Juli 2005 beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum
(IGE, Beschwerdeführer) um Markenschutz für die folgenden zwei Wort-Bildmarken
für verschiedene Dienstleistungen der Klassen 35, 37, 41 und 42 nach dem
Abkommen von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und
Dienstleistungen für die Eintragung von Marken, revidiert in Stockholm am 14.
Juli 1967 (SR 0.232.112.8):
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Der Beschwerdegegner hielt an seinen Gesuchen auch fest, nachdem das IGE diese
beanstandet hatte. Mit zwei Verfügungen vom 16. August 2006 wies das IGE die
Markeneintragungsgesuche Nr. 55440/2005 (ohne Farbanspruch) und 55442/2005 (mit
dem Farbanspruch rot) - VSA ASA ... (fig.) für die beanspruchten
Dienstleistungen zurück. Es begründete dies damit, die Markenanmeldungen
verstiessen gegen das Bundesgesetz vom 25. März 1954 betreffend den Schutz des
Zeichens und des Namens des Roten Kreuzes (SR 232.22).

B. Dagegen gelangte der Beschwerdegegner an die Eidgenössische Rekurskommission
für Geistiges Eigentum und verlangte die Aufhebung der Verfügungen und die
Eintragung der beanspruchten Zeichen ins schweizerische Markenregister. Am 19.
September 2006 vereinigte die Rekurskommission die beiden
Markeneintragungsverfahren. Per 1. Januar 2007 überwies sie das Verfahren an
das Bundesverwaltungsgericht.
Am 17. Juli 2007/28. September 2007 präzisierte der Beschwerdegegner seine
Eintragungsgesuche bezüglich der beanspruchten Dienstleistungen bzw. der
Klassen, denen diese zuzuordnen sind (35, 37, 41, 42 und 45). Zudem erklärte er
sich mit der Verschiebung des Hinterlegungsdatums auf den 17. Juli 2007
einverstanden.
Das Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerde mit Urteil vom 8. Januar 2008
gut, hob die Verfügungen des IGE vom 16. August 2006 auf und wies das IGE an,
die Marken (Gesuchsnr. CH-55440/2005 und CH-55442/2005) mit Hinterlegungsdatum
vom 17. Juli 2007 im schweizerischen Markenregister einzutragen für die
beanspruchten Dienstleistungen in den Klassen:
"35 Werbung (Public Relations); Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung,
Beratung von Unternehmen der Aufzugsindustrie bezüglich aller vorgenannten
Dienstleistungen.
37 Montage, Unterhalt und Reparatur von Personen- und Warenaufzügen sowie von
Rolltreppen.
41 Aus- und Weiterbildung, insbesondere betreffend Montage, Unterhalt und
Reparatur von Personen- und Warenaufzügen sowie von Rolltreppen.
42 Technologieberatung von Unternehmen der Aufzugsindustrie.
45 Rechtsberatung von Unternehmen in der Aufzugsindustrie."

C. Das IGE führt gegen dieses Urteil Beschwerde in Zivilsachen. Es beantragt
die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die
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vollumfängliche Zurückweisung der Markeneintragungsgesuche Nr. 55440/2005 und
Nr. 55442/2005.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

2. Die Vorinstanz führte vorweg aus, das IGE habe seine Verfügungen vom 16.
August 2006 zu Recht nur mit einer Verletzung von Art. 2 lit. d MSchG (SR
232.11) in Verbindung mit Art. 7 des Bundesgesetzes vom 25. März 1954
betreffend den Schutz des Zeichens und des Namens des Roten Kreuzes (SR 232.22;
im Folgenden: Rotkreuzgesetz, RKG) begründet. Die Verweigerung der Eintragung
einer Marke für Dienstleistungen, deren Verwechselbarkeit mit dem Zeichen des
Roten Kreuzes in Frage stehe, lasse sich allein auf diese Bestimmungen stützen.
Als Rechtsquellen ausser Betracht fielen namentlich der Art. 6^ter der Pariser
Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert in
Stockholm am 14. Juli 1967 (SR 0.232.04; im Folgenden: PVÜ) und das
Bundesgesetz vom 5. Juni 1931 zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer
öffentlicher Zeichen (SR 232.21; im Folgenden: Wappenschutzgesetz), da darin de
lege lata nur die Eintragung und der Gebrauch von Fabrik- und Handelsmarken,
nicht aber, wie hier strittig, von Dienstleistungsmarken geregelt werde (vgl.
dazu Art. 75 Abs. 3 MSchG; für die PVÜ: BGE 105 II 135 E. 2c S. 139). Ebenfalls
nicht anwendbar sei das Bundesgesetz vom 15. Dezember 1961 zum Schutz von Namen
und Zeichen der Organisation der Vereinten Nationen und anderer
zwischenstaatlicher Organisationen (SR 232.23; im Folgenden: NZSchG), da das
Rote Kreuz nicht zu den durch dieses Gesetz geschützten Zeichen zähle. Diese
Ausführungen sind zutreffend und blieben vorliegend unbestritten.

3. Das Rotkreuzgesetz regelt in Art. 1 ff. die erlaubte Verwendung des Zeichens
des Roten Kreuzes, wobei der Schutz zur Verhinderung von Umgehungen jedes rote
Kreuz beliebiger Form und Farbnuance auf irgendeinem weissen Grund beschlägt
(Botschaft vom 14. September 1953 über die Revision des Bundesgesetzes
betreffend den Schutz des Zeichens und des Namens des Roten Kreuzes, BBl 1953
III 109 ff., S. 113). Art. 8 Abs. 1 RKG stellt die den betreffenden
Vorschriften widersprechende Verwendung des Zeichens des Roten Kreuzes oder von
Zeichen, die mit demselben verwechselbar sind, unter Strafe. Nach Art. 7 Abs. 2
RKG ist die Hinterlegung von
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Marken, die gegen dieses Gesetz verstossen, entsprechend der Bestimmung von
Art. 2 lit. d MSchG ausgeschlossen (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 117).

4. Die Vorinstanz verneinte, dass mit den angemeldeten Zeichen eine
missbräuchliche Verwendung des Zeichens des Roten Kreuzes vorliege. Sie erwog
im Wesentlichen, bei der Beurteilung, ob ein Zeichen missbräuchlich und mit dem
Emblem des Roten Kreuzes verwechselbar sei, komme es auf den Gesamteindruck des
Zeichens an. Eine Marke stehe nicht schon dann im Widerspruch zum
Rotkreuzgesetz, wenn ein Zeichen Elemente aus dem Emblem des Roten Kreuzes
enthalte. Vielmehr komme es darauf an, ob diese Elemente den Gesamteindruck
derart prägten, dass ein Bezug zum Roten Kreuz hergestellt werde. Beiden
strittigen Anmeldungen sei gemein, dass das angedeutete Kreuz und der Grund,
auf dem dieses abgebildet werde, die gleiche Farbe hätten und damit den für das
Rote Kreuz typischen Rotweisskontrast nicht aufwiesen. Damit sei schon aufgrund
der Unterschiede der bildlichen Darstellung eine Verwechslungsgefahr mit dem
Roten Kreuz eher zu verneinen. Zudem wiesen die Textelemente in den
streitbetroffenen Zeichen explizit auf den Verband Schweizerischer
Aufzugsunternehmen hin, womit aufgrund des Gesamteindrucks die
Verwechslungsgefahr jedenfalls zu verneinen sei. Dies gelte insbesondere
angesichts der Tatsache, dass die Dienstleistungen, für die das Zeichen
beansprucht werde, nichts mit den nach dem Genfer Abkommen geschützten Personen
und Objekten zu tun hätten und keine potentiellen Schutzgüter darstellten.
Nach Ansicht des IGE hat die Vorinstanz mit dieser Beurteilung in verschiedener
Hinsicht gegen Art. 2 lit. d MSchG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 und Art. 8
Abs. 1 RKG verstossen.

5.

5.1 Das IGE rügt, die Vorinstanz habe den Begriff der Verwechslungsgefahr nach
Art. 8 Abs. 1 RKG unzutreffend ausgelegt. Zunächst könne ihrer Auffassung nicht
gefolgt werden, nach der ein Zeichen nicht schon dann im Widerspruch zum
Rotkreuzgesetz stehe, wenn es bloss Elemente aus dem Emblem des Roten Kreuzes
enthalte, sondern nur dann, wenn diese Elemente den Gesamteindruck derart
prägten, dass ein Bezug zum Roten Kreuz hergestellt werde. Anders als bei der
Prüfung der Unterscheidungskraft eines Zeichens gemäss Art. 2 lit. a MSchG sei
bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr eines Zeichens, welches das Emblem
des Roten
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Kreuzes (bzw. eine Nachahmung desselben) als charakteristischen Bestandteil
enthalte, einzig zu prüfen, ob dieser Bestandteil mit dem geschützten Emblem
des Roten Kreuzes verwechselbar sei. Massgeblich sei nur dieses Zeichenelement
und die übrigen Zeichenbestandteile hätten ausser Betracht zu bleiben. Weiter
habe die Vorinstanz fälschlicherweise angenommen, dass es bei der Beurteilung,
ob ein Zeichen missbräuchlich und mit dem Emblem des Roten Kreuzes
verwechselbar sei, darauf ankomme, für welche Waren und Dienstleistungen es
beansprucht werde.

5.2 Das Rotkreuzgesetz verfolgt in Ausführung der Genfer Abkommen vom 12.
August 1949 zum Schutze der Kriegsopfer (RKG Ingress) das Ziel zu verhindern,
dass Dritte das Zeichen und den Namen des Roten Kreuzes zu privaten Zwecken
missbrauchen (Botschaft, a.a.O., S. 111). In diesem Bestreben regelt es,
teilweise unter Verweisung auf das in Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes vorgesehene
Reglement, die erlaubte Verwendung des Zeichens des Roten Kreuzes abschliessend
und stellt ausnahmslos jede diesen Vorschriften widersprechende Benutzung des
Zeichens unter Strafe, wie auch diejenige eines anderen damit verwechselbaren
Zeichens (Art. 8 Abs. 1 RKG). Aus dieser Regelung ergibt sich, dass jede nicht
erlaubte Benutzung des Zeichens des Rotens Kreuzes oder damit verwechselbarer
Zeichen ohne Rücksicht auf die weiteren Umstände und den Nutzungszweck
ausgeschlossen werden soll. Dies wird durch den in der Botschaft (a.a.O., S.
110) zitierten Art. 53 des Genfer Abkommens zur Verbesserung des Loses der
Verwundeten und Kranken der bewaffneten Kräfte im Felde (SR 0.518.12)
bestätigt, der bei der Auslegung des RKG mitzuberücksichtigen ist. Nach dieser
Bestimmung ist der Gebrauch des Zeichens oder der Bezeichnung "Rotes Kreuz"
oder "Genfer Kreuz", sowie von allen Zeichen und Bezeichnungen, die eine
Nachahmung darstellen, durch nach dem gegenwärtigen Abkommen dazu nicht
berechtigte Privatpersonen, durch öffentliche und private Gesellschaften und
Handelsfirmen jederzeit verboten, ohne Rücksicht auf den Zweck und auf den
etwaigen früheren Zeitpunkt der Verwendung.
Entsprechend dem vorbehältlich der gesetzlichen Ausnahmen statuierten absoluten
Verbot der Benutzung des Rotkreuzzeichens oder von einem damit verwechselbaren
Zeichen ist die Aufnahme des geschützten oder eines damit verwechselbaren
Zeichens in eine Marke verboten bzw. jegliche Registrierung einer solchen Marke
ausgeschlossen. Das Rotkreuzgesetz untersagt die Verwendung des
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Rotkreuzzeichens als Bestandteil einer Marke schlechthin, ohne Rücksicht
darauf, welche Bedeutung ihm zusammen mit anderen Elementen der Marke zukommt
und welche Waren oder Dienstleistungen mit der Marke bezeichnet werden sollen.
Es ist damit unerheblich, ob die konkrete Nutzung der Marke zur Gefahr der
Verwechslung in dem Sinne führt, dass die mit derselben bezeichneten Güter und
Dienstleistungen für solche gehalten werden könnten, die unter dem Schutz der
Genfer Abkommen stehen, oder dass sie mit der Organisation des Roten Kreuzes in
Verbindung gebracht werden könnten (vgl. zu den Zwecken des Rotkreuzzeichens
als "Schutzzeichen" bzw. als "Beziehungszeichen": Botschaft, a.a.O., S. 112).
Davon wird auch in der Lehre zutreffend ausgegangen (vgl. WILLI, Kommentar zum
Markenschutzgesetz, Zürich 2002, N. 275 ff. zu Art. 2 MSchG; DAVID, Basler
Kommentar, Markenschutzgesetz, Muster- und Modellgesetz, 2. Aufl., N. 83 zu
Art. 2 MSchG; MARBACH, Markenrecht, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und
Wettbewerbsrecht, Bd. III, Kennzeichenrecht, Basel 1996, S. 90 f.; vgl. auch
zum NZSchG, das den durch dieses Gesetz geschützten Zeichen einen im
Wesentlichen gleichen Schutz gewährt wie das RKG: BGE 105 II 135 E. 2c S. 139
f.).
Die Frage der Verwechslungsgefahr der beantragten Marke als Ganzem in allen
ihren Bestandteilen mit dem Zeichen des Roten Kreuzes stellt sich demnach in
diesem Zusammenhang nicht. Zu prüfen ist vielmehr einzig, ob das Zeichen des
Roten Kreuzes, das als rotes Kreuz in jeder beliebigen Form und Farbnuance auf
irgendeinem weissen Grund Schutz geniesst (E. 3 vorne), oder ein damit
verwechselbares Zeichen als Bestandteil in die beanspruchte Marke aufgenommen
wurde. Dabei ist der in Frage stehende Bestandteil für sich allein zu
betrachten, ohne Berücksichtigung der weiteren Elemente des Bildbestandteils
der Marke, der übrigen Markenkomponenten, wie Texten, und der weiteren
Ausgestaltung des Zeichens. Unerheblich ist auch der Zweck, zu dem die Marke
benutzt wird, namentlich welche Waren oder Dienstleistungen damit bezeichnet
werden sollen. Dies hat die Vorinstanz vorliegend verkannt, wenn sie die
Verwechslungsgefahr aufgrund des Gesamteindrucks der angemeldeten Marken,
einschliesslich der Textelemente beurteilte und wenn sie berücksichtigte,
welche Dienstleistungen mit den Marken bezeichnet werden sollen.

5.3 Die vorstehend herausgearbeiteten Grundsätze stehen im Einklang mit
denjenigen, welche die bundesgerichtliche Rechtsprechung
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nach dem Wappenschutzgesetz für die erkennbare Verwendung von Wappen oder der
charakteristischen Bestandteile von solchen, wie auch von damit verwechselbaren
Zeichen, als Bestandteil einer Marke aufgestellt hat (BGE 80 I 58 E. 2 S. 59
[Wappen des Kantons Solothurn]; BGE 66 I 193 E. 3 [Schweizerkreuz]; BGE 58 I
113 E. 1 [Schweizerkreuz]). Die Vorinstanz vermag ihre abweichende Auffassung
namentlich nicht auf den von ihr zitierten neueren Entscheid 4A_101/2007 vom
28. August 2007 (sic! 1/2008 S. 52 ff. [Staatswappen von Albanien])
abzustützen. Das Bundesgericht hat in diesem Entscheid zwar bestätigt, dass bei
der Beurteilung der Verwechslungsgefahr eines Zeichens mit einem Wappen der
Gesamteindruck massgebend ist, den das Zeichen in der Erinnerung der Adressaten
hinterlässt. Gleichzeitig hat es aber darauf hingewiesen, dass geschützte
Hoheitszeichen in ihrer Gesamtheit nicht als Bestandteile von Marken
eingetragen werden dürfen (E. 3.3 und 4.1). In jenem Fall war klar, dass das
umstrittene Bildzeichen das albanische Staatswappen nicht tel quel als
Bestandteil enthielt (E. 4.1 in fine). Zu prüfen war daher einzig die
Verwechselbarkeit des strittigen Zeichenbestandteils (Doppeladler in
schildförmiger Umrandung) mit dem albanischen Staatswappen als Ganzem. Nur
diese Prüfung erfolgte nach dem Gesamteindruck (E. 4.2).

5.4 Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Ansicht der
Vorinstanz auch im von ihr weiter zitierten Entscheid der Eidgenössischen
Rekurskommission für geistiges Eigentum (RKGE) vom 22. Dezember 1998 (sic! 3/
1999 S. 290 ff. [Rotes Kreuz]) keine Stütze findet. In diesem Entscheid
erkannte die Rekurskommission, das Rotkreuzgesetz bezwecke, das Rotkreuzzeichen
vor missbräuchlicher Nutzung zu schützen. Die Verwendung von winzigen Emblemen
des Roten Kreuzes auf Spielsachen sei zwar gesetzlich nicht erlaubt, aber nicht
missbräuchlich, da diese nicht den Eindruck irgendeiner Verbindung mit einer
Organisation des Roten Kreuzes erwecke (E. 5). Mit Rücksicht auf das absolute
Verbot der Hinterlegung von Designs, die gegen das RKG verstossen, gelangte die
Rekurskommission aber dennoch zum Schluss, die auf den beanstandeten
Spielsachen angebrachten, unerlaubterweise verwendeten roten Kreuze seien vom
Schutz nach dem damals noch in Kraft stehenden Bundesgesetz vom 30. März 1900
betreffend die gewerblichen Muster und Modelle auszunehmen, wenn auch den
übrigen Formen und Farben der Objekte nach dem Verhältnismässigkeitsprinzip der
Schutz zu gewähren sei, zumal es nicht Aufgabe der Rekurskommission sei,
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(von der Schutzverweigerung abgesehen) die Interessen der Rotkreuzorganisation
im Zusammenhang mit der unerlaubten Verwendung des Rotkreuzzeichens zu
verteidigen (E. 6). Auch die Rekurskommission hat damit den angemeldeten
Modellen den beantragten Schutz so weit verweigert, als diese das
Rotkreuzzeichen verwendeten, unabhängig davon, ob damit eine
Verwechslungsgefahr in dem Sinne geschaffen wurde, dass die Modelle mit den
Organisationen des Roten Kreuzes in Verbindung gebracht werden könnten.

6. Es ist demnach zu prüfen, ob die vom Beschwerdegegner hinterlegten Marken
das Emblem des Roten Kreuzes, d.h. ein rotes Kreuz in beliebiger Form und
Farbnuance auf irgendeinem weissen Grund, oder ein mit diesem verwechselbares
Zeichen als Bestandteil verwenden.

6.1 Die Vorinstanz erwog, beiden strittigen Anmeldungen sei gemein, dass das
angedeutete Kreuz und der Grund, auf dem das Kreuz abgebildet werde, die
gleiche Farbe hätten. Die Anmeldung mit dem Farbanspruch rot enthalte ein rotes
Kreuz auf rotem Grund und diejenige ohne Farbanspruch ein beliebig farbiges
Kreuz auf gleichfarbigem Grund. Die Vorinstanz folgte damit der Auffassung des
IGE nicht, wonach das hinterlegte Zeichen ein rotes Kreuz auf weissem Grund
enthalte, brächten die feinen weissen Linien der angemeldeten Zeichen ein Kreuz
doch erst zum Entstehen und könnten entgegen dem IGE nicht als weisser Grund
betrachtet werden. Damit fehle der für das Rote Kreuz typische
Rotweisskontrast, weshalb die Zeichen nicht als Hinweis auf das Rote Kreuz (als
Institution) aufgefasst würden; der Adressat nehme das Emblem des Roten Kreuzes
nur in der richtigen Farbkombination, d.h. als rotes Kreuz auf weissem Grund,
als solches wahr.

6.2 Die Bildelemente in den Zeichen des Beschwerdegegners erscheinen in der
Markenanmeldung als schwarzes (Anmeldung Nr. 55440/2005 ohne Farbanspruch) bzw.
als rotes (Anmeldung Nr. 55442/2005 mit dem Farbanspruch rot) Quadrat, in dem
mittels vier sich gegen die Ecken des Quadrats hin öffnenden rechten Winkeln
ein Kreuz angedeutet wird. Die Winkel bestehen aus feinen Linien, wobei je eine
vertikale Linie, die Teil des oberen bzw. des unteren Schenkels des Kreuzes
bildet, dicker ausgezogen ist. In der Mitte des angedeuteten Kreuzes sind
gekreuzt die Anfangsbuchstaben des Beschwerdegegners (VSA/ASA) angeordnet, was
den Eindruck eines Kreuzes verstärkt. Die gekreuzten Buchstabenfolgen sind als
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Element des zu beurteilenden Bildbestandteils der Marke zu betrachten, da sie
in diesen auf eine Weise integriert sind, dass sie sein Erscheinungsbild
wesentlich mitprägen.
Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass die Linien, die vier rechte
Winkel beschreiben, nicht als "Grund" der damit angedeuteten Kreuze betrachtet
werden können. Als Linien fehlt ihnen jede seitliche Ausdehnung und bilden sie
keine Fläche, die in einer bestimmten Mindestausdehnung als Grund der Kreuze
angesehen werden könnte. Die Linien beschreiben die Kreuze lediglich in ihren
Umrissen und umranden die angedeuteten Kreuze nicht vollständig, sondern lassen
die Endseiten der Kreuzbalken offen. Dadurch erscheinen die Kreuze als leichte,
lediglich durch die Seitenlinien der Kreuzbalken angedeutete Strukturen, die
keine eigene ausgefüllte Fläche aufweisen. Als Grund dieser Kreuzdarstellungen
erscheint damit zwangsläufig nicht nur die jeweilige Fläche unmittelbar um die
Kreuze herum, sondern die durchgehende ganze Fläche des schwarzen bzw. des
roten Quadrates, das nicht in abgegrenzte Teilflächen zerlegbar ist und in
einer einheitlichen Farbe gehalten ist.
Die Linien bilden damit in keiner Weise einen Grund, sondern skizzieren nur
eine Kreuzstruktur vor einem einfarbigen Quadrat als Grund. Dadurch wird, auch
wenn als Farbe der Linien weiss gewählt wird, kein Kreuz auf weissem Grund
erkennbar. Insoweit kann nicht gesagt werden, die hinterlegten Marken
übernähmen des Emblem des Roten Kreuzes als Markenbestandteil. Anders wäre wohl
zu entscheiden, wenn das Kreuz nicht nur mit Linien, welche die Endseiten der
Kreuzbalken offen lassen, skizziert würde, sondern mit Strichflächen, die eine
seitliche Ausdehnung aufwiesen und das Kreuz vollständig umrandeten.

6.2.1 Der Schutzbereich für das beantragte Zeichen des Beschwerdegegners mit
dem (teilweisen) Farbanspruch rot, bleibt auf die konkrete farbliche
Ausgestaltung beschränkt, in der es hinterlegt wurde (vgl. Art. 10 Abs. 2 und
Art. 40 Abs. 2 lit. a MSchV [SR 232.111]; MARBACH, a.a.O., S. 58 f.; WILLI,
a.a.O., N. 93 zu Art. 3 MSchG; Richtlinien des IGE in Markensachen vom 1.
Januar 2007 S. 20 [http://www.ige.ch/d/jurinfo/j10102.shtm]). Der
Bildbestandteil dieses Zeichens lässt nach dem Gesagten ein mit Linien und
gekreuzt angeordneten Buchstabenfolgen von nicht definierter Farbe angedeutetes
Kreuz auf einem quadratischen roten Grund erkennen, der als durchgehende,
homogene Fläche erscheint. Damit entsteht
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keineswegs der Eindruck eines roten Kreuzes auf einem kontrastierenden weissen
Grund, das mit dem Zeichen des Roten Kreuzes verwechselbar wäre. Soweit die
Linien und die gekreuzt angeordneten Buchstabenfolgen in weisser Farbe gehalten
werden, wird im Gegenteil eher ein weisses Kreuz auf rotem Grund erkennbar, was
mit der grafischen Gestaltung des Zeichens eines gesamtschweizerischen Verbands
denn wohl auch angestrebt wurde. Damit ist eine Verwechslungsgefahr des
Bildbestandteils der mit dem Farbanspruch rot angemeldeten Marke Nr. 55442/2005
mit dem Emblem des Roten Kreuzes zu verneinen. Insoweit ist die Beschwerde
abzuweisen.

6.2.2 Hinsichtlich der beantragten Marke Nr. 55440/2005, die den gleichen
Bildbestandteil ohne Farbanspruch enthält, gilt das Gesagte weitgehend
sinngemäss. Allerdings ist insoweit zu beachten, dass mit der Anmeldung ohne
Farbanspruch Schutz für das Zeichen in jeder denkbaren farblichen Ausgestaltung
bzw. in allen Farbkombinationen beansprucht wird (vgl. MARBACH, a.a.O., S. 58
f.; WILLI, a.a.O., N. 93 zu Art. 3 MSchG; Entscheid der RKGE vom 30. September
1998, E. 5, sic! 1/1999 S. 36 ff. [Cercle]; Richtlinien des IGE, a.a.O., S.
20). Als denkbare farbliche Ausführung des Zeichens könnte namentlich auch ein
weisses Quadrat als Grund gewählt werden, auf dem die ein Kreuz andeutenden
Linien und Buchstabenfolgen in Rot erscheinen. In einer solchen Farbkombination
wäre das Zeichen offensichtlich mit dem Rotkreuzzeichen verwechselbar. Der
Beschwerdegegner hat bislang keinen entsprechenden negativen Farbanspruch
angebracht. Das IGE hat deshalb die Registrierung der Marke Nr. 55440/2005 zu
Recht verweigert, und seine Beschwerde ist insoweit begründet. Die Beschwerde
ist damit so weit gutzuheissen, als sie sich dagegen richtet, dass das IGE im
angefochtenen Entscheid angewiesen wird, die schwarz/weiss hinterlegte Marke
Gesuchsnr. 55440/2005 im schweizerischen Markenregister einzutragen. Das
angefochtene Urteil ist insoweit antragsgemäss aufzuheben und das
Markeneintragungsgesuch Nr. 55440/2005 zurückzuweisen.